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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Zur Ökonomie und Ökologie der Becherpflanze (Silphium perfoliatum L.) im Vergleich zum Silomais

Economy and ecology of cup plant (Silphium perfoliatum L.) compared with silage maize

Pedro Gerstberger1, Friedrich Asen2 und Christoph Hartmann3
Institut
Lehrstuhl für Pflanzenökologie, Universität Bayreuth, Germany1
Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Abt. Landwirtschaft, Bayreuth, Germany2
GeoTeam Gesellschaft für umweltgerechte Land- und Wasserwirtschaft mbH, Bayreuth, Germany3

Journal für Kulturpflanzen, 68 (12). S. 372–377, 2016, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2016.12.05, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Pedro Gerstberger, Lehrstuhl für Pflanzenökologie der Universität Bayreuth, Universitätsstr. 30, 95440 Bayreuth, E-Mail: gerstberger@uni-bayreuth.de
Zur Veröffentlichung angenommen
31. Oktober 2016

Zusammenfassung

Im Vergleich zum Silomais als Biogas-Gärsubstrat besitzt die nordamerikanische Becherpflanze (Silphium perfoliatum) zahlreiche agrarökologische Vorteile, die kurz angerissen werden. Wegen ihrer klima-, boden- und gewässerschonenden Eigenschaften sowie der positiven Auswirkungen auf die Biodiversität sollte die ausdauernde Art vermehrt und insbesondere auf erosionsgefährdeten Flächen angebaut werden. Wir ermittelten die Anbaukosten pro Hektar im Vergleich zu Silomais bei 15jähriger Kultur und über drei unterschiedliche Ertragsstufen. Der Silphium-Bestand wurde durch Pflanzung von 20.000/ha vorgezogenen Sämlingen etabliert. Beide Kulturarten liegen mit Zusatzvergütungen ökonomisch etwa auf gleicher Höhe. Weitere Gewinnpotentiale werden sich in den nächsten Jahren ergeben, wenn sich die Etablierungskosten durch Aussaat unter der Deckfrucht Mais verringern. Im Gegensatz zu Mais ist das Risiko für Nitrateinträge in das Grundwasser unter Silphium sehr gering. Es wird gefordert, die ökologisch vorteilhafte Becherpflanze in Agrarumweltprogramme aufzunehmen oder in das EU-Greening als förderfähig einzustufen.

Stichwörter: Becherpflanze, Silphium, Silomais, ökologische Vorteile, Bodenerosion, Anbaukosten, Nitrateintrag, Greening

Abstract

The North American new bio-energy crop cup plant (Silphium perfoliatum) has a great deal of agro-ecolo­gical advantages compared to silage maize as discussed below. It offers a wide range of beneficial properties to climate, soil, groundwater and biodiversity hence, highly recommended to soils that are vulnerable to erosion. We calculated the cultivation cost of cup plant per hectare (established with 20,000 planted seedlings per hectare) for a 15 year period with 3 different yield levels and compared it to that of silage maize over the same time. Our results revealed that, together with additional compensations the costs are more or less on the same level. Additional profit may be possible, when seeding of cup plant will be successful in the future. In contrast to maize the risk for groundwater contamination with nitrate is very low under Silphium. We therefore recommend the incorporation of cup plant crop to special supports to regional or European common market greening programs.

Key words: Cup-plant, Silphium, corn, silage maize, ecological benefit, soil erosion, nitrate input, cultivation costs, greening

Einleitung

Ertragreiche Silomais-Sorten dominieren den Ackerbau für die Biomethan-Produktion. 2015 wurden in Deutschland auf rund 1,4 Mio. ha Biogas-Energiepflanzen angebaut, wovon Silomais mit etwa 78% bei weitem überwiegt. Der gesamte Silomaisanbau (für Energie- und Fütterungszwecke) betrug 2015 in Deutschland 2,1 Mio. ha (entsprechend 18% der gesamten Ackerfläche Deutschlands, mit steigender Tendenz; Statistisches Bundesamt, 2016). Mit dem großflächigen Maisanbau können agrar­ökologische Probleme auftreten, wie vermehrter Humus­abbau, Bodenerosion auf bereits gering geneigten Flächen, Eutrophierung von Grund- und Oberflächenwasser, Bodenverdichtung gepaart mit oberflächlichem Niederschlagsabfluss statt Versickerung, Zunahme von Wildschweinen und Schadinsekten und der massive Verlust der agrarischen Biodiversität (Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2013). Dies betrifft vor allem viehinten­sive Regionen mit 25–50% Silomais auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Seit längerem wird daher nach alternativen Biomasse-Pflanzen für die Biogasproduktion gesucht, deren Anbau sich weniger schädlich auf die Umwelt auswirkt. Als ausdauernde Wildstaude mit hoher Biomasse-Ertragsleistung ist die aus den Feuchtprärien Nordamerikas stammende Becherpflanze (Durchwachsene Silphie, Silphium perfoliatum L., Asteraceae) eine wertvolle ökologische Alternative zum Silomais (Biertümpfel und Conrad, 2012; Gerstberger et al., 2012) (s. Abb. 1).

Abb. 1. Silphium-Blüte mit Bienen.

Abb. 1. Silphium-Blüte mit Bienen.

Zahlreiche ökologische Vorteile der Becherpflanze

Ohne Einbußen und ohne Pestizide ist die Becherpflanze über 20 Jahre an gleicher Stelle nutzbar und erreicht auf gut wasserversorgten Standorten über die Jahre gemittelt ähnlich hohe und teilweise auch höhere Trockenmasse-Erträge wie Silomais. Durch die Pflugruhe, den jährlichen Streuabfall (untere Stängelblätter) und das ausgedehnte, lebende Wurzelwerk der Becherpflanze reichert sich wertvoller Humus im Boden an und kommt die Bodenerosion zum Erliegen. Die Bodenfauna kann sich regenerieren und die Versickerungsrate der Niederschläge verbessert sich. Der reiche Blütenbesatz der Stauden von Juli bis September fördert eine artenreiche Insektenwelt inklusive der Honigbiene, in einer heutzutage sehr blütenarmen Jahreszeit. In Mitteleuropa wurden bisher keine tierischen Schädlinge nachgewiesen.

Die bereits im März austreibenden Blätter der Becherpflanze erreichen je nach Witterung ab Anfang bis Mitte April die völlige Bodenbedeckung und schaffen damit frühzeitig Deckungsmöglichkeiten für Tiere der Agrarlandschaft. Zugleich beschattet das dichte Laub den Boden, so dass – außer im Etablierungsjahr – keine Herbizide für die Bestandespflege erforderlich sind. Eine effektive Unkrautbekämpfung im ersten Jahr ist auch mit mechanischen Methoden (Striegel, Fingerhacke) möglich (Gerstberger et al., 2012).

Die Rest-Nitrat-Gehalte des Bodens (Nmin) in 0–90 cm Bodentiefe im Spätherbst unter abgeernteten Silphium-Flächen waren nach unseren Untersuchungen bisher deutlich niedriger als bei benachbarten einjährigen Ackerkulturen. Im Mittel von 5 Standorten in Oberfranken und 5 Jahren (2011–2015) lagen die Restnitratgehalte nur bei 16 kg N/ha (Schwankungsbereich 8–24 kg N/ha) und damit in der Regel sogar niedriger als unter Grünland (GeoTeam, 2015). Nach vergleichenden Untersuchungen der Wurzelsysteme ist dies auf die deutlich höhere Wurzeldichte und -tiefe von Silphium gegenüber Mais zurückzuführen (Dörner, 2015). Auch bei vergleichbaren Düngergaben wie bei Mais spielen Nitrateinträge in das Grundwasser unter Silphium-Flächen daher keine Rolle.

Keine dieser nachhaltigen, klima- und umweltfreundlichen Ökosystem-Dienstleistungen von Silphium-Kulturen werden dem Landwirt bisher honoriert.

Vergleich der Anbaukosten: Silomais versus Silphium

Bisher liegen keine oder nur sehr vage Kostenschätzungen des Anbaus der Becherpflanze als Biogassubstrat vor. Zur Gesamtbewertung der Ökonomie haben wir daher die reinen, jährlichen Anbaukosten von 15 Jahren Silomais im Vergleich zu einer 15jährigen Kultur der Becherpflanze nach unseren insgesamt 9jährigen Erfahrungen aus Oberfranken (Nordbayern) ermittelt (s. Tab. 1). In die Berechnung gingen sämtliche negativen wie positiven Kostenfaktoren ein, wie:

• bei Silphium: negativ: höhere Etablierungskosten (maschinelle Pflanzung von 20.000 vorgezogenen Sämlingen pro ha), max. 2malige Bewässerung im Pflanzjahr, kein Ertrag im ersten Jahr, mit 27–31% TM etwas höherer Wassergehalt zur Erntezeit, etwa um 10–13% geringere Methanausbeute als bei Silomais; positiv: ab 2. Jahr keine Bodenbearbeitung und Arbeitsstunden zur Bestandespflege mehr und Verzicht auf jegliche Pflanzenschutzmittel,

• bei Silomais: negativ: höhere Arbeitsstundenleistung/ha, Maschineneinsatz und Treibstoffe für Pflügen, Grubbern und Aussaat, jährliche Preissteigerung des Saatgutes und der erforderlichen Pflanzenschutzmittel. Noch nicht berücksichtigt ist die eventuelle Unterpflügung (85 €/ha) oder Mulchung (55 €/ha) der Maisstoppeln nach der Ernte zur Bekämpfung des Maiszünslers, da dies wegen der Befallssituation nicht überall erforderlich ist.

Tab. 7. Erläuterung 7 zu Tab. 1.: 7) Versicherungskosten – Daten von Landesanstalt für Landwirtschaft 2016:

€/ha

Silomais

Silomais

Silomais

Silphie

Silphie

Silphie

 

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

Versicherungskosten je 100 € variable Kosten

1,4

1,4

1,4

1,4

1,4

1,4

Kulturzuschlag %

50

50

50

25

25

25

ergibt Faktor

1,5

1,5

1,5

1,25

1,25

1,25

Tab. 6. Erläuterung 6 zu Tab. 1.: 6) Daten von Landesanstalt für Landwirtschaft/Freising 2016:

€/ha

Silomais

Silomais

Silomais

Silphie

Silphie

Silphie

 

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

cbm Silage (Raumgewicht 0,7 t/cbm Silomais, 0,75 t/cbm Silphie)

65

71

78

64

71

78

Kosten €/cbm (Folie/Siloanstrich)

0,65

0,65

0,65

0,65

0,65

0,65

Tab. 5. Erläuterung 5 zu Tab. 1.: 5) Daten von Landesanstalt für Landwirtschaft/Freising (LfL) 2016, Schlaggrö­ße 2 ha, Pflug + 2 × Saatbeetkombination + Sämaschine, Silphie mit Pflug + Grubber + Saatbeetkombination, Eigenmechanisierung

€/ha

Silomais

Silomais

Silomais

Silphie**

Silphie**

Silphie**

 

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

Variable Maschinenkosten

142

142

142

96

96

96

– Düngen

–11

–11

–11

   

– Spritzen

–3

–3

–3

   

+ Pflanzung/Hacken/Bewässerung

   

630

630

630

+ Gülle fahren (2 €/cbm) jährlich bzw.
bezogen auf 15 Nutzjahre

80

90

100

1200

1350

1500

Zwischensumme

208

218

228

1926

2076

2226

+ 3% Zuschlag*

6

7

7

58

62

67

Summe variable Maschinenkosten eigen

214

225

235

1984

2138

2293

+ Lohnernte Maschinenring (Teigreife)

185

200

215

190

210

230

+ Transport, Einlagerung (3 km)

214

229

244

219

239

259

Variable Maschinenkosten gesamt

613

654

694

541

592

642

* Zuschlag für oberfränkische Verhältnisse (Hanglagen, Feldentfernung, Schlagform, Hecken,...)
** Pflanzung Silphie 350,–/ha in­kl. Akh, 2 × hacken = 80,–/ha, 2 × bewässern = 200,–/ha

Tab. 4. Erläuterung 4 zu Tab. 1.: 4) Pflanzenschutzmittelpreise inkl. MWSt. laut BayWa Preisliste 2016 (größtes Gebinde – netto):

Silomais Mischung mit Gräserpartner, keine Preissteigerung nach Datenlage früherer Jahre

  

65

Durchwachsene Silphie mit Stomp Aqua mit 4 l/ha bis 4 Tage nach Pflanzung, 2,5 l/ha Boxer im Nachauflauf bei Bedarf mit tief liegenden Düsen

90

Tab. 3. Erläuterung 3 zu Tab. 1.: 3) Düngung – lose Ware:

 

N

P

K

Mg

  

Reinnährstoffkosten für N/P/K/Mg €/kg

1,2

1,08

0,86

1,55

  
 

Silomais

Silomais

Silomais

Silphie

Silphie

Silphie

kg/ha

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

Biogassubstrat in cbm*

40

45

50

40

45

50

N-Biogassubstrat (a)

104

117

130

104

117

130

N 1-Praxisdüngung**

30

40

50

30

40

50

Summe N-Düngung

134

157

180

134

157

180

P (Entzug)**

80

88

97

27

29

32

K (Entzug)

225

245

267

224

248

272

Mg (Entzug)

43

48

53

59

65

71

* Nährstoffgehalte Biogassubstrat (Erfahrungswerte mit 4 kg N, 2 kg P, 6 kg K/cbm)
a) 65% N-Ausnutzung von Biogassubstrat bei Ackerland
** Reihendüngung bei Mais 0,15 t/ha N + P 20/20 Unterfußdüngung (geringer Ertrag) bzw. 0,2/0,25 t/ha für höhere Er­träge, Kalkammonsalpeter in Silphie

Tab. 2. Erläuterungen 1 und 2 zu Tab. 1.: 1) Silomaiserträge laut Maisertragsermittlung Landkreis Bayreuth (1999–2015), Erträge von Silphie nach Erhebungen Landkreis Bayreuth; 2) Daten von Landesanstalt für Landwirtschaft/Freising (LfL) – Preis­erhebung 2016 inkl. MWSt:

€/dt/E/kg

Silomais

Silomais

Silomais

Silphie

Silphie

Silphie

 

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

Preise Z-Saatgut (gebeizt) bzw. Pflanzgut*

110

110

110

0,15

0,15

0,15

Faktor Saatgut (bei Mais Preissteigerung von 24% in 8 Jahren = 3%/Jahr)

1,24

1,24

1,24

   
    

Erntejahre

Erntejahre

Erntejahre

Neuansaat in Jahren

1

1

1

15

15

15

Saatstärke/Pflanzstärke Einheit bzw. Anzahl/ha

2,2

2,2

2,2

20000

20000

20000

* 20000 Pflanzen bei Silphie × 0,15 Cent/Pflanze geteilt durch 15 Jahre

Tab. 1. Anbaukostenvergleich zwischen Silomais und der Becherpflanze (Durchwachsene Silphie) für die Bio­gasproduktion pro ha und Jahr in drei unterschiedlichen Ertragsstufen für den Landkreis Bayreuth (Ober­franken, Bayern) für 2016.

Kultur

Silomais

Silomais

Silomais

Durch­wachsene Silphie

Durch­wachsene Silphie

Durch­wachsene Silphie

Ertrag

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

schlechter Ertrag

mittlerer Ertrag

guter Ertrag

    

2 × Wässern

2 × Wässern

2 × Wässern

Nutzungsdauer

jährlich

jährlich

jährlich

15 Nutz­­jahre

15 Nutz­­jahre

15 Nutz­­jahre

Grünmasse t/ha

45,2

50,0

54,8

48,3

53,4

58,6

% Trockensubstanz im Erntegut

31

31

31

29

29

29

Ertrag t Trockenmasse/ha netto (1)

14,0

15,5

17,0

14,0

15,5

17,0

Variable Produktionskosten €/ha:

      

Saatgut/Pflanzgut (2)

300

300

300

200

200

200

Düngung (3)

      

   Stickstoff

161

188

216

161

188

216

   Phosphor

86

95

105

29

32

35

   Kalium

194

210

230

193

213

234

   Magnesium

67

74

82

91

101

111

Pflanzenschutz (4)

65

65

65

6

6

6

Variable Maschinenkosten inkl. Lohnernte (5)

613

654

694

541

592

642

Silokosten (6)

42

46

51

42

46

51

Versicherung (7)

32

34

37

22

24

26

Summe variable Kosten €/ha

1560

1667

1778

1284

1402

1520

+ Bayer. Kulturlandschaftsprogramm (8)

85

85

85

85

85

85

+ Ausgleichszulage (9)

      

+ EU-Zahlungsansprüche (10)

273

273

273

273

273

273

Variable Kosten mit Förderung €/ha

1202

1309

1420

926

1044

1162

Akh/ha

6,1

6,4

6,7

3,5

3,7

3,9

Variable Kostendeckung/Akh

197

204

212

265

282

298

+ Korrektur Methanausbeute (11)

   

410

450

490

– Korrektur Arbeitszeitersparnis (12)

   

–60

–60

–60

+ Korrektur entgangener Gewinn im Pflanzjahr (13)

   

20

20

20

Endgültige Kosten €/ha

1202

1309

1420

1296

1454

1612

1) Trockenmasseerträge nach Abzug von Feldverlusten
2–7) siehe Erläuterungen
8) Bayerisches Kulap B 44 – ‚vielfältige Frucht­folge‘
9) Für beide Früchte gibt es keine Ausgleichszulage
10) Produktionsunabhängige Prämie (Grundprämie + Greeningprämie)
11) 13% geringerer Methanertrag/Jahr
12) Ca. 3 Stunden/Jahr Arbeitszeitersparnis mit 20,–/Stunde (Kein PS-Zukauf, Saatgutzu­kauf….)
13) Verlust eines Deckungsbeitrages im Anpflanzjahr mit 300,–/ha geteilt durch 15 Nutzjahre (Vergleich Getreide 2015)

Literaturangaben und eigene Untersuchungen zur Gas­ausbeute sowie dem Methangehalt bei Silphium weisen insgesamt sehr große Spannbreiten auf (Biertümpfel und Conrad, 2012). Bei diesem Vergleich sollte jedoch bedacht werden, dass der üblicherweise hierfür benutzte, auf 30 Tage angesetzte Hohenheimer Biogasertragstest (Helffrich und Oechsner, 2003) für Substrate mit Stärke (hier: Maiskörner), Proteinen oder Fetten höhere Gasausbeuten ermittelt, als für Cellulose-betonte Substrate. Die Verweilzeiten im Fermenter sind mit 100–150 Tagen in der Praxis jedoch wesentlich länger, weshalb die Gasausbeute bei Silphium vermutlich an die des Maises heranreicht.

Nach den langjährigen Erfahrungen im Maisanbau in Oberfranken (Nordbayern) wurden für unseren Kostenvergleich 3 Stufen der jährlichen Ertragsleistung angesetzt, wie sie in der landwirtschaftlichen Praxis üblich sind: 14,0–15,5–17,0 t Trockenmasse/ha (nach Abzug der Ernteverluste).

Ergebnisse und Diskussion

Auf der Silphium-Seite der Tab. 1 (rechte Spalten) werden alle einmaligen Kosten (Pflanzgut, Pflanzung, Pflanzenschutz, Bewässerung, entgangener Gewinn im Pflanz­jahr) durch die Anzahl der Nutzungsjahre (15) dividiert. Jährlich wiederkehrende Kosten (Düngung, Ernte, Silokosten, Versicherung) wurden direkt übernommen. Zuschläge zu den Kosten (verringerter Methanertrag) und Kostenverringerungen (Arbeitszeitersparnis) wurden direkt eingesetzt, da sie alljährlich zu berücksichtigen sind. Danach betragen die Anbaukosten pro ha und Jahr für Silphium in den drei Ertragsstufen (14/15,5/17 t/ha Trockenmasse) 1296 €, 1454 € und 1612 € und liegen damit um 94 €, 145 € und 192 € höher als für Silomais (linke Spalten). Bei den Zahlen handelt es sich um Durchschnittswerte, die je nach Witterungsverlauf nach oben oder unten abweichen können. Somit ist ein 15jähriger Anbau der Becherpflanze bei gleicher Ertragshöhe etwa 100–200 € teurer im Vergleich zum Silomais. Jene Biogasbetreiber, die ihre Anlage nach dem EEG 2012 fahren, können einen zusätzlichen NawaRo-Bonus für die Becherpflanze von 0,02 Euro pro eingespeiste kWh erhalten. Bei den 3 angenommenen Hektarertragsstufen und den daraus zu produzierenden Methanmengen errechnen sich somit zusätzliche Gewinne von 275/294/334 €, womit sich die Bilanz deutlich gegenüber dem Silomais verbessert. Bei einer Verlängerung der Anbauzeit der Becherpflanze von 15 auf 20 Jahre, verringern sich die Kosten um weitere 110 € pro ha und Jahr.

Falls sich die Anlage von Silphium-Beständen in der Zukunft durch Aussaat statt durch Pflanzung von vorgezogenen Sämlingen durchsetzt (Frölich et al., 2016), reduzieren sich die Kosten der Pflanzen von derzeit etwa 3000 €/ha (20.000 × 0,15 €) plus 630 € für Pflanzung und Bewässerung auf dann 1860 €/ha (3 kg Saatgut plus Aussaatkosten), da der Preis für die Sämlinge der größte Kostenfaktor ist. Auf 15 Nutzungsjahre angesetzt, hal­bieren sich somit die Etablierungskosten bei Ansaat in allen drei Ertragsstufen (statt 3630 €/15 Nutzungsjahre = 242 €/a dann auf 1860 €/15 Nutzungsjahre = 124 €/a). Die Aussaat von Silphium zusammen mit Mais als Deckfrucht ergibt darüber hinaus bereits im ersten Jahr einen gewissen Ertragsgewinn des Maises, der hier noch nicht berücksichtigt wurde. Ein derartiger Bestandsaufbau ist vor allem bei ausreichend hohen Niederschlägen erfolgreich (Conrad et al., 2010).

Aufgrund des hohen Stickstoff-Aufnahmevermögens der Becherpflanze und damit sehr geringen Restnitratmengen im Boden (GeoTeam, 2015) empfiehlt sich ihr Anbau auch in Trinkwasserschutzgebieten, zumal die Wasserversorger oft freiwillig eine jährliche Nitratprämie zahlen (in Oberfranken beispielsweise bis zu 150 €/ha).

Ausblick

In ökonomischer Hinsicht ist der Anbau der Becherpflanze (zusammen mit den genannten Einsparungen und zusätz­lichen Vergütungen) im Vergleich zum Silomais somit gleich bis deutlich besser. Bisher scheuen viele Landwirte die relativ hohen Etablierungskosten, die sich erst nach einigen Jahren amortisieren. Gefordert wird daher schon seit langem die Aufnahme der Becherpflanze in Agrarumweltprogramme (als boden-, klima- und gewässerschonende Feldfrucht z.B. Bayerisches Kulturlandschafts­programm, KULAP) oder in das von der EU geforderte Greening (Bereitstellung von ökologischen Vorrangflächen auf Ackerland). Insbesondere auf erosionsgefährdeten Lagen sowie auf grundwassersensiblen Böden (Sand, kluftreicher Kalk), auf denen der Maisanbau aus Gründen der Trinkwassergewinnung problematisch ist, wäre es aus ökologischer und gesundheitspolitischer Sicht sinnvoll, den Anbau der Becherpflanze in Zukunft entsprechend zu fördern, um den Eintrag von Nitrat aus der Landwirtschaft in das Grundwasser nachhaltig zu senken (Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2015).

Landwirte sollten ermutigt werden, mit kleiner Anbau­fläche zu starten, um weitere Praxiserfahrungen zu sammeln.

Erste Züchtungsversuche wurden in Deutschland und den USA begonnen, um die Wildpflanze Silphium zu einer noch leistungsfähigeren Alternative zum Mais zu entwickeln.

Literatur

Biertümpfel, A., M. Conrad, 2012: Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum). Energiepflanzen für Biogasanlagen. Bayern. Hrsg.: Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V., Gülzow, 36-39.

Conrad, M., A. Biertümpfel, A. Vetter, 2010: Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) – von der Futterpflanze zum Koferment. 2. Symposium Energiepflanzen 2009. Gülzower Fachgespräche 34, 281-289.

Dörner, S., 2015: Wurzelsystem und Stickstoffaufnahme der Becherpflanze (Silphium perfoliatum) im Vergleich zu Mais (Zea mays). Unpublizierte Masterarbeit am Lehrstuhl für Pflanzenökologie, Universität Bayreuth. 72 S.

Frölich, W., R. Brodmann, T. Metzler, 2016: Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) – ein Erfolgsbericht aus der Praxis. Journal für Kulturpflanzen 68 (12), 351-355.

GeoTeam, 2015: Umsetzung der Schutzkonzepte für Trinkwasser­versorgungsanlagen (nicht veröffentlichtes Gutachten im Auftrag nordbayerischer Wasserversorgungsunternehmen), Bayreuth 2015.

Gerstberger, P., J. Ott, F. Ottmann, 2012: www.becherpflanze.de (wird stetig aktualisiert; Abfragedatum: 22.08.2016).

Helffrich, D., H. Oechsner, 2003: The Hohenheim Biogas Yield Test. Landtechnik 58 (3), 148-149.

Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), 2013: Die Reform der europäischen Agrarpolitik: Chancen für eine Neuausrichtung nutzen. Kommentar zur Umweltpolitik, 11. http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/05_Kommentare/2012_2016/2013_01_KzU_11.html.

Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), 2015: Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem – Sondergutachten. http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/02_Sondergutachten/2012_2016/2015_01_SG_Stickstoff_HD.pdf?__blob=publicationFile.

Statistisches Bundesamt, 2016: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaftFischerei/FeldfruechteGruenland/Tabellen/AckerlandHauptfruchtgruppenFruchtarten.html.


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