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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Ertragsphysiologie von Biogaspflanzen: Vergleich von Durchwachsener Silphie, Mais und Luzernegras

Yield physiology of biogas crops: comparison of cup plant, maize, and lucerne-grass

Siegfried Schittenhelm, Burkhard Schoo und Susanne Schroetter
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 68 (12). S. 378–384, 2016, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2016.12.06, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Siegfried Schittenhelm, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, E-Mail: siegfried.schittenhelm@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
31. Oktober 2016

Zusammenfassung

In einem Bewässerungsfeldversuch in Braunschweig wurden die Biogaskulturen Durchwachsene Silphie, Mais und Luzernegras hinsichtlich Ertragsleistung sowie Aufnahme- und Nutzungseffizienz für Wasser und Strahlung verglichen. Darüber hinaus wurden in Silphie- und Maisbeständen an sechs Standorten mit stark unterschied­lichen Bodenbedingungen Bohrkerne für Wurzelunter­suchungen entnommen. In Braunschweig lag der über Jahre und Wasserregime gemittelte Trockenmasseertrag von Silphie mit 13,5 t ha–1 auf demselben Niveau wie der von Luzernegras (13,2 t ha–1) aber signifikant unter dem von Mais (19,7 t ha–1). Auch hinsichtlich der Wasser­nutzungseffizienz war die Silphie mit Luzernegras vergleichbar, dem Mais aber deutlich unterlegen. Das in den Blattbechern aufgefangene Tauwasser stellte mit einem Anteil von bestenfalls 0,3% am Gesamtwasserverbrauch der Silphie keine für die Ertragsbildung relevante Größe dar. Der Effekt von Trockenheit auf die Methanausbeute (–6%) war nicht so stark wie erwartet. Während die unteren Blätter bei Mais bis zur Ernte photosynthetisch aktiv blieben, starben sie bei der Silphie aufgrund von Lichtmangel als Folge des hohen Blattflächenindex vorzeitig ab. Die Silphie wurzelte tiefer als der Mais und erreichte auf einem tiefgründigen Lößstandort eine maximale Wurzeltiefe von 2,7 m. Auch wenn sich nicht alle Erwartungen erfüllt haben (z.B. Trockentoleranz und mit Mais vergleichbare Erträge), erhöhen Silphie-Dauerkulturen die Agrobiodiversität und tragen durch Zufuhr großer Mengen an organischer Substanz sowie durch eine lange Begrünung zum Boden- und Wasserschutz bei.

Stichwörter: Wasseraufnahme, Wassernutzungseffizienz, Strahlungsnutzungseffizienz, Biogas, Energiepflanzen, Wurzeleigenschaften

Abstract

An irrigation field experiment was conducted at Braunschweig to compare the yield performance as well as the water and radiation uptake and use efficiency of the biogas crops cup plant, maize and lucerne-grass. Additionally, at six other sites with varying soil conditions, root characteristics of maize and cup plant were studied. In Braunschweig, the cup plant dry matter yield of 13.5 t ha–1 averaged across years and water regimes was at the same level as that of lucerne-grass (13.2 t ha–1), but significantly lower than that of maize (19.7 t ha–1). Accordingly, the water use efficiency of cup plant was similar to that of lucerne-grass but significantly lower than that of maize. With a share of at best 0.3% of the total water consumption the condensation water trapped in the leaf cups was not rele­vant for cup plant yield. The adverse effect of drought on the specific methane yield (–6%) was not as strongly as expected. While the lower maize leaves remained photosynthetically active until harvest, the comparatively high leaf area index of cup plant caused the lower leaves to die prematurely due to lack of light. With up to 2.7 m on deep loess, the cup plant rooted deeper than the maize. Even if not all expectations have been fulfilled (e.g. drought tolerance and biomass yields comparable with maize), permanent cup plant crops increase the agro-biodiversity and contribute by the supply of large quantities of organic matter as well as the long-term greening to soil and water protection.

Key words: Water uptake, water use efficiency, radiation use efficiency, biogas, energy crops, root characteristics

Einleitung

Mais ist mit Abstand die wichtigste Biogaspflanze in Deutschland. Substrat für Biogasanlagen wird auf etwa einem Drittel der 2,49 Mio. ha Maisanbaufläche erzeugt (DMK, 2013). Auf der Suche nach Alternativen zu Biogasmais gewinnt die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L., kurz: Silphie) zunehmend an Beachtung. Silphie Dauerkulturen werden in Deutschland bislang auf etwa 400 ha angebaut (Biertümpfel et al., 2015), größtenteils von innovativen Landwirten, lokalen und regionalen Bioenergieinitiativen sowie Energieversorgungsunternehmen. Die Silphie ist eine Energiepflanze der zweiten Generation, die weder als Nahrungs- noch als Futterpflanze genutzt wird, Umweltbelastungen durch Pestizide und Düngemittel vermindert, den Boden­humusgehalt erhöht, die Kulturlandschaft bereichert und die Biodiversität fördert (Dauber et al., 2016; Sanderson und Adler, 2008). Die Silphie wird häufig als trocken­tolerant charakterisiert (Sontheimer, 2007; Wilken und Benke, 2013; Bauböck et al., 2014), obgleich diese Eigenschaft bislang nicht empirisch belegt ist. Möglicherweise hat eine morphologische Besonderheit der Silphie zu der vermuteten Trockentoleranz beigetragen. So bilden die gegenständigen am Blattgrund miteinander verwachsenen Blattpaare sogenannte Blattbecher aus (engl.: cup plant) mit denen die Silphie Tauwasser sammeln kann. Die vorliegende Arbeit hatte folgende Ziele:

– Beurteilen der Silphie hinsichtlich ihrer Effizienz zur Aufnahme und Nutzung von Wasser und Strahlung sowie ihrer Trockentoleranz im Vergleich zu Mais und Luzernegras

– Aufklären der Bedeutung der Blattbecher für den Wasserhaushalt

– Vergleichen der Wurzelsysteme von Silphie und Mais in unterschiedlichen Boden-Klima-Räumen

– Abschätzen des Einflusses der Wasserversorgung auf die Methanausbeute

– Bewerten, ob die derzeit angebauten Silphie-Formen eine für die Biogasnutzung optimale Allokation der Trockenmasse aufweisen oder ob die Züchtung einen anderen Pflanzentyp anstreben sollte.

Material und Methoden

In den Jahren 2013 und 2014 wurden eine Silphie-Dauerkultur gemeinsam mit mehrjährigem Luzernegras und einer Mais-Selbstfolge auf dem Versuchsfeld des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Braunschweig (52,296 °N, 10,438 °O, 76 m) ohne und mit Zusatz­bewässerung geprüft. Luzernegras und Mais fungierten als Benchmarks für die Beurteilung der Silphie hinsichtlich der beiden Komponenten einer effizienten Wassernutzung: (a) hohe Wasseraufnahmeeffizienz durch eine intensive und tiefe Durchwurzelung (Luzernegras) sowie (b) effiziente Nutzung des aufgenommenen Wassers für die Produktion von Biomasse (C4-Pflanze Mais). Der Mais ist zudem die leistungsstärkste Biogaspflanze in Deutschland. Der vorherrschende Bodentyp auf dem Versuchsfeld ist eine Parabraunerde (Haplic Luvisol, FAO, 1997). Im Bereich von 0–150 cm Tiefe weist der Boden 79% Sand, 16% Schluff und 6% Ton auf. Der Versuch war als zweifaktorielle Spaltanlage mit vier Wiederholungen angelegt. Die Wasserregime bildeten die Großteilstücke und die Versuchsparzellen (40 × 6 m) die Kleinteilstücke. In den zusätzlich beregneten Parzellen sollte sichergestellt werden, dass die Bodenfeuchte nicht unter 50% nutzbare Feldkapazität (nFK) absinkt. Im Jahr 2013 erfolgten die zusätzlichen Wassergaben einheitlich mit einer Beregnungsmaschine. Im Jahr 2014 wurde in den bewässerten Silphieparzellen zusätzlich eine Tropfbewässerung installiert. Das verwendete genetische Material bestand aus einer russischen Silphie-Herkunft (N.L. Chrestensen), der Maissorte Atletas (KWS Saat SE) sowie der Luzernegrasmischung COUNTRY 2056 (80% Luzerne, 15% Wiesenschwingel, 5% Lieschgras; Deutsche Saatveredelung AG). Die Bestandesdichte bei Silphie und Mais betrug 4 bzw. 9 Pflanzen m–2 und die Aussaatstärke von Luzernegras 20 kg ha–1. Das erste Versuchsjahr (2012) diente vornehmlich der Bestandesetablierung von Silphie und Luzernegras. Die N‑Düngung (einheitlich Kalkammon­salpeter) zu Silphie, Mais und Luzernegras betrug 170, 180 bzw. 30 kg N ha–1. In den beiden Versuchsjahren erfolgte lediglich zu Mais eine chemische Unkraut- und Ungrasbekämpfung.

Das Bodenfeuchtemonitoring erfolgte mit dem kapazitiven Rohrsondenmesssystem Diviner 2000. Zu Vegeta­tionsbeginn (Silphie, Luzernegras) bzw. nach der Aussaat (Mais) wurden in sämtliche Versuchsparzellen 2 m lange PVC-Messrohre eingebaut. Die Bodenfeuchte wurde zweimal wöchentlich in 10 cm Schritten gemessen. Um die Bedeutung der Blattbecher für den Wasserhaushalt der Silphie zu beurteilen, wurden die täglich gesammelten Wassermengen von vier Pflanzen (1 m2 Fläche) in Parzellen mit und ohne Zusatzbewässerung mit einer Saugpipette gemessen. Der Blattflächenindex (LAI) und die Interzeption photosynthetisch aktiver Strahlung (PAR) wurden mit einem SunScan System bestimmt. Die stomatäre Leitfähigkeit (gs) wurde mit einem SC-1 Porometer in jeweils einer bewässerten und unbewässerten Parzelle von Silphie und Mais auf drei Blattetagen (oben, Mitte und unten) an der Unter- und Oberseite der Blätter gemessen. Die Evapotranspiration wurde anhand der Wasserhaushaltsgleichung nach Ehlers (1997) wie folgt ermittelt: Evapotranspiration (ET) = Niederschlag (N) + Bewässerung (B) – Oberflächenabfluss (A) – Sickerung (S) + Änderung der Bodenfeuchte im Bodenprofil (ΔR) in mm. Die Bestimmung der Gasausbeuten sämtlicher geernteter Parzellen erfolgte an tiefgefrorenem frischem Planzenmaterial mittels standardisierter Gasertragstests (Batch-Tests) in 20 L PE-Behältern im institutseigenen Biogas­labor (Pfitzner et al., 2010). In den Silphieparzellen wurden vor Vegetationsbeginn mit der Rammkernsonde Bodenproben entnommen und der Anteil lebender Wurzeln durch Färbung mit 2,3,5-Triphenyltetrazoliumchlorid bestimmt (Sturite et al., 2005).

In den Jahren 2012 und 2013 wurden in Silphie- und nahegelegenen Maisbeständen an sechs Standorten im Norden und Osten Deutschlands Wurzelproben entnommen. Die Standorte, ihre geographische Lage, Höhe über Normalhöhennull sowie vorherrschende Bodenart waren: Rockstedt (53,329° N, 9,196° O; 29 m; Sl2), Dasselsbruch (52,560° N, 10,021° O; 41 m; fSms), Ronnenberg (52,295° N, 9,609° O; 93 m; Uls), Parmen (53,323° N, 13,562° O; 65 m; Lts), Straguth (52,028° N, 12,159° O; 81 m; Su2) und Dornburg (51.003° N, 11.655° O; 270 m; Ut3). Bei der Beprobung wurden mit einer Rammkernsonde je drei Bohrkerne innerhalb und zwischen den Pflanzenreihen bis zur maximalen Durchwurzelungstiefe entnommen. Die Durchwurzelungstiefe wurde an den Bohrkernen vor Ort mit Hilfe der Bruchkernmethode (Smit et al., 2000) ermittelt. Später wurden die Wurzeln wie von Smucker et al. (1982) beschrieben mit einer hydropneumatischen Wurzelwaschvorrichtung aus den Bohrkernsegmenten separiert und dabei manuell von organischem Begleitmaterial getrennt. Die Bestimmung der Wurzellänge in Abhängigkeit vom Wurzeldurchmesser erfolgte durch Computer-Bildanalyse mit WinRHIZO Pro 2012 unter Berücksichtigung der Vorgaben von Himmelbauer et al. (2004). Anschließend wurden die Wurzeln bei 80°C bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und nach Bodentiefen getrennt gewogen.

Ergebnisse und Diskussion

I Bewässerungsfeldversuch in Braunschweig

Witterung und Bodenfeuchte. Das Versuchsjahr 2013 war durch einen späten Vegetationsbeginn gekennzeichnet. Während die 200 mm Niederschläge im Mai das langjährige Monatsmittel um das 4-fache überschritten, hatten anhaltend hohe Lufttemperaturen in Verbindung mit einem starken Niederschlagsdefizit in den Monaten Juni, Juli und August eine ausgeprägte Trockenheit zur Folge. Im Jahr 2014 begann die Vegetationsperiode bereits Anfang März. Die Hauptwachstumszeit von Juni bis August war durch überwiegend moderate Temperaturen und gleichmäßig verteilte Niederschläge in Höhe der langjährigen Monatsmittel gekennzeichnet. Im Gegensatz zu Mais und Luzernegras fiel die Bodenfeuchte der bewässerten Silphie im Jahr 2013, trotz elf Zusatzwassergaben mit insgesamt 215 mm, bereits ab Mitte Juni unter den Sollwert von 50% nFK (Abb. 1). Im Jahr 2014 konnten die Silphieparzellen mit Hilfe der zusätzlich installierten Tropfbewässerung außer durch Über-Kopf-Beregnung auch noch individuell bewässert werden. Dadurch ließ sich die Bodenfeuchte auch bei dieser Kultur im Zielkorridor von 50–80% nFK halten. Allerdings war dazu bei der Silphie die nahezu doppelte Zusatzwassermenge erforderlich wie bei Mais und Luzernegras (230 statt 120 mm).

Abb. 1. Volumetrischer Wassergehalt des durchwurzelten Bodens in den unbewässerten und bewässerten Parzellen von Silphie, Mais und Luzernegras in den Versuchsjahren 2013 und 2014 am Standort Braunschweig. Die gestrichelte Linie markiert die kritische Untergrenze für die Bodenfeuchte von 50% nFK.

Abb. 1. Volumetrischer Wassergehalt des durchwurzelten Bodens in den unbewässerten und bewässerten Parzellen von Silphie, Mais und Luzernegras in den Versuchsjahren 2013 und 2014 am Standort Braunschweig. Die gestrichelte Linie markiert die kritische Untergrenze für die Bodenfeuchte von 50% nFK.

Trockenmasse- und Methanerträge. Angesichts der vergleichsweise geringen züchterischen Bearbeitung waren die oberirdischen Trockenmasseerträge der Silphie mit 10,8 t ha–1 ohne Zusatzbewässerung und 16,1 t ha–1 mit Zusatzbewässerung erstaunlich hoch (Tab. 1). Der mittlere TM-Ertrag von Silphie lag mit relativ 102% etwa auf dem Niveau von Luzernegras, aber mit relativ 66% deutlich unter dem von Mais. Im Mittel der Jahre wurde der TM-Ertrag bei allen drei Kulturen durch Trockenheit signifikant reduziert, und zwar um 33% bei Silphie, 18% bei Mais und 14% bei Luzernegras. Obgleich in einer Reihe jüngerer Veröffentlichungen zur Ertragsleistung der Silphie das Wasserangebot nicht variiert wurde, lassen sich wegen der großen Unterschiedlichkeit der Versuchsstandorte hinsichtlich Klima und Boden indirekt auch Erkenntnisse zum Wasserbedarf der Silphie ableiten. Es zeigte sich nämlich, dass die Silphie mit Mais vergleichbare oder höhere TM-Erträge nur an Standorten mit guter Wasserversorgung erbringt (Stolzenburg und Monkos, 2012; Biertümpfel und Conrad, 2013; Stockmann und Fritz, 2013; Mast et al., 2014). Bei suboptimaler Wasserversorgung dagegen lagen die Trockenmasseerträge von Silphie deutlich unter denen von Mais (Aurbacher et al., 2012; Brauckmann et al., 2013; Wilken und Benke, 2013). Im Rahmen dieses Projektes wurden erstmalig die Auswirkungen von Wassermangel auf die Methanausbeute und den Methanhektarertrag von Silphie untersucht (Schoo et al., eingereicht a). Bei Mais und Luzernegras hatte das Wasserregime keinen signifikanten Einfluss auf die Methanausbeute. Im Gegensatz dazu war der spezifische Methanertrag von Silphie mit 296 statt 315 Ln (kg oTS)‑1 durch den Anbau mit ausschließlich Niederschlagswasser um 6% reduziert. Allerdings hatte Trockenheit einen wesentlich stärkeren Einfluss auf die Quantität als auf die Qualität des Biogassubstrates Silphie. Im Mittel der Wasserregime und Versuchsjahre lag der Methan­hektarertrag von Silphie (4.155 m3n ha‑1) um 42% unter dem von Mais und 6% unter dem von Luzernegras.

Tab. 1. Trockenmasseertrag, Wasserverbrauch (ET), Evapotranspirationskoeffizient (ETK) und Wassernut­zungseffizienz (WUE) von Silphie, Mais und Luzernegras in Abhängigkeit vom Wasserregime im Mittel der Jahre 2013 und 2014 in Braunschweig

Wasserregime

Kultur

TM-Ertrag

ET

ETK

WUE

  

(t ha–1)

(mm)

(mm kg–1)

(kg ha–1 mm–1)

Unbewässert

Silphie

10,8f

309e1

291c

36c

 

Mais

17,7b

320d

185e

55a

 

Luzernegras

12,2e

373c

327b

33d

Bewässert

Silphie

16,1c

542a

338ab

30e

 

Mais

21,7a

481b

223d

45b

 

Luzernegras

14,2d

489b

354a

29e

Mittel

Silphie

13,5B

426A

315B

33B

 

Mais

19,7A

400B

204C

50A

 

Luzernegras

13,2B

431A

340A

31C

1 Merkmalsmittelwerte mit unterschiedlichen Klein- bzw. Großbuchstaben sind signifikant verschieden (< 0,05; t-Test).

Effizienz der Aufnahme und Nutzung von Wasser und Strahlung. Der Evapotranspirationskoeffizient (ETK) lag bei Silphie in den unbewässerten Parzellen um 57% über dem von Mais und 11% unter dem von Luzernegras (Schoo et al., 2016). In den gut mit Wasser versorgten Parzellen hatten alle Kulturen signifikant höhere ETK-Werte als bei ausschließlich natürlichem Niederschlag. Zwischen Silphie und Luzernegras bestanden keine signifikanten Unterschiede im ETK. Die WUE war bei Silphie geringfügig höher als bei Luzernegras, aber sig­nifikant niedriger als bei Mais. Silphie und Luzernegras erreichten bereits ab Mitte Mai eine nahezu vollständige Interzeption der photosynthetisch aktiven Strahlung (PAR) (Schoo et al., eingereicht a). Beim Mais dagegen erfolgte eine vergleichbar hohe Strahlungsaufnahme erst Anfang August. Zu diesem Zeitpunkt war die Globalstrahlung bereits wieder im Abnehmen begriffen. Die Silphie zeigte nach Erreichen des LAImax (≈10) wegen des geringen Strahlungseinfalls in die Bestände einen schnellen Verlust an grüner Blattfläche. In beiden Versuchsjahren waren die unteren Silphieblätter bereits Anfang bis Mitte Juni weitgehend abgestorben (Abb. 2). Ohne Zusatzbewässerung wurde die starke Blattflächenreduktion der Silphie noch dadurch verstärkt, dass komplette Triebe innerhalb der Stauden trockenheitsbedingt abstarben. Beim Mais hingegen blieben selbst die untersten Blätter fast bis zur Ernte photosynthetisch aktiv. Die RUE der Silphie war mit 0,54 g MJ–1 ohne Bewässerung und 0,76 g MJ–1 mit Bewässerung ausgesprochen niedrig. Im Mittel der Versuchsjahre und Wasserregime war die RUE von Silphie signifikant niedriger als die von Mais (–55%) und Luzernegras (–7%). Die hohe RUE von Mais war das Ergebnis einer effizienten Assimilateproduktion (C4-Photosynthese) mit hohen Biomassezuwächsen innerhalb einer vergleichsweise kurzen Wachstumszeit. Der Anteil der in den Blattbechern der Silphie zurückgehaltenen Wassermenge (Tau-, Niederschlags- und Beregnungs­wasser) am gesamten Wasserverbrauch war mit knapp 2% im Mittel der Versuchsjahre und Wasserregime sehr gering (Schoo et al., 2016). Zudem ist es unwahrscheinlich, dass dieses Wasser in voller Menge über das Blatt aufgenommen wird. Vielmehr können die Blattbecher in Verbindung mit dem hohen LAI beträchtliche Interzep­tionsverluste verursachen und somit die pflanzenverfügbare Wassermenge verringern.

Abb. 2. (a) Abgestorbene Blätter in einem Silphiebestand und (b) photosynthetisch aktive Blätter in einem Maisbestand.

Abb. 2. (a) Abgestorbene Blätter in einem Silphiebestand und (b) photosynthetisch aktive Blätter in einem Maisbestand.

II Wurzelbeprobung auf Praxisstandorten

Die Silphie hatte an allen Standorten eine Durchwurzelungstiefe von zumindest 150 cm, wohingegen der Mais vergleichsweise geringere Bodentiefen erschloss (Abb. 3) (Schoo et al., eingereicht b). Die mit 270 cm größte Wurzeltiefe hatte die Silphie auf dem tiefgründigen Löss in Ronnenberg. Die in Straguth gefundenen abweichenden Ergebnisse sind mit Vorsicht zu behandeln, weil sich die Bodenwassergehalte der beprobten Silphie- und Mais­bestände stark unterschieden.

Abb. 3. Vergleich der Gesamtwurzellänge von Silphie und Mais an sechs Standorten sowie im Mittel der Standorte. Dargestellt sind Mittelwerte von n = 6 Bohrkernen. Unterschiedliche Buchstaben kenn­zeichnen signifikante (P < 0,05) Unterschiede.

Abb. 3. Vergleich der Gesamtwurzellänge von Silphie und Mais an sechs Standorten sowie im Mittel der Standorte. Dargestellt sind Mittelwerte von n = 6 Bohrkernen. Unterschiedliche Buchstaben kenn­zeichnen signifikante (P < 0,05) Unterschiede.

III Kohlenstoffanreicherung durch eine Silphie-Dauerkultur

Mit dem Anbau von Silphie werden dem Boden jährlich ca. 6–8 t Trockenmasse pro Hektar in Form von Pflanzenrückständen zugeführt (Abb. 4). Das trägt zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit bei und dient durch die temporäre Stickstoffspeicherung zugleich dem Grundwasserschutz. Bei der anfallenden Trockenmasse handelt es sich um 1–2 t tote Blätter sowie Stängelreste, ca. 1 t Wiederaustrieb sowie 4–5 t Wurzeln. Im Mittel der sechs untersuchten Standorte fielen bei der Silphie 8,4 t TM ha–1 Wurzeln an (Mais: 4,0 t TM ha–1). Die Unter­suchung der Lebendfärbung ergab, dass jährlich ca. 60% der Wurzeln neu gebildet werden (Schoo et al., einger. b). Das bedeutet, dass die Silphie einen erheblichen Teil der Assimilate aus der wiederanlaufenden Photosynthese im Frühjahr in die Bildung neuer Wurzeln zur Wieder­erschließung des Bodenraums investieren muss. Auch Monti und Zatta (2009) fanden große Unterschiede in der Wurzelmasse von ein- und mehrjährigen Energiepflanzen. So produzierten die mehrjährigen Arten Rutenhirse (Panicum virgatum L.), Pfahlrohr (Arundo donax L.) und Riesen-Chinaschilf (Miscanthus sinensis × giganteus Greef und Deuter) wesentlich mehr Wurzeltrockenmasse als einjähriger Faser-Sorghum (Sorghum bicolor L. Moench). Deshalb lässt die größere Wurzelbiomasse von Dauerkulturen in Verbindung mit der wegfallenden Bodenbearbeitung eine erhöhte Humusreproduktion des Bodens erwarten (Frank et al., 2004; Fargione et al., 2008).

Abb. 4. (a) Zufuhr organischer Substanz durch Stängelre­ste und abgestorbene Blätter, (b) Wiederaustrieb nach der Ernte und (c) intensiv durchwurzelter Bo­den.

Abb. 4. (a) Zufuhr organischer Substanz durch Stängelre­ste und abgestorbene Blätter, (b) Wiederaustrieb nach der Ernte und (c) intensiv durchwurzelter Bo­den.

Fazit

In Anbetracht ihres semi-domestizierten Status verfügt die Silphie über ein erstaunlich hohes Ertragspotential. Durch die tiefe und intensive Durchwurzelung kann sie Wasser auch aus tieferen Bodenschichten aufnehmen. Gleichwohl verfügt die Silphie aufgrund einer wenig effizienten Wassernutzung über keine nennenswerte Trockentoleranz. Der trockenheitsbedingte Minderertrag an oberirdischer Biomasse war bei der Silphie größer als bei Luzernegras und Mais. Wegen ihres hohen Wasser­bedarfs kann die Silphie mit Mais vergleichbare Trockenmasseerträge nur an Standorten mit guter Wasserversorgung erzielen, sei es über hohen natürlichen Niederschlag, einen großen Bodenwasserspeicher, Grundwasser­anschluss oder Zusatzbewässerung. Die Silphie verfügt im Wesentlichen nur über die Stängel als Assimilatespeicher. Weil damit ihr Biomasseertrag entscheidend von der Bestandeshöhe abhängt, ist die unzureichende Stand­festigkeit der Silphie oft ertragslimitierend. Mit dem Alter der Bestände nimmt die Zahl der Triebe zu, während gleichzeitig Lichteinfall, Stängeldicke und Standfestigkeit abnehmen und zunehmend größere Teile der Blätter vor oder bei der Ernte abfallen. Vielleicht ließen sich diese Probleme durch ein gelegentliches mechanisches Auslichten (z.B. Reihenfräse) zu dichter Bestände beheben. Zu prüfen wäre auch, ob sich Ertragshöhe und Ertragsstabilität der Silphie durch Züchtung von Sorten mit dickeren und stabileren Stängeln sowie kleineren Blättern verbessern lassen. Die zur Schaffung eines veränderten Pflanzentyps notwendige genetische Variabilität ist vorhanden.

Danksagung

Die dieser Veröffentlichung zugrundeliegenden Forschungsarbeiten wurden aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages mit Mitteln des Bundesministe­riums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) unterstützt (Förderkennzeichen 22037311). Die Autoren danken Friederike Diers, Sabine Peickert, Martina Schabanoski und Jan-Martin Voigt für ihre Unterstützung bei der Durchführung der Feldversuche und Wurzelanalysen.

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