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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Ertragspotenzial der Durchwachsenen Silphie unter bayerischen Anbaubedingungen

Yield potential of cup plant under Bavarian cultivation conditions

Anja Hartmann und Tatjana Lunenberg
Institut
Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ), Straubing

Journal für Kulturpflanzen, 68 (12). S. 385–388, 2016, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2016.12.07, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Anja Hartmann, Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ), Schulgasse 18, 94315 Straubing, E-Mail: anja.hartmann@tfz.bayern.de
Zur Veröffentlichung angenommen
31. Oktober 2016

Zusammenfassung

Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) ist eine interessante Energiepflanze, die als Substrat in Biogasanlagen genutzt werden kann. Vorliegende Untersuchungen zum Anbau dieser mehrjährigen Kultur sollten Erkenntnisse zur Ertragsstabilität und möglichen Nutzungsdauer der Durchwachsenen Silphie unter bayerischen Bedingungen bereitstellen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Durchwachsene Silphie unter guten Anbaubedingungen, wie z.B. im „Straubinger Gäu“, mehrjährig hohe Erträge von 160 bis 220 dt Trockenmasse/ha liefern kann. Die Ertragsleistung des Silomaises lag jedoch in drei von vier Jahren noch höher. Ein Einfluss der verschiedenen Herkünfte des Pflanzenmaterials auf den Ertrag war nicht erkennbar. Ein Standortvergleich ergab, dass die Durchwachsene Silphie in allen bayerischen Gebieten in denen Ackerbau betrieben wird, angebaut werden kann. Hohe Erträge sind allerdings nur auf nährstoffreichen Böden und mit guter Wasserversorgung möglich.

Stichwörter: Durchwachsene Silphie, Ertrag, Anbaubedingungen, Trockenmasse, Trockentoleranz

Abstract

Cup plant (Silphium perfoliatum L.) is an interesting energy crop that can be used as substrate in biogas plants. The present study on the cultivation of this crop shall provide knowledge on yield stability and shall demonstrate how many years cup plant can be grown under Bavarian conditions. The results show that under favorable conditions, as for example in the “Straubinger Gäu” region, cup plant can produce high yields of 160 to 220 dt dry matter/ha for several years. However, the total biomass yield of maize was higher in three of four years. The place of origin of cup plant (cultivar) had no effect on yield. Comparing the yield of different experimental sites in Bavaria proved that cup plant can be grown in any Bavarian region where crop cultivation is possible. Nevertheless, high yields will be harvested only on nutrient rich soils with sufficient water supply.

Key words: Cup plant, yield, cultivation conditions, dry matter, drought tolerance

Einleitung

Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) ist ursprünglich im Osten Nordamerikas beheimatet und wurde erst Ende des 18ten Jahrhunderts nach Europa eingeführt (Standord, 1990). Anfänglich eher von Gärtnern und Imkern genutzt oder als Grünfutter angebaut, rückte die Durchwachsene Silphie in den letzten Jahren als Energiepflanze zur Nutzung als Biogassubstrat in den Blickpunkt. Im Pflanz- oder Saatjahr bildet die Pflanze nur eine bodenständige Rosette. Erst ab dem 2. Standjahr wächst sie in die Höhe, wird über 3 m hoch und kann 10 bis 15 Jahre, voraussichtlich auch länger, beerntet werden. Die Durchwachsene Silphie ist eine mehrjährige, krautige Staude und zeichnet sich durch eine lange Blühdauer aus. Ihr Anbau kann aus ökologischer und arbeitswirtschaftlicher Sicht eine interessante Alternative oder Ergänzung zu weit verbreiteten Biogaskulturen wie dem Silomais sein. Sie hat ein hohes Biomasseertragspoten­zial, die Biomasseleistung ist jedoch immer auch standort­abhängig. Nicht jede Kultur ist für jeden Standort geeignet bzw. kann ihr Ertragspotential voll ausschöpfen. Literaturangaben zufolge ist die Durchwachsene Silphie winterfest, toleriert Temperaturen bis zu –30°C und gedeiht auch auf Böden mit niedriger Ackerzahl (Standord, 1990). Ziel eines aktuellen Forschungsvorhabens („Dauerkulturen – Aufzeigen der bayernweiten Anbaueignung“) ist es, das standortabhängige Ertragspotenzial der Silphie sowie weiterer mehrjähriger Energiepflanzen für bayerische Standorte mit unterschiedlichen boden-klimatischen Bedingungen aufzuzeigen und Erkenntnisse zur Ertragsstabilität und Nutzungsdauer unter bayerischen Bedingungen zu erlangen.

Material und Methoden

Feldversuch „Ertragsstabilität“

Daten zur Ertragsstabilität über mehrere Jahre bzw. zur Nutzungsdauer der Silphie werden in einem momentan fünf Jahre alten Bestand an einem Versuchsstandort im „Straubinger Gäu“ erhoben. Gepflanzt wurde der Versuch in 2011. Es stehen dort als getrennte Versuchsvarianten, mit jeweils vier Wiederholungen, Pflanzen mit der Herkunft Thüringen, USA und Norddeutschland. Sortenzulassungen gibt es bisher nicht. Die Parzellengröße beträgt 28 m². Die Größe der Erntefläche, die zur Bestimmung des Trockenmasseertrag (TM) genutzt wird, beträgt 20 m².

Feldversuch „Standortvergleich“

Zur Untersuchung der Ertragsleistung der Durchwach­senen Silphie und weiterer mehrjähriger Energiepflanzen unter variierenden bodenklimatischen Bedingungen (Standortvergleich) wurden 2014 Feldversuche auf sechs bayerischen Standorten gepflanzt. Die Parzellengröße beträgt 100 m² bzw. 60 m² Erntefläche mit vier Wiederholungen. Bei den Silphiepflanzen handelte es sich um gemischtes Pflanzgut aus verschiedenen Herkünften.

Sämtliche Versuche wurden mit 4 Pfl./m² und einem Reihenabstand von 50 cm gepflanzt und nach der Pflanzung mit 3,5 l/ha Stomp Aqua behandelt. Eine Charakterisierung der Standorte ist Tab. 1 zu entnehmen. Die Ernte erfolgt in der Regel Anfang September mit einem reihenunabhängigen Parzellenhäcksler, wenn die Bestände einen Trockensubstanzgehalt (TS) von 26 bis 28% erreicht haben. Auf Standorten, auf denen diese Technik nicht zur Verfügung steht, erfolgt eine Handernte und das Erntegut wird mit einer Kranwaage verwogen. Zur Bestimmung des TS-Gehaltes werden aus jeder Wiederholung repräsentative Proben (ca. 1 kg) entnommen und bei 105°C getrocknet. Um das Ertragspotenzial besser beurteilen zu können, wird auf jedem Standort jedes Jahr Silomais als Referenz angebaut. Die Düngung der Silphie erfolgt nach Entzug. Dieser wird auf Basis der Ertrags­daten des Vorjahres sowie der Ergebnisse einer Inhaltsstoffanalyse berechnet. Die Silomais-Referenz erhält einen N-Sollwert von 190 kg N/ha sowie eine Unterfußdüngung mit Phosphor. Zudem wurde in 2015 eine Grunddüngung mit 140 kg K2O/ha in beiden Kulturen durchgeführt.

Tab. 1. Beschreibung der Versuchsstandorte mit Temperaturangabe als Mittelwert und Niederschlag als Summe von März bis September 2015

Standort

Beschreibung

°C

mm

Bodenart

AZ

Straubinger Gäu

sehr guter Boden,
mild

14,4

356

uL

76

Donau-Schotterebene

leichter sandiger Boden,
mild

14,5

356

lS

45

Höhenlage Bayerwald

Hochlage bzw. Mittelgebirgslage,
kalt, feucht

13,6

383

lS

35–45

Tertiäres Hügelland

guter Boden mit Kiesadern,
mild

14,4

362

sL

41–48

Isartal

humoser Auenboden

14,4

362

huL

58

Fränkische Platte

sehr guter Boden, warm und trocken,
Gäul­age

14,5

219

tL

72–76

Oberpfälzer Jura

lehmiger Boden,
kühl

13,7

311

tL

32–59

Ergebnisse und Diskussion

Auf dem Hochertragsstandort im „Straubinger Gäu“ liefert ein fünfjähriger Bestand der Durchwachsenen Silphie bereits mehrere Jahre konstant hohe Biomasseerträge zwischen 160 und 222 dt Trockenmasse (TM) pro ha. Im Mittel über vier Jahre wurden 190 dt TM/ha geerntet (Abb. 1). Auf diesem Standort kam Pflanzenmaterial unterschiedlicher Herkunft zum Einsatz. Ein eindeutiger Einfluss der Herkunft auf die Ertragsleistung ließ sich nicht feststellen. Die Erträge der Silphie übertrafen die der Mais Referenz nur im Jahr 2013. Der Trockensub­stanzgehalt (TS) der Pflanzen zur Ernte lag zwischen 25 und 28%. Erfahrungen zeigen, dass sich in diesem TS-Bereich kaum Sickersaft bildet und die Silphie verlustfrei konserviert werden kann. Allerdings empfiehlt sich der Einsatz eines Silierhilfsmittels zur Vermeidung von Fehlgärungen in der Silage.

Abb. 1. Mehrjähriger Trockenmasseertrag mit Standardab­weichung (n = 4) und Trockensubstanzgehalt der Durchwachsenen Silphie und des Silomais am Standort Straubing (rote Linie = Mittelwert der Durchwachsenen Silphie über 4 Jahre und 3 Her­künfte).

Abb. 1. Mehrjähriger Trockenmasseertrag mit Standardab­weichung (n = 4) und Trockensubstanzgehalt der Durchwachsenen Silphie und des Silomais am Standort Straubing (rote Linie = Mittelwert der Durchwachsenen Silphie über 4 Jahre und 3 Her­künfte).

2014 wurde zusätzlich ein bayernweiter Versuch mit Durchwachsener Silphie auf sechs Standorten angelegt. Auf allen Standorten entwickelte sich die Silphie gut, ohne wesentliche Ausfälle. In 2015 konnte erstmalig ein Ertragsvergleich der Silphie zwischen den unterschiedlichen Standorten vorgenommen werden. Die zwei Jahre alten Bestände der Silphie brachten Erträge von 96 bis 181 dt TM/ha (Abb. 2). Der höchste Ertrag wurde im Isartal, auf humosem, grundwassernahem Boden mit einer Niederschlagsmenge von 362 mm (März bis September) erreicht. Die Biomasseleistung der Silphie auf allen anderen Standorten lag deutlich unter diesem guten Ergebnis. Auf dem Versuchsstandort der „Fränkischen Platte“ sind die geringen Niederschlagsmengen in 2015 ein Grund dafür, dass trotz des lehmigen Bodens mit guter Wasserspeicherfähigkeit nicht mehr als 121 dt TM/ha möglich waren. In der Höhenlage Bayerischer Wald und im Oberpfälzer Jura begrenzten vermutlich die Temperaturen, bzw. die kürzere Vegetationszeit, und ebenfalls die Sommertrockenheit die Ertragsleistung der Silphie in 2015. Den niedrigsten Biomasseaufwuchs erbrachte die Durch­wachsene Silphie im Tertiären Hügelland mit 95 dt TM/ha und übertraf damit knapp die 91 dt TM/ha des Silomais. Für gewöhnlich fallen dort ausreichend Niederschläge, der Boden ist jedoch durchzogen von Kiesadern. Genau wie der sandige Boden der Donau-Schotterebene hat der Untergrund hier nur eine geringe Wasserspeicherfähigkeit, was sich in sehr trockenen und heißen Jahren in unterdurchschnittlichen Erträgen niederschlägt.

Abb. 2. Trockenmasseertrag mit Standardabweichung (n = 4) und Trockensubstanzgehalt zweijähriger Silphie-Bestände (Herkunfts­mischung) auf bayeri­schen Standorten in 2015

Abb. 2. Trockenmasseertrag mit Standardabweichung (n = 4) und Trockensubstanzgehalt zweijähriger Silphie-Bestände (Herkunfts­mischung) auf bayeri­schen Standorten in 2015

Die in der Literatur beschriebene, ausgeprägte Trocken­toleranz (Kaltschmitt et al., 2016) der Durchwachsenen Silphie konnte im Versuchsjahr 2015 auf den bayerischen Standorten nicht beobachtet werden. Andere Untersuchungen gehen eher von einer niedrigeren Trockenstresstoleranz (Schoo et al., 2015) bzw. Wassernutzungseffizienz (Pan et al., 2011) der Silphie im Vergleich zum Mais aus. Damit erklärt sich teilweise die auf den meisten Standorten eher niedrige Ertragsleistung der Silphie im Jahr 2015. Das Wachstum des Silomaises war, außer auf dem Standort im Isartal, bedingt durch die klimatischen Bedingungen 2015 ebenfalls unterdurchschnittlich. Die Erträge lagen zwischen 91 und 219 dt TM/ha und damit, bis auf den Standort im Tertiären Hügelland, trotzdem über der Ertragsleistung der Silphie.

Ergebnisse aus anderen Regionen Deutschlands zeigen, dass auch dort in 2015 keine Höchsterträge möglich waren. Nach Köhler (2016) brachte die Durchwachsene Silphie auf dem Dornburger Standort nur mittlere Erträge von 162 dt TM/ha. Im Unterschied zu den Ergebnissen der bayerischen Standorte wird dort jedoch regelmäßig der Ertrag des Silomaises überschritten.

Fazit

Die Durchwachsene Silphie kann auf günstigen Standorten mehrjährig beachtliche TM-Erträge erzielen. Ein eindeutiger Einfluss der Herkunft auf die Ertragsleistung ist nicht feststellbar. Die Biomasseleistung des Maises wird unter bayerischen Bedingungen allerdings nur selten erreicht. Die bisher einjährigen Ergebnisse eines Standortvergleiches zeigen, dass die Durchwachsene Silphie auf fast allen bayerischen Standorten auf denen Ackerbau mit klassischen Ackerfrüchten möglich ist, erfolgreich angebaut werden und zur Substratsicherung und Diversifizierung der Agrarlandschaft beitragen kann. Für hohe Erträge sind allerdings nährstoffreiche Böden und eine ausreichende Wasserverfügbarkeit die Voraussetzung. Literaturangaben zur ausgeprägten Trockentoleranz der Durchwachsenen Silphie können nach ersten Erfahrungen für bayerische Verhältnisse nicht bestätigt werden.

Die Autoren danken dem Bayerischen Staatsministe­rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die Förderung des Projektes.

Literatur

Kaltschmitt, M., H. Hartmann, H. Hofbauer (Hrsg.), 2016: Energie aus Biomasse. Grundlagen, Techniken und Verfahren. 3., aktualisierte Auflage. Berlin, Heidelberg, Springer-Verlag, 1867 S.

Köhler, J., 2016: Energiepflanzen: Durchwachsene Silphie besser als Silomais? Thüringische Landesanstalt für Landwirtschaft. http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Pflanze/Energiepflanzen-Durchwachsene-Silphie-besser-als-Silomais_article1447163941.html. Stand: 19.04.2016.

Pan, G., Z. Ouyang, Q. Lou, Q. Yu, J. Wang, 2011: Water Consumption of Seven Forage Cultivars under Different Climatic Conditions in the North China Plain. Journal of Resources and Ecology 2, 74-82.

Schoo, B., S. Schroetter, U. Böttcher, H. Kage, S. Schittenhelm, 2015: Untersuchungen zum Wasserhaushalt der Durchwachsenen Silphie. In: C. Pekrun und M. Francke-Weltmann (Hg.): Multifunktionale Agrarlandschaften - Pflanzenbaulicher Anspruch, Biodiversität, Ökosystemdienstleistungen. Kurzfassung der Vorträge und Poster. Tagung der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften e. V., 22. bis 24. September. Liddy Halm, Braunschweig. Mitteilungen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften 27, 19-20.

Standord, G., 1990: Silphium perfoliatum (Cup-Plant) as a New Forage. Proceedings of the 12th North American Prairie Conference, S. 33-37.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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