Züchterische Verbesserung der Silphie – erste Schritte
Breeding progress in cup plant – first steps
Journal für Kulturpflanzen, 68 (12). S. 392–398, 2016, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2016.12.09, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Eine züchterische Bearbeitung der Silphie (Silphium perfoliatum L.) steht am Beginn. Mögliche Zuchtmerkmale, befruchtungsbiologische Grundlagen und mögliche Zuchtstrategien werden betrachtet. In den untersuchten Herkünften gibt es eine große Ausgangsvariabilität. Pflanzenbauliche und technologische Merkmale können effektiv bearbeitet werden. Für die energetischen Merkmale fehlen schnelle und kostengünstige Methoden. Die Nahinfrarot-Spektroskopie (NIRS) wird für die Bestimmung dieser Merkmale erprobt. Für die schnelle Multiplikation züchterisch wertvoller Einzelpflanzen wird ein In-vitro Vermehrungsverfahren entwickelt.
Stichwörter: Silphie, Silphium perfoliatum L., Züchtung, Genetische Variabilität, NIRS, In-vitro Vermehrung
Breeding of cup plant (Silphium perfoliatum L.) is at the starting point. Possible breeding traits, the basics of pollination and fertilization and possible breeding strategies are taken into consideration. A large variability exists in the tested accessions. Traits of plant habit, growing and harvesting technologies can be treated effectively. For the determination of energetic quality quick and low budget methods do not exist yet. Applicability of NIRS as a quick and cheap analytical method will be investigated. A method for in-vitro propagation of valuable individual plants will be developed.
Key words: Cup Plant, Silphium perfoliatum L., breeding, genetic variability, NIRS, in-vitro propagation
Die Durchwachsene Silphie oder Becherpflanze (Silphium perfoliatum L.) ist eine langlebige, massenwüchsige Staude aus den Präriegebieten Nordamerikas. Sie wird als Alternative/Ergänzung zum Energiemais für Biogasanlagen intensiv untersucht. Als Staude mit langer Blütezeit bereichert sie zudem die Kulturlandschaft und gilt als Bienenweidepflanze (Abb. 1).
Auf weit über 100 Standorten Deutschlands gibt es einen klein- bis mittelflächigen Erprobungsanbau der Silphie (Biertümpfel, 2014). Die prognostizierte Nutzungsdauer liegt bei mindestens 10 Jahren. Von der Silphie sind mehrere Herkünfte verfügbar (Biertümpfel, 2014). Alle zeichnen sich durch eine mehr oder weniger starke Inhomogenität aus. Eine züchterische Bearbeitung liegt nur in Ansätzen vor (Paladey, 2014). Als Voraussetzungen für eine effektive Züchtungsarbeit müssen im Vorfeld folgende Fragen geklärt werden:
• welche Zuchtziele sind zu bearbeiten? |
• wie ist die Blüten- und Befruchtungsbiologie? |
• gibt es Inzucht? |
• wie ist die Ausgangsvariabilität in den Herkünften? |
• welche Zucht- und Analysenmethoden sind anzuwenden und welche sind verfügbar? |
Zuchtmethodische Überlegungen und erste Ergebnisse werden im Folgenden vorgestellt.
Die Arbeiten wurden auf die „Russische Herkunft“ und die „Ukrainische Herkunft“ konzentriert. Die „Russische Herkunft“ gehört zu den leistungsstärksten aber inhomogensten Herkünften, die „Ukrainische Herkunft“ zeichnet sich besonders durch starke Anthozyanbildung im Jugendstadium aus. Einzelpflanzen wurden 2011–2015 angebaut und auf morphologische und Leistungsmerkmale untersucht. Die Saatgutgewinnung bei Einzelpflanzen (EP) erfolgte nach Isolation unter Crispac Tüten und unter Einsatz von Fliegen als Bestäubungshilfe. Etwa 10–15 Fliegenpuppen wurden je Tüte eingesetzt. Die Saatgutgewinnung bei Pflanzengruppen als Ramsch erfolgte im räumlichen Isolationsanbau. Methan und andere energetische Leistungsmerkmale wurden mit dem Hohenheimer Batch Test (HBT) untersucht. Nach den Methoden der erweiterten Wender Futtermittelanalytik der VDLUFA wurden Trockensubstanz (TS), Säure-Detergenz-Faser (ADF, acid detergent fibre) und Säure-Detergenz-Lignin (ADL, acid detergent lignin) ermittelt.
Als Unterauftrag im Verbundprojekt wurden am Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) in Berlin methodische Arbeiten zur Entwicklung einer NIRS-Methode zur Bestimmung der energetischen Leistungsmerkmale durchgeführt.
In einem weiteren Unterauftrag wird ein Verfahren zur In-vitro Vermehrung ausgewählter Silphie Genotypen im Institut für Gemüse und Zierpflanzenforschung (IGZ) in Erfurt entwickelt.
Die Nutzung als Pflanze für den Biogasreaktor bestimmt die Zuchtziele, denn letztendlich ist die Menge nutzbarer Energie/ha über die Mindestnutzungsdauer von 10 Jahren entscheidend. Für dieses Merkmal gibt es keine züchterisch bearbeitbaren Majorgene, so dass Teilmerkmale gefunden werden müssen, die dieses Merkmal mitbestimmen und eine ausreichende Erblichkeit haben. In Tab. 1 sind in Frage kommende Teilmerkmale für energetische und technologische Zielstellungen zusammengestellt.
Tab. 1. Zusammenstellung und Bewertung von Zuchtzielen
Merkmal | Bearbeitbarkeit als Zuchtmerkmal |
Energetische Merkmale | |
Energetische Gesamtleistung über Gesamtnutzungsdauer | Nicht direkt bewertbar, |
– Biomasse/Fläche | – Wiegen der Biomasse von Einzelpflanzen oder Parzellen |
– Vergärbarkeit | – Silierung im Labor, Batch-Versuch |
– Futterwert, ADF, ADL, | – Erweiterte Futtermittelanalyse nach Weender |
– Methangehalt | – Gasanalytik Methangehalt |
Technologische Merkmale | |
– Standfestigkeit | – Bonitur in der Parzelle |
– Stängeldicke | – Messung des Stängeldurchmessers |
– Blattanteil | – Bestimmung der Blattform und Blattfläche |
– Krankheitsresistenz | – Bonitur |
– Winterfestigkeit | – Bonitur |
– Sickersaftbildung | – Messung im Gärversuch |
Die Gesamtleistung kann nur über eine ein- oder zweijährige Leistungsermittlung als Trend prognostiziert werden. Die Bedeutung von Vergärbarkeit, Zellulose- und Ligningehalt hängen stark von den konkreten Bedingungen im Biogasreaktor ab. Auch die technologischen Merkmale haben eine unterschiedliche Wichtung. Winterfestigkeit und Krankheitsresistenz scheinen im Zuchtmaterial ausreichend positiv determiniert zu sein, die Standfestigkeit ist durch die technische Entwicklung der Häckseltechnik kein schwerwiegendes Problem mehr.
Grundlage aller Züchtungsarbeit ist eine ausreichende, genetische Variabilität im Ausgangsmaterial. Diese Variabilität kann in den vorhandenen Populationen gefunden werden oder durch Kreuzungen und/oder Mutationsauslösungen geschaffen werden. In der hauptsächlich verwendeten „Russischen Herkunft“ ist eine breite Variabilität zumindest für die sichtbaren morphologischen und technologischen Eigenschaften zu finden. Ähnliches gilt für die „Ukrainische Herkunft“. Hundert Einzelpflanzen (EP) der „Russischen Herkunft“ wurden 2010 geteilt und parallel in Dornburg (TLL) und Erfurt (NLC) gepflanzt. 2011 und 2012 erfolgte an beiden Standorten eine Merkmalsbewertung. In Tab. 2 sind die Mittelwerte und Spannweiten für züchterisch relevante Eigenschaften beispielhaft nach den Dornburger Messungen dargestellt. Die Erfurter Ergebnisse zeigen den gleichen Trend.
Tab. 2. Merkmalsvariation von Einzelpflanzen der „Russischen Herkunft“ in Dornburg in den Jahren 2011 und 2013
Merkmal | Maßeinheit | Jahr | n= | Mittelwert | Minimum | Maximum |
Trockenmasse | g/Pflanze | 2011 | 90 | 2038 | 561 | 4373 |
Ganzpflanze oberirdisch | 2012 | 90 | 2436 | 921 | 5279 | |
TS-Gehalt | % | 2011 | 90 | 21,6 | 15,6 | 27,4 |
Ganzpflanze oberirdisch | 2012 | 90 | 27,0 | 22,5 | 35,3 | |
Stängel/Pflanze | Anzahl | 2011 | 90 | 10,5 | 5 | 28 |
2012 | 90 | 14,7 | 8 | 32 | ||
Stängellänge | cm | 2011 | 90 | 273 | 207 | 313 |
2012 | 90 | 260 | 155 | 306 | ||
Stängeldurchmesser | cm | 2011 | 90 | 2,18 | 1,18 | 3,17 |
2012 | 90 | 1,71 | 0,92 | 2,44 | ||
Blatt-Stängel-Verhältnis | 1: | 2011 | 90 | 3,6 | 2,4 | 5,2 |
2012 | 90 | 3,8 | 2,2 | 6,6 | ||
Rohasche in der TS | % | 2011 | 90 | 10,97 | 8,85 | 13,80 |
2012 | 90 | 10,24 | 7,35 | 12,90 | ||
Lignin in der TS | % | 2011 | 90 | 7,58 | 6,03 | 10,50 |
2012 | 90 | 7,10 | 5,27 | 9,24 | ||
ADF in der TS | % | 2011 | 90 | 44,8 | 36,8 | 53,9 |
2012 | 90 | 46,4 | 40,3 | 58,3 | ||
Biogasausbeute HBT | Nl/kg oTS | 2011 | 86 | 478,7 | 338,0 | 553,0 |
Methanausbeute HBT | Nl/kg oTS | 2011 | 86 | 286,2 | 206,0 | 321,0 |
Es zeigte sich eine große Variabilität zwischen den Einzelpflanzen. Die Merkmale Stängelanzahl und -durchmesser variierten besonders stark. Signifikante Zusammenhänge zwischen den Merkmalen Stängelanzahl und Stängeldurchmesser (r2 = –0,21) konnten in Erfurt nicht gefunden werden, eine Tendenz wenig Stängel – hoher Stängeldurchmesser und umgekehrt war allerdings an beiden Standorten erkennbar.
Bei den indirekten Merkmalen wurden ADF, Lignin, Biogas und Methan an den Klonen in Dornburg bestimmt. Die ADF gibt Auskunft über die im sauren Milieu unverdaulichen Bestandteile von Tierfuttermitteln. Es gab keine signifikanten Zusammenhänge zwischen Lignin und ADF (r2 = 0,34). Für die Interpretation der Inhaltsstoffe sind die zeitlichen Verläufe der An- bzw. Abreicherung bestimmter Inhaltsstoffe zu beachten. Als Staude verlagert die Silphie ihre Reservestoffe aus Blatt und Stängel in den Wurzelstock. Oberirdisch verbleiben unverdauliche Gerüstsubstanzen. Einen Eindruck der zeitlichen Verläufe gibt Abb. 2.
Der Methangehalt der organischen Substanz sinkt ab Mitte August stetig. Der Methanertrag sinkt gleichfalls, wenn auch langsamer, da der Biomasseertrag bis Anfang September noch steigt.
Nach den Erfurter Bonituren wurden 13 EP mit wenigen aber dicken Stängeln selektiert und in Isolierung gepflanzt. Damit sollte die Standfestigkeit positiv beeinflusst werden. Die 13 EP hatten im Mittel bei NLC in Erfurt 10% bzw. in der TLL in Dornburg 8% weniger Lignin als die 100 Einzelpflanzen, die an beiden Standorten als Klone standen. Der ADF-Wert blieb in Dornburg bei den selektierten EP 44% unter dem Mittel aller Pflanzen. Beide Merkmale stehen für die bakterielle Umsetzbarkeit, diese Inhaltsstoffe sollten möglichst niedrig sein.
Saatgut für den nächsten Selektionsschritt wurde von isolierten EP und als Ramsch der 13 positiven EP geerntet.
Zur Befruchtungsbiologie war bisher wenig bekannt. Die Durchwachsene Silphie wird bisher als strenger Fremdbefruchter betrachtet. Ein intensiver Insektenbeflug ist über die gesamte Blütezeit zu beobachten. Pollen wird reichlich gesammelt. Als honigliefernde Pflanze ist die Silphie nach bisherigem Bieneneinsatz nur mittelmäßig ergiebig.
Die getrennte Vermehrung positiver EP erforderte eine Isolation von Blütenständen und den Einsatz von Fliegen als Bestäubungshilfe. Es liegt also Geitonogamie – die Bestäubung zwischen Blüten der gleichen Pflanze – vor, was aber den gleichen genetischen Effekt hat wie die Bestäubung innerhalb einer Blüte.
Auffallend war zunächst der generell schwächere Samenansatz nach Isolation. Von 73 Isolationen blieben 17 ganz ohne Samenansatz und nur 10 brachten eine „normale“ Menge gut ausgebildete Samen hervor. Das kann ein Ergebnis der mikroklimatischen Bedingungen unter dem Isolationsbeutel oder eine befruchtungsbiologische Benachteiligung von Selbst- gegenüber Fremdbefruchtung sein. Der Vergleich von Nachkommen aus Selbstung und Fremdbefruchtung gibt weitere Hinweise auf mögliche Inzuchtdepressionen. In Tab. 3 sind Nachkommenschaften aus freier und isolierter Abblüte verglichen.
Tab. 3. Vergleich von Nachkommenschaften aus freier und isolierter Abblüte in Erfurt
Gruppe | n= | Mittlere Anzahl Stängel | Mittlerer Stängeldurchmesser |
frei abgeblüht | 110 | 15,39 | 1,15 |
isoliert abgeblüht | 230 | 13,78 | 1,08 |
Bereits nach einer Selbstungsgeneration sind deutliche Wachstumsminderungen zu beobachten, was auf Inzuchtdepressionen hindeutet. Bei Bestätigung dieser Beobachtung in weiteren Inzuchtgenerationen hätte das Auswirkungen auf die zu wählende Zuchtmethode.
Die Bestimmung der energetischen Parameter sind die eigentlich entscheidenden Zuchtmerkmale. Sowohl der Hohenheimer Batch Test (HBT) als auch die Weender Futtermittelanalyse nach VDLUFA sind für die Bewertung umfangreicher Zuchtmaterialien nicht geeignet, da sie zu teuer und zu zeitaufwändig sind. Daraus resultiert der Versuch, eine Schnellmethode zur Bestimmung von Trockensubstanz (TS), Rohasche (RA), ADF und ADL in getrockneten und gemahlenen Biomasse-Proben der Silphie mittels Nahinfrarot-Spektroskopie (NIRS) zu entwickeln. Diese Arbeiten werden als Unterauftrag im laufenden Projekt am Julius Kühn-Institut (JKI) Berlin federführend von Frau Dr. Krähmer durchgeführt. Im Jahr 2012 wurden in Vorversuchen mit nasschemischen Standardmethoden und mit NIRS die zeitlichen Verläufe der ADF und Lignin Einlagerungen untersucht (Abb. 3).
Während für Lignin keine zeitliche Abhängigkeit beobachtet werden konnte, stieg der ADF-Gehalt vom Sommer zum Herbst deutlich an. Auch die NIRS-Ergebnisse zeigten Unterschiede zwischen „frühen“ und „späten“ Ernteproben. Diese Unterschiede scheinen nach den ersten Ergebnissen also nicht allein im Lignin- sondern auch im Cellulose-Gehalt begründet zu sein.
Darauf aufbauend wurden 2014 und 2015 parallel nasschemische und NIRS-Untersuchungen durchgeführt. Die NIRS-Analysen schlossen auch grobe und feine Probenvermahlungen sowie unterschiedliche Zwischenlagerzeiten ein. Zusammenfassend konnten anhand der Proben 2014 und 2015 für ADF, RA und TS Modelle mit guter Korrelation erhalten werden (R2> 0,9, RPD > 3,0), wenn NIRS- und Referenzanalytik zeitnah erfolgten. Ebenso sind die Ergebnisse bei Verwendung von grobem Pflanzenmaterial generell besser gegenüber dem fein vermahlenen Material außer beim Merkmal ADF. Bei allen Modellen scheint der Ligningehalt (ADL) aber schlecht mit den NIRS-Spektren zu korrelieren. Da der Gehalt an Lignin aber auch indirekt in den Trockenmasse- und ADF-Werten enthalten ist, lässt sich die spätere Biogasausbeute auch auf Basis der anderen Kenngrößen abschätzen.
Im Zuchtablauf können positiv bewertete Einzelpflanzen nur über Wurzelstockteilung identisch vermehrt werden. Die Zahl der Klone liegt meist unter 10 und die Teilstücke brauchen 1–2 Jahre zur Regeneration. Daraus folgte der Ansatz, ein In-vitro-Verfahren zur schnellen Multiplikation von Einzelpflanzen zu entwickeln. Diese Arbeiten werden gleichfalls als Unterauftrag im Projekt im Leibniz-Institut für Gemüse und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. (IGZ) federführend durch Herrn Dr. Hänsch geleistet.
Die Etablierung von In-vitro-Kulturen war durch das Vorhandensein von Endophyten im Ausgangsmaterial in hohem Maße erschwert und unsicher. Trotz dieser Schwierigkeiten war es möglich, eine für die Oberflächendesinfektion wirksame Behandlung zu finden und ausgehend von Sprossen der Mutterpflanzen, lebende, scheinbar sterile In-vitro-Kulturen aufzubauen. Zur Proliferation wurden Kulturen auf MS- und U-Medium verglichen. Beide führten zur erfolgreichen Vermehrung (Abb. 4).
Die weitere Kultur inklusive einer In-vitro-Bewurzelung verlief positiv und stabil. Die Akklimatisierung der In-vitro-Pflänzchen an Gewächshausbedingungen war problemlos. Dies gilt auch für die direkte Überführung von unbewurzelten In-vitro-Sprossen in Substrat. 2016 wurde ein Feldversuch angelegt, um In-vitro-Pflanzen und aus Saatgut vermehrte Pflanzen parallel zu bewerten. Weiterhin werden Versuche zur Depothaltung von In-vitro-Sprossen und zur Frage des einmaligen- oder jährlich notwendigen Vernalisationsbedarfs durchgeführt.
Die Silphie war bisher als Präriepflanze und langlebige Solitärstaude im Gartenbereich bekannt. Ihr hoher Biomasseertrag und ihre gute Silierbarkeit rückten die Pflanze als Alternative und Ergänzung zum Energiemais in den Fokus des Interesses. Auch der landschaftskulturelle Wert und ihre Eignung als Bienenweidepflanze machen die Silphie interessant. Ergebnisse zur züchterischen Verbesserung als Energiepflanze liegen bisher nicht vor.
Überlegungen zu den Zuchtmerkmalen und zu der richtigen Zuchtmethode stehen deshalb am Anfang einer züchterischen Bearbeitung. Die eigentlich zu beurteilende Gesamtlebensleistung würde zu einer unwirtschaftlichen Verlängerung des Zuchtprozesses führen. Bisherige Untersuchungen an mehrjährig kultivierten Einzelpflanzen zeigen, dass die wesentlichen Merkmale bereits im ersten und zweiten Nutzungsjahr beurteilt werden können.
Die zu wählende Zuchtmethode muss sich an der bei der Silphie wahrscheinlich auftretenden Inzuchtdepressionen nach Selbstung orientieren. In Tab. 4 sind die zeitlichen Verläufe bei den Methoden Einzelpflanzenselektion und Positive Ramschzüchtung gegenüber gestellt.
Tab. 4. Vergleich der Zuchtabläufe bei Einzelpflanzenselektion versus Ramschbildung
Jahr | Einzelpflanzennachkommenschaft | Positiver Ramsch |
1 | Pflanzung Ausgangsmaterial im Frühjahr | Pflanzung Ausgangsmaterial im Frühjahr |
2 | 1. Ertragsjahr, | 1. Ertragsjahr, |
3 | Pflanzung I1 Generation, | Gemeinsame Abblüte der positiven Pflanzen, Samenernte, 2. Ertragsjahr des Ausgangsmaterials |
4 | 1. Ertragsjahr der I1 Generation, | Pflanzung des Ramsch1, |
5 | Pflanzung der I2 Generation | 1. Ertragsjahr des Ramsch1, negative EP verwerfen |
Generationsfolge | 2 Jahre bei einjähriger Prüfung | 3 Jahre bei einjähriger Prüfung |
Zuchtdauer | 10–15 Jahre unter Beachtung von Inzuchteffekten und der Einhaltung der DUS Regeln | 15–20 Jahre unter Beachtung von Inzuchteffekten und der Einhaltung der DUS Regeln |
Da nach den bisherigen Ergebnissen bereits nach einer Inzuchtgeneration Inzuchteffekte zu beobachten waren, scheint nur der positive Ramsch unter Beibehaltung einer eingeschränkten Heterozygotie erfolgversprechend. Der Zuchtprozess wird unter Einbeziehung der amtlichen Prüfungen ca. 25 Jahre benötigen.
Die Beurteilung der energetischen Zuchtziele wird von den verfügbaren Methoden limitiert. Sowohl die Futtermittelanalytik nach Weender als auch die Laborvergärungen nach dem HBT sind für umfängliches Zuchtmaterial zu langsam und zu teuer. Moderne Verfahren, wie eine direkte Bestimmung der Merkmale an gemahlenem Trockenmaterial mittels NIRS, scheinen eine grundlegende Verbesserung des analytischen Potentials anzubieten.
Der Einsatz von In-vitro Klonierungsverfahren ermöglicht eine schnelle, umfangreiche Vermehrung positiver Einzelpflanzen. Das kann den Zuchtfortschritt gleichfalls beschleunigen. Erste Ergebnisse sind erfolgversprechend.
An den Selektionsarbeiten, der Entwicklung einer NIRS-Technik und einer In-vitro Klonierungsmethode wird im Rahmen des laufenden Projektes weiter gearbeitet.
Paladey, E., 2014: Abschlussbericht zum Verbundprojekt: Erhöhung des Leistungspotentials und der Konkurrenzfähigkeit der Durchwachsenen Silphie (Silphium perfoliatum L.) als Energiepflanze durch Züchtung und Optimierung des Anbauverfahrens, Teilvorhaben 1: Züchterische Verbesserung des Leistungspotentials, N.L. Chrestensen Samenzucht und Produktion GmbH, Förderkennzeichen (FKZ): 22001110.
Biertümpfel, A., 2014: Abschlussbericht zum Verbundprojekt: Verbundvorhaben: Erhöhung des Leistungspotenzials und der Konkurrenzfähigkeit der Durchwachsenen Silphie als.
Energiepflanze durch Züchtung und Optimierung des Anbauverfahrens, Teilvorhaben 2: „Optimierung des Anbauverfahrens und Bereitstellung von Selektionsmaterial“, FKZ-Nr.: 22012809.
Die Arbeiten im Verbundvorhaben: Silphie – Anbauoptimierung, Sätechnik und Züchtung; FKZ: 22027112, Laufzeit des Vorhabens: 01.01.2015 bis 31.12.2017 werden aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) als Projektträger des BMEL für das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe unterstützt.