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Originalarbeit

Erster Nachweis der Dothistroma-Nadelbräune (Dothistroma septosporum) im Nordostdeutschen Tiefland

First record of Dothistroma needle blight (Dothistroma septosporum) in the northeast German lowlands

Paul Heydeck1, Christine Dahms1, Bernhard Götz2, Angelika Hänisch3 und Jörg Schumacher4
Institut
Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde1
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde2
Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung, Referat Pflanzengesundheitskontrolle, Frankfurt (Oder)3
Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Abteilung Waldschutz, Freiburg im Breisgau4

Journal für Kulturpflanzen, 69 (1). S. 10–15, 2017, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2017.01.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Paul Heydeck, Wiss. Leiter FV Waldschutz/Phytopathologie, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE), A.-Möller-Str. 1, 16225 Eberswalde, E-Mail: Paul.Heydeck@LFB.brandenburg.de
Zur Veröffentlichung angenommen
17. November 2016

Zusammenfassung

Im April 2015 wurde in einem brandenburgischen Arboretum eine rötliche Bänderung an vorjährigen Nadeln von Pinus jeffreyi Balf. (Jeffrey-Kiefer) und Pinus ponderosa Douglas ex C. Lawson (Gelb-Kiefer) festgestellt. Später konnte diese Symptomatik bei systematischen Kon­trollen auch an Pinus attenuata Lemmon (Höcker-Kiefer) und Pinus thunbergii Parl. (Japanische Schwarz-Kiefer) beobachtet werden. Anhand von mikromorphologischen Untersuchungen und laborativen Analysen bestätigte sich der Verdacht auf eine Infektion durch den Quarantäneschadpilz Dothistroma septosporum (Dorogin) M. More­let (Erreger der Dothistroma-Nadelbräune). Erkrankt waren ausschließlich jüngere Bäume in einem Geländebereich mit anhaltend hoher Luftfeuchtigkeit. Der weltweit vorkommende Krankheitserreger befällt überwiegend Kiefern-Arten (Pinus spp.). Gravierende Schäden verursachte er bislang speziell auf der Südhalbkugel. In letzter Zeit konnte Dothistroma septosporum allerdings auch in einigen europäischen Ländern bemerkenswert oft nachgewiesen werden. Möglicherweise geht die verstärkte Präsenz des Pilzes nördlich des Äquators auf die sich seit einigen Jahrzehnten abzeichnende Klimaveränderung zurück. Da der Krankheitserreger imstande ist, auch an der in Europa heimischen Schwarz-Kiefer (Pinus nigra J.F. Arnold) umfangreiche Schäden hervorzurufen, resultieren aus dem Vorkommen forstwirtschaftliche Risi­ken. Zudem ist unklar, welche Intensität ein Befall von Reinbeständen der Gemeinen Kiefer (Pinus sylvestris L.) erreichen würde.

Stichwörter: Dothistroma septosporum, Dothistroma- Nadelbräune, Quarantäneschadorganismus, Kiefern-Arten, Bundesland Brandenburg

Abstract

In April 2015, reddish banding at last year's needles of Pinus jeffreyi Balf. (Jeffrey pine) and Pinus ponderosa Douglas ex C. Lawson (Ponderosa Pine) was found in an Arboretum in the federal state of Brandenburg (Germany). These symptoms were observed in systematic controls at Pinus attenuata Lemmon (Knobcone pine) and Pinus thunbergii Parl. (Japanese black pine) later too. Based on micromorphological investigations and laborative tests, the suspected infection by the quarantine fungus Dothi­stroma septosporum (Dorogin) M. Morelet (causative agent of Dothistroma needle blight) was confirmed. Only younger trees in an area with persistently high air humidity were diseased.

The worldwide occurring pathogen infects mainly pine species (Pinus spp.). It caused serious damage especially in the southern hemisphere until now. Lately however Dothistroma septosporum was remarkably often detected in several European countries. The increased presence of the fungus north of the Equator is supposed to originate in the recognizable climate change of the last few deca­des. The pathogen is capable of damaging the native to Europe Black pine (Pinus nigra J.F. Arnold) considerably. Therefore forestry risks result. In addition, it is unclear, what intensity an infestation of pure stands of Scots pine (Pinus sylvestris L.) would reach.

Key words: Dothistroma septosporum, red band needle blight, quarantine pathogen, Pinus spp., federal state of Brandenburg

1 Einleitung

Pilzliche Pathogene sind in der Lage, an den Nadeln einheimischer und ausländischer Koniferen schwerwiegende Schäden zu verursachen. Als Beispiele können die Krankheitserreger Lophodermium seditiosum Minter, Staley und Millar (Kiefernschütte), Chrysomyxa spp. (Fichtennadelrost), Rhizosphaera kalkhoffii Bubák (Rhizosphae­ra-Nadelbräune), Rhabdocline pseudotsugae Syd. (Rostige Douglasienschütte) und Phaeocryptopus gaeumannii (T. Rohde) Petr. (Rußige Douglasienschütte) angeführt werden. Je nach Pilzart, Prädisposition und Intensität des Befalls wird die photosynthetische Leistung bzw. Stoffproduktion der Bäume mehr oder weniger stark beeinträchtigt. Schwerwiegende Schäden entstehen vor allem an Sämlingen und Jungpflanzen. Die auftretenden Nadel­verfärbungen führen zwangsläufig auch zum Verlust der Schmuckreisigqualität. Nicht selten werden die physiologisch geschwächten Bäume von Folgepathogenen besiedelt, beispielsweise durch Hallimasch-Arten (Armillaria spp.). Solche „Schwächeparasiten“ können zum vorzeitigen Absterben der infizierten Gehölze führen.

Im Land Brandenburg besteht seit Jahren ein signifikanter Trend zu überdurchschnittlich hohen Lufttemperaturen; hinzu kommt die wachsende Trockenstress-Gefährdung (Kallweit, 2016). Vermehrt auftretende Witterungsextreme und der fortschreitende Klimawandel können Veränderungen des Pilzartenspektrums mit schwerwiegenden Folgen nach sich ziehen. Diese Vorgänge müssen sorgfältig analysiert werden. Besonderes Augenmerk ist auf die Quarantäneschadorganismen zu legen.

In einem brandenburgischen Arboretum wurden 2015 auffällige Verfärbungen an vorjährigen Nadeln zweier nordamerikanischer Kiefern-Arten – Jeffrey-Kiefer (Pinus jeffreyi) und Gelb-Kiefer (Pinus ponderosa) – registriert. Es handelt sich hierbei um 11-jährige Jungbäume, die aus Saatgut vom Naturstandort gezogen wurden (Abb. 1). Neben lebhaft gelben und braunen Farbtönen trat häufig eine ziegelrote Nadelbänderung auf, die sich in den darauffolgenden Wochen und Monaten intensivierte (Abb. 2). Bei systematisch durchgeführten Kontrollen wurden die beschriebenen Symptome in dem Arboretum an weiteren Baumarten beobachtet (Fuchs, 2016, unveröffentlichte Daten). Betroffen waren die ebenfalls aus Nordamerika stammende Höcker-Kiefer (Pinus attenuata) sowie die ursprünglich in Asien beheimatete Japanische Schwarz-Kiefer (Pinus thunbergii). In allen Fällen konzentrierten sich die Nadelschäden im unteren und mittleren Kronenbereich. Die markante Symptomaus­prägung deutete auf die Dothistroma-Nadelbräune hin (Erreger: Dothistroma septosporum). In Deutschland ist die Krankheit seit 1983 bekannt, wobei es sich um Nachweise in Bayern und Baden-Württemberg, ferner auch in Schleswig-Holstein handelt. Neben dem Vorkommen in Gärten und Parkanlagen trat der Pilz in Süddeutschland lokal auch schon in Waldbeständen auf (Blaschke und Nannig, 2007; Schumacher, 2014). Erstmalig konnte der Krankheitserreger nun auch im Nordostdeutschen Tiefland diagnostiziert werden.

Abb. 1. Symptome der Dothistro­ma-Nadelbräune an Pinus ponderosa (links) und Pi­nus jeffreyi (rechts).

Abb. 1. Symptome der Dothistro­ma-Nadelbräune an Pinus ponderosa (links) und Pi­nus jeffreyi (rechts).

Abb. 2. Charakteristische ziegel­rote Bänderung an er­krankten Nadeln von Pinus ponderosa.

Abb. 2. Charakteristische ziegel­rote Bänderung an er­krankten Nadeln von Pinus ponderosa.

2 Die Dothistroma-Nadelbräune – eine neue Baumkrankheit in Brandenburg

2.1 Bestimmung des Krankheitserregers und Differen­zial­diagnose

Für die diagnostischen Untersuchungen wurden von zwei erkrankten Bäumen (Pinus jeffreyi, P. ponderosa) Nadeln mit ausgeprägter ziegelroter Bänderung entnommen. Die Identifizierung des Krankheitserregers erfolgte zunächst anhand von mikromorphologischen Merkmalen. Dazu wurden die Entwicklungsstadien des Pilzes nach 24-stündiger Feuchtkammer-Exposition der Nadelproben mikroskopisch untersucht. Bereits während der Musterung im Auflicht waren an den Nadeln die für Dothis­troma septosporum typischen, dunkelrot-schwarz (Butin, 2011) gefärbten Conidiomata gut zu erkennen (Abb. 3). Bei der mikroskopischen Untersuchung der Koni­dienlager fanden sich in großer Zahl langgestreckte, zwei- bis vierzellige, hyaline Konidiosporen des Pilzes (Abb. 4). Die Bestimmung von Dothistroma septosporum erfolgte hauptsächlich nach Angaben bei Pehl und Wulf (2001), Butin (2011) sowie OEPP/EPPO (2015). Differenzialdiagnostisch war die Abgrenzung zu Lecanosticta acicola (Thüm.) Syd. (Erreger der Lecanosticta-Nadelbräune) erforderlich. Dieser in Deutschland erstmalig 1994 nachgewiesene Pilz kommt allerdings meist an Berg-Kiefer (Pinus mugo Turra) vor. Er gehört ebenfalls zu den Quarantäneschadorganismen (EG: Anhang II/A1, EPPO: A2-Liste). Der mikroskopische Befund wurde im Anschluss durch eine molekulargenetische Untersuchung abgesichert.

Abb. 3. Conidiomata von Dothistroma septosporum an ei­ner Nadel von Pinus jeffreyi.

Abb. 3. Conidiomata von Dothistroma septosporum an ei­ner Nadel von Pinus jeffreyi.

Abb. 4. Konidiosporen von Dothistroma septosporum im mikroskopischen Präparat.

Abb. 4. Konidiosporen von Dothistroma septosporum im mikroskopischen Präparat.

An den entnommenen Nadelproben fanden sich – allein oder in Kombination mit Dothistroma septosporum – weitere Kleinpilze (darunter parasitische Arten und Saprobionten), die ebenfalls Verfärbungen und Nekrosen an Nadeln von Pinus spp. verursachen können. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang vor allem Cyclaneusma minus (Butin) DiCosmo, Peredo & Minter und Lopho­dermium spp. Seltener wurden Truncatella conorum-piceae (Tubeuf) Steyaert und Sclerophoma sp., vereinzelt auch Sphaeropsis sapinea (Fr.) Dyko & B. Sutton (Syn.: Diplodia pinea [Desm.] J. Kickx f.), diagnostiziert.

2.2 Dothistroma septosporum als Quarantäneschadorganismus

Der Kleinpilz Dothistroma septosporum – Erreger der Dothistroma-Nadelbräune der Kiefer (red band needle blight of pine, Dothistroma needle blight) – ist ein Quarantäneschadorganismus (QSO) der Pflanzenbeschauver­ordnung (PBVO) und im Anhang II Teil A Kapitel II der Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse unter der Bezeichnung „Scirrhia pini Funk et Parker“ gelistet. Er gehört damit zu den Schadorganismen, deren Auftreten in der Gemeinschaft festgestellt wurde und die für das gesamte Gemeinschaftsgebiet von Belang sind. Pflanzen zum Anpflanzen, außer Samen, müssen frei von diesem Erreger sein und dürfen nur innerhalb der EU verbracht werden, wenn durch amtliche Feststellung nachgewiesen wurde, dass weder am Ort der Erzeugung noch in unmittelbarer Umgebung seit Beginn der letzten abgeschlossenen Vegetationsperiode Anzeichen von Scirrhia pini aufgetreten sind (vgl. Pfannenstill, 2016). Der Krankheits­erreger unterliegt in Deutschland gemäß § 59 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) sowie § 1a Pflanzenbeschauverordnung (PflBeschauV) der gesetzlichen Meldepflicht.

In jüngster Zeit wurde anhand von molekulargenetischen Analysen eine vor allem an Pinus nigra vorkommende Variante des Pilzes als eigene Spezies (Dothistroma pini Hulbary) von Dothistroma septosporum abgetrennt (Barnes et al., 2004). Während D. septosporum weltweit verbreitet ist, beschränkt sich das Vorkommen von D. pini auf einige Gebiete in Nordamerika (mehrere Bundesstaaten der USA) sowie auf relativ wenige Fundorte in Russland und Europa. Beide Arten sind als Erreger der Dothistroma-Nadelbräune bekannt. Dothistroma pini wird gegenwärtig von der European and Mediterranean Plant Protection Organization (EPPO) nicht als Quaran­täneschadorganismus eingestuft. Im Gegensatz zu Dothi­stroma septosporum bildet D. pini wohl keine Teleomorphe aus. Zudem konnte D. pini bislang nur auf Pinus nigra, P. mugo und P. pallasiana Lamb. (Synonym: Pinus nigra subsp. pallasiana [Lamb.] Holmboe) festgestellt werden (EFSA, 2013).

Der diagnostisch abgesicherte Erregernachweis wurde umgehend an die für Quarantäneschadorganismen zuständige Behörde – der Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg am Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) mit Sitz in Frankfurt (Oder) – gemeldet. Von dort ging eine Mitteilung an die oberste Quarantäne-Behörde (Julius Kühn-Institut), die den Quarantänefall an die Pflanzenschutz­organisation für Europa und den Mittelmeerraum (EPPO) weiterleitete.

2.3 Vorkommen, Biologie und Schadwirkung von Dothistroma septosporum

Dothistroma septosporum ist ein weltweit verbreiteter, wissenschaftlich sehr gut untersuchter Nadelparasit, welcher an mehr als 80 Arten und Unterarten der Gattung Pinus Schäden verursacht (Engesser, 2011; EFSA, 2013; OEPP/EPPO, 2015). Unter günstigen klimatischen Bedingungen und bei hohem Infektionsdruck kann der Pilz auch andere Koniferen infizieren, so Picea abies (L.) H. Karst. (Gemeine Fichte), P. omorika (Pančić) Purk. (Omorika-Fichte), P. pungens Engelm. (Stech-Fichte), P. sitchensis (Bong.) Carrière (Sitka-Fichte), P. schrenkiana Fisch. & C.A. Mey. (Schrenk-Fichte), Larix decidua Mill. (Europäische Lärche) und Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco (Douglasie) – vgl. EFSA (2013). In der Schweiz findet man den Krankheitserreger vorwiegend an Pinus mugo (Berg-Kiefer) und P. sylvestris (Gemeine Kiefer), ferner an P. cembra L. (Zirbel-Kiefer), P. nigra (Schwarz- Kiefer), P. aristata Engelm. (Grannen-Kiefer) und P. contorta Douglas ex Loudon (Dreh-Kiefer) – vgl. Angst und Engesser (2014). Aus Österreich wird über ein auffälliges Vorkommen der Dothistroma-Nadelbräune an Pinus nigra, P. sylvestris, P. mugo und P. cembra berichtet (Kirisits und Cech, 2006, 2007). In Großbritannien hat der Krankheitserreger vor allem an Pinus nigra subsp. lari­cio (Poir.) Maire (Korsische Schwarz- Kiefer) umfangreiche Schäden verursacht (Brown und Webber, 2008). Drenkhan et al. (2014) fanden D. septosporum erstmalig an Tannen-Arten, darunter Abies concolor (Gordon) Lindl. ex Hildebr. (Kolorado-Tanne) und A. alba Mill. (Weiß-Tanne). Die Dothistroma-Funde in Süddeutschland beziehen sich überwiegend auf Kiefern-Arten: Pinus nigra, P. mugo, P. sylvestris, P. strobus L. (Weymouth-Kiefer), P. ponderosa, P. contorta (Delb et al., 2016). Darüber hinaus konnte der Krankheitserreger dort wiederholt an verschiedenen Fichten-Arten (Picea abies, P. pungens, P. omorika) diagnostiziert werden (Lang, 1987; Blaschke und Nannig, 2007; Schumacher, 2014).

In der Vergangenheit wurde über wirtschaftlich schwerwiegende Pflanzenverluste in Verbindung mit Dothi­stroma septosporum hauptsächlich aus wärmeren Gebieten südlich des Äquators berichtet, wo der Pilz zu den gefähr­lichsten Krankheitserregern an Kiefern zählt. So scheiterte in Ostafrika (Tansania) der großflächige Anbau von Pinus radiata D. Don (Monterey-Kiefer) vor allem durch die Dothistroma-Nadelbräune (Uhlig, 1975); danach breitete sich die Krankheit rasch über Zentral- und Südafrika aus (Gibson, 1972). Auch in Nord- und Südamerika (USA, Brasilien, Chile u.a.), in Asien sowie in Australien und Ozeanien (Neuseeland) trat sie mit unterschiedlicher Intensität auf. Die Schadwirkung war dort am größten, wo der Krankheitserreger eingeschleppt worden war und auf Wirtsbaumarten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes traf. Besonders in Neuseeland wurden Pflanzungen von Monterey-Kiefer zur Abwehr der Dothistroma-Nadelbräune vom Flugzeug aus mit kupferhaltigen Fungiziden behandelt (Bradshaw, 2004; Sinclair und Lyon, 2005).

Seit einiger Zeit ist jedoch in weiten Teilen der Welt eine Intensivierung des Befalls verschiedener Kiefern-Arten in den natürlichen Verbreitungsgebieten zu beobachten (vgl. Kirisits und Cech, 2006). Spätestens seit dem Jahr 2000 wird in Europa eine deutliche Zunahme des Auftretens von Dothistroma septosporum registriert. Der als wärmeliebend (Angst, 2015) geltende Pilz wird in Europa meist als eingeschleppter Organismus betrachtet (Engesser, 2011).

Hohe Luftfeuchtigkeit am Standort begünstigt die Repro­duktion des Krankheitserregers. Zudem wird die Entwicklung von Dothistroma septosporum maßgeblich durch meteorogene Faktoren beeinflusst. So gibt es Hinweise darauf, dass die Ausbreitung des Pilzes durch veränderte klimatische Bedingungen stimuliert wird (vgl. Woods et al., 2005; Welsh et al., 2014).

Die Infektion beginnt bereits im April und erstreckt sich bis zum Oktober (Kirisits und Cech, 2006). Sie erfolgt vorwiegend durch Konidiosporen, welche mit dem Wind über Regentropfen und feuchte Luft über­tragen werden. Der Krankheitserreger dringt über die Stomata in das Nadelgewebe ein. Zuerst infiziert der Pilz die älteren Nadeljahrgänge (Angst, 2015). Die Krankheit beginnt im bodennahen Bereich und dehnt sich auf den mittleren Kronenraum aus. Bei starkem Befallsdruck kann die gesamte Krone betroffen sein (Kirisits und Cech, 2006). Als ideale Infektionsbedingungen gelten Regen­perioden bei Temperaturen zwischen 21 und 30°C (Angst und Engesser, 2014). Laborversuche haben gezeigt, dass die Keimung der Konidiosporen unter kontrollierten Bedingungen bei Temperaturen zwischen 5 und 30°C erfolgt, wobei das Optimum bei 22°C liegt (Karadžić, 1994). Mycelwachstum wurde in einem Temperaturbereich von 3°C (Minimum) und 29°C (Maximum) registriert, das Optimum wird mit 20°C angegeben.

In Großbritannien liegt die kritische Phase für den Befall im Frühjahr und Frühsommer, wenn sich Fruchtkörper an den Nadeln gebildet haben (Brown und Webber, 2008). Schwere Krankheitsverläufe scheinen mit überdurchschnittlich hohen Niederschlägen im Infektionszeitraum assoziiert zu sein.

Oft schon nach einigen Wochen findet man auf den infi­zierten Nadeln gelbe bis hellgrüne Flecken. In Abhängigkeit von der Baumart kommt es später zur Ausbildung charakteristischer ziegelroter Bänder, auf denen sich die Conidiomata von Dothistroma septosporum entwickeln. Die ziegelrote Nadelbänderung wird durch das sekundäre Stoffwechselprodukt „Dothistromin“) hervorgerufen, das aufgrund seiner chemischen Verwandschaft zu den Aflatoxinen im Verdacht steht, kranzerogene Wirkung zu entfalten (Bradshaw, 2004). Über eine unmittelbare Gefährdung von Mensch und Tier durch den Kontakt mit infizierten Nadeln ist bisher jedoch kaum etwas bekannt.

Auf abgestorbenen Nadeln findet man gelegentlich die Fruchtkörper (Pseudothecien) des sexuellen Entwicklungsstadiums. Der Pilz kann in totem Nadelgewebe überwintern.

3 Forstwirtschaftliche Risiken und Möglichkeiten zur Abwehr der Dothistroma-Nadelbräune

Bei einem festgestellten Vorkommen des Quarantäneschadpilzes wird durch die Pflanzenschutzbehörden meist die rasche Tilgung und sichere Entsorgung der erkrankten Bäume angeordnet (Auslöschung der Befallsherde). Da der Krankheitserreger vorwiegend mit infiziertem Pflanzenmaterial verbreitet wird, sind verstärkte Kontrollen in den Baumschulen erforderlich. Höchste Aufmerksamkeit ist auch in öffentlichen Grünbereichen geboten. Häufig findet man dort Pflanzungen mit hoch anfälligen ausländischen Koniferen.

Aus dem Vorkommen der Dothistroma-Nadelbräune resultieren ernst zu nehmende forstwirtschaftliche Risiken. So kann der Krankheitserreger in Mitteleuropa beson­ders an der Schwarz-Kiefer (Pinus nigra) umfangreiche Schäden hervorrufen. Daneben sind die Berg-Kiefer (P. mugo) und die Weymouth-Kiefer (Pinus strobus) betroffen. Die Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris) – in Brandenburg gegenwärtig noch mit mehr als 70% an der Waldfläche beteiligt – wurde bislang als weniger empfindlich eingestuft. Das Auftreten des wärmeliebenden Krankheitserregers muss angesichts der prognostizierten Klimaveränderungen sensibel verfolgt werden. In diesem Zusammenhang erscheinen Versuchsanbauten mit den genannten „Gastbaumarten“ von besonderer Bedeutung.

Zwischenzeitlich konnte der Pilz auch im Freistaat Sachsen (an Pinus jeffreyi) erstmalig diagnostiziert werden (leg. J. Jakobitz, det. P. Heydeck) – vielleicht ein Hinweis darauf, dass sich Dothistroma septosporum im ostdeutschen Raum allmählich etabliert. Eine verlässliche Prognose des Krankheitsgeschehens bzw. der Gefährdungssituation ist jedoch kaum möglich.

Literatur

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