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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Monitoring landwirtschaftlicher Flächen mit Satellitenfernerkundung

Monitoring of agricultural land with satellite remote sensing

Holger Lilienthal und Jörg-Michael Greef
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 69 (2). S. 76–79, 2017, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2017.02.12, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Holger Lilienthal, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, E-Mail: holger.lilienthal@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
21. Dezember 2016

Einleitung

Die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) 2013 das Copernicus Programm für satellitengestützte Erdbeobachtung installiert. Innerhalb dieses Programms sollen bis 2020 zwölf Satelliten gestartet werden, die so genann­ten „Sentinels“. Es handelt sich bei den Satelliten um 5 bis 6 verschiedene technische Ausführungen, die für unter­schiedliche Aufgaben konzipiert wurden. Für landwirtschaftliche Fragestellungen sind die Satelliten Sen­tinel-1 (Radarsystem) und Sentinel-2 (Multispektralsystem) besonders interessant, da sie wertvolle Informationen über die landwirtschaftlichen Kulturen bereitstellen können. Aufgrund ihrer hohen zeitlichen Wiederholraten von 2 bis 3 Tagen in Deutschland und einer räumlichen Auflösungen von 10-20 m wird eine kontinuierliche Beobachtung des Zustands landwirtschaftlicher Kulturen möglich.

Sentinel-1

Im April 2014 und April 2016 wurden die technisch identischen Sentinel-1A und -1B Satelliten gestartet. Die Radar­satelliten arbeiten mit Mikrowellen im C-Band (Wellenlänge ~ 6 cm, Frequenz: 5,405 GHz). Dabei können die Mikrowellen in unterschiedlichen Polarisations­ebenen (vertikal und horizontal) ausgesendet und empfangen werden.

Die Flugorbits von Sentinel-1A und -1B wurden um 180° versetzt angeordnet, so dass die Wiederholrate des Satellitensystems von 12 auf 6 Tage am Äquator verbessert werden konnte. Die räumliche Auflösung beträgt 10 m. Eine Übersicht der technischen Eigenschaften der Sentinel-1 Satelliten ist in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1. Technische Eigenschaften der Sentinel-1 Satelliten für Landanwendungen. (Quelle: European Space Agency, 2015a verändert)

Frequenz

Polarisationen

Beobachtung­swinkel

Blickrichtung

Datenprodukt

Sensor
Modus

Schwadbreite

Boden­­auflösung

5.405 GHz
(C-Band)

HH + HV, VV + VH,
VV, HH

20°–46°

rechts

Ground range korrigiert
(GRD)

Interfero­­metric Wide Swath (IW)

250 km

10 m

Aufgrund der Lage Deutschlands in höheren geographischen Breiten überlappen sich die Flugbahnen, so dass die meisten Regionen in Deutschland alle 1 bis 3 Tage überflogen werden. Eine komplette Abdeckung Deutschlands wird alle 3 Tage erreicht (Abb. 1).

Abb. 1. Links: Überflugbahnen und Wiederholraten von Sentinel-1 A/B für Deutschland, rechts Mosaik aus 5 Sentinel-1A Orbits vom 30. Sep­tember bis 2. Oktober 2016.

Abb. 1. Links: Überflugbahnen und Wiederholraten von Sentinel-1 A/B für Deutschland, rechts Mosaik aus 5 Sentinel-1A Orbits vom 30. Sep­tember bis 2. Oktober 2016.

Sentinel-2

Im Juni 2015 wurde der multispektrale Sentinel-2A Satel­lit gestartet. Das passive optische System misst die Reflexion des Sonnenlichtes von der Erdoberfläche in zwölf Spektralkanälen vom sichtbaren Blau bis zum mittleren Infrarot.

Das Multispektralsystem zeichnet vier Kanäle mit einer Bodenauflösung von 10 m, sechs Kanäle mit 20 m Auf­lösung und drei Kanäle mit 60 m Bodenauflösung auf (Tab. 2). Die drei Kanäle mit der gröbsten Auflösung werden dabei für die Atmosphärenkorrektur der Bild­daten benötigt. Die Breite der Flugbahn (Schwadbreite) von Sentinel-2 ist mit 290 km sehr groß ausgelegt, damit wird eine hohe Wiederholrate von 10 Tagen am Äquator erreicht.

Tab. 2. Spektrale und räumliche Eigenschaften von SENTINEL-2. (Quelle: European Space Agency, 2015b ver­ändert)

Kanal

Zentrale
Wellenlänge

Bandbreite

Bodenauflösung

Bemerkung

1

443 nm

20 nm

60 m

Für Atmosphärenkorrektur

2

490 nm

65 nm

10 m

 

3

560 nm

35 nm

10 m

 

4

665 nm

30 nm

10 m

 

5

705 nm

15 nm

20 m

 

6

740 nm

15 nm

20 m

 

7

783 nm

20 nm

20 m

 

8

842 nm

115 nm

10 m

 

8a

865 nm

20 nm

20 m

 

9

940 nm

20 nm

60 m

Für Atmosphärenkorrektur

10

1375 nm

30 nm

60 m

Für Atmosphärenkorrektur

11

1610 nm

90 nm

20 m

 

12

2190 nm

180 nm

20 m

 

Bewölkung ist ein großes Problem für optische Sys­teme, da die Daten für eine Auswertung der Landbe­deckung unbrauchbar werden. Für 2017 ist der Start des baugleichen Sentinel-2B Satelliten geplant, der ebenfalls in einem 180° versetzten Orbit gebracht werden soll. Damit werden die Chancen auf wolkenfreie Aufnahmen bei Wiederholraten von 2 bis 3 Tagen deutlich besser. Ebenso wie bei Sentinel-1 kommt es über Deutschland zu einer Überlappung der Flugorbits, so dass mit Sentinel-2A bereits Wiederholraten von 5 Tagen erreicht werden.

Anwendungen

Die häufigen Wiederholraten und die relative Witterungsunabhängigkeit der Sentinel-1 Satelliten erlauben ein kon­ti­nuierliches Monitoring landwirtschaftlicher Flächen (Abb. 2). Eine wichtige Anwendung ist die Erfassung der realen Landbedeckung, da diese Information die Grundlage für eine Vielzahl von Modellen und statistischer Größen darstellt.

Abb. 2. Ergebnis einer automa­tischen Klassifikation der angebauten Kultur­arten. Grundlage waren 14 Aufnahmen zwi­schen März und August 2015.

Abb. 2. Ergebnis einer automa­tischen Klassifikation der angebauten Kultur­arten. Grundlage waren 14 Aufnahmen zwi­schen März und August 2015.

Neben der flächenscharfen Bestimmung der angebauten Kulturarten ist es nun auch möglich, landwirtschaftlich wichtige phänologische Zeitpunkte zu erfassen. Abb. 3 zeigt die Radarrückstreusignaturen für verschiedene Wintergetreide im zeitlichen Verlauf. Sehr gut sind zum Beispiel die Zeitpunkte der Abreife und Ernte zu erken­nen.

Abb. 3. Sentinel-1 Radarrück­streu-Signaturen für Getreide. Die Pfeile markieren phänolo­gische Zeitpunkte für Wintergerste.

Abb. 3. Sentinel-1 Radarrück­streu-Signaturen für Getreide. Die Pfeile markieren phänolo­gische Zeitpunkte für Wintergerste.

Optische Fernerkundungsdaten eignen sich unter ande­rem sehr gut zur Unterscheidung von vegetationsbedeckten und offenen Flächen. Abb. 4 zeigt eine Falschfarbeninfrarot Darstellung vom 2. April 2016. Unbewachsene Böden erscheinen hier hellblau, vegetationsbedeckte Flächen rot. Durch die Berechnung von Vegetations­indices, wie zum Beispiel dem NDVI (Normalized Difference Vegetation Index), ist es schnell möglich, Bestandes-Anomalien wie Auswinterungsschäden (siehe Pfeil) zu detektieren.

Abb. 4. Sentinel-2 Aufnahme vom 2. April 2016. Links Falschfarbenin­frarot Darstellung, rechts Vegetationsindex NDVI. Mit dem Pfeil sind Auswinterungs­schäden markiert.

Abb. 4. Sentinel-2 Aufnahme vom 2. April 2016. Links Falschfarbenin­frarot Darstellung, rechts Vegetationsindex NDVI. Mit dem Pfeil sind Auswinterungs­schäden markiert.

Weiterer Forschungsbedarf

Die Kombination aus optischen und Radar-Fernerkundungsdaten eröffnet neue Möglichkeiten für ein kontinuierliches Monitoring und die Bereitstellung verschiedenster Vegetationsparameter, wie zum Beispiel Biomasse, Bedeckungsgrad, Fruchtarten, Fruchtfolgen und vieles mehr. Das Potenzial der Copernicus Daten ist sehr groß und wird derzeit wissenschaftlich erschlos­sen.

Literatur

European Space Agency (ESA), 2015a: Sentinel-1 – Instrument Payload. Online: [https://sentinels.copernicus.eu/web/sentinel/missions/sentinel-1/instrument-payload], zitiert am 9.12.2016.

European Space Agency (ESA), 2015b: Sentinel-2 – Instrument Payload. Online: [https://sentinels.copernicus.eu/web/sentinel/missions/sentinel-2/instrument-payload], zitiert am 9.12.2016.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
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Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Schriftleitung
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