Monitoring landwirtschaftlicher Flächen mit Satellitenfernerkundung
Monitoring of agricultural land with satellite remote sensing
Journal für Kulturpflanzen, 69 (2). S. 76–79, 2017, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2017.02.12, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) 2013 das Copernicus Programm für satellitengestützte Erdbeobachtung installiert. Innerhalb dieses Programms sollen bis 2020 zwölf Satelliten gestartet werden, die so genannten „Sentinels“. Es handelt sich bei den Satelliten um 5 bis 6 verschiedene technische Ausführungen, die für unterschiedliche Aufgaben konzipiert wurden. Für landwirtschaftliche Fragestellungen sind die Satelliten Sentinel-1 (Radarsystem) und Sentinel-2 (Multispektralsystem) besonders interessant, da sie wertvolle Informationen über die landwirtschaftlichen Kulturen bereitstellen können. Aufgrund ihrer hohen zeitlichen Wiederholraten von 2 bis 3 Tagen in Deutschland und einer räumlichen Auflösungen von 10-20 m wird eine kontinuierliche Beobachtung des Zustands landwirtschaftlicher Kulturen möglich.
Im April 2014 und April 2016 wurden die technisch identischen Sentinel-1A und -1B Satelliten gestartet. Die Radarsatelliten arbeiten mit Mikrowellen im C-Band (Wellenlänge ~ 6 cm, Frequenz: 5,405 GHz). Dabei können die Mikrowellen in unterschiedlichen Polarisationsebenen (vertikal und horizontal) ausgesendet und empfangen werden.
Die Flugorbits von Sentinel-1A und -1B wurden um 180° versetzt angeordnet, so dass die Wiederholrate des Satellitensystems von 12 auf 6 Tage am Äquator verbessert werden konnte. Die räumliche Auflösung beträgt 10 m. Eine Übersicht der technischen Eigenschaften der Sentinel-1 Satelliten ist in Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1. Technische Eigenschaften der Sentinel-1 Satelliten für Landanwendungen. (Quelle: European Space Agency, 2015a verändert)
Frequenz | Polarisationen | Beobachtungswinkel | Blickrichtung | Datenprodukt | Sensor | Schwadbreite | Bodenauflösung |
5.405 GHz | HH + HV, VV + VH, | 20°–46° | rechts | Ground range korrigiert | Interferometric Wide Swath (IW) | 250 km | 10 m |
Aufgrund der Lage Deutschlands in höheren geographischen Breiten überlappen sich die Flugbahnen, so dass die meisten Regionen in Deutschland alle 1 bis 3 Tage überflogen werden. Eine komplette Abdeckung Deutschlands wird alle 3 Tage erreicht (Abb. 1).
Abb. 1. Links: Überflugbahnen und Wiederholraten von Sentinel-1 A/B für Deutschland, rechts Mosaik aus 5 Sentinel-1A Orbits vom 30. September bis 2. Oktober 2016.
Im Juni 2015 wurde der multispektrale Sentinel-2A Satellit gestartet. Das passive optische System misst die Reflexion des Sonnenlichtes von der Erdoberfläche in zwölf Spektralkanälen vom sichtbaren Blau bis zum mittleren Infrarot.
Das Multispektralsystem zeichnet vier Kanäle mit einer Bodenauflösung von 10 m, sechs Kanäle mit 20 m Auflösung und drei Kanäle mit 60 m Bodenauflösung auf (Tab. 2). Die drei Kanäle mit der gröbsten Auflösung werden dabei für die Atmosphärenkorrektur der Bilddaten benötigt. Die Breite der Flugbahn (Schwadbreite) von Sentinel-2 ist mit 290 km sehr groß ausgelegt, damit wird eine hohe Wiederholrate von 10 Tagen am Äquator erreicht.
Tab. 2. Spektrale und räumliche Eigenschaften von SENTINEL-2. (Quelle: European Space Agency, 2015b verändert)
Kanal | Zentrale | Bandbreite | Bodenauflösung | Bemerkung |
1 | 443 nm | 20 nm | 60 m | Für Atmosphärenkorrektur |
2 | 490 nm | 65 nm | 10 m | |
3 | 560 nm | 35 nm | 10 m | |
4 | 665 nm | 30 nm | 10 m | |
5 | 705 nm | 15 nm | 20 m | |
6 | 740 nm | 15 nm | 20 m | |
7 | 783 nm | 20 nm | 20 m | |
8 | 842 nm | 115 nm | 10 m | |
8a | 865 nm | 20 nm | 20 m | |
9 | 940 nm | 20 nm | 60 m | Für Atmosphärenkorrektur |
10 | 1375 nm | 30 nm | 60 m | Für Atmosphärenkorrektur |
11 | 1610 nm | 90 nm | 20 m | |
12 | 2190 nm | 180 nm | 20 m |
Bewölkung ist ein großes Problem für optische Systeme, da die Daten für eine Auswertung der Landbedeckung unbrauchbar werden. Für 2017 ist der Start des baugleichen Sentinel-2B Satelliten geplant, der ebenfalls in einem 180° versetzten Orbit gebracht werden soll. Damit werden die Chancen auf wolkenfreie Aufnahmen bei Wiederholraten von 2 bis 3 Tagen deutlich besser. Ebenso wie bei Sentinel-1 kommt es über Deutschland zu einer Überlappung der Flugorbits, so dass mit Sentinel-2A bereits Wiederholraten von 5 Tagen erreicht werden.
Die häufigen Wiederholraten und die relative Witterungsunabhängigkeit der Sentinel-1 Satelliten erlauben ein kontinuierliches Monitoring landwirtschaftlicher Flächen (Abb. 2). Eine wichtige Anwendung ist die Erfassung der realen Landbedeckung, da diese Information die Grundlage für eine Vielzahl von Modellen und statistischer Größen darstellt.
Abb. 2. Ergebnis einer automatischen Klassifikation der angebauten Kulturarten. Grundlage waren 14 Aufnahmen zwischen März und August 2015.
Neben der flächenscharfen Bestimmung der angebauten Kulturarten ist es nun auch möglich, landwirtschaftlich wichtige phänologische Zeitpunkte zu erfassen. Abb. 3 zeigt die Radarrückstreusignaturen für verschiedene Wintergetreide im zeitlichen Verlauf. Sehr gut sind zum Beispiel die Zeitpunkte der Abreife und Ernte zu erkennen.
Abb. 3. Sentinel-1 Radarrückstreu-Signaturen für Getreide. Die Pfeile markieren phänologische Zeitpunkte für Wintergerste.
Optische Fernerkundungsdaten eignen sich unter anderem sehr gut zur Unterscheidung von vegetationsbedeckten und offenen Flächen. Abb. 4 zeigt eine Falschfarbeninfrarot Darstellung vom 2. April 2016. Unbewachsene Böden erscheinen hier hellblau, vegetationsbedeckte Flächen rot. Durch die Berechnung von Vegetationsindices, wie zum Beispiel dem NDVI (Normalized Difference Vegetation Index), ist es schnell möglich, Bestandes-Anomalien wie Auswinterungsschäden (siehe Pfeil) zu detektieren.
Abb. 4. Sentinel-2 Aufnahme vom 2. April 2016. Links Falschfarbeninfrarot Darstellung, rechts Vegetationsindex NDVI. Mit dem Pfeil sind Auswinterungsschäden markiert.
Die Kombination aus optischen und Radar-Fernerkundungsdaten eröffnet neue Möglichkeiten für ein kontinuierliches Monitoring und die Bereitstellung verschiedenster Vegetationsparameter, wie zum Beispiel Biomasse, Bedeckungsgrad, Fruchtarten, Fruchtfolgen und vieles mehr. Das Potenzial der Copernicus Daten ist sehr groß und wird derzeit wissenschaftlich erschlossen.
European Space Agency (ESA), 2015a: Sentinel-1 – Instrument Payload. Online: [https://sentinels.copernicus.eu/web/sentinel/missions/sentinel-1/instrument-payload], zitiert am 9.12.2016.
European Space Agency (ESA), 2015b: Sentinel-2 – Instrument Payload. Online: [https://sentinels.copernicus.eu/web/sentinel/missions/sentinel-2/instrument-payload], zitiert am 9.12.2016.