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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Wasser als ertragsbegrenzender Faktor

Water as a limiting factor for crop yield

Siegfried Schittenhelm, Lorenz Kottmann und Burkhard Schoo
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 69 (2). S. 80–86, 2017, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2017.02.13, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Siegfried Schittenhelm, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, E-Mail: siegfried.schittenhelm@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
21. Dezember 2016

Zusammenfassung

Durch die mit dem Klimawandel einhergehende höhere Durchschnittstemperatur und häufigere Frühjahrs- und Sommertrockenheit wird das Wasser zu einem zunehmend limitierenden Faktor für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion. Am Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius Kühn-Instituts (JKI) wurden in den letzten Jahren mehrere Experimente mit dem Produktionsfaktor Wasser durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse einiger ausgewählter Experimente werden in dieser Veröffentlichung kurz beschrieben: (I) Wasserbedarf von Energiemais, (II) Einfluss der Wasserversorgung auf die interspezifische Konkurrenz beim Mischanbau, (III) Vergleich der Trockentoleranz von Mais und Sorghumhirsen, (IV) Extremszenario zu Trockenstress bei Wintergetreide, (V) Temperatur des Pflanzenbestandes als Bioindikator für den Wasserstatus und (VI) Wasseraufnahme, Wassernutzungseffizienz und Biomasseertrag von Durchwachsener Silphie.

Stichwörter: Bestandestemperatur, Bewässerung, Biogas, Energiepflanzen, Trockentoleranz, Wasseraufnahme, Wassernutzungseffizienz, Wurzeleigenschaften

Abstract

Because of the higher average temperature and more frequent spring and summer drought associated with climate change, water becomes an increasingly limiting factor for agricultural crop production. At the Institute for Crop and Soil Science of the Julius Kühn-Institut (JKI), several experiments with the production factor water have been carried out during recent years. The most important results of some selected experiments are briefly described in this publication: (I) water requirement of energy maize, (II) influence of water supply on interspecific competition in mixed cropping, (III) comparison of drought tolerance of maize and sorghum, (IV) extreme scenario for drought stress in winter cereals, (V) canopy temperature as a biological indicator for the crop water status and (VI) water uptake, water use efficiency and biomass yield of cup plant.

Key words: Canopy temperature, irrigation, biogas, energy crops, drought tolerance, water uptake, water use efficiency, root characteristics

Einleitung

Infolge des Klimawandels verändern sich die natürlichen Bedingungen für die Pflanzenproduktion fortwährend. Verantwortlich dafür sind insbesondere der Anstieg der Temperatur und die Änderung der Niederschlagsverteilung. Durch die von Klimaforschern prognostizierte Verlagerung der Niederschläge vom Sommer in den Winter wird die Landwirtschaft mit einer stärkeren Frühjahrs- und Sommertrockenheit konfrontiert. Wenn diese Vorhersagen zutreffen, dann avanciert das Wasser zum wichtigsten limitierenden Faktoren in der Pflanzenproduk­tion. Dies gilt insbesondere für Standorte, die aufgrund durchlässiger Böden und hoher Verdunstung zur Trockenheit neigen. Obgleich die Zusatzbewässerung eine ökonomisch sinnvolle Maßnahme bei der Produktion von Nahrungs-, Futter- und Energiepflanzen darstellen kann, sind zusätzliche Wassergaben aufgrund rechtlicher Beschränkungen oder fehlender Beregnungstechnik nicht überall möglich. Deshalb müssen Landwirte künftig Fruchtarten und Sorten einsetzen, die auch mit weniger Wasser noch befriedigende Erträge erbringen. Bei neuen Kulturpflanzen ist vor einem größerflächigen Anbau zu klären, welche Boden-Klima-Räume aufgrund des artspezifischen Wasserbedarfs am besten geeignet sind.

Der Trockenmasseertrag (TME) ist das Produkt aus dem Wasserverbrauch (Evapotranspiration, ET) und der Wassernutzungseffizienz (water use efficiency, WUE). Die Beziehung TME = ET × WUE macht deutlich, dass der Trockenmasseertrag proportional zum Wasserverbrauch zunimmt, kurzum: Ohne Wasser kein Ertrag. Wüstenpflanzen können zwar aufgrund ihrer Trockenheitsresistenz lange Trockenphasen unbeschadet überdauern, für eine ökonomisch lohnende Produk­tion sind sie gleichwohl nicht geeignet. Der enge Zusammenhang zwischen Wasserverbrauch und Trockenmasse­ertrag resultiert aus der Tatsache, dass sowohl die H2O Transpiration als auch die CO2 Assimilation unter stomatärer Kontrolle stehen. Das Ziel muss es daher sein, durch die Wahl geeigneter Fruchtarten, Sorten und Anbau­verfahren die unproduktive Verdunstung über den Boden zu minimieren, tiefes Bodenwasser über ein entsprechendes Wurzelsystem verfügbar zu machen, und das von der Pflanze aufgenommene Wasser möglichst effizient in Ertrag umzusetzen.

Am JKI Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde wurden in den zurückliegenden Jahren mehrere Experimente mit Nahrungs- Futter- und Energiepflanzen durchgeführt, welche den Produktionsfaktor Wasser zum Gegenstand hatten. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Experimente werden im Folgenden kurz vorgestellt.

Material und Methoden

Alle Experimente zur Bedeutung des Produktionsfaktors Wassers über die nachfolgend berichtet wird, wurden auf dem Versuchsfeld des JKI in Braunschweig (52,296 °N, 10,438 °O, 76 m ü. NHN) durchgeführt. In der vorliegenden Veröffentlichung werden lediglich die Boden- und Klimabedingungen des Versuchsstandortes sowie die verwendeten Rain-out Shelter (Folientunnel und Roll­häuser) beschrieben. Die Details zur Kulturführung, das verwendete genetische Material, die durchgeführten Messungen etc. finden sich in den Material und Methoden Abschnitten der jeweils zitierten Veröffentlichungen. Die langjährigen Mittel (1961–2015) für Lufttemperatur und Niederschlag am Versuchsstandort in Braunschweig betragen 9,3°C bzw. 623 mm. Der vorherrschende Boden­typ ist eine Parabraunerde (Haplic Luvisol) wobei stellen­weise typische Eigenschaften einer Bänderparabraunerde (Lamellic Luvisol) vorherrschen (FAO, 1997). Im Bereich von 0–150 cm Tiefe weist der Boden 79% Sand, 16% Schluff und 6% Ton auf. Die nutzbare Feldkapazität (nFK) in dieser Bodenschicht beträgt ca. 185 mm. Der Grundwasserflurabstand liegt bei ungefähr 10 m.

Die Experimente wurden als Bewässerungsfeldversuche oder in Rain-out Sheltern durchgeführt (Abb. 1). In den Feldversuchen kamen für die Zusatzwassergaben sowohl Tropfschläuche als auch eine Trommelberegnungsmaschine mit sepa­ratem Regnerwagen zum Einsatz. Die beiden jeweils 9,2 m breiten und 50 m langen Folientunnel sind mit Drehankern im Boden befestigt. Die 3 m Durchfahrthöhe erlaubt den Einsatz von praxisüblichen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten. Eine ausreichende Belüftung der Tunnel ist durch offene Längsseiten mit 2 m Stehwandhöhe sowie offenen Stirnseiten gewährleistet. Um Strahlungsverluste zu minimieren, wurden die Tunnel in jedem Versuchsjahr mit fabrikneuen 200 μm Poly­ethylenfolie bespannt. Die Ableitung des Regenwassers erfolgt über Dachrinnen und von dort über PVC-Rohre zu einer 20 m entfernten Versickerungsmulde. Die beiden Rollhäuser sind je 12 m breit und 24 m lang. Bei beginnendem Regen fahren diese mobilen Rain-out Shelter sensorgesteuert innerhalb von 90 Sekunden auf Schienen vollständig über die zu schützende Versuchsfläche. Die künstliche Bewässerung erfolgt mittels computergesteuerten Gießwagen.

Abb. 1. Folientunnel (a) und Rollhäuser (b) auf dem Versuchsfeld des JKI Instituts für Pflanzen­bau und Bodenkunde in Braunschweig.

Abb. 1. Folientunnel (a) und Rollhäuser (b) auf dem Versuchsfeld des JKI Instituts für Pflanzen­bau und Bodenkunde in Braunschweig.

Ergebnisse und Diskussion

I Wasserbedarf von Energiemais

In Deutschland wird Energiemais für Biogasanlagen auf 35% (0,9 Mio. ha) der Maisanbaufläche produziert (DMK, 2013). Der Mais hält mit 73% den Löwenanteil an der mit Biogaspflanzen bestellten Ackerfläche. Diese Dominanz verdankt der Mais seinem hohen Methan­hektarertrag sowie seiner guten Silierfähigkeit und Mecha­nisierbarkeit der Produktion. Energiemaissorten sind spätreifer und massereicher als die heutigen Silomaissorten (Landbeck und Schmidt, 2005). Damit verbunden ist unter anderem eine Zunahme von Wuchshöhe, Blattfläche und Blattflächendauer. Es stellte sich daher die Frage, ob diese zusätzliche Blattfläche zu einer höheren Nettophotosynthese beiträgt, oder ob sie, wegen zunehmender Beschattung der unteren Blätter, lediglich eine photosynthetisch unproduktive Verdunstungsfläche darstellt. Zur Klärung dieser Frage wurde in den Jahren 2005–2007 ein Feldversuch ohne und mit zusätzlicher Tropfschlauchbewässerung durchgeführt. In dem Versuch wurden drei Sorten mit unterschiedlicher Reifezahl eingesetzt, wobei die standortangepasste Sorte Flavi und der sehr spätreife Energiemaisprototyp Mikado die beiden Extreme repräsentierten (Abb. 2).

Abb. 2. Blick auf den Bewässerungsversuch mit den kon­ventionellen Silomaissorten Flavi (S250) und PR36K67 (S370) sowie dem Energiemaisprototyp Mikado (S500).

Abb. 2. Blick auf den Bewässerungsversuch mit den kon­ventionellen Silomaissorten Flavi (S250) und PR36K67 (S370) sowie dem Energiemaisprototyp Mikado (S500).

Die im Mittel der beiden Wasserregime um 57% längere Blattflächendauer von Mikado gegenüber Flavi war mit einer um lediglich 9% höheren kumulierten Transpira­tion verbunden (Schittenhelm, 2008; Wienforth et al., 2008). Außerdem wies die massereiche und spätreife Sorte Mikado sowohl mit als auch ohne Zusatzbewässerung den höchsten Trockenmasseertrag und die höchste Wassernutzungseffizienz auf. Die ursprüngliche Annahme, wonach Sorten mit einer großen Transpirationsfläche unter Trockenheit eine besonders starke Ertragsdepression zeigen, wurde durch diesen Versuch nicht bestätigt.

II Einfluss der Wasserversorgung auf die interspezifische Konkurrenz beim Mischanbau

Für die Produktion von Biogassubstraten kommt neben dem Anbau von Energiepflanzen in Reinkulturen auch ein Mischanbau in Betracht. Gegenüber dem Reinanbau kann der Mischanbau positive Effekte zeitigen, wie z.B. eine höhere Methanausbeute, wenn sich die Mischungspartner in ihren Inhaltsstoffen ergänzen. Denkbar ist auch ein höherer Ertrag, wenn die Wachstumsfaktoren Licht und Wasser durch einen synergistischen Bestandesaufbau bzw. Wurzelapparat effizienter genutzt werden können. Beim gleichzeitigen Anbau von zwei oder mehr Kulturen treten häufig Konkurrenzeffekte auf. Es stellt sich daher die Frage, wie sich z.B. ein unterschiedliches Wasser­angebot auf die interspezifische Konkurrenz und damit auf die Zusammensetzung des Erntegutes bzw. die Rohstoffqualität auswirkt. Für den störungsfreien Betrieb von Biogasanlagen ist eine gleich bleibend hohe Rohstoffqualität wichtig. Der Versuch zum Mischanbau wurde in den Jahren 2006 und 2007 im Folientunnel durchgeführt (Schittenhelm, 2010). Geprüft wurden die beiden Mischun­gen Mais/Sonnenblume und Mais/Futterhirse bei drei Stufen der Wasserversorgung. Die Mischungen wurden in Doppelreihen (strip intercropping) mit einem Reihenabstand von 62,5 cm angebaut, so dass jeder der beiden Mischungspartner sowohl sich selbst als auch die Partnerfrucht zum Nachbar hatte. In breiteren Streifen als Doppelreihen macht der Mischanbau weniger Sinn, weil mögliche Synergieeffekte abnehmen. Erwartungsgemäß erhöhten sich die Trockenmasseerträge der beiden Mischun­gen mit zunehmender Bodenfeuchte. Den mit 10,8 t ha–1 niedrigsten Trockenmasseertrag erzielte die Mais/Sonnenblume Mischung unter starkem Trocken­stress (15–30% nFK) und den mit 18,1 t ha–1 höchsten Trockenmasseertrag die Mais/Futterhirse Mischung ohne Trockenstress (60–80% nFK). Trotz der stark unterschied­lichen Bodenfeuchte wiesen die Mischungspartner relativ konstante Ertragsanteile auf (Abb. 3).

Abb. 3. Relative Anteile der Mischungspartner am Troc­kenmasseertrag beim Mais/Sonnenblume und Mais/Futterhirse Mischanbau in Abhängigkeit von der nutzbaren Feldkapazität (nFK).

Abb. 3. Relative Anteile der Mischungspartner am Troc­kenmasseertrag beim Mais/Sonnenblume und Mais/Futterhirse Mischanbau in Abhängigkeit von der nutzbaren Feldkapazität (nFK).

Lediglich in der Variante 15–30% nFK hatte die Sonnenblume einen mit durchschnittlich 46% ausnehmend hohen Ertragsanteil. Diese besonders im Jahr 2007 ausgeprägte Ertragsverschiebung erklärt sich dadurch, dass die weniger wärmebedürftige Sonnenblume durch ihr rasches Wachstum im Frühjahr die Winterbodenfeuchte besser nutzen kann als der Mais. Bis es für ein zügiges Maiswachstum warm genug ist, hat die Sonnenblume die Winterbodenfeuchte bereits weitgehend ausgeschöpft. Die klimatischen Bedingungen im vorliegenden Versuch entsprachen einem Szenario mit feuchten Wintern und trocken-warmen Sommern wie es infolge des Klimawandels für die Zukunft erwartet wird.

III Vergleich der Trockentoleranz von Mais und Sorghum­hirsen

Angesichts einer prognostizierten Klimaerwärmung und zunehmenden Sommertrockenheit werden Kulturpflanzen mit einer hohen Wassernutzungseffizienz an Bedeutung gewinnen. Deshalb wurde untersucht, ob Sorghumhirsen wie Futterhirse [Sorghum bicolor (L.) Moench] und Sudangrashybride [S. bicolor (L.) Moench × S. sudanense (Piper) Stapf] für die Biogasproduktion auf Trockenstandorten eine Anbaualternative zu Mais darstellen. Die derzeit für den Anbau in Deutschland zur Verfügung stehenden Sorghumhirsen haben den Nachteil, dass ihre Temperaturansprüche noch höher sind als die von Mais. Die drei Fruchtarten Futterhirse, Sudangrashybride und Mais wurden in den Jahren 2008 und 2009 im Folien­tunnel bei 15–25, 40–50 und 60–80% nFK, entsprechend starkem, leichtem bzw. keinem Trockenstress, angebaut (Schittenhelm und Schroetter, 2014) (Abb. 4).

Abb. 4. Trockenmasseertrag von Mais, Futterhirse und Sudangrashybride in Abhängigkeit von der nutzbaren Feldkapazi­tät (nFK).

Abb. 4. Trockenmasseertrag von Mais, Futterhirse und Sudangrashybride in Abhängigkeit von der nutzbaren Feldkapazi­tät (nFK).

Die Futterhirse war dem Mais bei guter Wasserversorgung im Trockenmasseertrag ebenbürtig und unter Trockenstress sogar um 30% überlegen. Die TM-Erträge der Sudangrashybride lagen stets unter denen der Futterhirse. Allerdings erbrachte die Sudangrashybride bei Trockenstress vergleichbare Trockenmasseerträge wie der Mais. Die drei Fruchtarten unterschieden sich deutlich in der trockenheitsbedingten Ertragsreduktion. Während der Mais im Mittel der beiden Versuchsjahre auf starken Trockenstress mit einem Ertragsrückgang von 53% reagierte, fiel die Ertragsreduktion bei Futterhirse und Sudangrashybride mit jeweils 38% vergleichsweise mode­rat aus. Die drei Fruchtarten hatten im Mittel der beiden Jahre bei guter Wasserversorgung eine vergleichbare Wassernutzungseffizienz. Unter starkem Trockenstress hingegen war die Futterhirse sowohl der Sudangrashybride als auch dem Mais überlegen. Die Wurzeltrockenmassen nach der Ernte betrugen in der 0–100 cm Bodenschicht für Mais, Futterhirse und Sundangrashybride 4,4, 6,1 and 2,9 t ha–1 unter feuchten Bedingungen sowie 1,9, 5,7 und 2,4 t ha–1 bei starkem Trockenstress. Bei starkem Trockenstress hatten die Sorghumhirsen im Vergleich zu Mais einen höhere Wurzelanteil im Unterboden was ihnen die Erschließung zusätzlicher Wasserreserven ermöglichte.

IV Extremszenario zu Trockenstress bei Wintergetreide

Die Klimaprognosen gehen davon aus, dass die Böden zum Vegetationsbeginn in Deutschland auch zukünftig weitgehend mit Wasser gesättigt sind (DWD, 2012). Die Wintergetreidearten können mit ihrem zu diesem Zeitpunkt vorhandenen tiefen Wurzelsystem längere Zeit von der vorhandenen Winterbodenfeuchte zehren. Allerdings werden infolge stärkerer Frühjahrs- und Sommertrockenheit mehr oder weniger starke Ertragseinbußen zu verzeichnen sein. In einem Extremszenario wurde untersucht, wie sich gänzlich ausbleibende Niederschläge von der Bestockung bis zur Ernte auf die Ertragsbildung bei Wintergetreidearten auswirken (Schittenhelm et al., 2014). Dazu wurden je vier Sorten von Gerste (Hordeum vulgare L.), Roggen (Secale cereale L.), Triticale (Triticosecale Wittmack), und Weizen (Triticum aestivum L.) in Rollhäusern sowie einer benachbarten bewässerten Kontrolle angebaut (Abb. 1b). Während die nFK im Extrem­szenario von rund 100% zur Bestockung bereits Anfang bis Mitte Mai unter 30% abfiel, hatte die bewässerte Kontrolle während der gesamten Versuchsdauer eine nFK von > 60%. Der permanente Regenausschluss ab Ende der Bestockung bewirkte im Mittel der Jahre und Getreidearten einen Rückgang um 5,9 t ha–1 (63%) im Korn­ertrag (Tab. 1). Das heißt aber andererseits auch, dass selbst unter extremer Trockenheit immerhin noch 3,6 t Korn ha–1 produziert wurden. Da die Photosynthese während der Kornfüllungsphase sehr stark eingeschränkt war, muss ein großer Teil des Kornertrags aus der Remobilisierung von vor der Blüte gebildeten Assimilaten stammen, welche temporär in vegetativen Pflanzenor­ganen zwischengespeichert wurden. Yang et al. (2001) konnten zeigen, dass 70–92% des Korntrockenmasse­ertrages von Weizen unter Trockenbedingungen aus Nicht-Struktur-Reservekohlenhydraten wie z.B. Fructanen mobilisiert werden. Weniger stark als für den Korn­ertrag fiel der Ertragsrückgang mit 3,5 t ha–1 (39%) für den Strohertrag und mit 9,2 t ha–1 (51%) für den ober­irdischen Biomasseertrag aus. Basierend auf den Ergebnissen dieser Untersuchung kommen der Roggen und die Gerste am besten mit den trockeneren Bedingungen infolge des Klimawandels zurecht.

Tab. 1. Mittelwerte für Korn-, Stroh- und oberirdische Biomasseerträge von vier Wintergetreidearten die in den Jahren 2010 und 2011 in Rollhäusern (trocken) und benachbarten bewässerten Kontrollen (feucht) ange­baut wurden

 

Korn (t ha–1)

 

Stroh (t ha–1)

 

Oberirdische Biomasse (t ha–1)

Fruchtart

feuchta

trocken

Δ%b

 

feucht

trocken

Δ%

 

feucht

trocken

Δ%

Gerste

9,7b

3,7a

–62***

 

7,1c

4,7b

–34***

 

15,8b

8,4b

–47***

Roggen

10,0a

4,0a

–60***

 

10,2a

6,8a

–33***

 

20,3a

10,8a

–47***

Triticale

9,3ab

3,3a

–65***

 

9,8a

5,5b

–44***

 

19,2a

8,9b

–54***

Weizen

8,7b

3,2a

–63***

 

8,6b

4,7ab

–45***

 

17,3b

7,9b

–54***

*, **, *** Unterschiede sind signifikant für P < 0,05, P < 0,01 bzw. P < 0,001.
a Mittelwerte innerhalb eines Merkmals und Wasser­regimes gefolgt von unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich signifikant (P < 0,05; t-Test).
b Relative Ertragsreduktion: (trocken – feucht) × 100/feucht.

V Bestandestemperatur als Bioindikator für den Wasserstatus

Neben destruktiven Methoden (z.B. Scholanderbombe) lässt sich der Wasserstatus von Kulturpflanzen auch nicht-destruktiv und berührungslos durch Infrarot(IR)-Messung der Bestandestemperatur ermitteln (Jones, 2007). Bei guter Wasserversorgung sind Pflanzenbestände aufgrund von Verdunstungskühlung um mehrere °C kühler als die Umgebungsluft. Unter Wassermangel ist die Transpirationsrate allerdings verringert und die Bestandestemperatur steigt an. Als Indikator für den Wasserstatus wird die Bestandestemperatur derzeit insbesondere in ariden und semiariden Gebieten u.a. als Selektionskriterium für Trocken- und Hitzetoleranz (Ayeneh et al., 2002; Balota et al., 2007) sowie für die Bewässerungssteuerung (Alchanatis et al., 2010) genutzt. Im humiden Klima Mitteleuropas ist diese Methode ebenfalls anwendbar, wenn auch mit einigen Einschränkungen. So sind aussagekräftige Ergebnisse nur bei hoher Lufttemperatur, geringer Luftfeuchtigkeit und geringer Windgeschwindigkeiten zu erwarten (Kottmann et al., 2013). Ein weiteres Problem sind die oft rasch wechselnden Wetterbedingungen. Bereits der Durchzug einer kleinen Wolke kann die Bestandestemperatur durch die verringerte Einstrahlung um einige °C absinken lassen, während sich die Lufttemperatur kaum ändert (Abb. 5).

Abb. 5. Globalstrahlung, Luft- und Bestandestemperatur gemessen in einer ausgewählten Parzelle über einen Zeitraum von einer Stunde bei (a) Hochdruckwetterlage mit wolkenlosem Himmel und (b) mittlerer Ku­mulusbewölkung.

Abb. 5. Globalstrahlung, Luft- und Bestandestemperatur gemessen in einer ausgewählten Parzelle über einen Zeitraum von einer Stunde bei (a) Hochdruckwetterlage mit wolkenlosem Himmel und (b) mittlerer Ku­mulusbewölkung.

Dadurch ist es schwierig, kleinere Flächen (z.B. Kleinparzellen in der Pflanzenzüchtung) zu vergleichen, deren Bestandestemperatur (z.B. mit traktorgestützten Sensoren) über einen längeren Zeitraum gemessen wurde. Um dieses Problem zu umgehen, bietet sich der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge (UAV) an, wie es gegenwärtig im Rahmen des „Phaenokopter“-Projektes praktiziert wird (Kottmann et al., 2016a; Kottmann et al., 2016b). Mit Hilfe eines UAV kann die Bestandestemperatur von 1000 Parzellen mittels IR-Thermografie je nach Windgeschwin­digkeit innerhalb von 5–10 Minuten ermittelt werden. Im Rahmen des „Phaenokopter“-Projektes werden Pflanzenparameter fernerkundlich im Hochdurchsatz bestimmt, um die Züchtung von trocken- und hitzetolerantem Weizen zu beschleunigen. Dabei wird auch untersucht, ob und wie sich Wurzeleigenschaften mittels Fernerkundung quantitativ charakterisieren und in der züchterischen Selektion mitberücksichtigen lassen.

VI Wasseraufnahme, Wassernutzungseffizienz und Ertrag von Durchwachsener Silphie

Die Dauerkultur Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) gewinnt in Deutschland aufgrund ihres hohen Energieertragspotentials (Gansberger et al., 2015; Janzing, 2015) sowie ökologischer Vorteile gegenüber den verbreitet praktizierten Mais-Monokulturen (Sanderson und Adler, 2008; Schorpp and Schrader, 2016) zunehmende Beachtung als alternatives Biogassubstrat. Bei dieser aus Nordamerika stammenden C3-Pflanze wird auch eine gewisse Trockentoleranz vermutet (Bauböck et al., 2014; Franzaring et al., 2015). In den Jahren 2013 und 2014 wurden in einem Feldversuch ohne und mit Zusatzbewässerung drei Anbausysteme (Silphie-Dauerkultur, Mais-Selbstfolge und mehrjähriges Luzernegras) hinsichtlich ökophysiologisch und agronomisch wichtiger Merkmale verglichen (Abb. 6).

Abb. 6. Künstliche Beregnung der Parzellen mit Durchwachsener Silphie, Mais und Luzernegras.

Abb. 6. Künstliche Beregnung der Parzellen mit Durchwachsener Silphie, Mais und Luzernegras.

Der Trockenmasseertrag der Durchwachsenen Silphie war unter Trockenstress im Mittel der Jahre mit –33% deutlich stärker reduziert als bei Mais (–18%) und Luzernegras (–14%). Die Wassernutzungseffizienz der Durch­wachsenen Silphie war mit der von ebenfalls stark wasserbedürftigem Luzernegras vergleichbar, aber wesentlich niedriger als diejenige der C4-Pflanze Mais (Schoo et al., 2016b). Untersuchungen des Wurzelwachstums und der damit verbundenen Wasseraufnahme ergaben, dass die Durchwachsene Silphie den Boden unter Trocken­bedingungen deutlich weniger intensiv durchwurzelt als die beiden Vergleichskulturen. Angesichts einer hohen potentiellen Evapotranspiration zeigte das Wurzelsystem, auch aufgrund morphologischer Eigenschaften (geringe Fein- und spezifische Wurzellänge), ein vergleichsweise niedriges Wasseraneignungsvermögen (Schoo et al., 2016a). Die Erkenntnisse aus diesem Versuch sowie Berichte aus anderen Anbauregionen (Gansberger et al., 2015) legen den Schluss nahe, dass die Durchwachsene Silphie nur auf Standorten mit hoher Wasserverfügbarkeit das Ertragsniveau von Mais erreicht. Durch das im Vergleich zu Mais geringe Wärmebedürfnis der Silphie könnte sich eine bessere Eignung für den Anbau in Höhenlagen, idealerweise bei guter Wasserversorgung, ergeben (Andrade et al., 1993; Deim et al., 2014; Janzing, 2015; Schoo et al., angenommen 2017). Da diese Standorte häufig erosionsgefährdet sind, würde der Anbau von Dauerkulturen der Durchwachsenen Silphie dort neben einer hohen Flächeneffizienz auch einen Beitrag zum Boden- und Gewässerschutz leisten.

Danksagung

Die dieser Veröffentlichung zugrundeliegenden Forschungsvorhaben wurden und werden mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FKZ 22002705: Exp. I u. II; FKZ 22013408: Exp. III; FKZ 22013509: Exp. V; FKZ 22037311: Exp. VI) sowie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (FKZ 2814600213: „Phaenokopter“-Projekt) als Projektträger des BMEL finanziell unterstützt.

Literatur

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