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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Die Effektivität von Bejagungsschneisen für die Schwarzwildbewirtschaftung in der Agrarlandschaft*

Effectiveness of huntingbreaks for the black boar management in agriculture landscape

Friedrich Kerkhof
Institut
Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest

Journal für Kulturpflanzen, 69 (7). S. 221–230, 2017, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2017.07.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Prof. Dr. Friedrich Kerkhof, Fachhochschule Südwestfalen, Lübecker Ring 2, 59494 Soest, E-Mail: kerkhof.friedrich@fh-swf.de
Zur Veröffentlichung angenommen
15. Mai 2017

Zusammenfassung

Im Rahmen des Modellvorhabens „Schwarzwildbewirtschaftung in der Agrarlandschaft“, welches vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefördert worden ist, wurde die Effektivität von Bejagungsschneisen für die Schwarzwildbewirtschaftung untersucht. Das Forschungsprojekt lief für die Jahre 2008 bis 2010. Vor dem Hintergrund der Konzen­tration des Maisanbaus in einigen Regionen sollten wirtschaftlich tragfähige Lösungen zur Eindämmung der Wildschäden gefunden werden. Bundesweit wurden in den einzelnen Jahren jeweils 7 bis 10 landwirtschaftliche Betriebe mit unterschiedlicher Betriebsstruktur und Schlag­größe in die Untersuchung einbezogen. Der Schwerpunkt lag auf der Anlage von Bejagungsschneisen in Maisflächen. Bei den Untersuchungen handelt es sich um Fallbeispiele, aus deren Ergebnissen Tendenzen abgeleitet werden konnten. Insgesamt war eine große Streuung der Ergebnisse festzustellen. Ursache waren einerseits die unterschiedlichen natürlichen Bedingungen und Betriebsstrukturen. Es ist aber auch davon auszugehen, dass der Managementeinfluss auf den Erfolg von Bejagungsstreifen vergleichsweise groß ist. Mit den Bejagungsschneisen wurde ein Instrument geschaffen, das bei den praktizierenden Jägern und Landwirten auf eine hohe Akzeptanz gestoßen ist und sich dabei sowohl als praxistauglich als auch multifunktional erwiesen hat. Bejagungs­schneisen sind ein wichtiger Baustein für die flächendeckende und revierübergreifende Schwarzwildbejagung, dadurch tragen sie zur Vermeidung und Minderung von Wildschäden im Feld bei. Darüber hinaus haben sich eine Anzahl positiver natur- und umweltschutzfachlicher Begleiteffekte abgezeichnet. Hier sind beispielhaft die positive Wirkung auf Flächenbrüter und Niederwildarten durch die Auflockerung großer Schlageinheiten und die damit verbundene Schaffung von Randlinieneffekten sowie ein Beitrag zum Schutz vor Boden­erosion in Form von begrünten Schneisen in Maisschlägen zu nennen. Daneben hat das Forschungsvorhaben auch gezeigt, dass der Schlüssel zu einer effektiven Schwarzwildbejagung und damit einhergehende Wildschadenvermeidung in der Kooperation zwischen Jägern, Grundeigentümern und Landwirten liegt. Enge Absprachen über das gesamte Wirtschafts- und Jagdjahr hinweg sind für eine effektive Schwarzwildbewirtschaftung unerlässlich. Bestätigt hat sich auch die Vermutung, dass ein ganzheitliches, revierübergreifendes Bejagungskonzept, das nicht an Waldfeldgrenzen Halt macht, sondern in gleicher Intensität die Gesamtfläche umfasst, besonders zielführend ist. Allerdings ist die Anlage der Bejagungsschneisen, selbst bei optimalem betriebswirtschaftlichem Management, mit finanziellen Belastungen des Land­wirtes verbunden. Um wirtschaftliche Schäden auf den Bejagungsschneisen zu begrenzen, ist eine betriebs- und standortspezifische Nutzung der Bejagungsstreifen nötig.

Stichwörter: Schwarzwildbejagung, Schwarzwild, Bejagungsschneisen, Maisanbau, Wildschaden

Abstract

As part of the model project “black boar management in the agriculture landscape”, which has been promoted by the Ministry of Nutrition, Agriculture and Consumer Protec­tion, the effectiveness of hunting corridors for the black boar management was examined. The project lasted from 2008 to 2010. Against the background of the concentration of corn cultivation in some regions, economically sustainable solutions should be found to contain the wild damages. In each year during the project period, 7–10 farms with different farm structures and field sizes were included. The focus was on planting huntingbreaks in corn fields. The experiments are concerned as case studies. From these results tendencies could be derived. Overall, a large variance of the results was found. This is caused by the different natural conditions and farm structures. However, it is also assumed that the influence of management on the success of huntingbreaks is comparatively high. The huntingbreaks are very popular among hunters and farmers because they have been proved to be practical and multifunctional. Huntingbreaks are an important component for a comprehensive and territorial overlap hunting of black boar. They thereby contribute to the prevention and reduction of wild damage in the field. In addition, a number of positive nature- and environmental protection effects have been signed. By the loosening of large areas and the connected creation of borderline effects, the positive effect on breeders and low-wild species as well as the contribution to the protection against soil erosion in the form of grasslands in corn fields can be mentioned as examples. In addition, the research project has also shown that the key to effective hunting of black boar and the resulting wild damage is the cooperation between hunters, landowners and farmers. Close consultations throughout the whole economic and hunting year are essential for an effective black boar management. It has been confirmed that a territorial overlap hunting concept, which contain the total area, is particularly effective and constructive. However, the planting of huntingbreaks, even with optimal economic management, is associated with financial costs for the farmer. To limit economic damage on huntingbreaks, a specific farm and location concept is necessary.

Key words: Black boar management, black boar, huntingbreaks, corn cultivation, wild damage

Einleitung

Die Schaffung angepasster Wildbestände ist ein Thema, das Landwirte, Grundeigentümer und Jäger gleichermaßen betrifft. In vielen Fällen besteht ein gutes, enges Verhältnis zwischen den Beteiligten. Wo dies jedoch nicht der Fall ist, können Auseinandersetzungen über hohe Wildbestände zur Belastungsprobe werden. Die Anpassung von Wildbeständen an die Landeskultur ist ein gesetz­licher Auftrag, der sich nicht ausschließlich an den Jäger richtet. Auch Landwirte und die Grundeigentümer als Jagdrechtsinhaber müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Paragraf 1 des Bundesjagdgesetzes verpflichtet den Jagdausübungsberechtigten zu einer Hege, die Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermeidet. Der Grundsatz Wildschadensverhütung geht vor Wildschadensersatz gilt für Jäger und Landwirte gleichermaßen. Die gesetzlichen Grundlagen zur Regulierung sind zwar vorhanden, aber es ist darüber hinaus sehr wichtig, alle Beteiligten dafür zu sensibilisieren, durch gemeinsame Anstrengungen und enge Absprachen vor Ort, Wildschäden zu minimieren.

Eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten ist in der Agrar­landschaft heimisch. Dabei unterliegt diese einer stetigen Veränderung mit Auswirkungen auf die Agrarfauna und -flora. Die politische Förderung des Anbaus von Energiepflanzen zur Erzeugung erneuerbarer Energien hat die mit Energiepflanzen angebaute Fläche insgesamt ansteigen lassen. Im Jahr 2015 gab es in Deutschland knapp 8.000 Biogasanlagen, von denen etwa 90% unter anderem Mais einsetzten (BMEL, 2016). Zwar wurde insgesamt der Maisanbau nicht gravierend ausgeweitet, aber durch die regionale Konzentration des Anbaus wird die Schwarzwildbejagung während der Vegetationsperiode erschwert, was zu einer Erhöhung der Wildschäden führt. Der Maisanteil an der Gesamt­ackerfläche Deutschlands betrug im Jahr 2015 etwa 15,3%. In manchen Bundesländern, wie beispielsweise in Niedersachsen, wird auf bis zu 20% der landwirtschaftlich genutzten Fläche Mais angebaut (BMEL, 2016).

Das Schwarzwild profitiert von dem erhöhten Deckungs- und Nahrungsangebot. Es ist davon auszugehen, dass unter den heutigen günstigen ökologischen Verhältnissen eine Zuwachsrate von 200% bis zu 300% vom gesamten Frühjahrsbestand erreicht werden kann (Sodeikat, 2008; Pohlmeyer, 2010). Daher ist eine ganzjährige intensive Bejagung unter Berücksichtigung der landesrecht­lichen Gesetzgebung unerlässlich.

Während der Vegetationszeit von Mai bis September stellen Maisflächen ideale Nahrungs- und Rückzugsgebiete für das heimische Schwarzwild dar. Dabei kann erheblicher Wildschaden entstehen. In Maisanbauregionen kann daher das Konfliktpotenzial „Agrarlandschaft – Wildschweinschäden“ besonders groß sein (Keuling et al., 2009; Pegel, 2008).

Die Jagdstrecke kann zwar nur eingeschränkt zur Bestandsschätzung einer Wildtierpopulation dienen, allerdings ist es möglich, sie als Indikator zur Populationsentwicklung heranzuziehen. Allein in den letzten 20 Jahren hat sich die Schwarzwildstrecke in Deutschland annähernd verdoppelt und lag im Jagdjahr 2014/15 laut Deutschem Jagdschutzverband (DJV, 2016) bei 520.623 Stück. Die regionalen Unterschiede hinsichtlich der Jagdstrecke pro 100 Hektar Jagdfläche zeigt der Vergleich der Schwarzwildstrecken in den Bundesländern (Abb. 1). So wurden im Jagdjahr 2010/2011 in Mecklenburg-Vorpommern 2,86 Stück Schwarzwild pro 100 Hektar Jagdfläche erlegt. Den geringsten Anteil an der deutschlandweiten Schwarzwildstrecke hatte Bayern mit 0,63 Stück und Nordrhein-Westfalen mit 0,80 Stück erlegtem Schwarz­wild pro 100 Hektar Jagdfläche. Festzustellen ist, dass die Schwarzwildstrecken deutschlandweit in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen sind. Hier spielt neben dem Klimawandel die in den vergangen Jahren zunehmende Anzahl von milden Wintern und günstige Nahrungsverfügbarkeit durch immer häufiger auftretende Eichen- und Buchenmastjahre eine wichtige Rolle. In einem Modellvorhaben auf Initiative des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sollten auf Grundlage der sich verändernden jagdlichen Rahmenbedingungen neue Erkenntnisse für eine zeitgemäße Schwarzwildbejagung gewonnen werden.

Abb. 1. Schwarzwildstrecke der Jahre 1972/73 und 2010/11 (Strecke pro km² Landesjagd­fläche).

Abb. 1. Schwarzwildstrecke der Jahre 1972/73 und 2010/11 (Strecke pro km² Landesjagd­fläche).

Projektbeschreibung

Auf Initiative des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sollten in einem Modellvorhaben auf Grundlage der sich verändernden jagdlichen Rahmenbedingungen neue Erkenntnisse für eine zeitgemäße Schwarzwildbejagung gewonnen werden. Es sollten Wege aufgezeigt werden, wie durch ein Mitein­ander von Landwirten, Grundstückseigentümern und Jägern die Schwarzwildbestände reduziert werden können. Dabei stand die Kombination unterschiedlicher ackerbaulicher und jagdlicher Strategien im Fokus, um für alle Beteiligten ökonomisch vorteilhafte Lösungen zur Eindämmung von Wildschäden zu finden. Die Untersuchung ist als Praxisversuch angelegt worden.

Die Auswahl der für das Modellvorhaben geeigneten landwirtschaftlichen Betriebe (bzw. Betreibergesellschaften der Biogasanlagen) erfolgte hinsichtlich landwirtschaftlicher Betriebsstruktur und Schlaggröße, Entwicklung des Maisanbaus, Wildschadenshöhe sowie Schwarz­wildstrecke und jagdlicher Struktur.

Hauptaugenmerk bei der Auswahl der Untersuchungsbetriebe wurde auf die Maisschlaggrößen gelegt. Die Betriebe wurden wie in Tab. 1 dargelegt, kategorisiert.

Tab. 1. Kategorisierung der Untersuchungsbetriebe nach Maisschlaggrößen

Maisschlaggrößen

Kategorie

1 ha bis 10 ha

1 – Klein

> 10 ha bis 30 ha

2 – Mittel

> 30 ha bis 100 ha

3 – Groß

Es wurden sechs Modellbetriebe in den Bundesländern Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ausgewählt, welche aufgrund der Ausprägungen der oben genannten Kriterien weitgehend bundesweit gültige Aussagen ermöglichen. Folgende Versuchsregionen sind einbezogen worden:

Versuchsregion Bayern, Landkreis Kelheim: Relativ kleine Schlaggrößen dominieren die Agrarlandschaft auf dem Versuchsstandort in Bayern. Waldstücke ragen in die Maisanbauflächen hinein, sodass ein leichtes Wechseln zwischen Wald und Feld für das Schwarzwild möglich ist. Es kann somit fast ungesehen in die Zentren der Schläge vordringen und findet leicht Deckung. Durch den ansteigenden Maisanbau in der Region finden die Wildschweine eine optimale Nahrungssituation vor. Die Maisschlaggrößen lagen bei 1 bis 10 ha.

Versuchsregion Hessen, Landkreis Hochtaunuskreis: Durch das Wald-Feldkonglomerat mit seinen vielen Wald-Feldgrenzen ist ein erhöhter Wildschadensdruck auf die landwirtschaftlichen Flächen gegeben. Die Maisschlaggrößen lagen bei 1 bis 10 ha.

Versuchsregion Sachsen-Anhalt, Landkreis Mansfeld-Südharz: Hochwachsende, dichte Kulturen wie Mais und Raps dienen als sicherer Tageseinstand für das Schwarzwild auf dem Versuchsstandort Sachsen-Anhalt. Das Schwarzwild verteilt sich über eine sehr große Fläche und ist somit fast „unsichtbar“ für den Jäger. Natürliche Wasserstellen auf den Ackerflächen tragen zur Attraktivität der Flächen für das Schwarzwild bei. Die Maisschlaggrößen lagen bei 10 bis 30 ha.

Versuchsregion Niedersachsen, Landkreis Uelzen: Charakteristisch für den Versuchsstandort Niedersachsen sind die großen zusammenhängenden Waldgebiete, aber auch die vielen kleinen Waldinseln und Feldgehölze zwischen den landwirtschaftlichen Nutzflächen, die es als Vernetzungs- und Trittsteinbiotope dem Schwarzwild ermög­lichen, zwischen den größeren Wäldern über die Feldflächen zu wechseln. Die Maisschlaggrößen lagen bei 10 bis 30 ha.

Versuchsregion Mecklenburg-Vorpommern, Landkreis Güstrow: Das Jagdrevier und die landwirtschaft­lichen Flächen befinden sich in nächster Nähe zu einem knapp 500 Hektar großen Naturschutzgebiet. Buchtenreiche Uferzonen mit starkem Röhrichtbestand der umliegenden Gewässer, ein geschlossener Waldbestand und dicht aneinander grenzende Wald-Feldkanten bieten dem Schwarzwild sichere Rückzugsräume und Wechsel. Die Maisschlaggrößen lagen bei 30 bis 100 ha.

Versuchsregion Brandenburg, Landkreis Uckermark: Die Maisanbauflächen liegen nahe an größeren Wald­gebieten, zudem ist das Gebiet durch zahlreiche Seen und Bäche charakterisiert. Der Versuchsstandort Brandenburg stellt ein ideales Habitat für Schwarzwild in der Kulturlandschaft dar. Die sehr großen Schlageinheiten erschweren allerdings die Bejagung des Schwarzwildes. Die Maisschlaggrößen lagen bei 30 bis 100 ha.

Der Schwerpunkt des Projektes lag in der Untersuchung der Wirksamkeit von Bejagungsschneisen in Maisflächen. Aber auch andere Ansätze und Strategien zur Wildschadensminimierung, wie Unterschiede zwischen Linien- und Breitsaat beim Mais, Einsatz von Elektro­zäunen sowie feld- und waldgrenzübergreifende Jagdstrategien in der Agrarlandschaft wurden im Modellvorhaben untersucht. Während der drei Versuchsjahre 2008 bis 2010 wurden auf den ausgewählten Standorten unterschiedliche Formen von Bejagungsschneisen mit unterschiedlichen Einsaaten auf ihre wirtschaftlichen und jagdlichen Auswirkungen hin getestet. Mancherorts wurden diese Untersuchungen durch Elektrozäunung und ein revierübergreifendes Bejagungskonzept ergänzt. In Brandenburg wurden zusätzlich mögliche positive Begleit­effekte der Bejagungsschneisen auf die Vogelwelt in der Agrarlandschaft untersucht.

Agrarökonomische Auswertung

Untersuchungsmethode

Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Bejagungsstreifen wurden durch empirische Erhebungen auf den Praxisbetrieben untersucht. Auf den Versuchsflächen nahm in der Regel mit zunehmender Schlaggröße auch die Größe des Bejagungsstreifens zu. Die Erfahrungen der drei Versuchsjahre zeigten aber, dass sich die Größe auf etwa 10% der Fläche des Hauptschlages begrenzen lässt. Die Nutzungsformen auf den Bejagungsstreifen unterschieden sich stark.

Berechnung der wirtschaftlichen Einbußen der Bejagungsschneisen

Die wirtschaftlichen Einbußen auf den Bejagungsstreifen setzten sich aus folgenden Positionen zusammen:

• Deckungsbeitragsverluste auf dem Bejagungsstreifen

• Zusätzlicher Arbeitsaufwand aufgrund der Bejagungsstreifen durch

– Anlage der Bejagungsstreifen

– Zusätzliche Rüstzeiten

– Zusätzliche Feldarbeitszeiten

• Weitere Schadenspositionen (durch zusätzliche Vorgewende)

– Ertragsminderungen auf dem Vorgewende

– Zusätzliche Betriebsmittelaufwendungen durch Überlappungen

– Zusätzliche Wendekosten in Form von zusätzlicher Arbeitszeit und zusätzlichen Maschinenkosten

Die wirtschaftlichen Einbußen sind durch die Vorteile aus verminderten Wildschäden und dem zusätzlichen Bejagungserfolg zu kompensieren. Die wirtschaftlichen Einbußen durch die Anlage der Bejagungsstreifen ergeben sich aus den Deckungsbeitragsdifferenzen zwischen Hauptfläche und Bejagungsstreifen sowie dem zusätzlichen Arbeitsaufwand durch die Anlage der Bejagungsstreifen. Für die wirtschaftliche Beurteilung wurden in erster Linie schlag- und betriebsspezifische Daten herangezogen.

Die wirtschaftlichen Einbußen für die Untersuchungsflächen im Modellvorhaben wurden, wie in der folgenden Rechnung (Kalkulationsmethodik nach FH Südwestfalen (2011)) dargelegt, ermittelt.

 

Deckungsbeitrag/ha Hauptfläche

Deckungsbeitrag/ha Bejagungsschneise

=

Deckungsbeitragsdifferenz Bejagungsschneise

+

zusätzlicher Arbeitsaufwand/ha

=

wirtschaftliche Einbußen/ha Bejagungsschneise

Ergebnisse der Agrarökonomischen Auswertung

Die Ergebnisse der agrarökonomischen Auswertung zeigen, dass auf den Flächen ohne Nutzung der angebauten Früchte oder durch Anbauprobleme negative Deckungsbeiträge entstehen. Zu Deckungsbeitragsverlusten auf den Bejagungsschneisen kommt es, wenn dort im Vergleich zur Hauptfläche wirtschaftlich schwächere Früchte angebaut werden. Nachteile (weitere Schadenspositionen) treten dann auf, wenn durch die Bejagungsschneise ein zusätzliches Vorgewende entsteht. Dies sollte aus Kostengründen möglichst vermieden werden.

Aufgrund der Ergebnisse können drei unterschiedliche Strategien (Tab. 2), je nach Nutzung, zur Bewirtschaftung von Bejagungsschneisen identifiziert werden. Diese wurden nach Betriebsspezifika bereinigt und nach Plausibilitätsüberlegungen abgeleitet. Die Ergebnisse der agrarökonomischen Auswertung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

• Die Ergebnisse streuen sehr stark

• Der Managementeinfluss ist sehr hoch

• Bejagungsstreifen stärker für größere Schläge ab 7 bis 10 ha geeignet

• Der zusätzliche Arbeitsaufwand beträgt 2,5 Akh bis 5 Akh pro ha Bejagungsstreifen

• Die Bejagungsstreifen sind standortspezifisch zu nutzen:

– Sommergerste und Ganzpflanzensilage (Roggen) sind geeignet

– Anbau von Winterweizen, Roggen und Raps mit Körnernutzung sind praktikable Alternativen auf geeigneten Standorten

Tab. 2. Strategien zur Bewirtschaftung von Bejagungsschneisen im Überblick nach FH Südwestfalen (2011)

 

Strategie 1

Strategie 2

Strategie 3

Nutzung der Bejagungsstreifen

Ohne wirtschaftliche Nutzung

Mit Sommergerste oder Ganzpflanzensilage (Roggen)

Wettbewerbsstarke Früchte mit Körnernutzung

Deckungsbeit­ragsverlust

500 – 1.000 €/ha

200 – 400 €/ha

Keinen

Zusätzlicher Arbeitsaufwand

50 – 100 €/ha

Wirtschaftlicher Schaden

550 – 1.100 €/ha

500 – 1.100 €/ha

50 – 100 €/ha

Anmerkung

Der Bejagungsstreifen wird wirtschaftlich nicht genutzt. Dies führt in der Regel zu vergleichs­weise hohen wirtschaftlichen Schäden aufgrund der großen Deckungs­beitragsverluste. Insbe­sondere bei hohen Erzeuger­preisen im Ackerbau ist diese Strategie in der Regel nicht zielführend. Die Strategie war auf Standorten mit niedrigen Ertragserwartungen und der Anlage der Bejagungsstreifen quer zur Saatrichtung Erfolg ver­sprechend. Diese Vorgehensweise ist als „Strategie der Kostenmini­­mierung“ zu bezeichnen. Diese Strategie kann für Niedrigertrags­standorte zielführend sein. Ohne wirtschaftliche Nutzung ist mit einem wirtschaftliche Schaden von in der Regel über 500 €/ha Bejagungs­streifen zu kalkulieren.

Bei dieser Strategie werden betriebs­spezifisch beispielsweise Sommergerste mit Körnernutzung oder Roggen mit Nutzung als Ganzpflanzsilage angebaut. Sommer­gerste ist besonders günstig für die Schwarzwild­­bejagung, da diese den Bejag­ungsstreifen früh räumt und einen hellen Untergrund hinterlässt.

Auf den Bejagungsstreifen werden wettbewerbsstarke Früchte angebaut, die als Körner vermark­tet werden. Der wirtschaftliche Schaden ist auf die zusätzliche Arbeit durch die Anlage der Bejagungs­streifen zu begrenzen, da keine oder kaum Deckungs­­beitragsverluste entstehen. Diese Strategie ist für Betriebe auf besseren Standorten mit größeren Schlageinheiten Erfolg ver­­sprechend. Besonders auf besseren Standorten sollten die Bejagung­streifen wirtschaftlich genutzt werden, da sonst die Deckungs­­beitragsverluste zu groß werden.

Jagdwirtschaftliche Auswertung

Untersuchungsmethode

Die Schwarzwildstrecken in den Bundesländern der Untersuchungsgebiete entsprechen dem allgemeinen Trend der Strecken der entsprechenden Bundesländer und Landkreise.

Die jagdliche Bewertung erfolgte mit Meldekarten, die durch die örtlichen Jägerschaften nach jedem Jagdeinsatz ausgefüllt worden sind. Insgesamt konnten 600 Meldekarten ausgewertet werden. In den drei Untersuchungsjahren (Tab. 3, Abb. 2) wurden bei insgesamt 600 Jagdeinsätzen 73 Wildschweine erlegt. Die Zahlen entsprechen durchschnittlich acht Ansitzen für die Erlegung eines Wildschweines. Die Spanne reicht hier von fünf Ansitzen bis zu elf Ansitzen pro erlegtes Wildschwein in den Jagdjahren 2008 bis 2010.

Tab. 3. Erlegungserfolg in den drei Untersuchungsjahren

2008

2009

2010

243 Jagdeinsätze,
davon 81 auf Schneise

155 Jagdeinsätze,
davon 68 auf Schneise

202 Jagdeinsätze,
davon 91 auf der Schneise

24 Sauen,
davon 9 auf Schneise

30 Sauen,
davon 22 auf Schneise

19 Sauen,
davon 5 auf Schneise

11 Ansitze/
pro Sau

5 Ansitze/
pro Sau

11 Ansitze/
Sau

Abb. 2. Anteil der Abschüsse auf den Schneisen am Gesamt­abschuss (in %).

Abb. 2. Anteil der Abschüsse auf den Schneisen am Gesamt­abschuss (in %).

Ein großer Anteil der Jagdeinsätze fand an der Wald- und Feldkante statt. Diese gingen in den Folgejahren deutlich zurück. Die höchste Bejagungsintensität gab es allerdings auf den Sichtschneisen. Hier wurden insgesamt 240 Jagdeinsätze durchgeführt. 40% der Ansitze erfolgten auf den Schneisen aber 49% der Sauen wurden dort erlegt.

Auf den Sichtschneisen konnte darüber hinaus auch eine vergleichsweise große Anzahl von Schwarzwild beobach­tet werden; so wurden beispielsweise im Jahr 2008 bei 243 Jagdeinsätzen 573 Schwarzwildbeobachtungen gemacht. Insgesamt wurde im Gesamtunter­suchungszeitraum bei 600 Jagdeinsätzen 1.209-mal Schwarzwild beobachtet und 117-mal verhört.

Bei der Auswertung von Jagdeinsätzen und Strecken nach Monaten über den Gesamtversuchszeitraum zeigte sich, dass zur Zeit der Milchreife (Juli-August) die meisten Einsätze erfolgten und die höchsten Strecken erzielt werden konnten (Abb. 3).

Abb. 3. Verteilung der Schwarz­wildstrecke auf den Versuchs­flächen nach Monaten.

Abb. 3. Verteilung der Schwarz­wildstrecke auf den Versuchs­flächen nach Monaten.

Ergebnisse der jagdwirtschaftlichen Auswertung

Auf Grundlage der jagdwirtschaftlichen Analyse von 600 an oder in den Maisschlägen durchgeführten Jagdeinsätzen ist festzustellen, dass auf den Bejagungsschneisen Schwarzwild erlegt werden konnte, dessen Erlegung an anderen Ansitzorten unwahrscheinlich gewesen wäre. Die teils geringen Jagdeinsätze sowie Abschüsse in einigen Versuchsregionen wie beispielsweise Hessen liegen unter anderem an dem in den Jahren außergewöhnlich niedrigen Wildschadensdruck auf die landwirtschaft­lichen Flächen. Dies lässt sich mit lokalen Fluktuationen in der Schwarzwildpopulation erklären.

Im Durchschnitt der drei Untersuchungsjahre fanden 40% der Jagdeinsätze auf den Sichtschneisen statt. Dort wurden im Durchschnitt 49% der Gesamtstrecke gemacht. Dies ist eine beachtliche Zahl, wenn man bedenkt, dass die Anzahl der Jagdeinsätze an der Wald-Feldkante, dem Maisschlag, an den Feldrändern, Häckslerstreifen und Ernteflächen mehr als die Hälfte, nämlich 60% betrug. Aus jagdlicher Sicht sind mit speziell für die Bejagung von Schwarzwild in Maisschlägen angelegten Schneisen Möglichkeiten gegeben, den Jagddruck auf Schwarzwild in Agrarlandschaften deutlich zu erhöhen und Wildschäden zu reduzieren. Insgesamt waren über alle drei Versuchsjahre gerechnet, acht Ansitze zur Erlegung eines Wildschweines notwendig. Bemerkenswert ist der Vergleich mit einer Studie der Wildforschungsstelle Aulendorf (Baden-Württemberg). Danach waren 21 Ansitze pro erlegtem Wildschwein an der Schadfläche im Feld erfor­derlich; das sind fast dreimal so viele benötigte Ansitze wie auf den Bejagungsschneisen des Modellvorhabens. Auch in Jahren mit geringerer Schwarzwild­strecke ist die Strecke auf den Schneisen – entgegen dem bundesdeutschen Trend – nicht eingebrochen.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Praxis

Nach Abschluss des Modellvorhabens können auf Grundlage der wissenschaftlichen Auswertungen und der praktischen Erfahrungen der beteiligten Jäger und Landwirte folgende Schlussfolgerungen und Empfehlungen formuliert werden.

Empfehlungen und Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Jagd

Im Rahmen der Einsaat angelegte Schneisen sind effek­tiver als nachträglich eingehäckselte Schneisen. Das Konzept der im Rahmen der Einsaat der Flächen angelegten Schneisen hat den erhofften Erfolg gebracht. Das Schwarzwild kennt die Bejagungsschneisen von Beginn der Vegetationsperiode an und nimmt sie als natürlichen Landschaftsbestandteil wahr. Dies zeigten das vertraute Verhalten des Schwarzwildes auf den Schneisen sowie das Auftreten von Gewohnheitsverhalten, wie z.B. ausführliche Nahrungssuche auf den Schneisen. Nachträglich eingehäckselte Schneisen werden als Veränderung wahrgenommen und führen beim Schwarzwild zu einem eher misstrauischen und vorsichtigeren Verhalten. Mithilfe integrierter Schneisen kann eine präventive Wildschadensvermeidung effektiver erreicht werden als mit nachträglich eingehäckselten Schneisen. Nichtsdestotrotz konnte auch an den nachträglich eingehäckselten Schneisen Schwarzwild erlegt werden.

Querschneisen sind jagdlich effektiver als Schneisen paral­lel zur Saatrichtung. Schwarzwild nutzt offenbar besonders gerne die Gassen zwischen den Saatlinien als Wechsel, da hier naturgemäß ein schnelles und bequemes Vorankommen möglich ist. Bei Bejagungsschneisen, die quer zur Saatrichtung angelegt sind, ist demnach die Wahrscheinlichkeit einer Schwarzwildbeobachtung bzw. -erlegung größer. In Brandenburg wurde beispielsweise die erste Schwarzwildbeobachtung erst dann realisiert, nachdem nachträglich eine Querschneise zur vorhandenen Bejagungsschneise eingebracht wurde.

In den Schlag integrierte Schneisen erzeugen beim Schwarzwild ein Sicherheitsgefühl. Auf Bejagungsschneisen mit geschlossenen Vorgewenden, die also komplett vom Mais umschlossen waren, bewegte sich das Schwarzwild nach Angaben der teilnehmenden Jäger besonders vertraut. Gewohnheitsverhalten wie z.B. Brechen konnte hier am häufigsten beobachtet werden.

Bejagungsschneisen sollten nicht zu weit vom Waldrand entfernt angelegt werden. Die Erfahrungen der drei Projektjahre zeigen, dass die Bejagungsschneisen maximal im Bereich von 30 bis 50 Meter vom Waldrand angelegt werden sollten. Bejagungsschneisen, die weiter im Schlaginneren liegen, bergen das Risiko, dass das Schwarzwild bereits vor der Schneise Schaden anrichtet und gar nicht mehr bis zur Schneise vordringen kann. Andererseits brachten Schneisen direkt zwischen Maisschlag und Wald­rand oft auch nicht den erhofften Effekt. Das Schwarzwild wechselte hier meist hochflüchtig in den Schlag, ohne dem Jäger die Möglichkeit zum sichern Ansprechen zu geben. Es hat sich gezeigt, dass das Schwarzwild auf Bejagungsschneisen, die im oben genannten Abstand vom Waldrand angelegt waren, mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Halten kommt bzw. vertrauter anwechselt.

Eine Lenkung des Schwarzwildes im Übergangsbereich Feld-Wald ist möglich. Es hat sich als zielführend herausgestellt, bestimmte Bereiche im Übergangsbereich zwischen Wald und Feld mit Elektrozaun abzuzäunen, wenn der Wildschadensdruck auf den Flächen zu groß wird. Dadurch kann eine gewisse Lenkung des Schwarzwildes ermöglicht werden. Im Idealfall kann die Abzäunung so durchgeführt werden, dass das Schwarzwild dabei in den Bereich der Bejagungsschneise gelenkt wird.

Das Wald-Feld-Konzept und abgestimmte Bejagungs­strategien mindern Wildschaden. Ein Schlüssel zur erfolg­reichen Schwarzwildbejagung und Minderung der Wildschäden liegt in der Kooperation zwischen Jagd-, Land- und Forstwirtschaft bzw. zwischen Feld- und Waldrevieren. In Niedersachsen wurde eindrucksvoll bewiesen, dass ein gemeinsames Bejagungskonzept zum Erfolg führt. Nach dem Motto „im Feld Feuer – im Wald Ruhe“ ruht die Jagd auf Schwarzwild während der schadens­anfälligen Zeit in den Kernbereichen der Waldgebiete, während im Feld und im Waldrandbereich die Bejagung intensiviert wird. Zusätzlich mindern auf das Schwarz­wild abgestimmte Wildäsungsflächen den Schadensdruck im Feld. Während der Herbst- und Wintermonate unterstützen gemeinsam und revierübergreifend geplante und durchgeführte Drückjagden eine Regulierung der Schwarzwildbestände.

Bejagungsschneisen sind langfristig nur erfolgreich, wenn sie flächendeckend und revierübergreifend eingesetzt werden. Bejagungsschneisen bewährten sich zwar als geeig­netes Instrument zur Schwarzwildbejagung in Maisschlägen, langfristig erscheinen sie allerdings vor allem dann zielführend, wenn sie flächendeckend und revierübergreifend eingesetzt werden. Dies wurde besonders im letzten Versuchsjahr deutlich, als das Schwarz­wild vermehrt auf ungeschützte Maisschläge ohne Bejagungsschneise in der Umgebung auswich und dort Schaden verursachte. Nicht zu vernachlässigen sind auch die großen benachbarten Schlageinheiten, die beispiels­weise mit Weizen oder Raps bestellt sind; auch diese Kulturen bieten dem Schwarzwild ausreichend Fraß und Deckung. Langfristig wäre es vermutlich vielversprechend, wenn auch dort Bejagungsschneisen angelegt werden, um die Bejagung des lernfähigen Schwarzwildes, insbesondere in reinen Feldrevieren, zu ermöglichen.

Bejagungsschneisen sind auch in Jahren mit geringerer Schwarzwildpopulation jagdlich effektiv. Insgesamt waren über alle drei Versuchsjahre gerechnet acht Ansitze zur Erle­gung eines Wildschweines notwendig. Zum Vergleich: Nach einer Studie der Wildforschungsstelle Aulendorf (Baden-Württemberg) werden 21 Ansitze pro erlegtes Wildschwein an der Schadfläche im Feld benötigt; das sind fast dreimal so viel benötigte Ansitze wie auf den Bejagungsschneisen des MVH. Auch in Jahren mit geringerer Schwarzwildstrecke ist die Strecke auf den Schneisen – entgegen dem bundesdeutschen Trend – nicht eingebrochen.

Die Lage der Schneisen sollte an die Hauptwechsel des Schwarzwildes angepasst werden. Bei der räumlichen Lage der Bejagungsschneisen sind Hauptwechsel des Schwarzwildes dringend zu beachten. Die bestmöglich angelegte Schneise ist nutzlos, wenn sie fern der Wechsel liegt. Es hat sich weiterhin herausgestellt, dass die Integration von örtlichen Besonderheiten, wie z.B. natürlichen Wasserstellen, in die Bejagungsschneisen von Vorteil ist. Da beispielsweise Wasserstellen ohnehin für das Schwarz­wild ein notwendiges Habitatinventar darstellen, werden diese Stellen auch regelmäßig aufgesucht.

In Feldrevieren mit großen Schlagstrukturen bieten Bejagungsschneisen oft die einzige Möglichkeit für die Bejagung während der Hauptvegetationszeit. In Feldrevieren, wie beispielsweise in Sachsen-Anhalt, finden sich große Schlageinheiten, die mit unterschiedlichen Kulturen bestellt sind. Hier findet das Schwarzwild überall Fraß und Deckung. Eine gezielte Bejagung ist kaum möglich, da das Schwarzwild für den Jäger fast unsichtbar wird. In Sachsen-Anhalt ist es mit den Bejagungsschneisen gelungen, trotz großer, direkt an den Versuchsschlag angrenzender, Weizen- und Rapsschläge, Schwarzwild auf den im Maisschlag angelegten Schneisen zu sichten und zu erlegen.

Schneisen bieten eine gute Kontrollmöglichkeit und helfen, Wildschäden frühzeitig zu reduzieren. In allen Versuchsstandorten haben sich die Schneisen als geeignetes Instrument herausgestellt, um das Vorkommen von Schwarzwild frühzeitig festzustellen und Wildschaden zu verhindern. Gerade in der Prävention besteht ein wichtiger Vorteil gegenüber nachträglich eingehäckselten Schneisen; diese werden meist erst dann eingebracht, wenn der Wildschaden schon entstanden ist. Bejagungsschneisen bieten Jägern und Landwirten die Möglichkeit einzugreifen, bevor der Schaden entstehen kann.

Bejagungsschneisen erleichtern die Durchführung von Mais- und Erntejagden. Wie die begleitenden Untersuchungen einer Maisjagd in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt haben, sind Bejagungsschneisen auch bei der Durchführung von Mais- oder Erntejagden von großem Nutzen, vor allem wenn dort auch eine geeignete Ansitz­einrichtung vorhanden ist.

Schneisen erhöhen die Mobilität für den Jäger, z. B. bei der Wildbergung. Bejagungsschneisen schaffen Strukturen, die eine erhöhte Mobilität für den Jäger unterstützen. Diese spielt beispielsweise bei der Wildbergung eine wichtige Rolle.

Die Nutzung von Bejagungsschneisen bringt einen hohen Vergrämungseffekt mit sich und schützt den Schlag damit vor Wildschäden. Neben den reinen Schwarzwilder­legungen darf auch nicht vergessen werden, dass jeder Ansitz an der Schneise auch einen gewissen Vergrämungseffekt auf der landwirtschaftlichen Fläche mit sich bringt. Die Wirkung auf eine mögliche Wildschadensminderung darf demnach nicht allein an der Zahl der erleg­ten Sauen festgemacht werden. Der Vergrämungs­effekt auf das Schwarzwild hilft, Wildschaden vor seiner Entstehung zu verhindern. Gestützt wird dieser Sachverhalt auch durch die Aussage der Mehrheit der teilnehmenden Jäger, die sich durch die Anlage von Bejagungsschneisen motivierter fühlen, in der wildschadensgefährdeten Zeit an den betroffenen Stellen zu jagen.

Empfehlungen und Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Landwirtschaft

Wenn möglich, sollten wirtschaftlich kritische Stellen in die Bejagungsschneise integriert werden. Es hat sich auch als wirtschaftlich sinnvoll erwiesen, kritische Stellen, wie z.B. natürliche Wasserstellen, in die Bejagungsschneise zu integrieren, da an diesen Stellen die Bewirtschaftung ohnehin schon erschwert ist und sich damit die Deckungsbeitragsdifferenz reduziert. Die Kombination mit Strukturelementen ist auch ökologisch besonders wertvoll. Hier können auch gleichzeitig Habitat­ansprüche von Schwarz­wild als Anziehungspunkt ausgenutzt werden.

Bejagungsschneisen sind stärker für größere Schlageinheiten geeignet. Größere Schlageinheiten eignen sich stärker für die Anlage von Bejagungsschneisen, da diese dort einen wirtschaftlich sinnvollen Umfang einnehmen können. Ausnahmen können sich dann ergeben, wenn Mais an Wald-Feldgrenzen angebaut wird oder eine stärkere regionale Konzentration von Maisschlägen zu finden ist.

Der Flächenumfang von Bejagungsschneisen ist unter ökonomischen Gesichtspunkten zu begrenzen. Es hat sich gezeigt, dass die Fläche, welche die Bejagungsschneisen pro Schlag einnimmt, auf ein wirtschaftlich tragbares Maß zu begrenzen ist. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht liegt diese Grenze bei etwa 10% der Fläche des Hauptschlages. Grundsätzlich gilt aber: Die Bejagungsschneisen müssen ihren Zweck erfüllen, die Angabe eines festen Prozentsatzes wird den verschiedenen lokalen Gegebenheiten nicht gerecht.

Die Nutzung der Bejagungsschneisen muss betriebs- und standortspezifisch erfolgen. Eine pauschal gültige Empfehlung zur Nutzung der Bejagungsschneisen kann nicht gegeben werden, die Nutzung muss vielmehr den betriebseigenen Anforderungen und Möglichkeiten entsprechen. Auf ertragsschwachen Standorten hat sich eine „Strategie der Kostenminimierung“ in Form von beispielsweise Schwarzbrache oder einer Nichtbestellung der Fläche unter Einhaltung des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustandes bewährt. Auf ertragsstarken Standorten sollte hingegen eine wirtschaftliche Nutzung der Bejagungsschneisen erfolgen, da sonst die Deckungsbeitragsdifferenz zu groß wird.

Bejagungsschneisen sind an die Technik im landwirtschaftlichen Betrieb anzupassen. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen sind die technischen Möglichkeiten des Betriebes hinsichtlich Struktur, Schlaggrößen, räumliche Lage, etc. zu berücksichtigen. So hat es sich bewährt, die Breite der Bejagungsstreifen an die Maschinenbreite anzu­passen.

Empfehlungen und Schlussfolgerungen im Hinblick auf den Natur- und Umweltschutz

Schläge mit Schneisen beherbergen tendenziell eine höhere Anzahl von Flächenbrütern als Schläge ohne Schneisen. Die Auswertungen der Brutvogelkartierung haben ergeben, dass Bejagungsschneisen einen positiven Einfluss auf das Vorkommen von Flächenbrütern, wie z.B. Feldlerche und Schafstelze, haben können. Für die letzte Brut können die Schneisen auch als Brutstätte in Frage kommen, wenn die Maisbestände zu hoch gewachsen sind. Voraussetzung dafür sind eine Mindestfläche der Schneisen und deren extensive Bewirtschaftung, insbesondere keine Bearbeitung während der Hauptbrutzeit von April bis Juni.

Bejagungsschneisen stellen für Vögel der Agrarlandschaft als Nahrungsfläche eine Bereicherung dar. Die Bejagungs­schneisen sind für die Vögel der Agrarlandschaft als Nahrungsfläche von positiver Bedeutung. Für große Arten, wie Greifvögel und Weißstorch, sind die Schneisen als Nahrungsgebiete ebenfalls von Relevanz.

Bejagungsschneisen bieten positive Ansätze für die Niederwildhege. Unabhängig von der Zielsetzung des Modellvorhabens wurde von mehreren Projektteilnehmern auf mögliche positive Einflüsse der Bejagungsschneisen auf Niederwildarten, wie z.B. Feldhase, hingewiesen. Notwendig dürfte hierfür eine extensive Bewirtschaftung mit Bewirtschaftungspause in der Zeit von ungefähr April bis Ende Juni sein.

Fazit und Ausblick

Mit den Bejagungsschneisen wurde ein Instrument geschaffen, das bei den praktizierenden Jägern und Landwirten auf eine hohe Akzeptanz stößt und sich dabei sowohl als praxistauglich als auch multifunktional erweist. Die Vorteile der Bejagungsstreifen ergeben sich durch die Verminderung des Wildschadens und den zusätzlichen Jagderfolg. Nach Untersuchungen des vTI (Johann Heinrich von Thünen-Institut) sind in den Untersuchungsre­gionen in den Jahren 2008 bis 2010 ca. 30% bis 40% der Beobachtungen und zwischen 26% und 73% der Abschüsse des Schwarzwildes auf den Bejagungsstreifen erfolgt. Dies ist rund die Hälfte der Abschüsse in den untersuchten Regionen. Es ist anzunehmen, dass diese Stücke Schwarz­wild ohne Bejagungsstreifen nicht oder nur zum Teil an anderer Stelle gestreckt worden wären. Darüber hinaus liegt der Erfolg der Schneisen auch in der Verringerung des zeitlichen Aufwandes pro erlegtes Stück. So konnte, wie bereits oben beschrieben, im Durchschnitt pro acht Ansitze ein Wildschwein erlegt werden. Dies ist im Vergleich zu anderen Studien eine geringe Zahl. Hieraus ist zu folgern, dass Bejagungsstreifen den Jagderfolg erhöhen und zur Verminderung des Wildschadens beitragen können. Sie sind ein wichtiger Baustein für die flächendeckende und revierübergreifende Schwarzwildbejagung. Darüber hinaus zeichneten sich eine Anzahl positiver natur- und umweltschutzfachlicher Begleiteffekte ab.

Das Modellvorhaben verdeutlichte, dass der Schlüssel zu einer effektiven Schwarzwildbejagung und damit weitgehender Wildschadensvermeidung besonders in der Kooperation zwischen Landwirten, Grundeigentümern, Forst­bewirtschaftern und Jägern liegt. Enge Absprachen über das gesamte Wirtschafts- und Jagdjahr hinweg sind für eine effektive Schwarzwildbewirtschaftung unerlässlich.

Literatur

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Pohlmeyer, K., 2010: „Populationsdynamik beim Schwarzwild (Sus scrofa L.)“. In „Schwarzwild in Brandenburg –Analysen, Perspektiven, Lösungen“, Hrsg. Landesjagdverband Brandenburg e.V., Michendorf.

Sodeikat, G., 2008: „Höher als erwartet – Vermehrungsraten des Schwarzwildes im östlichen Niedersachsen“. Niedersächsischer Jäger 17, 18-22.

vTI (Johann Heinrich von Thünen-Institut), 2011: Abschlussbericht zum Modellvorhaben „Schwarzwildbewirtschaftung in der Agrarlandschaft – Probleme und Maßnahmen – Jagdwirtschaftliche Auswertung“. Johann Heinrich von Thünen-Institut Eberswalde.

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ZALF (Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung), 2011: Abschluss­bericht zum Modellvorhaben „Schwarzwildbewirtschaftung in der Agrarlandschaft – Probleme und Maßnahmen-Biodiversitäts-Begleituntersuchungen zum Schwarzwildmanagement-Projekt.“, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V.


Fußnoten:

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Der Artikel basiert auf einem Vortrag anlässlich des JKI-Symposiums „Schwarzwild (Sus scrofa): Ein Problem im Pflanzenschutz?“ vom 31. Mai bis 1. Juni 2016.

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