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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Bürgerplattform „Wildtiere in Bayern“: Interaktives Meldesystem für Landwirte und Jäger*

Civic platform “Wildtiere in Bayern”: Interactive reporting system for farmers and hunters

Henning Zimmermann
Institut
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Abteilung Information und Wissensmanagement, Freising

Journal für Kulturpflanzen, 69 (7). S. 241–243, 2017, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2017.07.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Henning Zimmermann, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Abteilung Information und Wissensmanagement, Lange Point 12, 85354 Freising, E-Mail: henning.zimmermann@lfl.bayern.de
Zur Veröffentlichung angenommen
15. Mai 2017

Zusammenfassung

Die neu entstandene Bürgerplattform „Wildtiere in Bayern“ (kurz: WilTiB) gibt lokalen Arbeitsgemeinschaften in Bayern seit Herbst 2016 die Möglichkeit, erstmals online auf einer neutralen und geschützten Plattform zusammenzuarbeiten. Aktuelle Meldungen über Wildtierbeobachtungen, Erlegungen oder Wildschäden, sind in Kartenoberflächen sichtbar und lassen transparente Diskussionen zu. Das Wildtiermanagement vor Ort erreicht durch die gemeinsam erhobenen Daten somit eine Ebene, die sich frei von Interessen anderer ent­wickeln kann und sich in den Händen der Beteiligten vor Ort befindet.

Stichwörter: Wildtiere, Schwarzwild, Portal, Management, Jäger, Landwirt, Wildschäden

Abstract

Since fall 2016, the newly formed Civic Platform “Wildtiere in Bayern” (short: WilTiB) offers groups of farmers and hunters for the first time the possibility to work together on a neutral and secure online platform. Current news about wildlife observation, shot animals or damages on agricultural areas are visible for everyone in a map interface, allowing transparent and equitable discussions. Jointly collected data facilitate regional wild life management that can develop devoid of the interests of others and is located in the hands of the participants.

Key words: Wild animals, wild boar, portal, management, hunters, farmers, damages

Bayerisches Wildtierinformationssytem erweitert

Der erste Teil des bayerischen Wildtierinformationssystems informiert bereits zwei Jahre interessierte Bürge­rinnen und Bürger über heimische Wildarten und ihr Leben in der Kulturlandschaft: das „Wildtierportal Bayern (www.wildtierportal.bayern.de). Nun kommt mit der Bürgerplattform „Wildtiere in Bayern“ (kurz: „WilTiB“) eine zweite Komponente hinzu. WilTiB ist ein zugangs­geschützter Arbeitsbereich auf Basis eines Geoinforma­tionssystems und steht als online Melde- und Monitoringsystem zu Themen rund um die Jagd regionalen Arbeits­kreisen zur Verfügung. Ziel ist es, Landwirte, Jäger und Jagdgenossen auf „Augenhöhe“ zusammenzubringen, um vor allem Wildschadensprobleme (Abb. 1) gemeinsam anzugehen und zu lösen.

Abb. 1. Wildschwein: Die von Schwarzwild verursachten Schäden werden durch WilTiB lückenlos doku­mentiert (Foto: Christof Janko).

Abb. 1. Wildschwein: Die von Schwarzwild verursachten Schäden werden durch WilTiB lückenlos doku­mentiert (Foto: Christof Janko).

Probleme lösen mit WilTiB

WilTiB ist eine staatliche Dienstleistung, die im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in enger Kooperation mit Verbänden und zukünftigen Nutzern entwickelt wurde. Im Meldesystem arbeiten alle Beteiligten vor Ort gleichberechtigt zusammen und verwalten die eingegebenen Daten selbstbestimmt. Für interessierte regionale Arbeitsgemeinschaften, bestehend aus Landwirten, Jagdgenossen, Jägern und weiteren betroffenen Interessenten, richtet die LfL Kartengrundlagen und Meldemöglichkeiten ein. WilTiB und seine Anwendungsmöglichkeiten eröffnen dem Ehrenamt vor Ort neue Wege der Kommunikation und des eigenverantwort­lichen Handelns.

WilTiB ist eine der zentralen Möglichkeiten der Betroffenen vor Ort, den Wildschäden Herr zu werden. Darauf weist der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner in seinem „Maßnahmenpaket Schwarzwild“ eindrücklich hin.

Arbeitsgemeinschaften handeln selbstbestimmt

Was sind Arbeitsgemeinschaften und wer ist vertreten? Hierbei schließen sich Interessierte aus einer Region zusammen. Mindestvoraussetzung im Themenbereich Schwarzwild: Jäger und Landwirte müssen vertreten sein. Sobald sich die Arbeitsgemeinschaft zusammengefunden hat, bereitet die LfL im Hintergrund alles Notwendige vor und führt alle Nutzer in die Funktionen von WilTiB ein. Steht das System für die Nutzer bereit, kann sich jedes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft mit seiner E-Mail Adresse und einem Passwort in den geschützten Bereich einloggen, um dort Meldungen einzugeben, Daten anzusehen und viele weitere Funktionen zu nutzen. Meldungen können u.a. Erlegungen, Sichtungen oder Wildschäden in Wald und Feldflur sein.

Nicht nur an Jäger und Landwirte richtet sich die Plattform. Jagdgenossen, Förster oder Behördenmitarbeiter können ebenso wichtiger Teil einer solchen Arbeitsgemeinschaft sein.

Begegnung auf Augenhöhe

Eine Datenschutzvereinbarung stellt sicher, dass allein die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft die Daten einsehen und verwenden dürfen. Entscheidungen wie die Aufnahme von weiteren Meldern oder die Veröffentlichung von Ergebnissen und Daten trifft die Arbeitsgemeinschaft eigenverantwortlich. Das klare Ziel von WilTiB lautet, das Ehrenamt vor Ort zu unterstützen und ein regionales, von den Betroffenen selbst entwickeltes Management zu ermöglichen. Kurz gesagt: Die Arbeitsgemeinschaft besitzt die alleinige Entscheidungshoheit und organisiert sich selbst.

Nur wenn die Akteure in den Regionen gemeinsam an einem Strang ziehen, kann es gelingen, die zum Beispiel durch Schwarzwild oder Wildgänse verursachten Probleme in den Griff zu bekommen (Abb. 2). Was bereits im Rahmen des Projekts „Brennpunkt Schwarzwild“ als Schwarzwild-Informationssystem (SIS) des Bayerischen Bauernverbands erfolgreich funktionierte, wird jetzt im WilTiB weitergeführt.

Abb. 2. Gruppe auf Bergwiese: Durch WilTiB aus einem „Gegeneinander“ ein „Miteinander“ machen (Fo­to: Christof Janko).

Abb. 2. Gruppe auf Bergwiese: Durch WilTiB aus einem „Gegeneinander“ ein „Miteinander“ machen (Fo­to: Christof Janko).

Gemeinsam Daten erfassen und miteinander teilen

In die digitalen Karten können Schäden, Abschüsse, Beobachtungen oder weitere interessante Daten eingetragen werden. Mit wenigen Klicks kann beispielsweise ein Wildschaden mit den gewünschten Parametern (Größe, Art, genaue Lage, betroffene Kultur) erfasst werden. Um die Meldungsabgabe zukünftig noch einfacher zu gestalten, wird bereits an einer App für Smartphones und Tablets gearbeitet. Nach der Speicherung der Meldung steht diese sofort für alle anderen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft zur Verfügung. Zusätzlich erreicht jeden Benutzer eine E-Mail, die über neue Meldungen innerhalb der Arbeitsgemeinschaft in wenigen Augenblicken informiert.

Transparenz schaffen, Diskussionen anregen

Jede Arbeitsgemeinschaft erhebt Daten ausschließlich zu ihrem eigenen Nutzen. Alle Meldungen sind transparent für jedes Mitglied sichtbar. Ob Wildschaden, Abschuss oder Beobachtung: Nur wenn alle am Wissen teilhaben und auf einen gemeinsamen Kenntnisstand zurückgreifen, begegnet man sich auf Augenhöhe. Daraus sollen Diskussionen innerhalb der Gemeinschaften entstehen. Eine revierübergreifende Bejagung oder die Analyse der Wildschadenssituation wird durch die gemeinsam erhobene Datengrundlage erst möglich. Dass dies tatsächlich funktioniert, haben die positiven Erfahrungen mit dem Schwarzwild-Informationssystem (SIS) eindrücklich gezeigt.

Recherche und Weiterverarbeitung

Die eingegebenen Daten können auch als Karten ausgedruckt oder in Tabellen gespeichert werden. So bekommt die Arbeitsgemeinschaft Übersichten über ihre erhobenen Daten (Schadensschwerpunkte, detaillierte Abschussübersichten etc.) und kann diese für Vorträge, Präsentationen und zur Vorlage bei Behörden weiter verwenden.

Zahlreiche Möglichkeiten werden angeboten, in den Meldungen zu recherchieren: Individuell angepasste Betrachtungszeiträume, Erlegungsarten (Abschüsse differenziert nach Kirrjagd, Bewegungsjagd etc.) oder Schäden an bestimmten Kulturen sind Beispiele für Kriterien, nach denen Daten ausgewählt und angezeigt werden können. Um die Datenrecherche abzurunden, bietet WilTiB Diagramme an. Als zusätzlichen Service hält WilTiB einen breiten Fundus an staatlichen Datengrundlagen vor. Neben den Daten des Wildtierportal Bayern (z.B. Streckendaten, landwirtschaftliche Flächennutzungen, Ergebnisse der Forstlichen Gutachten) stehen den Nutzern beispielsweise auch Karten zu Schutzgebieten, Verwaltungsgrenzen oder Informationen über Biotopkartierungen zur Verfügung.

Nutzen auf einen Blick

Natürlich kann ein Meldesystem allein keine Wildschadensproblematik lösen. Doch ist WilTiB ein sehr wertvolles Werkzeug, das den Betroffenen kostenlos zur Verfügung gestellt wird, damit sie Probleme gemeinsam angehen können.

Zusammenfassend sind fünf Vorteile besonders herauszustellen:

• Miteinander: Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe führt zu einem „Miteinander“ statt zu einem „Gegeneinander“.

• Transparenz: Die gemeinsam gesammelten Daten bilden eine Datengrundlage, die von allen Beteiligten eingesehen und auf Wunsch überprüft werden kann. So wird einerseits Vertrauen geschaffen, andererseits durch die Transparenz eine Versachlichung der Diskussion erreicht.

• Umfassende Schadensdokumentation: Die Gruppe dokumentiert die Schäden vollumfänglich. Dadurch erhalten alle einen Gesamtüberblick und gegenüber Behörden kann die Situation in der Region in ihrer Gesamt­heit und detailliert kommuniziert werden.

• Regional angepasstes Management: Die Arbeitsgemeinschaft ist durch WilTiB in der Lage, ein regional angepasstes (selbst entwickeltes) Management effektiv und tagaktuell umzusetzen. Eine schnelle Information aller Teilnehmer per E-Mail über neue Meldungen erleichtert Vergrämungsaktionen.

• Vereinfachte Planung: WilTiB eignet sich optimal dazu, jagdliche Managementkomponenten wie Bewegungsjagden, Schussschneisen, Ruhezonen oder die Lage von jagdlichen Einrichtungen einfach zu planen.

All das trägt zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit und einer Optimierung der Bejagung bei, was zu einer Minimierung der Schäden führen kann.

Bereits jetzt nutzen einige Arbeitsgemeinschaften WilTiB in Brennpunktbereichen der Wildschäden durch Schwarzwild und Wildgänse. Eine lückenlose Dokumentation der Ereignisse vor Ort erleichtert die Arbeit auf unterschiedlichen Ebenen. Nicht das einzelne Revier, sondern der Naturraum gerät in den Fokus. Gemeinschaften die sich über mehrere Landkreise erstrecken arbeiten zusammen.

Staat als Dienstleister

Die interaktive Plattform für Arbeitsgemeinschaften wird als eine staatliche Dienstleistung kostenfrei angeboten. Sie stärkt das eigenverantwortliche Handeln der Beteiligten vor Ort. Als ein in die Zukunft gerichtetes Angebot wird das webbasierte Melde- und Monitoringsystem stetig den Herausforderungen angemessen weiterentwickelt. Interessierte melden sich unter: wiltib@LfL.bayern.de

Allgemeine Informationen zur Bürgerplattform „Wildtiere in Bayern“ erhalten Sie im Wildtierportal unter: www.wildtierportal.bayern.de/wiltib


Fußnoten:

*  

Der Artikel basiert auf einem Vortrag anlässlich des JKI-Symposiums „Schwarzwild (Sus scrofa): Ein Problem im Pflanzenschutz?“ vom 31. Mai bis 1. Juni 2016.

ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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