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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Erste Untersuchungen zur Biologie von Ascochyta sojina Bedlan

First investigations of the biology of Ascochyta sojina Bedlan

Marielies Mayr1, Astrid Plenk2 und Gerhard Bedlan2
Institut
Universität für Bodenkultur, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Wien, Österreich1
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, Wien, Österreich2

Journal für Kulturpflanzen, 69 (8). S. 271–274, 2017, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2017.08.04, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dipl.-Ing. Marielies Mayr, Universität für Bodenkultur, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Wien, E-Mail: marielies@gmx.at Mag. Astrid Plenk, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, Spargelfeldstraße 191, 1220 Wien, Österreich, E-Mail: astrid.plenk@ages.at Univ.-Doz. Dr. Gerhard Bedlan, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, Spargelfeldstraße 191, 1220 Wien, Österreich, E-Mail: gerhard.bedlan@ages.at
Zur Veröffentlichung angenommen
28. Februar 2017

Zusammenfassung

Es wurde erstmals nachgewiesen, dass Ascochyta sojina saat­gutübertragbar ist und über die Stomata in die Sojabohnenpflanzen eindringt. Die Versuche zur Wachstumsgeschwindigkeit dieses Erregers zeigten, dass der Pilz über 30°C und unter 5°C nicht mehr wächst, obwohl er lebensfähig bleibt. Seine optimale Wachstums-Temperatur liegt bei 25°C.

Insgesamt wurden 85 Sojasorten auf ihre Anfälligkeit gegenüber A. sojina getestet. Für diese Versuche wurde ein angepasstes Auswertungsschema zur Prüfung von in vitro Versuchsreihen zusammengestellt. Als Testmatrix wurden die Keimblätter verwendet. Die meisten Sorten wiesen eine Widerstandsfähigkeit von 60% gegenüber A. sojina auf. Nachdem sich Charakterblätter als anfällig bei gleichzeitiger Widerstandsfähigkeit der Keimblätter erwiesen, liegt keine vertikale Resistenz vor. In einem 2015 durchgeführten Monitoring von Pilzkrankheiten an der Sojabohne scheint A. sojina als der zweithäufigste Pilz in den untersuchten Sojaanbaugebieten in Österreich auf.

Stichwörter: Sojabohne, Ascochyta sojina, Saatgutübertragbarkeit, Infektionsweg, Sortenwiderstandsfähigkeit

Abstract

It has been proven for the first time that Ascochyta sojina can be transmitted by seed and penetrates the leaves through the stomata. The optimum growth temperature of the fungus is 25°C. A. sojina does not grow at temperatures over 30°C and below 5°C, however it remains viable.

In this study 85 soybean varieties were tested for their susceptibility towards A. sojina. An adjusted evaluation scheme was created to determine the infection rate and the resilience towards A. sojina. Most of the soybean varieties showed a resilience of 60%. There was no vertical resistance since the first leaves were more susceptible than the resilient seed leaves. A. sojina is the second most common phytopathogenic fungus on soybean in the investigated cultivated areas in Austria.

Key words: Soybean, Ascochyta sojina, seed transmission, infection pathway, resilience of varieties

Einleitung

Der Sojaanbau hat in Österreich eine relativ lange Tradition (Ruckenbauer, 2008). Vor dem EU-Beitritt gab es in den 1990er-Jahren einen ersten verbreiteten Anbau. Der Sojaanbau in Österreich verzeichnete in den letzten Jahren hohe Wachstumsraten. Waren es im Jahr 2005 21 429 ha, wurden zehn Jahre später bereits 53 867 ha angebaut (BMLFUW, 2015). Der Bedarf an Soja – vor allem Bio-Soja – steigt weiter. Damit sind die Pflanzen und vor allem deren Pathogene in den Mittelpunkt des Interesses der Forschung gerückt.

So erfolgte z.B. der Erstnachweis von Ascochyta sojina im Jahr 2013 (Bedlan, 2014).

Material und Methoden

Proben von Sojafeldern aus dem Burgenland, aus Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark wurden auf die typischen Symptome einer Ascochyta-Infektion untersucht. Für die Bestimmung der Pilze wurden die gängigen mykologischen Routinemethoden der Lichtmikroskopie angewandt. Die Pilzstrukturen wurden mit Wittmann’s Blau (Wittmann, 1970) gefärbt.

Zur Isolation wurden kleine Blattstücke, die mit Pyk­nidien von Ascochyta sojina besetzt waren, mit einer 5-%igen Natriumhypochloritlösung oberflächendes­in­fi­ziert, anschließend gespült und schließlich in ein Eppen­dorf Tube mit sterilem Wasser überführt.

In der Eppendorf Tube konnten die Pyknidien aufquellen und Konidien freisetzen. Es wurden jeweils 100 μl Konidiensuspension auf Malz-Extrakt-Agar Platten aufgetragen (Drews et al., 1999). In der Regel hatten sich nach acht bis zwölf Tagen Pyknidien gebildet.

Zur Abklärung der Saatgutübertragbarkeit wurden Bohnen aus stark mit A. sojina befallenen Hülsen auf Malz-Extrakt-Agarplatten gelegt. Jede Agarplatte wurde mit drei Bohnen bestückt und bei Raumtemperatur inkubiert. Nach zwei Wochen wurden die Platten kontrolliert und ausgewertet.

Sortenanfälligkeit

Zur Überprüfung, ob es Unterschiede in der Sortenanfälligkeit der Sojabohnen gegenüber Ascochyta sojina gibt, wurden 85 Sorten getestet. Die verschiedenen Sojabohnen-Sorten wurden von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zur Ver­fügung gestellt, wobei 48 Sorten aus der aktuellen Sortenliste ausgewählt wurden und 37 Sorten aus der Genbank der AGES stammten.

Die Testung erfolgte durch Inokulation der Keimblätter. Diese Methode wurde am Lehrstuhl für Phytopathologie der TU-München in Freising-Weihenstephan adaptiert und für Resistenzprüfungen, vor allem bei Kopf­salat, herangezogen (Bedlan, 2016).

Die Anzucht der Pflanzen erfolgte nach ISTA-Methode (International Seed Testing Association, ISTA, 2016). Hierfür wurden die Sojabohnen für zwölf Stunden in Leitungswasser vorgequollen. Anschließend wurden die Bohnen mit einer 5-%igen Natriumhypochloritlösung für zehn Minuten oberflächendesinfiziert. Durch das Vorquellen wurde die Keimung der Bohnen nicht beeinträchtigt. Nicht vorgequollene Bohnen nahmen die Natrium­hypochloritlösung zu intensiv auf und die Folge war eine schlechte Keimung.

Die Schalen wurden in einem Klimaschrank bei 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit und bei 25°C inkubiert. Nach einer Woche waren die Keimblätter ausgebildet. Für die Inokulation der Keimblätter wurden die gekeimten Sojabohnen aus den Quarzsandschalen entnommen und die Keimblätter von der Pflanze gelöst. Der Boden einer Petrischale wurde mit einem mit 1,5 ml Wasser getränkten Filterpapier bedeckt. Darauf wurden fünf Keimblätter mit der Unterseite nach oben gelegt, damit der Pilz durch die Stomata eindringen kann.

Für die Konidiensuspension wurden Pyknidien aus einer mit A. sojina beimpften Petrischale entnommen. Die Pyknidien wurden in eine Petrischale gelegt und etwas Wasser zugegeben. Sie wurden angedrückt, um Konidien freizusetzen. Mit Hilfe einer Zählkammer nach Bürker wurde die Konidienkonzentration der Suspension aus­gezählt. Für die Inokulation wurde eine Konidienkonzentration von 4,5x106 verwendet, für Beobachtungen zur Penetration in die Keimblätter eine Konidiensuspension von 9,4x106 Konidien. Pro Petrischale wurden 1,5 ml Konidiensuspension auf die Keimblätter aufgesprüht.

Wachstumsgeschwindigkeit

Zur Ermittlung der Wachstumsgeschwindigkeit wurden mit einem Korkbohrer aus der Mitte von Petrischalen mit Malz-Extrakt-Agar 0,5 mm große Stücke ausgestanzt. Diese Löcher wurden dann mit einem gleich großen, mit A. sojina bewachsenen Agarstück aufgefüllt. Die Schalen wurden anschließend bei 5, 10, 15, 20, 25 und 30°C und 16 Stunden Licht/8 Stunden Dunkelheit inkubiert.

Ergebnisse

Saatgutübertragung

Nach zwei Wochen waren auf den Agarplatten, die mit Sojabohnen aus stark infizierten Hülsen belegt waren, Pyknidien sichtbar (Abb. 1). Mit Hilfe des Programmes labSens von Olympus wurden Pyknidien und Konidien gemessen, um festzustellen, ob es sich um A. sojina handelt. Die Maße der untersuchten Pyknidien und Konidien ergaben, dass es sich um A. sojina handelt. Es ist damit der Nachweis erbracht, dass dieser Pilz saatgutübertragbar ist. Für die mikroskopischen Arbeiten wurden die Pilzstrukturen mit Wittmann’s Blau gefärbt (Wittmann, 1970).

Abb. 1. Bildung von Pyknidien an Sojabohnen-Samen in vitro.

Abb. 1. Bildung von Pyknidien an Sojabohnen-Samen in vitro.

Sortenanfälligkeit

Bei der statistischen Auswertung wurde das Boniturschema um Widerstandsklassen erweitert, um zu zeigen, wie hoch die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Sorten gegenüber A. sojina ist.

Die Sortenanfälligkeits-Versuche zeigen, dass 57% aller Sorten eine Widerstandsfähigkeit gegenüber A. sojina von 60% aufweisen. Die zweitgrößte Widerstands­fähig­keit umfasst 27% der Sorten mit einer Widerstandsfähigkeit von 75% gegenüber dem Pilz. 7% der Sorten hatten eine Widerstandsfähigkeit von 50% gegenüber dem Patho­gen. Die Widerstandsfähigkeits-Klasse 5 war mit 1% vertreten und die Widerstandsfähigkeits-Klasse 6 mit 5%. Nur bei zwei Sorten sind die Keimblätter zu 100% widerstandsfähig.

Wachstumsgeschwindigkeiten

Zur Ermittlung der Wachstumsgeschwindigkeiten wurde das Hyphenwachstum gemessen.

Bei der Temperaturstufe 25°C war die Wachstums­geschwindigkeit des Pilzes am höchsten. Der Pilz benötigte bei dieser Temperatur nur 10 Tage, um den Rand der Petrischale zu erreichen. Bei 20°C dauerte es 15 Tage, bei 15°C 29 Tage und bei 10°C 45 Tage.

Infektionsweg

Zwei Tage nach Besprühen der Keimblätter mit einer Konidiensuspension von 9,4x106 bildeten Konidien Keim­schläuche.

Nach einem weiteren Tag konnte die Penetration des Pilzes durch Stomata beobachtet werden.

Diskussion

Saatgutübertragung

Da A. sojina erst seit kurzem bekannt ist, gibt es noch keine Daten über Befallshäufigkeiten und Befallsstärken und den damit verbundenen möglichen Ertragsverlusten. Aus dem Monitoring 2015 (Abb. 2) wird jedoch ersichtlich, dass A. sojina an Sojabohne eine gewisse Bedeutung haben wird. A. sojina ist im Monitoring 2015 der zweithäufigste Pilz (Hissek, 2015).

Abb. 2. Verbreitung von Ascochyta sojina in Österreich.

Abb. 2. Verbreitung von Ascochyta sojina in Österreich.

Es kann angenommen werden, dass die Anbauflächen von Sojabohnen in Österreich weiter zunehmen. Damit sind engere Fruchtfolgen und ein verstärktes Schaderreger­auftreten zu erwarten.

So werden z.B. am Institut für Saat- und Pflanzgut, Pflanzenschutzdienst und Bienen der AGES in Wien im Zuge der Saatgutanerkennung sowie für die Gebrauchswertprüfung Sojabohnensaatgut auf den Befall mit Diaporthe spp. geprüft. Die Untersuchung auf Diaporthe spp. erfolgt gemäß den Vorschriften der International Seed Testing Association (ISTA, 2016).

Wird auf einem Sojasaatgut im Zuge der Saatgutanerkennung oder Gebrauchswertprüfung eine – über die ISTA-Richtlinien hinausgehende – auffallend höhere Befalls­rate der Pilze Rhizoctonia solani, Fusarium oder Sclerotinia sclerotiorum festgestellt, so wird dies vermerkt (Weingast, 2016).

Ist Ähnliches für das Wirt-Pathogen-System Ascochyta sojina-Sojabohne zu erwarten, könnte eine Konsequenz daraus eine Erweiterung der Untersuchungen zur Saatgutanerkennung und Gebrauchswertprüfung von Sojabohnensaatgut sein.

Sortenanfälligkeit

Die Versuche wurden mittels Inokulation von Keimblättern durchgeführt. Anstatt nämlich Jungpflanzen bzw. ältere Pflanzen zu inokulieren, ergibt eine Prüfung an Keimblättern eine Platz- und Zeitersparnis. Darüber hinaus verfärben und verfaulen die Charakterblätter relativ schnell.

Die Versuche zeigten, dass die Sorten gegenüber dem Pathogen keine vertikale Resistenz aufweisen, da sich auch auf den Charakterblättern von Sorten der Widerstandsklassen 1 und 2 nach erfolgter Inokulation Pyknidien gebildet haben.

Wachstumsgeschwindigkeit

Die Ergebnisse der Wachstumsgeschwindigkeit in vitro zeigten Übereinstimmungen mit den Befallsverläufen in den Feldbeständen.

Dies eröffnet die Möglichkeit, Prognosemodelle für dieses Pathogen zu entwickeln und damit einen Warndienst für die Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen.

Literatur

Bedlan, G., 2014: Ascochyta sojina sp. nov., a new pathogen on Glycine max (L.) Merr. Journal für Kulturpflanzen 66 (9), 319-321.

Bedlan, G., 2016: (persönliche Mitteilung).

BMLFUW (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtsschaft), 2015: Grüner Bericht 2015. Bericht über die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2014. BMLFUW, Wien.

Drews, F.-W., W. Schöberlein, H.-W. Dehne, 1999: Erkennen und Bestimmen samenübertragbarer Pilze nach R. Champion. Pflanzenschutz Nachrichten Bayer, Sonderausgabe, Bayer AG, Leverkusen.

Hissek, K., 2015: (persönliche Mitteilung).

ISTA (International Seed Testing Association), 2016: International Rules for Seed Testing, Volume 2016, Full Issue i–19-8 (284).

Ruckenbauer, P., 2008: Haberlandt und die Geschichte der Soja­bohne in Österreich und Europa. Verein Soja aus Österreich: Tagungsband 1. Österreichisches Soja-Symposium.

Weingast, A., 2016: (persönliche Mitteilung).

Wittmann, W., 1970: Ein neues Rezept zur Herstellung mykologischer Präparate. Pflanzenschutzberichte Band 41, Heft 5/6/7, 91-94.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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