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Mitteilungen und Nachrichten

Mitteilungen und Nachrichten

Bericht zum 6. Fachsymposium Stadtgrün: „Integration und Lernen – Gärten verbinden Menschen“

Journal für Kulturpflanzen, 69 (9). S. 309–312, 2017, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Unter fachlicher Organisation des Julius Kühn-Instituts (JKI), Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst fand vom 28. bis 29. November 2016 in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Berlin zum 6. Mal ein Fachsymposium aus der Reihe „Stadtgrün“ statt. Die Ausrichtung des Symposiums war mit der Überschrift „Integration und Lernen – Gärten verbinden Menschen“ gekennzeichnet und gliederte sich weiter auf in die Themen­schwerpunkte „Schulgärten“, „Gemeinschaftsgärten“ und „Inter­kulturelle Gärten“, wozu 12 Referenten ihre Fachvorträge präsentierten. Die Veranstaltung fand ein reges Interesse und war mit 120 Teilnehmer/innen ausgebucht.

In seinen Grußworten wies Ministerialrat Dr. Ingo Braune vom BMEL auf den besonderen Schwerpunkt der Veranstaltung – die Integration und das Lernen – hin. Nicht die Pflanze und der Garten sollten im Mittelpunkt stehen, sondern die Tätigkeit des Gemeinsamen Gärtnerns. Er hob hervor, dass durch die gemein­same Gartenarbeit neue persönliche Bindungen und Kontakte entstehen, so sei das Gärtnern eine zutiefst soziale Angelegen­heit. Er erinnerte, dass in den langjährig vorhandenen klassischen Kleingärten schon viele enge Beziehungen durch das gemeinsame Gärtnern vorhanden seien, weiter aufgebaut und sogar wieder neu entstehen würden. So seien die Kleingärten schon als eine Art Urform des gemeinsamen Gärtnerns zu verstehen. Darüber hinaus wies er auf unsere sich stetig sehr stark verändernde Lebenswelt und auf die zunehmende Verstädterung unserer Gesellschaft hin, aber auch auf viele neue Formen des Gemeinsamen Gärtnerns, welche hier auf dem Symposium vorgestellt werden sollten. Das Symposium solle dazu beitragen, dass Alltags-Barrieren abgebaut werden, wenn Stadt- und Grünplaner, wenn Jung und Alt, wenn sich Nachbarn und Bürger neu begegnen, also Menschen unterschiedlicher Interessen, Kulturen, Sprachen und Nationen zusammentreffen.

Eingeleitet wurde der Schwerpunkt Schulgarten durch Prof. Dr. Hans-Joachim Lehnert (em.), Pädagogische Hochschule Karlsruhe, Institut für Biologie und Schulgartenentwicklung, der die Vielfalt und die Funktionen von Schulgärten mit seinem Vortrag „Weil Schulgarten nicht gleich Schulgarten ist – Schulgärten sind vielfältig“ veranschaulichte. Er erläuterte die Differenziertheit und Vielfältigkeit von Schulgärten, da Schulgärten für unterschiedliche Zwecke errichtet wurden und werden. Gemein­sam ist ihnen, dass sie einen Ort der Schule und einen Ort des Lernens darstellen, so Lehnert. Er definierte in seinem Vortrag einen Schulgarten als ein von Lehrern und Schülern, der Schulgemeinde, gestaltetes oder genutztes Areal, was vorwiegend dem Lernen dient. Er hob hervor, dass dieser Begriff von der Nutzerseite erklärt ist und nicht von räumlicher Seite. Ein Schulgarten könne z.B. auch innerhalb einer Kleingarten­anlage angelegt sein und gleichzeitig als Schulgelände zum Lernen dienen. Nach einer Erhebung in Baden-Württemberg aus dem Jahr 2005 haben 44% der Grundschulen einen Schulgarten angelegt, Schulen für Kinder mit besonderem Förderbedarf nutzen zu 59% einen Schulgarten zum Lernen. An weiterführenden Schulen sind es unter 40% Schulgärten. Er stellte fest, dass Schulgärten an Berufsbildenden Schulen wichtige Lernorte seien, besonders für die Grünen Berufe. Auch Hochschulen betreiben Schulgärten als Lehrgarten für die Studenten. Er führte anhand unterschiedlicher illustrierter Beispiele aus, dass Schulgärten für unterschiedliche Ziele angelegt werden. Wie nach der Lehre von Comenius beschrieben – Lernen in und mit der Natur – von der Nutzerorientierten Seite als Erholungs- und Erfahrungsraum oder als Arbeitsgarten, sowie auch von der Angebotsorientierten Seite als Lehrgarten, Liefergarten oder Ertragsgarten. Prof. Lehnert zeigte ebenso anhand von Beispielen auf, wie Schulgartenelemente in den Schulalltag, in das Schulprogramm, Lehrplan und Unterricht integriert werden können. In seinem Resümee erklärte Lehnert, dass es keinen „idealen“ Schulgarten gäbe, sondern Schulgärten individuell nach den gestellten Anforderungen errichtet werden sollten.

Im zweiten Vortrag präsentierte Frau Dr. Birgitta Goldschmidt, Schulgarten-Umweltbildung-BNE Koblenz, mit dem Titel „Schul­gärten als Renaissance eines modernen Lernortes“ die historische und aktuelle Entwicklung von Schulgärten in Deutschland, zeigte Beispiele für „Benefits“ und gab Lösungsansätze für Schulen und Schulträger. Goldschmidt beschrieb die Benefits von Schulgärten als Werte für Bildung in der Gesell­schaft, wie z.B. das Erlernen verschiedener Kompetenzen der Schüler oder die Erleichterung einer Inklusion und Integration im Schulalltag. So sei ein Schulgarten auch ein Mehrwert für Kommunen. Goldschmidt gab aber auch diverse Beispiele für Schwierigkeiten beim Aufbau und Führung von Schul­gärten. Unerlässlich sei eine direkte Unterstützung durch den Schulträger mit einer Bereitstellung von Flächen und Infrastruktur, Transport von Materialien oder auch die Unterstützung in der Pflege-Regelung z.B. mit dem Hausmeister. Mit dem Hinweis auf die Bildungshoheit der Länder, gäbe es keine bundeseinheitlichen Vorgaben, so Goldschmidt. Denn das Thema Schulgarten fände bisher keinen Einzug in Ländervorgaben. Ein Fach „Schulgarten“ gäbe es nur in Thüringen für Grundschulen, wozu adäquat in der Hochschule Erfurt auch eine Lehrerausbildung vorhanden sei. In den anderen Bundesländern stünde das Thema Schulgarten nicht einmal als Empfehlung in den Bildungsplänen. Dementsprechend würden auch keine Lehrer dahingehend ausgebildet. Schulträger hätten weder eine Pflichtaufgabe einen Schulgarten einzurichten, noch müssten Gelder vorgehalten werden. Erst recht gäbe es beim Schulträger kein ausgebildetes Personal für das Management eines Schulgartens. Ein Schulgarten erfordere jedoch ständig eigenes Engagement der Lehrer und der weiteren Beteiligten. In den meisten Fällen würde den Lehrern bezüglich des Pflanzenbaus und der Pflege die notwendige Fachkompetenz fehlen, erläu­terte Goldschmidt. Mit einem Aufbau eines Netzwerks und dem Aufbau von Kooperationen mit externen Partnern zeigte Goldschmidt Lösungsansätze für funktionierende Schulgärten auf. Weiter sollte ein Schulgarten sowohl im Schulprogramm als auch in Arbeitsplänen der Schule aufgenommen werden und könnte dann im Qualitätsprogramm die Schule auszeichnen.

Prof. Michael Gebauer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg referierte zum Thema „Der Schulgarten als Ort zur Begegnung der Kulturen – Zum Erwerb interkultureller Kompetenz im Schulgarten“ und führte die anwesenden Teilnehmer zu den Hintergründen der kulturellen Diversität und der Universalia der Beziehung von Mensch und Natur. Er zeigte Beispiele und Potentiale interkultureller Bildung im Projekt „Inter­kulturelle Bildung im bilingualen Schulgarten“ in Halle auf. Der Schulgarten eigne sich für bilinguale Versuche, zum einen weil er Lernen am Gegenstand darstelle und zum anderen könnten Lerninhalte und Lernziele in ihrer Komplexität gut strukturiert werden. Die Einbettung in reale Situationen erleich­tere den Umgang mit der englischen Sprache und verschaffe Erfolgserlebnisse im inklusiven Unterricht mit kulturell heterogenen Gruppen. Gebauer stellte die tiefere Bedeutung des Gärtnerns dar als „sich erden, verwurzeln, versorgen und Heimat finden“.

Mit ihrem Vortrag „Gemeinschaftsgärten im Quartier: Rahmenbedingungen, Herausforderungen, Handlungsempfehlungen“ leitete Dr. Juliane von Hagen, Büro stadtforschen.de, den zweiten Schwerpunkt zu den Gemeinschaftsgärten des Sym­posiums ein. Als Stadtplanerin und Stadtforscherin stellte sie die Strukturen der Entstehung und Entwicklung von Gemeinschaftsgärten in Deutschland anhand des vom Bundesinstitut für Bau- Stadt- und Raumforschung (BBSR) geförderten Projekts „Gemeinschaftsgärten im Quartier – Handlungsleitfaden für Kommunen“ dar. Dabei charakterisierte sie drei wesentliche Kriterien als Definition von Gemeinschaftsgärten. Ein Gemeinschaftsgarten zeichne sich aus als eine gemeinschaftliche, primär nutzgärtnerisch bewirtschaftete Fläche, die für Mitglieder der Gemeinschaft und Interessierte eine prinzipielle Offenheit und Zugänglichkeit erlaubt und ein freiwilliges, nicht gewinn­orientiertes, am Gemeinwohl orientiertes Engagement zur Pflege dieser Fläche ermöglicht. Von Hagen zeigte einerseits die Vielfalt der Rahmenbedingungen und Ziele, der geographischen Lagen und Kontexte in einer Stadt, andererseits die Vielfalt von Gruppierungen und Akteuren von Gemeinschaftsgärten. Als Ergebnisse der Studie erläuterte von Hagen, dass Gemein­schaftsgärten wichtige Beiträge zur Entwicklung insbesondere von benachteiligten Quartieren leisten würden, jedoch die Akteure vor Ort oftmals nicht in der Lage seien, die zahlreichen organisatorischen und rechtlichen Herausforderungen zu meistern. Daher benötigen sie Unterstützung durch externe Partner und vor allem durch die eigene Kommune.

In ihrem zweiten Auftritt beleuchtete Frau Dr. Birgitta Goldschmidt, Koblenz, das „Phänomen der Gemeinschaftsgärten“ mit kritischen Anmerkungen. Sie reflektierte mit philosophischem Hintergrund, warum der Mensch durch sein Wesen als Natur- und Kulturwesen den Garten als Zufluchtsort zur Problemlösung, zur Erfüllung von Bedürfnissen unterschiedlichster Art aufsuche und sich immer wieder dort niederlasse. Sie stellte die Prekarität bezüglich der genutzten Flächen, der Ausstattung und auch bezüglich des Personals dar, gerade im Hinblick auf das Ehren-Amt und einer entsprechenden Aufwand-Nutzen-Relation. Sie hob hervor, dass eine immer wieder euphemistische Berichterstattung von prekären Gemeinschaftsgärten durch die Medien eine unrealistische Aufladung dieses Trendthemas „Gemeinschaftsgärten und Urban Gardening“ hervorbringe und somit vorhandene Probleme nicht benannt werden würden.

Über die bestehenden Strukturen in Kleingärtnerverbänden berichtete Herr Stefan Grundei vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V., Berlin, und stellte die Vorteile des Gärtnerns in Kleingärten in seinem Vortrag „Community Gardening im Kleingartenwesen – eine Zukunftsvision?“ vor. Wie auch seine Vorredner nannte er die Schwierigkeiten und mögliche Nachteile beim autonomen Aufbau von urbanen Gemeinschaftsgärten. Daher befürwortete er die Möglichkeiten von Koope­rationen mit Kleingärtnervereinen, um Synergieeffekte zu nutzen, Unterstützung in Fachfragen zu bekommen, eine bessere Sicherung der Flächen zu erreichen und Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Grundei unterstützte den Standpunkt, die diver­sen Organisationsformen des gemeinschaftlichen Gärtnerns zu erhalten und sie nicht gegeneinander auszuspielen. Gerade in einer Großstadt müsse nicht nur die Vielfalt des städtischen Lebens, sondern auch die Vielfalt des gärtnerischen Lebens möglich sein.

Werner Heidemann vom Landesverband Westfalen und Lippe der Kleingärtner e.V., Lünen, stieg in die gleiche Thematik wie sein Vorredner mit seiner Präsentation „Gemeinsam Gärtnern – Gemeinsam wachsen“ ein und gab viele unterschiedliche, eindrucksvolle und sehr anschauliche Beispiele aus diversen Kleingärtnervereinen, in denen gemeinschaftliche Projekte und Koope­rationen unterschiedlicher Zielsetzungen mit Institutionen und Bürgern verschiedener Kulturen mit Erfolg nachhaltig ausgeübt werden.

Am zweiten Symposiumstag zum Schwerpunkt Interkulturelle Gärten gab Frau Najeha Abid von den Interkulturellen Gärten Göttingen mit ihrer Präsentation „Interkulturelle Gemeinschaftsgärten sind Orte des Lernens, des Austausches und vor allem Wege der Integration“ einen Einblick über die Schwierigkeiten bei der Gründung des Vereins des bundesweit ersten Inter­kulturellen Gartens in Göttingen. Sie sprach über ihre Initia­tiven im Interkulturellen Garten und die Unterstützung durch die Stiftungsgemeinschaft Anstiftung vertreten durch die Soziologin Frau Dr. Christa Müller, die auch zur Forschung im Interkulturellen Garten Göttingen ein Buch („Wurzeln schlagen in der Fremde“, Christa Müller) herausgegeben hat.

Im anschließenden Vortrag stellte Herr Jürgen Schwarzmann vom Jugendbüro der Verbandsgemeinde Adenau in Rheinland-Pfalz, den „Stadtgarten Adenau – Ort der Integration und der Begegnung“ vor. Er zeichnete den Weg der Planung des Gartens für Flüchtlinge bis zur Umsetzung und Bewirtschaftung in Zusam­menarbeit mit den Flüchtlingen und interessierten Helfern auf. Herr Schwarzmann erklärte die Initiative in seiner Verbandsgemeinde im Vergleich zu Gartenprojekten in größeren Städten als unbürokratisch und berichtete über die Unterstützung verschiedener Akteure. Als wichtigen Aspekt hob er hervor, dass der Garten multifunktionell genutzt werden kann, um z.B. Sprache zu vermitteln oder auch eine Verbindung zu anderen Institutionen wie Kindergarten oder Schule herzustellen. Gerade Kleinigkeiten an gesellschaftlichen Maßnahmen seien wichtig, wie z.B. ein Erntedankfest als Begegnungsfest für Flüchtlinge und Einheimische, um Kontakte zu knüpfen und Menschen zueinander zu bringen.

„Zusammen sind wir BUNT – Gärtnern mit jungen Flüchtlingen im Gemeinschaftsgarten des Ökologischen Bildungszentrums München“ war der Titel der Präsentation von Frau Frauke Feuss, Umwelt-Zentrum München. Das 6,5 ha große Gelände biete Platz für Bildungsarbeit im öffentlichen Grün, für Frei­flächen, für einen Naturspielraum, für einen Schaugarten zu nachwachsenden Rohstoffen und für vier Gemeinschaftsgärten mit ca. 60 Ehrenamtlichen. Seit 2012 wird das BUNT-Projekt unter dem Namen „Umweltbildung/Bildung zur Nachhaltigkeit in der Jugendsozialarbeit“ durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert. Die Zielsetzung hierbei sei, Jugendliche zwischen 12 und 26 Jahren mit erhöh­tem sozialpädagogischem Förderbedarf zu unterstützen. In diesem Projekt werden auch unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge, kommend aus unterschiedlichen Ländern und Krisen­gebieten, unterstützt, die regelmäßig einmal pro Woche direkt nach der Schule für vier Stunden in den Gemeinschaftsgarten zum gemeinsamen Gärtnern, Kochen und Essen kommen. Es würden aber auch Projekte zum Spracherwerb, zur Medien­kompetenz und das soziale Miteinander innerhalb verschiedener Kulturen gefördert. Der Gemeinschaftsgarten biete eine verlässliche Struktur, die es erlaube, Beziehungen und Vertrauen aufzubauen. Frauke Feuss resümierte ihre Präsentation mit den Thesen Gärten sind Räume für Erholung und Natur­begegnung und für eine Begegnung der kulturellen Vielfalt.

Herr Peter Menke von der Stiftung DIE GRÜNE STADT, Düsseldorf, beleuchtete das Thema der Gemeinschaftsgärten aus der Vogelperspektive mit seinem Vortrag „Gemeinsam statt einsam: Im Grünen voneinander lernen und Miteinander erleben“. Er stellte das öffentliche Grün mit seinen Funktionen anhand von Nachhaltigkeitsaspekten vor und brachte zur Kenntnis, dass Gärtnern Nachhaltigkeit lehre. Es sei also beim Gärtnern von Sinnhaftigkeit zu sprechen und belege die Bedeutung von Stadtgrün mit seinem Nutzen für das Gemeinwohl aus sozialer, ökologischer und ökonomischer Sicht.

Vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL), Bad Honnef, stellte Herbert Hüsgen seinen Vortrag zum Verbandsprojekt „Willkommenslotsen im Garten- und Landschaftsbau – Branchenspezifische Integration von Flüchtlingen“ vor. Er beleuchtete die demographischen Herausforderungen für den Berufsstand und berichtete vom Zustandekommen des Projektes der Flüchtlingslotsen, was vom Bundes­ministerium für Wirtschaft finanzielle Unterstützung erfährt. Herr Hüsgen beschrieb den Aufgabenbereich der sechs beim BGL angestellten Willkommenslotsen. Es ginge dabei um die Kontaktaufnahme durch die Lotsen als Arbeitgeberservice und vor allem um Vermittlung von Flüchtlingen mit Rechtsstatus und Bleiberecht zu Betrieben im Hinblick auf eine Aufnahme eines Praktikums oder sogar einer Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau. Dabei werde Hilfestellung geleistet, was Bürokratie beim Sozialamt und bei der Bundesagentur für Arbeit anbe­langt. Er zeigte dabei die unterschiedlichen rechtlichen Hürden auf und betrachtete den Einstellungsprozess eines Asylbewerbers oder Asylberechtigten im Überblick.

Der letzte Vortrag des Symposiums wurde von Frau Dr. Christa Müller von der Stiftungsgemeinschaft Anstiftung und Ertomis, München, mit dem Titel „Urbane Gemeinschaftsgärten und Interkulturelle Gärten: Zivilgesellschaftliche Beiträge für eine inklusive und nachhaltige Stadt“ vorgestellt. Fast 600 Inter­kulturelle Gärten seien über einer interaktiven Deutschland-Karte auf der Homepage www.anstiftung.de zu finden. Christa Müller erläuterte das Programm ihrer Stiftungsgemeinschaft und beschrieb, dass die Anstiftung mit innovativen Ansät­zen zur Lösung von Gegenwartsfragen beitragen möchte. So fördere, vernetze und erforsche die Stiftungsgemeinschaft Räume und Netzwerke des Selbermachens. Dazu gehören Freiräume und Infrastrukturen wie Interkulturelle und Urbane Gärten, Offene Werkstätten, Reparatur-Initiativen, Open-Source-Projekte ebenso wie Initiativen zur Belebung von Nachbarschaften oder Interventionen im öffentlichen Raum. So werden über ein Netzwerk Workshops und Webinare zu organisato­rischen Aspekten wie Vereinsgründung, Öffentlichkeitsarbeit oder der Gründung von Gartenprojekten angeboten bis hin zu Konfliktmanagement und gärtnerischen Themen. Sie stellte in ihrem Vortrag die Beziehung der Gemeinschaftsgärten und urba­nen Gärten zu den in den 70er Jahren bestehenden community gardens in den USA her, die an erster Stelle mit ihren Wohnergänzungsräumen den Zugang zu gemeinschaftlichen Lebensformen ermöglichen sollten. Darüber hinaus sollten sie die Lebensbedingungen verbessern und ein Refugium bieten, um die eigene Identität finden zu können.

Mit einer Ankündigung für das siebte Fachsymposium aus der Reihe Stadtgrün im Jahr 2017 beendete Dr. Braune die Fachtagung und sprach ein Dankeschön an die Organisatoren vom JKI und BLE aus.

Die Vorträge des sechsten Fachsymposiums Stadtgrün sind dokumentiert auf der Internetseite des Julius Kühn-Instituts und stehen unter https://www.julius-kuehn.de/gf/tagungsbeitraege/ zum Download zur Verfügung. Kontaktaufnahme für Fragen zum Symposium über Christiane Lehmhus, Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst; E-Mail: christiane.lehmhus@julius-kuehn.de

Christiane Lehmhus
und Martin Hommes (JKI Braunschweig)

Personalien

Nachruf Karl Karch

Journal für Kulturpflanzen, 69 (9). S. 309–312, 2017, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Am 27. Mai 2017 verstarb Herr Dozent Dr. Karl Karch im Alter von 92 Jahren in Halle/Saale.

Karl Karch wurde am 18. August 1924 im vogtländischen Schönbach geboren. Er gehört damit zu jener Generation, deren Berufsleben infolge des 2. Weltkrieges verspätet und unter schwierigen Bedingungen begann.

Beeindruckt von der Landung eines Zeppelins in unmittelbarer Nähe seines Geburtsortes entstand bei ihm im Alter von sechs Jahren der Wunsch, selber fliegen zu können, so dass die Eltern dem naturwissenschaftlich stark interessierten Jungen bereits während seiner Gymnasialzeit in Zwickau die Ausbildung zum Segelflieger ermöglichten. Hier entwickelten sich die später von vielen bewunderten geografischen Kenntnisse und sein außergewöhnliches Orientierungsvermögen.

Nach schweren Beinverletzungen, die er sich 20-jährig als Pilot im 2. Weltkrieg zuzog, begann er nach Beendigung des Krieges das Studium der Landwirtschaft zunächst in Dresden und dann in Halle/Saale an der Martin-Luther Universität bei Prof. Roemer. Es folgte eine Aspirantur im Institut für Acker-und Pflanzenbau bei Prof. Könnecke, die er 1958 mit der Disserta­tion „Untersuchungen über die Feuchtigkeits- und Ertragsverhältnisse im Wirkungsbereich von Schutzgehölzen“ abschloss.

In diesem Institut war Karl Karch bis zu seiner Emeritierung im Wendejahr 1989 in der Lehre und Forschung tätig. Sein Freigeist und seine Unangepasstheit an die politischen Verhältnisse in der damaligen DDR, die sich unter anderem in der Weigerung in die SED einzutreten, ausdrückte, verhinderten eine seinen Fähigkeiten und Leistungen entsprechende höhere berufliche Karriere.

Mit seiner Vielseitigkeit und geistigen Frische beeinflusste und prägte Karl Karch, der 1962 die Dozentur erhielt, mehr als ein Vierteljahrhundert eine Vielzahl von Studenten und Doktoranden. So betreute er über 100 Diplomanden und 10 Doktoranden (u.a. auch aus Vietnam, Kuba, Ägypten) vorrangig auf dem Gebiet der Herbologie. Seine Vorlesungen zur Herbologie im Rahmen des Acker-und Pflanzenbaus zeichneten sich durch Lebendigkeit und die umfassende Einordnung der Unkrautbekämpfung in das Gesamtsystem des Acker-und Pflanzenbaus aus. Sie waren die Grundlage für eine integrative Denkweise bei der Unkrautregulierung und damals einmalig in der universitären Landwirtschaftsausbildung in Deutschland. Dies war seinen Schülern im späteren Berufsleben ein unschätzbarer Vorteil in der Forschung als auch in der Praxis.

Bereits in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts initiierte Karl Karch herbologische Praktika für die Studierenden, so zur Unkrautbestimmung im Keimblattstadium und auch zu alter­nativen Verfahren für die chemische Unkrautbekämpfung. Diese Praktika erfolgten jährlich unter einer anderen Betrachtungsweise, z.B. in Abhängigkeit von Wetter, Boden, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge.

Seine unkonventionelle Denkweise zeigt sich z.B. in seiner Vorgehensweise „ein Hauch von Herbizid“ zur Niederhaltung des Unkrautes bei gleichzeitigem Erosionsschutz, was er in seinem Weinberg „Egypten“ am Süßen See, den er seit 1961 mit seiner Familie bewirtschaftete, erfolgreich praktizierte. Hierbei entstand wohl auch seine Anregung für Untersuchungen zu einer angepassten Herbizid-Dosierung mit Hilfe reduzierter Herbizid-Aufwandmengen (Splitting). Diese Vorgehensweise führte bei der Unkrautbekämpfung in Zuckerrüben zu einem durchschlagenden Erfolg, der sich in höheren Wirkungsgraden bei gleichzeitig verbesserter Pflanzenverträglichkeit, einer deutlichen Senkung des Handarbeitsaufwandes und damit auch in geringeren Kosten niederschlug.

Seine Doktoranden schätzten an Karl Karch besonders seine intensive, zur besseren Durchdringung der jeweiligen Problematik führenden Betreuung und seine wissenschaftliche Integrität. Aussagen, wie z.B. „man kann alles anzweifeln“ oder „viele beten die Ergebnisse an, man muss zu ihrer Beurteilung aber wissen, wie sie entstanden sind“, haben maßgeblich zu einer kritischen und auf wissenschaftlicher Exaktheit beruhenden Haltung im späteren Berufsleben beigetragen. Diese Herangehensweise ist für eine fundierte und klare Analyse unverzichtbar.

Karl Karch verstand es stets, junge Menschen zu begeistern. Häufig waren sie Gäste im Weinberg, wo bei einem guten Glas Wein intensive und konstruktive Diskussionen erfolgten, die zu vielen Anregungen führten.

Seine Geradlinigkeit, gepaart mit vielen neuen Ideen und Betrachtungsweisen, aber auch seine Fröhlichkeit und sein Humor, seine ausgeprägte soziale Kompetenz sowie seine bis ins hohe Alter vorhandene, bewundernswerte geistige Frische werden den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen sowie seinen Schülern in dankbarer Erinnerung bleiben.

Bernhard Pallutt
(Kleinmachnow)

Literatur

Journal für Kulturpflanzen, 69 (9). S. 309–312, 2017, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Annual Review of Entomology, Volume 62, Eds.: May R. Berenbaum, Ring T. Cardé, Gene E. Robinson, Palo Alto, California, USA, Annual Reviews, 482 S., ISBN 978-0-8243-0162-0, ISSN 0066-4170.

Subba Reddy Palli beginnt Band 62 mit einem Vorwort. Darin schildert er die Vorbereitung dieses Bandes durch das Team der Herausgeber und gibt zusammenfassende Hinweise zu den in Band 62 publizierten Übersichtsartikeln.

Im ersten Artikel mit dem Titel „Following the Yellow Brick Road“ berichtet Charles H. Calisher zu den wesentlichen Stationen seines Forscherlebens.

Folgende Übersichtsartikel aus dem Gesamtgebiet der Entomologie schließen sich an:

Behavioral Sabotage of Plant Defenses by Insect Folivores (David E. Dussourd); Neuropeptides as Regulators of Behavior in Insects (Liliane Schoofs, Arnold de Loof, Matthias Boris van Hiel); Learning in Insect Pollinators and Herbivores (Patricia L. Jones, Anurag A. Agrawal); Insect Pathogenic Fungi: Genomics, Molecular Interactions, and Genetic Improvements (Chengshu Wang, Sibao Wang); Habitat Management to Suppress Pest Popu­lations: Progress and Prospects (Geoff M. Gurr, Steve D. Wratten, Douglas A. Landis, Minsheng You); MicroRNAs and the Evolution of Insect Metamorphosis (Xavier Belles); The Impact of Trap Type and Design Features on Survey and Detection of Bark and Woodboring Beetles and Their Associates: A Review and Meta-Analysis (Jeremy D. Allison, Richard A. Redak); Tephritid Integrative Taxonomy: Where We Are Now, with a Focus on the Resolution of Three Tropical Fruit Fly Species Complexes (Mark K. Schutze, Massimiliano Virgilio, Allen Norrbom, Anthony R. Clarke); Emerging Themes in Our Understanding of Species Displacements (Yulin Gao, Stuart R. Reitz); Diversity of Cuticular Micro- and Nanostructures on Insects: Properties, Functions, and Potential Applications (Gregory S. Watson, Jolanta A. Watson, Bronwen W. Cribb); Impacts of Insect Herbivores on Plant Populations (Judith H. Myers, Rana M. Sarfraz); Past, Present, and Future of Integrated Control of Apple Pests: The New Zealand Experience (James T.S. Walker, David Maxwell Suckling, C. Howard Wearing); Beekeeping from Antiquity Through the Middle Ages (Gene Kritsky); Phylogeny and Evolution of Lepidoptera (Charles Mitter, Donald R. Davis, Michael P. Cummings); The Ambrosia Symbiosis: From Evolutionary Ecology to Practical Management (Jiri Hulcr, Lukasz L. Stelinski); Social Life in Arid Environments: The Case Study of Cataglyphis Ants (Raphaël Boulay, Serge Aron, Xim Cerdá, Claudie Doums, Paul Graham, Abraham Hefetz, Thibaud Monnin); Processionary Moths and Associated Urtication Risk: Global Change-Driven Effects (Andrea Battisti, Stig Larsson, Alain Roques); African Horse Sickness Virus: History, Transmission, and Current Status (Simon Carpenter, Philip S. Mellor, Assane G. Fall, Claire Garros, Gert J. Venter); Spatial Self-Organization of Ecosystems: Integrating Multiple Mechanisms of Regular-Pattern Formation (Robert M. Pringle, Carina E. Tarnita); Evolution of Stored-Product Entomology: Protecting the World Food Supply (David W. Hagstrum, Thomas W. Phillips); Ecoinformatics (Big Data) for Agricultural Entomo­logy: Pitfalls, Progress, and Promise (Jay A. Rosenheim, Claudia Gratton); Molecular Evolution of Insect Sociality: An Eco-Evo-Devo Synthesis (Amy L. Toth, Sandra M. Rehan); Physicochemical Property Variation in Spider Silk: Ecology, Evolution, and Synthetic Production (Sean J. Blamires, Todd A. Blackledge, I-Min Tso).

Im Anschluss an das Inhaltsverzeichnis des Bandes 62 wird auf fachlich verwandte Beiträge in anderen „Annual Reviews“ verwiesen, beispielsweise im Annual Review of Animal Biosciences, Volume 4 (2016); Annual Review of Ecology, Evolution, and Systematics, Volume 47 (2016); Annual Review of Gene­tics, Volume 50 (2016); Annual Review of Microbiology, Volume 70 (2016); Annual Review of Phytopathology, Volume 54 (2016); Annual Review of Statistics and Its Application, Volume 3 (2016); Annual Review of Virology, Volume 3 (2016).

Band 62 wird durch einen kumulierenden Index aller an den Bänden 53 bis 62 beteiligten Autoren ergänzt. Zusätzlich werden alle in diesen Bänden abgehandelten Themen nach Sachgebieten sortiert aufgelistet. Ebenso wie die früher erschienenen Ausgaben ergänzt dies auch den vorliegenden Band 62 des Annual Review of Entomology zu einer umfassenden und wertvollen Informationsquelle entomologischer Literatur. Außerdem sind die Abstracts der Artikel des Bandes 62 online unter http://ento.annualreviews.org verfügbar.

Sabine Redlhammer (JKI Braunschweig)


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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