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Originalarbeit

Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Hopfen

Survey on application of chemical pesticides in hops

Dietmar Roßberg1 und Johann Portner2
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Kleinmachnow1
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Wolnzach2

Journal für Kulturpflanzen, 70 (1). S. 25–31, 2018, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2018.01.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Dietmar Roßberg, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, E-Mail: dietmar.rossberg@julius-kuehn.de
Johann Portner, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Kellerstraße 1, 85283 Wolnzach, E-Mail: johann.portner@lfl.bayern.de
Zur Veröffentlichung angenommen
15. September 2017

Zusammenfassung

Seit 2001 werden Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Hopfen durchgeführt. Diese Aktivitäten, die unter dem Namen „NEPTUN-Erhebungen“ bekannt geworden sind, werden seit 2011 unter veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen als PAPA-Erhebungen fortgesetzt. PAPA steht für Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendungen. Das heißt, es wurde ein Netz von Erhebungsbetrieben aufgebaut, in denen jährlich die PSM-Anwendungsdaten detailliert erfasst und in anonymisierter Form an das Julius Kühn-Institut (JKI) weitergeleitet werden.

Alle Erhebungen und Auswertungen beziehen sich auf die Bundesrepublik Deutschland, obwohl fast alle Erhebungsbetriebe zum Anbaugebiet Hallertau gehören. Diese Anbauregion umfasst rund 85% der Hopfenanbaufläche in Deutschland.

Die Ergebnisse der Erhebungen zeigen, dass die Häufigkeit und Intensität der Pflanzenschutzmaßnahmen im Hopfen jährlichen Schwankungen unterliegen. Unterschiedliche Witterungsverläufe während der Wachstums­periode des Hopfens haben eben ein unterschiedlich starkes Schaderregerauftreten zur Folge und beeinflussen somit auch die entsprechenden Aktivitäten zur Gesunderhaltung der Pflanzen. Die witterungs- und schaderregerbedingte gezielte Pflanzenschutzmittelapplikation in Hopfen lässt daher keine Pflanzenschutzmittelreduktion erwarten. Im Gegenteil: Die zunehmende Selektivität der Wirkstoffe fördert das Auftreten von neuen oder selten vorkommenden Schädlingen (z.B. Markeule, Erdfloh). Dem steht eine zu erwartende geringere Verfügbarkeit von Wirkstoffen (vor allem Insektiziden; verbunden mit einem erhöhten Resistenzrisiko) gegenüber, die ein sinnvolles Resistenzmanagement unmöglich machen. Dies führt vermutlich zu eher zusätzlichen Anwendungen von chemischen Pflanzenschutzmitteln, um Hopfen in ausreichender Quantität und marktgerechter Qualität produzieren zu können.

Stichwörter: Pflanzenschutz, statistische Erhebung, Behandlungsindex, PAPA, Hopfen

Abstract

Surveys of the application of plant protection products (PPP) in hops have been carried out since 2001 (NEPTUN projects). Since 2011, they have been continued under different legislative frameworks as PAPA surveys. PAPA stands for panel pesticide applications. A number of crop-specific networks of farms have been created, in which the PPP application data are recorded annually in detail. The data are forwarded in an anonymised form to the Julius Kühn-Institut (JKI).

All surveys and analyses relate to the Federal Republic of Germany, although almost all panel farms belong to the Hallertau region. This region comprises approximately 85% of the hop cultivation area in Germany.

The results of the surveys show that the frequency and intensity of plant protection measures in hops are subject to annual fluctuations. Different weather conditions during the growing period of the hops have different effects on the occurrence of pests and, thus, on the action taken to keep plants healthy. Therefore, a sustainable reduction in chemical plant protection intensity is not expected in the coming years. On the contrary, the increasing selectivity of active substances promotes the occurrence of new or rare pests (e.g. rosy rustic, flee beetle). This is associated with an expected lower availability of active substances (especially insecticides) combined with an increased resistance risk making an effective resistance management impossible. This probably leads to additional applications of chemical plant protection products to be able to produce hops in sufficient quantity and market-oriented quality.

Key words: Plant protection, statistical survey, treatment index, PAPA, hops

Einleitung

Frei verfügbare Informationen zur tatsächlichen Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel (PSM) in der Landwirtschaft werden für eine Reihe von wissenschaftlichen Fragestellungen wie auch für die politische Argumentation dringend benötigt. Für die Bereitstellung solcher Daten ist das Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen zuständig (vgl. Pflanzenschutzgesetz, § 21). Ziel bei der Konzipierung und Umsetzung der entsprechenden statistischen Erhebungen war und ist es, neben der Erfüllung der Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 über Statistiken zu Pestiziden (Pflanzenschutzmittel-Statistikverordnung) auch den Informationsansprüchen des Nationalen Aktionsplanes zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) zu genügen und die Kosten für die Informationsgewinnung so gering wie möglich zu halten. Darüber hinaus war und ist es wichtig, unnötige Mehr­belastungen für Landwirtschaft und Gartenbau durch zusätzliche bürokratische Auflagen zu vermeiden. Seit 2011 werden die Erhebungen unter dem Namen PAPA (Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendungen) jährlich durchgeführt. Vorher firmierten diese Erhebungen unter dem Namen NEPTUN (vgl. Roßberg, 2003, Roßberg, 2006, Roßberg, 2009).

Methodik

Für die Sicherstellung der PAPA-Erhebungen im Hopfen­anbau hat das JKI einen Vertrag mit dem Verband deutscher Hopfenpflanzer e.V. abgeschlossen. Darin verpflichtet sich der Verband nach den Vorgaben des JKI die Daten zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) aus ca. 80 Betrieben zu akquirieren und in anonymisierter Form an das JKI weiterzuleiten.

Regionale Gliederung

Da die Pflanzenschutzmittel-Statistikverordnung nur nationale Aussagen verlangt, wird die Bundesrepublik Deutschland als einzige Erhebungsregion betrachtet. Da allerdings rund 85% der Hopfenanbaufläche in Deutschland im Anbaugebiet Hallertau lokalisiert ist, lag es nahe, sich bei den Erhebungen auf diese Region zu konzentrieren. Aus arbeitsorganisatorischen und aus Kostengründen wurde darauf verzichtet, die Anbaugebiete Tettnang, Elbe-Saale, Spalt und Bitburg in die Erhebungen einzubeziehen.

Auswahl der Betriebe

Die Betriebsauswahl erfolgte bzw. erfolgt durch die örtlichen Beauftragten des Hopfenpflanzerverbandes nach den im Folgenden dargestellten Vorgaben. Für die Panels sollten (wenn möglich) ausschließlich Haupterwerbsbetriebe ausgewählt werden. Sie sind der Hauptadressat des NAP. Weitere Vorgaben waren:

• Durchführung des Pflanzenschutzes nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz

• lückenlose und zeitnahe Dokumentation der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln

• keine Teilnahme an Förderprogrammen zur Reduzierung von PSM-Anwendungen

• Bereitschaft zur freiwilligen und anonymisierten Weitergabe von Daten über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln an das JKI

Zu erhebende Daten

Bei den PAPA-Erhebungen werden Daten zu allen relevanten Pflanzenschutzmaßnahmen erfasst. Alle Daten sind anlagenspezifisch (schlagspezifisch) zu erfassen. An das JKI werden pro Erhebungsbetrieb die Pflanzenschutz­mittel-Anwendungsdaten von jeweils drei Anlagen (Hopfenschlägen) im Betrieb übermittelt.

Folgende Angaben werden zu jeder einzelnen Maßnahme gefordert:

• Datum der Anwendung

• Anwendungsgebiet/Indikation (fakultativ)

• vollständiger Name des Pflanzenschutzmittels

• Aufwandmenge Pflanzenschutzmittel

• Maßeinheit für Aufwandmenge

• behandelte Fläche [ha]

Bei Tankmischungen sind die obigen Angaben für jeden einzelnen Tankmischungspartner erforderlich.

Erhebungszeitraum

Bei den Dauerkulturen (also auch für Hopfen) ist der Erhebungszeitraum das Kalenderjahr.

Datenerfassung

Die Dokumentation der Einzeldaten erfolgt immer durch den Hopfenbauern und/oder die im Betrieb dafür verantwortliche(n) Person(en). Diese Daten werden anschließend durch den Verband deutscher Hopfenpflanzer e.V. gesammelt und in anonymisierter Form an das JKI weitergeleitet.

Der Verband deutscher Hopfenpflanzer e.V. nutzt für die Dokumentation der Erhebungsdaten ein standardisiertes EXCEL-Formular. Mit Hilfe von Kollegen des Hopfenring e.V. werden die Originaldaten in dieses Format übertragen. Dabei erfolgt eine erste Plausibilitätsprüfung. Die Daten werden später im JKI in eine ACCESS-Datenbank übertragen. Anschließend werden weitere Plausi­bilitätstests zur Verifizierung der erfassten Daten durchgeführt, um eventuelle Widersprüche, Fehler oder Mängel in den Daten zu erkennen. Die entsprechenden Entscheidungen bzgl. der Korrektur solcher „Auffälligkeiten“ werden ausschließlich per Einzelfallprüfung getroffen. In einigen Fällen sind dazu auch Nachfragen bei den Erhebungsbetrieben erforderlich.

Datenanalyse

Zur Beschreibung des quantitativen Umfangs der Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln werden die zwei Kennziffern Behandlungshäufigkeit (BH) und Behandlungsindex (BI) berechnet. Zusätzlich wird ein Ranking bzgl. der eingesetzten Wirkstoffe für die Wirkstoffbereiche Herbizide, Fungizide und Insektizide/Akarizide ermittelt.

Eine detaillierte Definition von BH, BI und Wirkstoff­ranking findet man bei Roßberg (2013) oder im Internet unter http://papa.julius-kuehn.de/.

Ab 2014 werden im Rahmen der Pflanzenschutzmittel-Statistikverordnung auch noch zwei weitere Kennziffern (Behandlungsfläche und ausgebrachte Mengen; jeweils pro Wirkstoff) ermittelt.

Ergebnisse

Quantitative Angaben zum Umfang der Datenerhebungen 2011–2016

Tab. 1 gibt einen Überblick über den Stichprobenumfang in den einzelnen Jahren. Aufgeführt sind die Anzahl Erhebungsbetriebe, die Gesamtzahl (erfasster) unterschiedlicher Spritzfolgen in allen Erhebungsbetrieben und die Anzahl aller dokumentierten Maßnahmen (= Anzahl Datentupel). Mit dem Begriff „Datentupel“ sollen hier alle Angaben, die zur Charakterisierung der Anwendung eines Pflanzenschutzmittels dienen, also Termin + Indikation + Mittelname + Aufwandmenge + behandelte Fläche, zusammengefasst werden.

Tab. 1. Stichprobenumfänge bei PAPA-Hopfen in den Jahren 2011–2016

Jahr

Anzahl Betriebe

Anzahl Spritzfolgen

Anzahl Datentupel

2011

81

253

3751

2012

84

261

3338

2013

80

240

2664

2014

80

240

3272

2015

80

240

2680

2016

80

240

4114

Behandlungshäufigkeiten und Behandlungsindizes

Tab. 2 gibt einen Überblick über alle für Deutschland berechneten Behandlungshäufigkeiten.

Tab. 2. Berechnete Behandlungshäufigkeiten für PAPA-Hopfen 2011–2016 (ergänzt mit Ergebnissen aus frühe­ren Erhebungen)

Jahr

insgesamt

Fungizide

Herbizide

Insektizide/
Akarizide

2001 *

7,02

5,93

0,35

2,27

2005 *

6,78

6,06

0,48

1,81

2008 *

8,13

6,97

0,56

2,63

2011

8,61

7,70

0,55

2,35

2012

7,31

6,46

0,47

2,24

2013

6,18

5,23

0,40

2,13

2014

8,15

6,97

0,27

2,35

2015

6,34

5,10

0,25

2,39

2016

9,25

7,75

0,31

3,15

* Ergebnisse aus den NEPTUN-Erhebungen

In Tab. 2 ist die Kennziffer Behandlungshäufigkeit auch Wirkstoffbereich-unabhängig (Spalte: „insgesamt“; steht für „alle Mittel“) angegeben. In dem Zusammenhang ist jedoch zu bemerken, dass die Summe der drei Wirkstoffbereich-bezogenen Anwendungshäufigkeiten häufig größer ist als die für alle betrachteten Pflanzenschutzmittel berechnete Anwendungshäufigkeit. Dieser Fakt wird durch folgendes fiktive Beispiel verdeutlicht. Ein Hopfenbauer bringt eine Tankmischung bestehend aus zwei Fungi­ziden und einem Insektizid aus. Dann gilt für diese Maßnahme:

a) Maßnahmen-Koeffizient (alle Mittel) = 1 (Wirkstoffbereich-unabhängig)

b) Maßnahmen-Koeffizient (Herbizide) = 0

c) Maßnahmen-Koeffizient (Fungizide) = 1

d) Maßnahmen-Koeffizient (Insektizide) = 1

Summe von b) bis d) = 2

Tab. 3 gibt einen Überblick über alle für Deutschland berechneten Behandlungsindizes.

Tab. 3. Berechnete Behandlungsindizes für PAPA-Hopfen 2011–2016 (ergänzt mit Ergebnissen aus früheren Er­hebungen)

Jahr

insgesamt

Fungizide

Herbizide

Insektizide/
Akarizide

2001*

12,76

8,22

0,57

3,97

2005*

12,39

8,67

0,72

3,00

2008*

12,85

8,75

0,85

3,25

2011

10,93

7,66

0,51

2,76

2012

9,34

6,65

0,42

2,27

2013

7,97

5,44

0,34

2,19

2014

11,11

8,51

0,21

2,39

2015

9,18

6,61

0,16

2,41

2016

14,24

10,57

0,24

3,43

* Ergebnisse aus NEPTUN-Erhebungen

Ein Vergleich mit den Zahlen aus Tab. 2 zeigt, dass die ermittelten Werte für den Behandlungsindex (insgesamt) höher sind als die Werte für Behandlungshäufigkeit (insgesamt). Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass bei einer PSM-Anwendung oftmals mehrere Mittel gleichzeitig als Tankmischung ausgebracht werden.

Rangfolgen von Wirkstoffen

Die Tab. 4 und 5 zeigen am Beispiel „Fungizide“ und „Insektizide/Akarizide“ die berechneten Rangfolgen. Eine komplette Darstellung der Wirkstoffrankings aus den sechs Jahren würde den Rahmen dieser Veröffentlichung sprengen. Hier wird wiederum auf die Internetseite http://papa.julius-kuehn.de/verwiesen.

Tab. 4. PAPA-Hopfen 2016: Wirkstoff-Ranking Fungizide

Wirkstoffname

Anteil am Wirkstoffbereich
(bezogen auf BI-Werte) in %

Anwendung in Prozent aller Erhebungsbetriebe

Quinoxyfen

14,9

95,0

Dimethomorph

13,6

92,5

Boscalid

9,6

87,5

Pyraclostrobin

9,6

87,5

Dithianon

8,9

81,2

Mandipropamid

8,7

85,0

Cymoxanil

8,2

78,8

Fosetyl

6,6

82,5

Metrafenone

6,2

72,5

Kupferhydroxid

5,7

80,0

Kaliumhydrogencarbonat

2,6

45,0

Azoxystrobin

2,5

38,8

Myclobutanil

1,6

30,0

nur Wirkstoffe mit einem Anteil an der Wirkstoffgruppe ≥ 1% aufgelistet

Tab. 5. PAPA-Hopfen 2016: Wirkstoff-Ranking Insektizide/Akarizide

Wirkstoffname

Anteil am Wirkstoffbereich
(bezogen auf BI-Werte) in %

Anwendung in Prozent aller Erhebungsbetriebe

Thiamethoxam

26,8

93,8

Flonicamid

26,4

93,8

Acequinocyl

12,6

58,8

Milbemectin

11,2

51,2

Spirodiclofen

7,3

42,5

Hexythiazox

5,8

30,0

Abamectin

4,8

28,8

lambda-Cyhalothrin

3,0

11,2

nur Wirkstoffe mit einem Anteil an der Wirkstoffgruppe ≥ 1% aufgelistet

Diskussion

In der Erhebungsregion „Hallertau“ werden rund 85% des deutschen Hopfens angebaut, so dass die erhobenen Daten zum Pflanzenschutzmitteleinsatz im Hopfen als repräsentativ für Deutschland betrachtet werden können. Eine Übertragung der Ergebnisse auf die übrigen Anbaugebiete Tettnang, Elbe-Saale, Spalt und Bitburg ist aber nur eingeschränkt möglich, da deutliche Unterschiede in der Witterung und im angebauten Sortenspektrum ein differenziertes Schaderregeraufkommen mit abweichendem Pflanzenschutzmitteleinsatz erwarten lassen. Die im Folgenden gemachten Aussagen beziehen sich daher auf die jeweilige Situation in der „Hallertau“ in den verschiedenen Jahren.

2016 bewirtschafteten in der Hallertau 931 Betriebe eine Hopfenfläche von 15 510 ha. Der konstant hohe Stichprobenumfang in Tab. 1 zeigt, dass die Ergebnisse und Aussagen repräsentativ und über die Jahre vergleichbar sind.

Vergleich der Behandlungshäufigkeit

Die Behandlungshäufigkeit (Anzahl der Spritzungen) spiegelt ausschließlich die Anzahl der durchgeführten Pflanzenschutzmaßnahmen bezogen auf die Gesamtfläche wider, wobei nicht zwischen der Ausbringung von Einzelprodukten oder Tankmischungen unterschieden wird. Bei einer durchschnittlichen Behandlungshäufigkeit von 7,6 im Betrachtungszeitraum 2011–2016 schneidet der Hopfen als höchste Raumkultur mit 7 m Gerüsthöhe im Vergleich mit den ebenfalls pflanzenschutzintensiven Raumkulturen Apfel und Wein hinsichtlich der Häufigkeit des Pflanzenschutzmitteleinsatzes vergleichsweise gut ab. Während der Wein mit einer Behandlungshäufigkeit von ungefähr 10 (Roßberg und Ipach, 2015) vergleichbar oft gespritzt wird, ist im Apfelanbau beinahe die dreifache Anzahl an Spritzungen (Roßberg und Harzer, 2015) erforderlich. Im Vergleich der Raumkulturen fällt auch auf, dass die Behandlungshäufigkeit bei Apfel und Wein in den Jahren ab 2011 relativ konstant oder leicht ansteigend war. Hopfen dagegen weist sehr schwankende Zahlen auf. Bei genauer Betrachtung finden sich im Hopfen die größten Unterschiede bei den Fungizidanwendungen. Die meisten Behandlungen erfolgten in den Jahren 2011 und 2016 mit hohem Pilzinfek­tionsdruck. In diesen Jahren ergingen z.B. allein zur Kontrolle des falschen Mehltaupilzes seitens des Amtlichen Pflanzenschutzdienstes acht Spritzaufrufe bei den anfälligen Sorten. In den Trockenjahren 2013 und 2015 mit geringerem Infektionsdruck (vier bzw. drei Aufrufe) wurde dagegen ein Drittel der Fungizidbehandlungen eingespart.

Der Rückgang der Herbizidanwendungen ab 2011 ist dadurch zu erklären, dass zum 1. Hopfenputzen verstärkt konzentrierte Nährstofflösungen eingesetzt wurden, die nicht als Pflanzenschutzmaßnahme gelistet werden. Nach dem Zulassungsende von Lotus (Cinidon-ethyl) ist der Rückgang ab 2014 deutlicher ausgefallen. Seit 2016 steht wieder ein Pflanzenschutzmittelwirkstoff (Flumioxazin) zum 1. Hopfenputzen zur Verfügung, das die Erklärung für den leichten Anstieg ist.

In der Gruppe der Insektizide/Akarizide fällt das Jahr 2016 auf, in dem eine zusätzliche Behandlung notwendig war. Dies ist hauptsächlich auf den hohen Spinnmilbendruck zurückzuführen, der in vielen Hopfengärten eine 2. oder sogar 3. Behandlung erforderlich machte.

Vergleich der Behandlungsindizes

Der Behandlungsindex beschreibt die Intensität der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bezogen auf die maximal zugelassene Aufwandmenge zum Zeitpunkt der Anwendung und auf die behandelte Fläche. Dabei wird jedes Pflanzenschutzmittel gesondert betrachtet, egal ob es als Einzelprodukt oder in Tankmischungen ausgebracht wird. Da Pflanzenschutzmaßnahmen im Hopfen insbesondere in den späten Entwicklungsstadien sehr arbeitsaufwändig und kostenintensiv sind (< 2 km/h Fahr­geschwindigkeit, bis zu 3000 l Wasseraufwandmenge/ha, 1–1,5 Akh/ha), werden Wirkstoffe bzw. Pflanzenschutzmittel bei Bedarf kombiniert, um Extrafahrten und unnötige Kosten möglichst einzusparen. Darum ist der Behandlungsindex in allen Jahren höher als die Behandlungshäufigkeit. Im Hopfen liegt der Behandlungsindex im Durchschnitt der Jahre 2011–2016 bei 10,5 und damit gut ein Drittel über der Behandlungshäufigkeit. Ein Vergleich mit dem Wein- und Apfelanbau zeigt, dass dort der Behandlungsindex um drei Viertel bzw. beinahe die Hälfte höher ist als die Behandlungshäufigkeit. Praktisch bedeutet das, dass im Hopfenbau pro Behandlung weniger Pflanzenschutzmittel kombiniert werden. Ein weiterer Grund könnte sein, dass im Hopfen die Anzahl der zugelassenen Produkte geringer ist und sinnvolle Kombinationen oft nicht möglich sind. Wahrscheinlicher ist aber, dass weniger Schaderreger gleichzeitig bekämpft werden müssen und/oder Pflanzenschutzmaßnahmen relativ teuer sind und der Einsatz wohlüberlegt und gezielter erfolgt. Die bestätigen auch die starken Schwankungen des Behandlungsindex zwischen den Jahren. So lag der Behandlungsindex im eher trockenen Jahr 2013 mit wenig Pflanzenschutzproblemen bei 7,97 und hat sich im pflanzenschutzintensiven Jahr 2016 mit 14,24 beinahe verdoppelt. Die großen Unterschiede sind vor allem im Fungizideinsatz zu finden. Hauptkrankheiten im Hopfen, die regelmäßig auftreten, sind der falsche Mehltaupilz (Pseudoperonospora humulih) und der Echte Mehltau (Sphaerotheca macularis). Für letztgenannten Pilz existieren keine zuverlässigen Prognosemodelle, so dass gegen diesen Pilz weitgehend vorbeugende Fungizid-Anwendungen durchgeführt werden. 2016 trat der Echte Mehltau im Hopfen verstärkt auf. Das dürfte einen Teil der Mehrbehandlungen erklären. Der größere Unterschied ist aber auf die höhere Anzahl von Peronosporabehandlungen zurückzuführen. Bei dieser Krankheit gibt es ein seit Jahrzehnten gut funktionierendes Warndienst-Modell im Hopfen, das für die Infektionsgefahr neben meteorologischen Parametern biologische Daten des falschen Mehltaupilzes heranzieht. So wird z.B. in der Hallertau an fünf Standorten mittels Sporenfallen täglich die Zoosporangiendichte in der Luft ermittelt und ein Peronospora-Spritzaufruf differenziert nach anfälligen und toleranten Sorten vom amtlichen Dienst herausgegeben, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten sind und eine Regenbesetzung am Tage von mindestens vier Stunden erfolgte oder zu erwarten ist. Aufgrund der Zuverlässigkeit des Modells erfolgt die Peronosporakontrolle im Hopfen sehr gezielt und erklärt die großen Unterschiede zwischen den Jahren; denn 2013 gab es nur vier Behandlungsaufrufe für alle Sorten, während es 2016 doppelt so viele waren.

Tierische Schaderreger, die im Hopfen regelmäßig eine PSM-Anwendung erfordern, sind im Frühjahr die Bodenschädlinge Drahtwurm, Liebstöckelrüssler und der Erdfloh. Hauptschädlinge sind aber die Hopfenblattlaus (Phorodon humuli) und die Gemeine Spinnmilbe (Tetranychus urticae), die jedes Jahr unterschiedlich stark auftreten und für die entsprechende Bekämpfungsschwellen existieren. Aufgrund des starken Auftretens und des zum Teil mäßigen Wirkungsgrades der ersten Behandlung wurde im Jahr 2016 in vielen Hopfenbeständen eine 2. oder sogar 3. Behandlung gegen die Gemeine Spinnmilbe notwendig. Auch die Hopfenblattlaus musste 2016 wieder häufiger bekämpft werden als in den Vorjahren, als die Nebenwirkung des auf den Boden applizierten Präpa­rates ACTARA gegen den späteren Blattlausbefall ausreichte und in vielen Fällen keine weitere Behandlung notwendig war. Dies erklärt, warum der Behandlungs­index bei den Insektiziden 2016 um 1 gegenüber den Vorjahren erhöht war.

Gemessen am gesamten Behandlungsindex scheint der Herbizidanteil von durchschnittlich 0,3 sehr gering und beinahe vernachlässigbar. In der Praxis werden Herbi­zide aus phytosanitären Gründen und zur Ernteerleichterung verwendet, um die unteren Blätter, Seiten- und Bodentriebe (Hopfenputzen) sowie Unkräuter und Ungräser im Bifangbereich (innerhalb der Reihen) zu beseitigen. Der niedrige Index errechnet sich, da nur ein Teil­bereich des Hopfengartens behandelt (max. ein Drittel) und die max. Aufwandmengen oftmals reduziert werden, indem z. B. stickstoffhaltige Lösungen zur Wirkungsverbesserung zugemischt werden.

Wirkstoffranking

In den Tab. 4 und 5 sind Wirkstoffrankings für die im Jahr 2016 im Hopfen eingesetzten Fungizide bzw. Insektizide/Akarizide bezogen auf den Behandlungsindex zusammen mit dem Anteil der Erhebungsbetriebe, die den Wirkstoff eingesetzt haben, dargestellt. Wie schon beschrieben, war 2016 ein pflanzenschutzintensives Jahr im Hopfen, in dem sowohl der Echte als auch der Falsche Mehltau (Peronospora) gleichermaßen stark auftraten und behandelt wurden. Darum sind in der Liste der Fungizide (Tab. 4) ausschließlich Wirkstoffe zu finden, die in der Zulassung die Indikation für den einen oder anderen oder beide Schaderreger besitzen. Auffällig ist, dass jeder der unter den ersten zehn im Ranking zu findenden fungiziden Wirkstoffe in rund 80% aller Erhebungsbetriebe ausgebracht wurde. Das zeigt, dass die Mittelpalette im Hopfen begrenzt ist und bei einem hohen Schadpilz­auftreten fast alle Betriebe gezwungenermaßen die gleichen Präparate verwenden (z.T. auch wiederholt). Ein vernünftiges Resistenzmanagement ist so kaum möglich. Noch deutlicher stellt sich die Situation bei den Insekti­ziden/Akariziden dar. Thiamethoxam (PSM: ACTARA) wurde von fast allen Betrieben zur Bekämpfung von Bodenschädlingen oder Erdfloh eingesetzt. Für die Indikation Bodenschädlinge ist es im Hopfen das einzige Präparat und soll wegen seiner Bienengefährlichkeit verboten werden, obwohl in eigens im Hopfen angestellten Studien eine Gefährdung der Bienen nicht nachgewiesen werden konnte. Der an zweiter Stelle gelistete Wirkstoff Flonicamid (PSM: Teppeki) wurde ebenfalls von fast allen Betrieben wegen seiner Preiswürdigkeit und guten Wirksamkeit eingesetzt. Als Alternativen stehen nur der Wirkstoff Imidacloprid aus der umstrittenen Gruppe der Neonicotinoide und Pymetrozin (PSM: Plenum 50 WG), dessen Zulassung demnächst ausläuft, zur Verfügung. Die in der Rangliste auf Platz 3 bis 7 stehenden Wirk­stoffe haben alle eine Zulassung gegen die Gemeine Spinnmilbe. Die entsprechenden PSM wurden wegen des hohen Befallsdruckes im Jahr 2016 großflächig angewendet; also in 30 bis 60% aller Erhebungsbetriebe. Der Wirkstoff lambda-Cyhalothrin (PSM: Karate Zeon) wurde im Frühjahr 2016 in jedem 10. Betrieb nach den Austrieb des Hopfens gezielt zur Bekämpfung von Erdfloh, Schattenwickler oder Markeule genutzt (abhängig vom Auftreten dieser Schadinsekten).

Danksagung

Ein erstes großes „Dankeschön“ geht an die Kolleginnen und Kollegen vom Verband deutscher Hopfenpflanzer e.V. und vom Hopfenring e.V., für die die PAPA-Erhebungen einen erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand bedingen. Ohne deren Mithilfe wäre es allerdings unmöglich, eine solche Erhebung durchzuführen.

Dann ist natürlich auch den an der Erhebung beteiligten Hopfenpflanzern zu danken, die auf freiwilliger Basis ihre Daten zu den Pflanzenschutzmittelanwendungen in ihren Betrieben bereitstellen.

Die erhobenen Daten und die darauf basierenden Analysen bilden eine wertvolle Grundlage nicht nur für weitere wissenschaftliche Auswertungen sondern vor allem auch für die Politikberatung und die Formulierung gesellschaftlicher Zielstellungen bzgl. eines umweltverträglichen und nachhaltigen Pflanzenschutzes.

Besondere Anerkennung verdient auch das große Engagement von Frau Krammer, die im JKI für alle technischen Arbeiten im Zusammenhang mit den PAPA-Erhebungen zuständig ist.

Literatur

EU-Verordnung 1185/2009 über Statistiken zu Pestiziden. Amtsblatt der Europäischen Union L 324/1.

Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz – PflSchG), Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2012, Teil 1, Nr. 7, S. 148.

Roßberg, D., 2003: NEPTUN 2001 – Erhebung von Daten zum tatsächlichen Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel im Obstbau, im Hopfen und in Erdbeeren. Berichte aus der BBA, Heft 122, 24 S.

Roßberg, D., 2006: NEPTUN 2005 Hopfen – Statistische Erhebung zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Praxis. Berichte aus der BBA, Heft 136, 17 S.

Roßberg, D., 2009: NEPTUN 2008 – Hopfen. Berichte aus dem Julius Kühn-Institut, Heft 150, 17 S.

Roßberg, D., 2013: Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Praxis im Jahr 2011. Journal für Kulturpflanzen 65 (4), 141-151.

Roßberg, D., U. Harzer, 2015: Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Apfelanbau. Journal für Kulturpflanzen 67 (3), 85-91.

Roßberg, D., R. Ipach, 2015: Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Weinbau. Journal für Kulturpflanzen 67 (12), 410-416.


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