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Originalarbeit – Corrigendum

Intensität und Risiko des chemischen Pflanzenschutzes beim Anbau von Zuckerrüben, Silomais und Winterweizen in Fruchtfolgen

Intensity and risk of chemical pesticides when cultivating sugar beet, silage maize and winter wheat in crop rotations

Wiebke Brauer-Siebrecht1, Anna Jacobs1, 3, Heinz-Josef Koch1, Jörn Strassemeyer2 und Bernward Märländer1
Institut
Institut für Zuckerrübenforschung, Göttingen1
Julius Kühn-Institut, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Kleinmachnow2
Thünen-Institut für Agrarklimaschutz, Braunschweig3

Journal für Kulturpflanzen, 70 (8). S. 255–266, 2018, ISSN 1867-0911, DOI: 10.1399/JfK.2018.06.02.corr, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
B. Märländer, Institut für Zuckerrübenforschung, Holtenser Landstr. 77, 37079 Göttingen, E-Mail: maerlaender@ifz-goettingen.de
Zur Veröffentlichung angenommen
17. April 2018

Zusammenfassung

Corrigendum

Im Artikel „Intensität und Risiko des chemischen Pflanzenschutzes beim Anbau von Zuckerrüben, Silomais und Winterweizen in Fruchtfolgen“ von Brauer-Siebrecht, W., Jacobs, A., Koch H.-J., Strassemeyer, J. und Märländer, B., der auf den Seiten 184-195, Ausgabe 70, Nr. 6 erschien, wurden Korrekturen in Abb. 3 vorgenommen. In Abb. 3 wurde eine vertikale Strich-Punkt-Linie ergänzt, die eine Abgrenzung zwischen den Umweltkompartimenten Feld und Saumbiotop bzw. Boden ermöglicht. Weiterhin wurde im oberen und unteren Teil der Abbildung die Risikotoleranzgrenze als horizontale gepunktete (nicht gestrichelte) Linie dargestellt. Zuletzt wurde innerhalb der Boxplots neben dem Median auch der Mittelwert – dargestellt durch eine gestrichelte Linie – ergänzt. Die Änderungen beeinträchtigen nicht die Schlussfolgerungen des Artikels.

Zusammenfassung

Der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel dient zum einen der Sicherstellung des Ertrages, steht jedoch auch aufgrund von möglichen ökologischen Risiken in der Kritik. Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwen­dung von Pflanzenschutzmitteln zielt auf die Redu­zierung dieser Risiken ab. In der vorliegenden Studie wurden chemische Pflanzenschutzmaßnahmen in Feldversuchen in den Jahren 2011–2014 in den Fruchtfolgen Zuckerrüben-Winterweizen-Winterweizen, Silo­mais-Win­ter­weizen-Winterweizen, Silomais-Zuckerrüben-Winterweizen und Silomais im Daueranbau an zwei Standorten untersucht. Als Indikator der Intensität diente der „Behandlungsindex“, das Umweltrisiko wurde mit dem Simulationsmodell „SYNOPS“ für Stellvertreterorganismen in den Nichtziel-Kompartimenten „Oberflächengewässer“, „Saumbiotope“ und „Boden“ kalkuliert. Der Behandlungsindex variierte zwischen den Fruchtfolgen von 5,1 bis 20,6 und das Umweltrisiko wurde überwiegend als sehr niedrig bis mittel kalkuliert. Es existierte keine Korrelation zwischen der Intensität und dem Umwelt­risiko über die Fruchtfolgen. Silomais im Daueranbau hatte die geringste Intensität, jedoch war das Umwelt­risiko höher. Für Silomais und Winterweizen existierten herbizide und fungizide Wirkstoffe, für die ein nicht tolerables Umweltrisiko kalkuliert wurde. Konsequenzen für den Integrierten Pflanzenschutz ergeben sich unter anderem aus der Wahl weniger toxischer Wirkstoffe, einer Reduktion der Gesamtaufwandmenge und nicht-chemischer Maßnahmen, wie mechanische Unkraut­­regulierung oder resistente Sorten.

Stichwörter: Behandlungsindex, SYNOPS, Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP), Umweltrisiko, Pflanzenschutzmittel

Abstract

Corrigendum


In the article „Intensity and risk of chemical pesticides when cultivating sugar beet, silage maize and winter wheat in crop rotations” by Brauer-Siebrecht, W., Jacobs, A., Koch H.-J., Strassemeyer, J. und Märländer, B., which was published on pages 184-195, issue 70, no. 6, corrections were made in Fig. 3. In Fig. 3 a vertical dashed/dotted line was added, which enables a distinction between the environment compartments field and ecoton and soil, respectively. Furthermore, the limit of risk tolerance is now shown as a horizontal dotted (not dashed) line in the upper and lower part of the figure. Finally, the mean was added within the box plots – shown as dashed line. This correction does not affect the conclusions of the paper.

Abstract

The use of chemical pesticides serves at reducing crop yield losses, but is also criticised because of possible ecological risks. The German national action plan on sustainable use of plant protection products aims at reduc­ing these risks. The current study investigated pesticide appli­cations on two sites in Germany in 2011–2014, comparing different crop rotations with sugar beet, silage maize and winter wheat as well as silage maize under continuous cultivation. The treatment index was used as an indicator for the pesticide application intensity. The environmental risk was calculated by the simulation model “SYNOPS” for reference orga­nisms in the non-target compartments “surface water”, “field margin biotope” and “soil”. The treatment index varied between crop rotations from 5.1 to 20.6 and the environmental risk was mostly calculated as very low to medium. No correlation between intensity and environmental risk of crop rotations was found. The lowest treatment index was calculated for silage maize in continuous cultivation, but, the environmental risk was higher. Some herbicidal and fungicidal active ingredients used in silage maize and winter wheat were identified for which non tolerable environmental risks were calculated. Consequences for the Integrated Pest Management result from the choice of active substances with lower toxicity, a reduction of the entire application rate and non-chemical measures like mechanical weed control or resistant varieties.

Key words: treatment index, SYNOPS, national action plan plant protection (NAP), environmental risk, pesticides

Einleitung

Der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln erfolgt zum Schutz der Pflanzen vor Krankheiten, Schädlingen sowie nichtparasitären Einflüssen, um Ernteverluste zu vermeiden, die Qualität der Ernteprodukte zu sichern und so die Effizienz der pflanzlichen Produktion zu steigern (Cooper und Dobson, 2007; BMEL, 2013; Gummert et al., 2014). Die Zulassung und Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln unterliegen in der Europäischen Union (EU) hohen Anforderungen zum Schutz von Mensch, Tier und Naturhaushalt. Dennoch gibt es in der Gesellschaft Bedenken bezüglich der möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Lebensmittelqualität sowie des Auftretens negativer Umwelteffekte (Crane et al., 2006), zudem wird über negative Auswirkungen auf die Biodiversität berichtet (Geiger et al., 2010). Um die entstehenden Risiken zu reduzieren bzw. diesen entgegenzuwirken, wurde mit der Richtlinie 2009/128/EG über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (Anonymous, 2009b) die Implementierung von nationalen Aktionsplänen (NAP) festgelegt.

Für die pflanzliche Produktion auf der Skalenebene Feld haben drei „Globalziele“ des NAP besondere Bedeutung (BMEL, 2013), (i) die Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß, (ii) die Reduktion des Risikos auf den Naturhaushalt um 30% bis 2023 (Basis Mittelwert der Jahre 1996–2005) und (iii) die Weiterentwicklung des Integrierten Pflanzen­schutzes.

Die Reduktion auf das notwendige Maß ist definiert als „die Menge von Pflanzenschutzmitteln, die notwendig ist, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern, weil keine anderen praktikablen Abwehr- und Bekämpfungsmaßnahmen zur Verfügung stehen“ (Burth et al., 2002). Um die Inten­sität des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes zu beschreiben, wurde als Indikator im NAP der Behandlungsindex festgelegt (BMEL, 2013), welcher sich aus der eingesetzten und zugelassenen Aufwandmenge korrigiert um den Flächenanteil ergibt. Die Risikobewertung des chemischen Pflanzenschutzes erfolgt im NAP über das Synoptische Bewertungsmodell für chemische Pflanzenschutzmittel (SYNOPS). Darin erfolgt aufbauend auf Zulassungsdaten zur Toxizität eine Berech­nung des Risikos für aquatische und terrestrische Organismen (Gutsche und Rossberg, 1997; BMEL, 2013). Die Dokumentation des Behandlungsindexes und des Risikos erfolgt kulturartspezifisch auf Basis von Daten aus Praxisfeldern als sogenannte PAPA-Erhebung (früher NEPTUN) bzw. für das Risiko auf Absatzzahlen der chemischen Pflanzenschutzmittel. Beide Dokumentationen können als repräsentativ für Deutschland angesehen werden (BMEL, 2013; Roßberg, 2013; Freier et al., 2015).

Der Integrierte Pflanzenschutz beschreibt eine Kombination aus „biologischen, biotechnologischen, pflanzenzüchterischen sowie anbau- und kulturtechnischen Maßnahmen“, um den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß zu reduzieren (Anonymous, 2012). Insbesondere die Anwendungen von präventiven und nicht-chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen stehen im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes für die Umsetzung der Ziele des NAP im Fokus (BMEL, 2013). Dazu ist weitere Forschung auf wissenschaftlicher Basis erforderlich, um das zukünftige notwendige Maß zu beschrei­ben. Eine der wesentlichen pflanzenbaulichen Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes ist die Fruchtfolge.

Eine abwechslungsreiche Fruchtfolge mit Anbaupausen kann dem Auftreten von Krankheiten und Schädlingen vorbeugen (Böhm, 2014) und somit zu einer Verminderung des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes führen. Weiterhin können in getreidereichen Fruchtfolgen einzelne Kulturarten, wie Zuckerrüben (Beta vulgaris L.), als „Gesundfrucht“ dienen, wenn kulturartspezifische Krankheiten und Schädlinge keinen Einfluss auf die Folgekultur haben und sich folglich der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln beim Anbau der Folgekultur verringern kann (Tzilivakis et al., 2005; Schlüter et al., 2006). Jedoch sind zur Bewertung der Intensität und des Risikos des chemischen Pflanzenschutzes ganzer Fruchtfolgen bislang nur wenige Untersuchungen vorhanden (Busche, 2008; Deike et al., 2008). Dabei unterliegen systematische Vergleiche in Feldversuchen Restriktionen, z.B. hinsichtlich Randomisation, variabler und umweltspezifischer Faktorabstufung der Intensität des chemischen Pflanzenschutzes oder der jahresbezogenen Vergleichbarkeit von Kulturart, Vorfrucht und Fruchtfolge.

Erste kulturartspezifische Untersuchungen zum Behandlungsindex liegen von Reineke et al. (2014) und Andert et al. (2016a, 2016b) für Zuckerrüben, Mais und Winterweizen vor und zur Bewertung des Risikos mittels SYNOPS beim Anbau von Zuckerrüben, Silomais und Winterweizen von Hommel et al. (2006) und Reineke et al. (2014). Datengrundlage sind Erhebungen aus der Praxis, die entweder exemplarisch für bestimmte Umwelten oder aber als repräsentativ für den Anbau der Kulturart insgesamt in Deutschland sind. Ein direkter kulturartspezifischer Vergleich für mehrere Standorte und Jahre ist damit aber nicht möglich.

In der vorliegenden Studie wurde versucht, die Fruchtfolge und kulturartspezifischen Restriktionen der bis­herigen Untersuchungen zum Behandlungsindex und Risiko des chemischen Pflanzenschutzes durch eine spezifische Versuchsanlage, den Fruchtfolgesystemversuch Harste bei Göttingen, zu überwinden. Dieser Dauerversuch wurde um eine identische Anlage in Aiterhofen bei Straubing erweitert. Ziel war die orthogonale Testung mit Randomisation aller Kulturarten und Fruchtfolgen in mehrfacher Wiederholung in jedem Jahr.

Folgende Versuchsfragen zum Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel beim Anbau von Zuckerrüben, Silomais und Winterweizen in verschiedenen Fruchtfolgen sollten beantwortet werden:

(i) welche Unterschiede existieren im Behandlungsindex als Maß der Intensität,

(ii) welches Risiko, kalkuliert durch SYNOPS, ist damit verbunden und

(iii) ob ein nicht tolerables Risiko beim Anbau der verschiedenen Kulturarten auftritt.

Die Untersuchungen auf beiden Standorten waren Teil des Verbundprojektes „Die Zuckerrübe als Energie­pflanze in Fruchtfolgen auf hoch produktiven Standorten – eine pflanzenbaulich/ökonomische Systemanalyse“, in dem Fragestellungen zu Ertrag, Stickstoffdüngung, Energie- und Treibhausgasbilanz sowie ökologischer und ökonomischer Effizienz bearbeitet wurden.

Material und Methoden

Datengrundlage

Als Datenbasis für die Ermittlung der Intensität des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes bzw. des Risikos auf den Naturhaushalt, im Folgenden Intensität bzw. Umweltrisiko genannt, dienten Feldversuche am Standort Aiterhofen (Landkreis Straubing-Bogen; 48°85’ N, 12°63’ O; Bayern) und Harste (Landkreis Göttingen; 51°61’ N, 9°86’ O; Niedersachsen) in den Erntejahren 2011–2014. Am Standort Aiterhofen betrug der mittlere Jahresniederschlag 757 mm und die Jahresdurchschnitts­temperatur lag bei 8,6°C, am Standort Harste bei 651 mm und 9,2°C (DWD, 2015; Mittelwert 1981–2010). Der Bodentyp war an beiden Standorten eine tiefgrün­dige Parabraunerde aus Löss (Ut4). Eine ausführliche Beschrei­bung der Standorte ist in Brauer-Siebrecht et al. (2016) zu finden. Es wurden die Fruchtfolgen (Zwischenfrucht Senf-) Zuckerrüben-Winterweizen-Winterweizen, (Senf-) Silomais-Winterweizen-Winterweizen und (Senf-) Silomais-Zuckerrüben-Winterweizen untersucht. Zusätzlich erfolgte an beiden Standorten der Anbau von Silomais im Daueranbau. Der Anbau jeder Kulturart in jeder Fruchtfolge erfolgte jedes Jahr in vier- bzw. dreifacher Wiederholung (Aiterhofen bzw. Harste) und wird im Folgenden als Fruchtfolgefeld definiert. Am Standort Aiterhofen betrug die Parzellengröße 420 m2, am Standort Harste 230 m2. Die Bodenbearbeitung erfolgte pfluglos und alle Ernterückstände verblieben im Feld. Die Aussaat des Stoppelweizens erfolgte Ende September, die des Rüben- und Maisweizens Ende Oktober. Die mineralische Stickstoffdüngung wurde nach einem standortangepassten Nmin(mineralisierter Stickstoff im Boden)-Sollwertkonzept durchgeführt (Wehrmann und Scharpf, 1979). Der chemische Pflanzenschutzmitteleinsatz erfolgte beim Auftreten von Krankheiten, Schädlingen und Unkräu­tern nach lokalen Empfehlungen der Offizialberatung sowie Einschätzungen der Versuchsansteller. Alle Pflanzenschutzmaßnahmen nach Ernte der Vorfrucht wurden der Folgekultur zugeordnet. Dementsprechend wurden mögliche Maßnahmen zur Zwischenfrucht Senf der Folgekultur Zuckerrübe zugeordnet und Senf nicht separat bewertet. Eine Übersicht zu der Anzahl der chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen in den untersuchten Kulturarten, aufgeteilt nach Wirkbereich, wird in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1. Intensität des chemischen Pflanzenschutzes je Wirkbereich beim Anbau von Zuckerrüben, Silomais und Winterweizen in Aiterhofen und Harste, 2011–2014 (Mittelwerte und Standardabweichungen, n = 4Jahre). VF = Vorfrucht, ZR = Zuckerrüben, SM = Silomais, WW = Winterweizen

  

Anzahl Pflanzenschutz­maßnahmen (min-max)

 

Behandlungsindex

Kulturart

Wirkbereich

Aiterhofen

Harste

 

Aiterhofen

Harste

Zuckerrüben

Herbizid

4–5

3–6

 

3,2 (0,6)

2,5 (1,3)

 

Fungizid

2–3

2

 

2,5 (0,6)

2,0 (0,0)

 

Insektizid

0–2

0–2

 

0,3 (0,5)

0,8 (1,0)

 

Molluskizid

0–1

0–1

 

0,5 (0,6)

0,3 (0,5)

 

 

6,4 (1,1)

5,5 (0,9)

Silomais

Herbizid

1

1–3

 

1,6 (0,4)

2,2 (0,7)

Winterweizen (VF ZR/SM)

Herbizid

1

2

 

0,8 (0,5)

1,9 (0,6)

Fungizid

2–3

3

 

2,3 (0,5)

3,1 (0,4)

Insektizid

0–2

0–3

 

1,0 (0,8)

1,0 (1,4)

Wachstumsregler

1–2

2

 

0,9 (0,4)

1,5 (0,0)

 

 

5,1 (0,9)

7,5 (1,6)

Winterweizen (VF WW)

Herbizid

1

2–3

 

0,9 (0,3)

1,9 (0,4)

Fungizid

2

3

 

2,3 (0,2)

3,1 (0,4)

Insektizid

0–2

0–2

 

1,0 (0,8)

1,0 (0,8)

Wachstumsregler

1–2

2

 

1,0 (0,5)

1,5 (0,0)

 

 

5,2 (1,0)

7,6 (0,9)

Behandlungsindex

Die Intensität des chemischen Pflanzenschutzes wird durch den Behandlungsindex bewertet. Dieser beschreibt die Summe aller Maßnahmen des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes beim Kulturartenanbau als das Verhältnis der tatsächlich aufgewendeten zur zugelassenen Aufwandmenge korrigiert um den Flächenanteil (Formel 1; Roßberg et al., 2002).

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In den Versuchen wurden die Parzellen jedoch stets ganzflächig appliziert. Pro Standort, Untersuchungsjahr und Kulturart wurde der Behandlungsindex der Wirk­bereiche Herbizide, Fungizide und Insektizide berechnet sowie zusätzlich für Zuckerrüben der Wirkbereich Mol­luskizide und für Winterweizen der Wirkbereich Wachstumsregler. Aus diesen Einzelwerten wurden sowohl der Behandlungsindex einer Kulturart (Summe aller Wirk­bereiche) als auch der gesamter Fruchtfolgen einschließlich Silomais im Daueranbau (3-jährige Summe aller Kulturarten einer Fruchtfolge) berechnet. Diese Summe wurde aus den Mittelwerten je Wirkbereich und Jahr errech­net, welche sich aus der Summe der Behandlungsindizes aller Fruchtfolgefelder je Jahr ergaben.

SYNOPS

Das Umweltrisiko, das durch den kulturartspezifischen Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln entstehen kann, wird durch das Modell SYNOPS ermittelt (Gutsche und Rossberg, 1997; Gutsche und Strassemeyer, 2007; Freier et al., 2015). Hier wurde die Version SYNOPS-WEB verwendet (Strassemeyer et al., 2017). Das Modell berechnet Risikoindizes für die Nichtziel-Kompartimente „Oberflächengewässer“, „Saumbiotop“ und „Boden“, die durch Stellvertreterorganismen repräsentiert werden. Als mögliche Wege der Befrachtung durch chemische Pflanzenschutzmittel werden Run-off („Oberflächengewässer“), Drainage („Oberflächengewässer“), Abtrift („Oberflächengewässer“ und „Saum­biotope“) und Interzeption („Boden“) berücksichtigt (Gutsche und Strassemeyer, 2007; Gutsche et al., 2012; Strassemeyer et al., 2017). Die zur Berechnung notwendigen Bodenparameter (z.B. Bodentextur, hydrologische Bodengruppe) wurden aus der Europäischen Bodenkarte (Panagos et al., 2012) entnommen. Die Exposition der Oberflächengewässer wurde für die Abstandsszenarien von 1 m, 20 m und 100 m zwischen Feldkante und Uferböschung des Gewässers berechnet. Dabei wurden die Abstandauflagen der Pflanzenschutzmittel berücksichtigt. Die Risiken wurden kulturart- und jahresspezifisch unter den realen Umwelt- bzw. Standort-/Bodenbedingungen (z.B. Niederschlag, Temperatur; Brauer-Siebrecht et al., 2016) der Feldversuche ermittelt. Als Hangneigung wurde an beiden Standorten 0,5% angenommen.

SYNOPS unterscheidet zwischen einem akuten und einem chronischem Risiko (Freier et al., 2015; Strassemeyer et al., 2017).

Das akute Risiko, das von einem bestimmten Wirkstoff ausgeht (AkRWirkstoff), wird als Quotient des Jahresmaximums der Tageskonzentration (C(t,Wirkstoff)) und der letalen Konzentration (LC50(Wirkstoff)) für die einzelnen Referenzorganismen berechnet (Formel 2). Die LC50 ist eine im Labor bestimmte Konzentration, die auf 50% der Population des jeweiligen Organismus letal wirkt.

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wobei t der laufende Tag in der Anbauperiode der jeweiligen Kulturart ist.

Das akute Risiko aller angewandten Wirkstoffe einer Spritzfolge im Anbaujahr einer Kulturart (AkRSpritzfolge) entspricht dann dem maximalen Risikowert der einzelnen Wirkstoffe (Formel 3).

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wobei n der Anzahl der angewandten Wirkstoffe entspricht.

Das akute Risiko wird für die folgenden Kompartimente mit den jeweiligen Stellvertreterorganismen modelliert:

• „Oberflächengewässer“: Algen, Fische, Wasserflöhe (Daphnien), Wasserlinsen (Lemna), Sedimentorganismen (Chironomus)

• „Saumbiotope“: Honigbienen, Raubmilben (Typhlodromus pyri), Brackwespen (Aphidius rhopalosiphi)

Das chronische Risiko eines bestimmten Wirkstoffs in der Anbauperiode (ChRWirkstoff) wird als Quotient des Jahresmaximums der zeitgewichteten Durchschnittskonzentration (CTWA(t,Wirkstoff), time weighted average concentration) und der ‚no effect concentration‘ (NOECWirkstoff) berechnet (Formel 4). Die NOEC ist eine im Labor bestimmte Konzentration bei der keine erkennbaren Effekte für die Referenz­organismen auftreten (Crane und Newman, 2000). Die zeitgewichtete Durchschnittskonzentration CTWA(t,Wirkstoff) berechnet sich aus dem gewichteten Mittelwert der Tageskonzentrationen über einen Zeitraum von sieben Tagen (Formel 5).

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wobei t der laufende Tag in der Anbauperiode der jeweiligen Kulturart ist.

Im Gegensatz zum akuten Risiko liegt der Berechnung des chronischen Risikos eine Addition der Risikowerte aus unterschiedlichen Wirkstoffen auf täglicher Basis zugrunde. Für die gesamte Spritzfolge im Anbaujahr einer Kulturart wird das chronische Risiko (ChRSpritzfolge) als Jahresmaximum der Tagessummen der Risikowerte berechnet (Formel 6).

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wobei n der Anzahl der angewandten Wirkstoffe entspricht.

Das chronische Risiko wird für die folgenden Kompartimente mit den jeweiligen Stellvertreterorganismen model­liert:

• „Oberflächengewässer“: Algen, Fische, Wasserflöhe (Daphnien), Wasserlinsen (Lemna), Sedimentorganismen (Chironomus)

• „Boden“: Regenwürmer, Springschwänze (Collembolae)

Es wurden die aggregierten Ergebnisse je Fruchtfolgefeld und Jahr verwendet. Das bedeutet, dass jeweils der maxi­male Risikowert, der innerhalb eines Nichtziel-Kompartiments für einen der Stellvertreterorganismen auftrat, für die Ergebnisdarstellung genutzt wird. Diese Maximalwerte wurden über Mediane für die Fruchtfolgen beschrie­ben und als Boxplots (Whisker: 95. Perzentil plus Ausreißer) dargestellt.

Die ermittelten Indizes wurden nach Freier et al. (2015) in folgende Risikoklassen eingeteilt: Akutes Risiko: < 0,01 = „sehr niedrig“; 0,01–0,1 = „niedrig“; 0,1–1 = „mittel“; > 1 „höher“; chronisches Risiko: < 0,1 = „sehr niedrig“; 0,1–1 = „niedrig“; 1–10 = „mittel“; > 10 = „höher“. Nach Anonymous (2009a) und Gutsche et al. (2012) können ab der mittleren Risikoklasse (akut: > 0,1 bzw. chronisch: > 1) negative Effekte auf die untersuchten Stellvertreterorganismen nicht ausgeschlossen werden. Daher wird dieser Bereich hier als „nicht tolerabel“ definiert. Ein niedriger bis sehr niedriger Index bezeichnet dagegen ein „tolerables“ Risiko.

Statistik

Die statistische Auswertung erfolgte separat je Standort, da sich die Anlage und das Pflanzenschutzmanagement der Feldversuche unterschieden. Um zu testen, ob der feste Faktor „Fruchtfolge“ einen Einfluss auf die Variable „Summe der Behandlungsindizes“ der untersuchten Fruchtfolgen einschließlich Silomais im Daueranbau hatte, wurde eine Varianzanalyse mit anschließendem Tukey-Test mit „Jahr“ als Wiederholung durchgeführt. Die Daten vom Standort Aiterhofen wurden log-transformiert, sodass eine Normalverteilung der Residuen erreicht wurde. Um zu überprüfen, ob sich durch den festen Faktor „Fruchtfolge“ ein Einfluss auf die akuten und chronischen Risikoindizes der untersuchten Fruchtfolgen einschließlich Silomais im Daueranbau ergab, erfolgte die Auswertung mit dem nicht-parametrischen Kruskal-Wallis Test, da durch eine log-Transformation keine Normalverteilung der Residuen erreicht werden konnte. Die statistische Auswertung erfolgte durch das Programm SAS 9.4 (Varianzanalyse, SAS Prozedur „mixed“; Kruskal-Wallis, SAS Prozedur „npar1way“; SAS Institute Inc., Cary, USA). Bei beiden Tests wurde das Signifikanz­niveau α = 5% verwendet.

Ergebnisse

Behandlungsindex

Die Intensität, dargestellt durch den Behandlungsindex, lag beim Anbau von Zuckerrüben in Aiterhofen bei 6,4 und in Harste bei 5,5, beim Anbau von Silomais bei 1,6 und 2,2, beim Anbau von Winterweizen (Vorfrucht Zucker­rüben/Silomais) bei 5,1 und 7,5 und beim Anbau von Winterweizen (Vorfrucht Winterweizen) bei 5,2 und 7,6 (Tab. 1).

Der chemische Pflanzenschutzmitteleinsatz in Zuckerrüben wird charakterisiert durch die Applikation von Herbi­ziden und Fungiziden, in Silomais durch die allei­nige Applikation von Herbiziden und in Winterweizen von Fungiziden sowie in geringerem Umfang von Her­biziden/Insektiziden/Wachstumsreglern, entsprechend unterschiedlich war die Anzahl der chemischen Pflan­zenschutzmaßnahmen, die in Silomais mit etwa 1 am geringsten war (Tab. 1).

Am Standort Aiterhofen ergab sich ein nicht signifikant unterschiedlicher Behandlungsindex für Zuckerrüben-Winterweizen-Winterweizen von 16,7, für Silomais-Winterweizen-Winterweizen von 11,9 und für Silomais-Zuckerrüben-Winterweizen von 13,2 (Abb. 1). Dagegen war der Behandlungsindex beim Anbau von Silomais im Daueranbau mit 5,1 signifikant niedriger. Am Standort Harste war der Behandlungsindex zwischen Zuckerrüben-Winterweizen-Winterweizen mit 20,6 und Silomais-Zuckerrüben-Winterweizen mit 15,2 signifikant unterschiedlich, jedoch jeweils nicht zu Silomais-Winterweizen-Winterweizen mit 17,3. Silomais im Daueranbau erreichte mit 6,6 einen signifikant geringeren Behandlungsindex.

Abb. 1. Behandlungsindex von Fruchtfolgen ein­schließlich Silomais im Daueranbau (aufsum­miert über drei Jahre) in Aiter­hofen und Harste, 2011–2014 (Mittelwer­te; n = 4Jahre). ZR = Zucker­rüben, SM = Silomais, WW = Winterweizen. Unter­schiedliche Klein­­buchstaben kennzeichnen signifi­kante Unterschiede je Standort (ANOVA, p = 0,05).

Abb. 1. Behandlungsindex von Fruchtfolgen ein­schließlich Silomais im Daueranbau (aufsum­miert über drei Jahre) in Aiter­hofen und Harste, 2011–2014 (Mittelwer­te; n = 4Jahre). ZR = Zucker­rüben, SM = Silomais, WW = Winterweizen. Unter­schiedliche Klein­­buchstaben kennzeichnen signifi­kante Unterschiede je Standort (ANOVA, p = 0,05).

SYNOPS

Das akute Risiko war für alle Fruchtfolgen am Standort Harste höher als in Aiterhofen (Abb. 2). Für „Ober­flächengewässer“ zeigte das akute Risiko keine signifikanten Unterschiede und nahm mit zunehmendem Abstand­­szenario ab. In einigen Fruchtfolgen gab es Szena­rien, in denen das akute Risiko im nicht tolerablen Bereich (> 0,1) lag. Beim akuten Risiko für „Saumbio­tope“ gab es lediglich in Harste einen signifikanten Unter­schied zwischen Zucker­rüben-Winterweizen-Winterweizen und Silomais im Daueranbau und im Einzelfall ein nicht tolerables Risiko.

Abb. 2. Aggregiertes akutes Risiko des chemischen Pflan­­zenschutzmitteleinsatzes in den Nicht­ziel-Kom­partimenten „Ober­­flächengewässer“ bei variiertem Abstand zwi­schen Feldkante und Uferböschung des angrenzenden Gewäs­sers und „Saum­biotope“ für Fruchtfolgen ein­schließlich Silomais im Dauer­anbau, Aiterhofen und Harste, 2011–2014. ZR = Zuckerrüben, SM = Silomais, WW = Winterweizen. Werte oberhalb der gestrichel­ten Linie liegen im Be­reich eines mittleren nicht tolerablen Risikos (> 0,1; Freier et al., 2015). Mittelwerte und Mediane, Fruchtfolge n = 3Fruchtfolgefelder × 4Jahre, Daueranbau n = 4Jahre. Unter­­schiedliche Kleinbuch­­staben kennzeichnen signifi­kante Unterschie­de zwischen den Frucht­folgen einschließlich Silomais im Daueran­bau. n. s.: nicht signifi­kant (Kruskal-Wallis, p = 0,05). Boxplots (Whisker: 95. Perzentil plus Ausreißer).

Abb. 2. Aggregiertes akutes Risiko des chemischen Pflan­­zenschutzmitteleinsatzes in den Nicht­ziel-Kom­partimenten „Ober­­flächengewässer“ bei variiertem Abstand zwi­schen Feldkante und Uferböschung des angrenzenden Gewäs­sers und „Saum­biotope“ für Fruchtfolgen ein­schließlich Silomais im Dauer­anbau, Aiterhofen und Harste, 2011–2014. ZR = Zuckerrüben, SM = Silomais, WW = Winterweizen. Werte oberhalb der gestrichel­ten Linie liegen im Be­reich eines mittleren nicht tolerablen Risikos (> 0,1; Freier et al., 2015). Mittelwerte und Mediane, Fruchtfolge n = 3Fruchtfolgefelder × 4Jahre, Daueranbau n = 4Jahre. Unter­­schiedliche Kleinbuch­­staben kennzeichnen signifi­kante Unterschie­de zwischen den Frucht­folgen einschließlich Silomais im Daueran­bau. n. s.: nicht signifi­kant (Kruskal-Wallis, p = 0,05). Boxplots (Whisker: 95. Perzentil plus Ausreißer).

Das chronische Risiko war am Standort Harste höher als in Aiterhofen und es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Fruchtfolgen (Abb. 3). Das chronische Risiko für „Oberflächengewässer“ nahm mit zunehmendem Abstandsszenario ab. Auffällig ist das höhere chronische Risiko für Silomais im Daueranbau am Standort Aiterhofen. Das chronische Risiko für „Boden“ lag im tolerablen Bereich (< 1), während für „Oberflächengewässer“ Szenarien im nicht tolerablen Bereich existierten.

Abb. 3. Aggregiertes chroni­sches Risiko des chemi­schen Pflanzenschutzmit­teleinsatzes in den Nichtziel-Komparti­menten „Oberflächen­gewässer“ bei variiertem Abstand zwi­schen Feldkante und Uferböschung des an­grenzenden Gewässers und „Boden“ für Frucht­folgen einschließlich Si­lomais im Daueranbau, Aiterhofen und Harste, 2011–2014. ZR = Zuckerrüben, SM = Silo­mais, WW = Winterweizen. Werte oberhalb der ge­strichelten Linie liegen im Bereich eines mittle­ren nicht tolerablen Ri­sikos (> 1; Freier et al., 2015). Mittelwerte und Mediane, Fruchtfolge n = 3Fruchtfolgefelder × 4Jahre, Daueranbau n = 4Jahre. n. s.: nicht signifikant (Kruskal-Wallis, p = 0,05). Box­plots (Whisker: 95. Per­zentil plus Ausreißer).

Abb. 3. Aggregiertes chroni­sches Risiko des chemi­schen Pflanzenschutzmit­teleinsatzes in den Nichtziel-Komparti­menten „Oberflächen­gewässer“ bei variiertem Abstand zwi­schen Feldkante und Uferböschung des an­grenzenden Gewässers und „Boden“ für Frucht­folgen einschließlich Si­lomais im Daueranbau, Aiterhofen und Harste, 2011–2014. ZR = Zuckerrüben, SM = Silo­mais, WW = Winterweizen. Werte oberhalb der ge­strichelten Linie liegen im Bereich eines mittle­ren nicht tolerablen Ri­sikos (> 1; Freier et al., 2015). Mittelwerte und Mediane, Fruchtfolge n = 3Fruchtfolgefelder × 4Jahre, Daueranbau n = 4Jahre. n. s.: nicht signifikant (Kruskal-Wallis, p = 0,05). Box­plots (Whisker: 95. Per­zentil plus Ausreißer).

Für den Anbau von Zuckerrüben wurde für alle Wirkstoffe ein tolerables akutes bzw. chronisches Risiko kalkuliert (< 0,1 bzw. < 1; Tab. 2). Beim Anbau von Silomais und Winterweizen trat ein nicht tolerables akutes Risiko für „Oberflächengewässer“ beim Abstandsszenario 1 m hauptsächlich durch herbizide, aber auch fungizide Wirkstoffe auf, während bei den Abstandsszenarien 20 m und 100 m nur durch den Einsatz von Herbiziden ein nicht tolerables akutes Risiko ermittelt wurde. Für „Saumbiotope“ wurde dagegen ein nicht tolerables akutes Risiko lediglich durch den Einsatz je eines spezifischen Herbizids bzw. Fungizids kalkuliert. Für das chronische Risiko für „Oberflächengewässer“ wurde nur durch die Anwendung von Herbiziden ein nicht tolerables Risiko, unabhängig der Abstandszenarien, kalkuliert.

Tab. 2. Aggregiertes Risiko (akut und chronisch) kalkuliert mittels des Modells SYNOPS für verschiedene Wirk­stoffe beim Anbau von Zuckerrüben, Silomais und Winterweizen an zwei Standorten (2011–2014). Dar­gestellt sind hier alle Wirkstoffe, deren Einsatz in hier betrachteten Feldversuchen zu einem nicht tolerablen Risiko führten (akut: > 0,1 bzw. chronisch: > 1; Freier et al., 2015)

     

Risikoindizes

     

akutes Risiko

 

chronisches Risiko

Standort

Kulturart

Wirkbereich

Wirkstoff

Jahr

Oberflächengewässer

Saum­­bio­­tope

Oberflächengewässer

1 m

20 m

100 m

 

1 m

20 m

100 m

Aiterhofen

Zuckerrüben

- alle Werte < 0,1 bzw. < 1 -

 

Silomais

Herbizid

Dimethenam­id-P

2011

0,103

      
 

Herbizid

Dimethenam­id-P

2013

0,202

0,177

0,169

 

1,710

1,490

1,424

 

Herbizid

S-Metolachlor

2011

0,109

      
 

Herbizid

S-Metolachlor

2012

0,108

      
 

Herbizid

Terbuthylazin

2011

   

0,125

   
 

Herbizid

Terbuthylazin

2012

   

0,131

   
 

Herbizid

Terbuthylazin

2014

   

0,120

   
 

Winter­­weizen

Herbizid

Diflufenican

2014

0,249

      
 

Fungizid

Fluxapyroxad

2013

   

0,131

   
 

Fungizid

Prochloraz

2011

0,172

      
 

Fungizid

Prochloraz

2012

0,232

      

Harste

Zuckerrüben

- alle Werte < 0,1 bzw. < 1 -

 

Silomais

Herbizid

Fufenacet

2014

0,270

0,218

0,218

 

1,120

  
 

Herbizid

Terbuthylazin

2011

   

0,201

   
 

Herbizid

Terbuthylazin

2013

   

0,137

   
 

Herbizid

Terbuthylazin

2014

   

0,116

   
 

Winter­­weizen

Herbizid

Diflufenican

2011

0,124

      
 

Herbizid

Flufenacet

2011

0,218

0,176

0,164

    
 

Herbizid

Flufenacet

2012

0,367

0,334

0,324

 

1,651

1,504

1,460

 

Herbizid

Flufenacet

2013

0,311

0,280

0,270

 

1,400

1,254

1,211

 

Herbizid

Flufenacet

2014

0,135

0,102

     
 

Herbizid

Pendimethalin

2011

0,124

      
 

Herbizid

Pendimethalin

2012

0,124

      
 

Herbizid

Pendimethalin

2013

0,124

      
 

Herbizid

Pendimethalin

2014

0,124

      
 

Fungizid

Fenpropidin

2012

0,302

      
 

Fungizid

Fenpropidin

2013

0,242

      

Diskussion

Die Studie war Teil des Verbundprojektes „Die Zuckerrübe als Energiepflanze in Fruchtfolgen auf hoch produk­tiven Standorten – eine pflanzenbaulich/ökonomische Systemanalyse“, in dem untersucht wurde, ob Zucker­rüben eine Alternative zum Silomais als Biogassubstrat darstellen können. Die hohen Silomaiserträge (bis zu 27,4 t ha–1 TM) bestätigten dessen hohe Vorzüglichkeit als Rohstoff für die Biogaserzeugung. Zuckerrüben hatten einen etwas geringeren Ertrag (bis zu 23,0 t ha–1 TM), damit proportional hohen Methanhektarertrag (Silo­mais: bis zu 9388 Nm3 ha–1, Zuckerrüben: bis zu 7964 Nm3 ha–1), der aufgrund einer höheren Verwertungseffizienz während der Fermentation teilweise kompensiert werden könnte (Brauer-Siebrecht et al., 2016). Die Stickstoff­bilanz war in Zuckerrüben und Silomais ausgeglichen und die Stickstoffauswaschung gering (Brauer-Siebrecht et al., 2015). Für Silomais bzw. Zuckerrüben betrug der Nettoenergieertrag 212–317 bzw. 119–266 GJ a–1, die Energieeffizienz 11,4–17,1 bzw. 9,1–14,7 GJ GJ–1 und die Treibhausgasemission 2575–3390 bzw. 2551–2852 kg CO2äq ha–1 (Jacobs et al., 2016 und 2017a). In der Fruchtfolge ergaben sich für Silomais im Daueranbau die höchsten Erträge und für die Fruchtfolgen mit Winterweizen (Winterweizen: bis zu 8,7 t ha–1 TM) proportional niedrigere Erträge und entsprechend proportional niedrigere Effizienzindikatoren (siehe oben). Zu weiteren ökologischen und ökonomischen Details der Systemanalyse siehe Jacobs et al. (2017b).

Intensität und Behandlungsindex

Im Vordergrund dieser Studie stand die Bewertung des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes beim Anbau der Kulturarten Zuckerrüben, Silomais und Winterweizen in Fruchtfolgen einschließlich Silomais im Daueranbau. Die Indikatoren sind für die Intensität der Behandlungsindex und für das Umweltrisiko das Simulationsmodell SYNOPS, die beide im NAP auf Basis von EU-Recht (Anonymous, 2009b) und im nationalen Recht (Anonymous, 2012) definiert sind (BMEL, 2013). Für die Intensität liegen Ergebnisse aus der landwirtschaftlichen Praxis für Zuckerrüben aus einer deutschlandweiten Betriebs­befragung (Stockfisch und Ladewig, 2016) und für den Anbau von Silomais und Winterweizen aus dem „Netz Vergleichsbetriebe Pflanzenschutz“ vor (Freier et al., 2015). Beide Datensätze werden kontinuierlich repräsen­tativ für Deutschland dokumentiert (Roßberg, 2016; Roßberg et al., 2017).

Der Behandlungsindex wurde beim Anbau von Zuckerrüben und Silomais vom Standort und Jahr beeinflusst, die Vorfrucht hatte keinen Einfluss.

Beim Anbau von Silomais wird in der Regel nur eine Herbizidmaßnahme appliziert, ggf. zwei im Splittingverfahren (Roßberg, 2016: Behandlungshäufigkeit = 1,4). Folglich war der Behandlungsindex beim Anbau von Silo­mais an beiden Standorten über die Jahre relativ gering und konstant (Tab. 1). Lediglich durch den Einsatz von Glyphosat im Vorauflauf (nicht gezeigt) gab es aufgrund stärkerer Verunkrautung nach milden Wintern infolge pflugloser Bewirtschaftung eine geringe Variabilität durch entsprechend höhere Behandlungsindizes. Die Höhe der Behandlungsindizes lag im ähnlichen Bereich wie in den bundesweiten PAPA-Erhebungen (2011–2014: 1,7–2,0; Roßberg, 2016). Die Unkrautregulierung ist aufgrund der schwachen Konkurrenzfähigkeit junger Maispflanzen erforderlich, um wesentlichen Ertragsverlusten entgegenzuwirken (Oerke, 2006).

Der Anbau von Zuckerrüben erfordert ebenfalls eine intensive Unkrautregulierung, da Zuckerrüben in frühen Entwicklungsstadien besonders empfindlich auf Konkurrenz reagieren und erhebliche Ertragsverluste die Folge sind (Bräutigam, 1998; Gummert et al., 2012). Den höchsten Anteil am Behandlungsindex hatten deshalb Herbi­zide. Die Applikation der Wirkstoffe erfolgte in mehreren sogenannten Splitting-Behandlungen mit unterschiedlichen Aufwandmengen und Mischungspartnern je nach Unkrautvorkommen am jeweiligen Standort und Jahr (Vasel et al., 2012; BVL, 2014). Entsprechend unterschiedlich war der Behandlungsindex für Herbizide zwischen den Standorten und Jahren. Er war in Aiterhofen wegen des Auftretens von Hirse ssp. besonders hoch und lag über dem Durchschnitt der landwirtschaftlichen Praxis in Deutschland (PAPA-Erhebungen, 2011–2014: 2,6–2,8; Roßberg et al., 2017). Die Applikation von Fungiziden wird im Wesentlichen durch die Regulierung von Cercospora beticola als wichtigster pilzlicher Blattfleckenkrankheit bestimmt (Gummert et al., 2012), die in Süddeutschland stärker auftritt als in anderen Anbauregionen Deutschlands (Roßberg et al., 2010). Infolgedessen war der Behandlungsindex in Aiterhofen deutlich höher als in Harste. Im Vergleich zur landwirtschaftlichen Praxis (PAPA-Erhebungen, 2011–2014: 0,9–1,1; Roßberg et al., 2017) war die Applikationsintensität der Fungizide im Mittel höher. Ursache dafür war, dass Standorte mit einem sehr hohen Befall wie in Aiterhofen nur einen kleinen Anteil an den für Deutschland repräsentativen PAPA-Erhebungen ausmachen und der Befallsdruck zwischen (kleineren) Nachbarparzellen erheblich höher ist als zwischen (größeren) Praxisschlägen. Insektizide und mol­luskizide Applikationen sind im Zuckerrübenanbau sehr niedrig.

Der Behandlungsindex von Winterweizen nach Vorfrucht Winterweizen hatte etwas höhere Werte im Vergleich zu den Vorfrüchten Zuckerrüben und Silomais. Erheb­lich höher war aber der Einfluss des Standortes mit intensiverem Einsatz von Fungiziden (und Wachstumsreglern) am Standort Harste. Ursache dafür ist die Witterung in Norddeutschland mit höherem Infektionsdruck von pilzlichen Krankheitserregern, insbesondere Septoria tritici (Freier et al., 2015). Ähnlich standortspezifisch wie für den Behandlungsindex Herbizide bei Zuckerrüben in Aiterhofen, ergibt sich durch den überproportionalen Einfluss von Fungiziden am Standort Harste eine höhere Intensität als in den bundesweiten PAPA-Erhebungen (2011–2014: 1,7–2,4; Roßberg, 2016). Aber auch der höhere Befallsdruck pilzlicher Krankheitserreger zwischen (kleineren) Versuchsparzellen führte im Vergleich zur Praxis zu einem etwas höheren Behandlungsindex. Der Behandlungsindex Insektizide war zwischen den Standorten und Jahren etwa gleich und entsprach etwa dem bundesweiten Mittel. Dagegen war die Applikation von Herbiziden in Harste durch eine zusätzliche Herbstapplikation (Resistenzmanagement, hoher Gräser­druck) und später Verunkrautung, spezifisch mit Cirsium arvense höher als in Aiterhofen.

In unserer Studie konnten die Behandlungsindizes ganzer Fruchtfolgen standort-/jahres-/kulturartspezifisch orthogonal bewertet werden. Bislang gibt es dazu lediglich eine Studie (Busche, 2008), in der der Behandlungsindex ganzer Fruchtfolgen aus Versuchsanlagen im Streifenanbau mit Großparzellen bewertet wurde; hier lag der Behandlungsindex der Fruchtfolge Zuckerrüben-Winterweizen-Wintergerste bei 16,6–17,4, wobei Wintergerste einen geringeren Behandlungsindex hatte als Winterweizen. Würde man die bundesweiten Mittelwerte der PAPA-Erhebungen (2011–2014; Roßberg, 2016) für die Kulturarten Zuckerrüben (Behandlungsindex: 3,9), Silomais (1,9) und Winterweizen (5,2) exemplarisch für die in unserer Studie untersuchten Fruchtfolgen aufaddieren, so würden die Behandlungsindizes für Zuckerrüben-Winterweizen-Winterweizen 14,3, für Silomais-Winterweizen-Winterweizen 12,3, für Silomais-Zuckerrüben-Winterweizen 11,0 und für Silomais im Daueranbau (Summe über drei Jahre) 5,7 betragen. Die Summen über die Fruchtfolgen, ohne Betrachtung des Silomais Daueranbaus, lägen damit z.T. deutlich unter denen in unseren Versuchen (Tab. 1). Ursache dafür sind die bereits erwähnten standort- und versuchsspezifischen Einflüsse, die den chemischen Pflanzenschutz beim Anbau von Zuckerrüben und Winterweizen, nicht jedoch von Silomais, charakterisieren. Bei Silomais ist dagegen das Wirkungsspektrum der Herbizide mit Ausnahme von Hirse ssp. so breit, dass eine Abhängigkeit von Standort und Jahr nicht existiert.

Umweltrisiko und SYNOPS

Das Umweltrisiko, das durch den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel auf Nichtziel-Kompartimente entstehen kann, ist unter anderem abhängig von der Persistenz und dem Abbauverhalten des jeweiligen Wirkstoffs, der Aufwandmenge und den zum Zeitpunkt der Anwendung herrschenden Umweltbedingungen. Die Bewertung des Umweltrisikos mittels SYNOPS ist überaus komplex. Eine methodische Bewertung kann hier nicht erfolgen, da SYNOPS im NAP als Indikator vorgegeben ist (BMEL; 2013). Entsprechende Simulationsstudien sind aber dringend geboten, um die Validität für Ackerbausysteme zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass das Umweltrisiko (wie auch der Behandlungsindex) ein nationaler Indikator ist und deshalb international (auch in der Literatur) wenig präsent ist.

Das Umweltrisiko wurde in unserer Studie für Kulturarten und Fruchtfolgen an zwei Standorten mit den entsprechenden spezifischen Umweltbedingungen kalkuliert. Aufgrund der hohen Abhängigkeit des Simulationsmodells von den spezifischen Umweltbedingungen muss deshalb eine allgemeingültige Aussage mit Vorsicht erfolgen. Die Ergebnisse sind jedoch von hohem Wert, da entsprechende Kalkulationen auf Parzellenbasis in der Literatur nach unserem Wissen bisher nicht beschrieben worden sind.

Beim Anbau von Zuckerrüben war das akute Risiko an beiden Standorten und in den Kompartimenten „Ober­flächengewässer“ und „Saumbiotope“, trotz der hohen Intensität, eher gering. Auch Gutsche et al. (2012) und Reineke et al. (2014) ermittelten Risikoindizes beim Anbau von Zuckerrüben, die bis auf wenige Ausnahmen im tolerablen Bereich lagen. Dagegen war das akute Risiko für „Oberflächengewässer“ beim Abstandsszenario 1 m für den Anbau von Silomais und Winterweizen auf beiden Standorten vor allem für herbizide und fungizide Wirkstoffe zum Teil im nicht tolerablen Bereich. Daraus ergab sich für den Standort Harste ein akutes Risiko in der gesamten Fruchtfolge, das erheblich höher war als in Aiterhofen und für verschiedene Szenarien, unabhängig von der Fruchtfolge, zum Teil deutlich im nicht tolerablen Bereich lag. Demgegenüber lag das akute Risiko für „Saumbiotope“ für alle Fruchtfolgen und Standorte für alle Abstandsszenarien nahezu ausschließlich im tolerablen Bereich.

Dagegen lag das chronische Risiko für „Oberflächengewässer“ und für „Boden“ an beiden Standorten und für alle Fruchtfolgen eher im tolerablen Bereich und nahm mit zunehmendem Abstandsszenario ab. Auffällig war in Aiterhofen, dass Silomais im Daueranbau ein deutlich höheres, zum Teil nicht tolerables chronisches Risiko für „Oberflächengewässer“ hatte und dass die Werte in Harste für alle Fruchtfolgen höher waren als in Aiter­hofen. Ursache dafür sind im Wesentlichen die hohen Risiko­indizes der spezifischen in Harste applizierten Herbizide und Fungizide, die sich aus den toxikologischen Basisdaten der Zulassung ergeben. Diese sind ebenso wie das Simulationsmodell SYNOPS an sich im Kontext dieser Studie eher nicht kritisch zu reflektieren.

Schlussfolgerungen und Integrierter Pflanzenschutz

Der Behandlungsindex war zwischen den Kulturarten, Fruchtfolgen und spezifischen Umwelten (Standort × Jahr) hoch variabel und scheint geeignet die Intensität des chemischen Pflanzenschutzes belastbar zu charakterisieren. In unseren Versuchen konnte eine sehr hohe kulturartspezifische Abhängigkeit von Standort und Jahr und weniger der Fruchtfolge gezeigt werden. Andert et al. (2016b) ermittelten dagegen aus Praxisdaten, dass eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, verbunden mit vielen verschiedenen Kulturarten und Pflugeinsatz, zu einer Reduktion der Behandlungsindizes für Herbizide und Fungizide führen kann. Dies konnte in unseren Unter­suchungen nicht abgebildet werden. Zudem waren die Behandlungsindizes aus unseren Versuchen durchweg höher als die bundesweit repräsentativer Erhe­bungen. Dies zeigt die Grenzen der praxisbezo­genen Interpretation von Ergebnissen aus spezifischen hochkomplexen Versuchsanlagen in spezifischen Umwel­ten im Vergleich zu bundesweit repräsentativen Statistiken aus der Praxis auf. Daraus ergibt sich für die Pflanzenbauforschung die Notwendigkeit von „on field research“, um die Lücke zwischen Parzellenversuchen und Praxis zu schließen.

Im NAP ist festgelegt, dass das Umweltrisiko bei der Applikation von chemischen Pflanzenschutzmitteln zukünftig erheblich sinken soll. Dazu erfolgt eine Kalkulation mit SYNOPS auf Basis von national repräsentativen Absatzzahlen. In unserer Studie wurde dagegen versucht mit SYNOPS das Umweltrisiko für spezifische Ackerbausysteme zu kalkulieren. Das hochkomplexe Simu­lationsmodell und die Komplexität der Eingangsdaten (Wirkstoffe, Abbauverhalten, etc.) machen absolute Aussagen kaum möglich. Dies betrifft insbesondere Szenarien, in denen ein nicht tolerables Risiko für Stellvertreterorganismen in verschiedenen Nichtziel-Kompartimenten kalkuliert wurde (akut: > 0,1 bzw. chronisch: > 1). Diese dürfen nicht im Widerspruch zur Zulas­sung der Wirkstoffe stehen, zumal das Simula­tions­modell gerade auf den toxikologischen Daten der Zulassung aufbaut. Vielmehr ist das mit SYNOPS kalkulierte Umweltrisiko nur geeignet, um potenzielle Trends oder Unterschiede in Ackerbausystemen, hier Kultur­arten und Fruchtfolgen, aufzuzeigen. Dies erscheint möglich. Allerdings zeigte unsere Untersuchung, dass bei einer hohen Intensität des chemischen Pflanzenschutzes nicht gleichzeitig von einem hohen Umwelt­risiko auszugehen ist, wie auch Studien von Roßberg (2013) und Reineke et al. (2014) bestätigen. Dies ist im NAP auch nicht gefordert, denn der Behandlungsindex soll die (agronomische) Intensität abbilden.

Zur Senkung des Umweltrisikos ergibt sich im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes die Notwendigkeit zur entsprechenden Auswahl von Wirkstoffen mit eher geringeren Risikoindizes, wie in unseren Untersuchungen für Herbizide und Fungizide in Winterweizen gezeigt. Für den Anbau von Zuckerrüben ist dies als Beratungsgrundlage in den Leitlinien des Integrierten Pflanzenschutzes durch die Aufnahme in den Anhang I des NAP erstmalig vorgegeben (BMEL, 2018) und sollte von der Beratung konsequent umgesetzt werden. Auch ist für einzelne Wirkstoffe nach Hommel et al. (2006) eine Reduktion des Einsatzes z.B. im Maisanbau möglich. Um Handlungsoptionen zur Risikominimierung durch den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln abzuleiten, müssten jedoch weitergehende SYNOPS-Bewertungen für verschiedene Kombinationen aus Standorten, Jahren (Witterung), Kulturarten und Wirkstoffen durchgeführt werden. Im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes sind aber vor allem auch nicht-chemische Minderungsmaßnahmen von Bedeutung, wie z.B. die Nutzung von Filterstreifen (Brown et al., 2017; z.B. für Winterweizen), die mechanische Unkrautbekämpfung (Griepentrog und Dedousis, 2009; z.B. für Silomais) oder der Einsatz resistenter Sorten (Vogel et al., 2018, z.B. für Zuckerrüben).

In unserer Studie wurden keine eindeutigen fruchtfolgespezifischen Effekte auf das Umweltrisiko gefunden, die vom Einfluss der Umwelt (Standort × Jahr) und Wirkstoffe überlagert wurden. Weiterhin ist kritisch zu hinterfragen, ob zur Bewertung eine kumulative Aggregation ausreichend ist oder das Umweltrisiko beim Anbau verschiedener Kulturarten Interaktionen zur Fruchtfolge zeigt. Dazu wäre eine umweltspezifische Faktorabstufung der Intensität des chemischen Pflanzenschutzes kulturart- und fruchtfolgespezifisch erforderlich. Dies stößt an Kapazitätsgrenzen von Feldversuchen. Es zeigt sich aber insgesamt, dass weitere Studien zur Intensität und zum Umweltrisiko für verschiedene Ackerbausysteme erforder­lich sind.

Danksagung

Das Projekt war Teil des Verbundprojektes „Die Zuckerrübe als Energiepflanze in Fruchtfolgen auf hoch produktiven Standorten – eine pflanzenbaulich/ökonomische Systemanalyse“ und wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Die Autoren bedanken sich bei allen technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Hilfskräften des Instituts für Zucker­rübenforschung für die tatkräftige Unterstützung bei den Feldversuchen und der Datenverarbeitung. Zudem gilt ein herzlicher Dank der Familie Griesbauer sowie der ARGE Regensburg.

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