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Originalarbeit-Kurzmitteilung

Ackerbaustrategie 2035 des BMEL

2035 Arable Farming Strategy of the BMEL

Holger Beer1 und Lorenz Kottmann2
Affiliationen
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Leitung, Kleinmachnow 1
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Braunschweig2

Journal für Kulturpflanzen, 72 (7). S. 262–264, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.07.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Holger Beer, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Leitung, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, E-Mail: holger.beer@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
25. Mai 2020
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Zusammenfassung

Ende 2019 wurde das Diskussionsppapier zur Ackerbau­strategie 2035 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgestellt. Das Julius Kühn-Institut (JKI) war intensiv in die Vorarbeiten eingebunden und hat das BMEL bei der Erarbeitung des Diskussionspapiers zur Ackerbaustrategie aktiv unterstützt. Die Ackerbau­strategie beschreibt sechs Leitlinien, welche die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Ackerbau darstellen. In insgesamt 12 Handlungsfeldern werden Herausforderungen und Zielkonflikte aufgezeigt, und entsprechende Ziele und Maßnahmen benannt. Im Folgenden werden einige Inhalte der Ackerbaustrategie vorgestellt. Zudem wird aufgezeigt, wie die Ressortforschung – und das JKI im Speziellen – die Umsetzung der Ackerbaustrategie bereits heute wie auch in Zukunft aktiv unterstützt.

Stichwörter: Ackerbaustrategie, nachhaltiger Pflanzenbau, Boden, Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung, Biodiversität, Digitalisierung, Düngung, Klimaanpassung, Fruchtfolge

Abstract

At the end of 2019, the Federal Ministry of Food and Agri­culture (BMEL) presented a discussion paper on the Arable Farming Strategy. The Julius Kühn-Institut (JKI) was intensively involved in the preparatory work and sup­ported the BMEL in developing the arable farming stra­tegy. It describes six guidelines that define the framework for sustainable arable farming. In a total of 12 fields of action, challenges and conflicting objec­tives are named and corresponding objectives and measures are identified. Some of the contents of the arable farming strategy are presented below. It is also shown how departmental research – and the JKI in particular – is already actively supporting the implementation of the arable farming strategy today as well as in the future.

Key words: Arable Farming Strategy, Sustainable Agriculture, Soil, Crop Protection, Plant Breeding, Digitalisation, Biodiversity, Nutrition, Climate Change, Crop Rotation

Frau Bundesministerin Julia Klöckner hat am 19. Dezember 2019 das Diskussionspapier zur Ackerbaustrategie 2035 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgestellt. Mit diesem Diskussionspapier kam Frau Klöckner der Forderung im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD der 19. Legislaturperiode nach, in dem die Erarbeitung der Ackerbaustrategie vereinbart wurde.

Das Julius Kühn-Institut (JKI) wurde Anfang 2018 gebe­ten, das BMEL fachlich bei der Erarbeitung der Ackerbaustrategie zu unterstützen. Die Aktivitäten des JKI in den beiden vergangenen Jahren umfassten die Feder­führung des Arbeitsteams, die Einbindung von weiteren Experten und die Vernetzung mit potenziellen Akteu­ren sowie die Erarbeitung von Konzepten und Handlungsoptionen. Vom Arbeitsteam wurden wichtige fach­liche Grundlagen für die Ackerbaustrategie erstellt. Dieses 27-köpfige Arbeitsteam bestand aus Vertreterinnen und Vertretern des JKI, des Thünen-Instituts (TI), der Landwirtschaftskammern Nordrhein-Westfalens und Schleswig-Holsteins, der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalts, des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft, des Bundessortenamts und des Informations- und Koordinationszentrums für biologische Vielfalt der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Die Vorschläge des Arbeitsteams wurden mit einem Expertengremium diskutiert und ergänzt. In diesem Expertengremium arbei­teten Vertreter von Universitäten, Bundesforschungsanstalten und weiteren Institutionen (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft, Deutsches Geoforschungszentrum, Landesanstalt für Landwirtschaft Bayern, Deutsche Bundesstiftung Umwelt) mit. Im Ergebnis wurde vom Arbeits­team ein Abschlussbericht mit Empfehlungen für die Erarbeitung der Ackerbaustrategie erstellt und dem BMEL vorgelegt. Auf der Grundlage dieses Arbeitspapiers wurde das im Dezember 2019 vorgestellte Diskussionspapier zur Ackerbaustrategie im BMEL erarbeitet und abge­stimmt.

Die Ackerbaustrategie gliedert sich in Leitlinien und Handlungsfelder. Insgesamt werden sechs Leitlinien benannt, die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Ackerbau darstellen: Versorgung, Einkommenssicherung, Umwelt- und Ressourcenschutz, Biodiversität, Klimaschutz und Klimaanpassung sowie gesellschaftliche Akzeptanz. In den insgesamt 12 produktionsbezogenen und übergreifenden Handlungsfeldern werden Ausgangslage, Problemstellung und Zielkonflikte aufgezeigt, sowie Ziele und die erforderlichen Maßnahmen beschrie­ben. Die Kompetenzbereiche des JKI werden durch die fachlichen und produktionsbezogenen Handlungsbereiche nicht nur berührt, sondern direkt oder auch indirekt bedient; das soll im Folgenden beispielhaft gezeigt werden.

Die Ackerbaustrategie ist zukunftsorientiert formuliert und im Vorwort wird der Versuch unternommen, einen Ausblick auf den Ackerbau im Jahre 2035 zu nehmen. Gleich zu Beginn wird das Thema biologische Vielfalt aufgegriffen: „2035 summt und brummt es über deutschen Äckern und Feldern wieder lauter.“ Dieser Ausblick ist realistisch, denn hier ist bereits in den letzten beiden Jahren viel passiert. Dem Thema biologische Vielfalt ist in der Ackerbaustrategie viel Raum gewidmet und Ziele sowie konkrete Maßnahmen werden benannt, mit deren Hilfe diese Ziele erreicht werden sollen. Mit der Umsetzung eines Teils dieser Maßnahmen wurde bereits begon­nen. Mit der an erster Stelle genannten Maß­nahme, dem Aufbau eines systematischen und bundesweiten Monitorings zur biologischen Vielfalt in der Agrar­landschaft wurde bereits im Jahre 2018, d.h. zeitgleich mit der Erarbeitung der Ackerbaustrategie, angefangen. Das vom TI, dem JKI und der BLE gemein­sam entwickelte Konzept für ein Langzeitmonitoring besteht aus drei Teilen: In einem generellen Trendmonitoring sollen Aussagen zum gesamten Bundesgebiet erarbeitet werden. Ergänzt wird es durch ein vertiefendes Monitoring zu bestimmten Fragestellungen. Im dritten Arbeits­paket, dem Citizen-Science, sollen Landwirte, Verbände und interessierte Bürger eingebunden werden. An dem Vorhaben sind über 13 verschiedene Fach­institute des TI, des JKI und der BLE beteiligt.

Als Beispiel für eines der Handlungsfelder sei hier der Boden genannt. Vorrangiges Ziel ist hier die weitere Stärkung des Bodenschutzes und der Bodenfruchtbarkeit, das schließt die funktionelle und strukturelle Bodenbiodiversität ein. Schädliche Einflüsse auf den Boden durch Erosion, Bodenschadverdichtung und den unerwünschten Eintrag von Schadstoffen sollen verringert werden. Gleichzeitig wird auf die sich hieraus ergebenden Zielkonflikte verwiesen. „Eine reduzierte Bodenbearbeitung geht einher mit einer Vielzahl von positiven Wirkungen wie z.B. einer Erhöhung des Humusgehaltes, einem verstärkten Erosionsschutz in besonders gefähr­deten Lagen oder einer schnelleren Aufnahme von Wasser einher.“ Diese positiven Wirkungen der reduzierten Bodenbearbeitung sind durch den Einsatz von Breitbandherbiziden möglich. Alternativen gibt es derzeit kaum. Die wenigen sind nicht praktikabel bzw. nicht wirtschaftlich. Darauf wird in der Wirtschaftlichkeits­bewertung hingewiesen. Dieser Hinweis ist im Übrigen grundsätzlich auf alle Handlungsfelder übertragbar, denn viele der vorgeschlagenen Maßnahmen, wie z.B. ein besserer Bodenschutz und Humusaufbau, können mit zusätzlichen Aufwendungen für die landwirtschaftlichen Betriebe verbunden sein und wirken sich nur mittel- bis langfristig aus.

Das Handlungsfeld Pflanzenschutz ist vor dem Hintergrund dieses Sonderheftes von besonderem Interesse. Bekanntlich steht der Pflanzenschutz schon seit geraumer Zeit im Mittelpunkt der öffentlichen Kritik. Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln wird unter anderem mitverantwortlich gemacht für den Verlust an Biodiversität, für Rückstände im Grund- und Oberflächenwasser, im Boden, in Ernteprodukten. Vielen geht die im Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwen­dung von Pflanzenschutzmitteln vereinbarte Risiko­reduktion nicht weit genug. Gefordert wird eine deutliche und zeitnahe Reduzierung der Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. In der Ackerbaustrategie wird als Zielstellung formuliert, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die nicht als „low-risk-Produkt“ im Sinne des EU-Pflanzenschutzrechts eingestuft sind, bis 2030 deutlich zu reduzieren. Aus der Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel soll bis Ende 2023 ganz ausgestiegen werden. Aus diesen beiden Zielstellungen ergeben sich jede Menge Fragen. Hinreichend bekannt ist, dass alternative biologische Mittel und Verfahren fehlen. Bekannt ist auch, dass resistente Sorten in nicht ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen oder aber verfügbare resistente Sorten im praktischen Anbau zu wenig genutzt werden. Nicht bekannt ist, welche Folgen ein Verzicht der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln hat. Im Institut für Strategien und Folgenabschätzung des JKI wird dieser Frage in Langzeitversuchen nachgegangen. Mit den Freilandversuchen wurde vor 25 Jahren begonnen, um eine solide Datengrundlage für die Folgenabschätzung zu schaffen. Diese Folgenabschätzung soll einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeitsbewertung des Pflanzenschutzes leisten. Hierzu wird in der Ackerbaustrategie ausgeführt: „Für die Weiterentwicklung des Pflanzenschutzes ist ein Systemwechsel des Ackerbaus hin zu einem resilienten System mit robusteren Kulturpflanzen Grundvoraussetzung. Gleichwohl wird der Einsatz resistenter Sorten und nicht-chemischer Pflanzenschutzmittel oder Verfahren mit zusätzlichen Aufwendungen und Investitionen in neue Technik verbunden sein.

Hierfür sollen die Daten der Dauerfeldversuche eine wertvolle Informationsquelle sein, da sich viele Maßnahmen erst nach einigen Jahren auswirken, dies gilt z.B. für den kompletten Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz. Die Beiträge in diesem Sonderheft zeigen eindrucksvoll, dass für eine sichere Beurteilung Untersuchungsergebnisse mehrerer Jahre, besser noch Dauerversuche, notwendig sind.

Interessenskonflikte

Die Autoren erklären, dass keine Interessenskonflikte vorliegen.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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Präsident und Professor
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Schriftleitung
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