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Home / Archiv / Bd. 75 Nr. 01-02 (2023) / Editorial

Journal für Kulturpflanzen, 75 (01-02). S. 1, 2023 | DOI: 10.5073/JfK.2023.01-02.01 | Editorial

Editorial
Falko Feldmann, Ute Vogler

Urbane Landwirtschaft in Deutschland

Urban agriculture in Germany

Affiliation
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und urbanem Grün, Braunschweig.
Kontaktanschrift
Dr. Falko Feldmann, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und urbanem Grün, Messeweg 11-12, 38104 Braunschweig, E-Mail: falko.feldmann@julius-kuehn.de

Die urbane Landwirtschaft umfasst alle Produktionssysteme und -verfahren der Landwirtschaft im weitesten Sinn, die auf Flächen, in Gewässern oder auf, an oder in Gebäuden in der Stadt oder ihrem nahen Umfeld für die kommerzielle oder nicht-kommerzielle Erzeugung von Leistungen im stadtregionalen, d. h. stadtnahem ruralen, peri-urbanen und intra-urbanen Raum genutzt werden.

Nach dieser Definition sind mindestens 25 % der landwirtschaftlichen Fläche bundesweit als urbane Landwirtschaft anzusprechen. Tatsächlich werden bereits eigene Subventionswege aus der gemeinsamen Agrarpolitik gesucht. Die Ausweitung und Intensivierung der urbanen Landwirtschaft ist zu erwarten, da der Deutsche Städtetag bereits die Absicht formulierte, über die urbane Landwirtschaft einen Beitrag zur Schaffung nachhaltiger und lokaler Konsum- und Produktionsmuster zu schaffen und so soziale Interaktionen für Netzwerke lokaler Märkte zu stärken.

Die augenblicklichen Krisen verstärken den Wunsch, den Selbstversorgungsgrad der Städte zu steigern und verstärken so den Trend. Produktions- und Vermarktungsgenossenschaften formieren die Stadtregionen durch neue Verbünde und Standards. Gemeinschaftsgärten und Gartennetzwerke bilden Konsortien mit Initiativen der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) und entwickeln neue Anbaukonzepte. Im Pflanzenschutz werden Belange privater und öffentlicher Flächen, professioneller und nicht-professioneller Anwendungen vermengt und neue nicht-chemische Alternativen und biologische Bekämpfungsmaßnahmen sind ebenso erforderlich wie neue Informations- und Beratungswege. Betriebe, nicht-professionelle urbane Gärtner und Städte/Kommunen sind in weiten Bereichen über die Landschafts- und Städteplanung sowie die Ressourcenbereitstellung miteinander verzahnt.

Eine Intensivierung der urbanen Landwirtschaft und ihre konsequente Ausrichtung auf die naheliegenden Städte hat eine erhebliche Auswirkung auf die Nachhaltigkeit des städtischen Ernährungssystems in ökonomischer, ökologischer, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht. Gesellschaftliche Anforderungen werden von der Stadt in den ruralen Bereich übertragen und die Landwirtschaft insgesamt an den Vorstellungen der Stadtbewohner gemessen. Die urbane Landwirtschaft ist bereits heute ein Versuchsfeld für die Landwirtschaft der Zukunft insgesamt.

Die Zukunft der urbanen Landwirtschaft wird geprägt sein von der Diversifizierung des Kulturpflanzenspektrums und der Anbausysteme. Monokulturen werden abgelöst durch Mischkulturen und neuen Rotationsformen. Einjährige und mehrjährige Kulturpflanzen werden in Agroforstsystemen zu einer besseren Ressourcennutzung führen. Regenerative Permakultursysteme werden entstehen und ihre Produktivität im Verhältnis zu konventionellem Anbau unter Beweis stellen müssen. Spotfarming in all diesen Mischkulturen wird auf Digitalisierung von Anbau und Ernteverfahren treffen und zu einer Revolutionierung der Anbaumöglichkeiten führen. Neben dem erdgebundenen Anbau wird in der urbanen Landwirtschaft eine moderne Pflanzen- und Tierproduktion in Gebäuden und Gewächshäusern entstehen.

Eine der wichtigsten Merkmale der urbanen Landwirtschaft wird ihre Einbindung in die blau-grüne Infrastruktur des ruralen und stadtregionalen Raumes sein. Flächen werden multifunktional gestaltet und genutzt werden müssen. Das bedeutet, dass Naturschutz-, Klimaschutz- und Biodiversitätsaspekte ebenso wie gesellschaftliche, soziale und ökonomische Belange Berücksichtigung finden müssen. Dieser Balanceakt wird hohe Anforderungen an alle Akteure stellen und nicht ohne partizipative Einbindung der Stadtbewohner gelingen.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Forschungseinrichtungen des Geschäftsbereiches des deutschen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in mehreren Workshops mit dem Begriff der „urbanen Landwirtschaft“ sowie wichtigen weiteren, häufig gebrauchten Termini beschäftigt und auf spezifische Definitionen geeinigt. Wichtige Ergebnisse und Definitionen werden nachfolgend in diesem Themenheft des Journals für Kulturpflanzen präsentiert. Aufbauend auf diese Basis wird die anschließende Diskussion der nächsten Integrationsschritte wesentlich erleichtert sein.

 

ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
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Schriftleitung
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Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
E-Mail: journal-kulturpflanzen@julius-kuehn.de
Co-Schriftleitung
Dr. Heike Riegler
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