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Journal für Kulturpflanzen, 75 (09-10). S. 248–258, 2023 | DOI: 10.5073/JfK.2023.09-10.03 | Bänsch et al.

Originalarbeit
Jonas Bänsch1, Cornelia Dubois2, Max Wieners1, Michael Fischer2, Markus SchollerORCID-icon1

rDNA-Analysen weisen darauf hin, dass der eingewanderte kryptische Mittelmeer-Feuerschwamm (Fomitiporia mediterranea) ursächlich ist für das Absterben gepfropfter Kugelrobinien (Robinia pseudacacia ‚Umbraculifera‘)

rDNA analyses indicate that the introduced cryptic species Fomitiporia mediterranea is the causal agent for the dieback of grafted mop head acacias (Robinia pseudoacacia ‘Umbraculifera’)

Affiliationen
1Staatliches Museum für Naturkunde, Karlsruhe.
2Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau, Siebeldingen.
Kontaktanschrift
Dr. Markus Scholler, Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe, Erbprinzenstr. 13, 76133 Karlsruhe, E-Mail: markus.scholler@smnk.de
Der Autor/Die Autorin 2023
Dies ist ein Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC BY 4.0) zur Verfügung gestellt wird (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).
 
Zur Veröffentlichung eingereicht/angenommen: 15. August 2023/31. August 2023

Zusammenfassung

Ein epidemisches Auftreten des Polsterförmigen Feuerschwamms (Fomitiporia punctata, Agaricomycotina, Fungi) wurde in den vergangenen Jahren auf verschiedenen Laubgehölzen (Wisteria floribunda, Platanus acerifolia, Robinia pseudoacacia) im innerstädtischen bzw. innenstadtnahen Teil von Karlsruhe (Baden-Württemberg, Deutschland) beobachtet. Zahlreiche gepfropfte rund 40 Jahre alte Kugelrobinien (R. pseudoacacia ʿUmbraculiferaʾ) sind krank oder sind bereits abgestorben. Eine rDNA-Analyse (Marker: ITS) auf der Basis von Frisch- und Herbarmaterial zeigte, dass es sich mitnichten um F. punctata sondern um den eingewanderten morphologischen Doppelgänger Mittelmeer-Feuerschwamm (F. mediterranea) handelt. Diese Art war bisher in Deutschland überwiegend auf Wein (Vitis vinifera) bekannt. Die Symptome bei Kugelrobinien werden, u. a. anhand von Stammquerschnitten, detailliert beschrieben und illustriert. Eine Verbreitungskarte der beiden Pilzarten wird für Karlsruhe erstellt. Der Fund (Herbarbeleg) von F. mediterranea auf C. avellana von 1988 aus Rheinland-Pfalz ist der Erstnachweis der Art in Deutschland. Die Frage, wann ungefähr die Art nach Deutschland einwanderte ist Gegenstand der Diskussion.

Stichwörter

Klimawandel, invasive Art, Neomycet, Mediterranean elbowpatch crust, Phellinus, urbane Mykologie, weites Wirtspektrum, Weißfäule

Abstract

An epidemic spread of the Elbowpatch crust (Fomitiporia punctata, Fungi) has been observed in recent years on decidu­ous woody plants (Wisteria floribunda, Platanus acerifolia, Robinia pseudoacacia) in Karlsruhe (Germany). Numerous grafted mop head locust trees (R. pseudoacacia ʿUmbraculiferaʾ) are diseased or already dead. An rDNA analysis (marker: ITS) showed that it was by no means F. punctata but the morphological lookalike F. mediterranea, which probably migrated to Central Europe. This species was previously known in Germany mainly on Vitis vinifera. The symptoms caused by the fungus on locust trees are described and illustrated in detail. A distribution map of the two species for Karlsruhe is being drawn up. The discovery (of a herbarium specimen) of F. mediterranea on Corylus avellana collected in 1988 in Rheinland-Pfalz is the first record of the species in Germany. The question of when abouts the invasive species migrated to Germany is the subject of discussion.

Keywords

Global warming, invasive species, neomycete, Mediterranean elbowpatch crust, Phellinus, urban mycology, broad host range, white rot

Einleitung

Der Polsterförmige Feuerschwamm (Englischer Volksname Elbowpatch crust) (Fomitiporia punctata (P. Karst.) Murrill ≡ Phellinus punctatus (P. Karst.) Pilát) (Agaricomycotina, Fungi) ist eine nordhemisphärisch verbreitete Porlingsart, in Europa bevorzugt in der borealen Zone aber auch an geeigneten Standorten in Mitteleuropa (Ryvarden & Melo, 2014). Sie bildet auf toten oder absterbenden stehenden Stämmen mehrjährige, braune polsterförmige Fruchtkörper. Als Substrat bevorzugt die Art in Mitteleuropa Corylus (Hasel) und Salix (Weiden) (z. B. Jahn, 1967; Jülich, 1984; Krieglsteiner, 2000). Doch auch weitere Laubgehölze werden gelistet, so für Baden-Württemberg Acer (Ahorn), Alnus (Erle), Betula (Birke), Fagus (Rotbuche), Frangula (Faulbaum), Fraxinus (Esche), Populus (Pappel), Prunus (Kirsche), Rosa (Rose), Sorbus (Eberesche) und Tilia (Linde) (Krieglsteiner 2000). Im Rahmen unserer Untersuchungen zur Pilzflora von Karlsruhe (Scholler & Müller, 2008) konnten wir die Art auch auf Platane (Platanus acerifolia), Robinie (Robinia pseudoacacia) und Blauregen (Wisteria floribunda) im Stadtgebiet nachweisen. In Freiburg fanden wir ebenfalls einen Feuerschwamm auf Ahorn (Acer saccharinum), den wir morphologisch ebenfalls F. punctata zuordneten.

Ein morphologischer Doppelgänger von F. punctata ist eine erst jüngst beschriebene Art, der Mittelmeer-Feuerschwamm1 (F. mediterranea M. Fisch.) (Fischer, 2002). Der mögliche Ursprung von Fomitiporia mediterranea liegt im Mittelmeerraum (Fischer, 2002), von wo aus die Art während der letzten Dekaden nach Mitteleuropa einwanderte, u. U. in Zusammenhang mit weinbaulichen Maßnahmen (Fischer & González-García, 2015). Die Art lässt sich morphologisch nicht, wohl aber molekularbiologisch von F. punctata trennen (Fischer, 2002). Diese morphologisch kryptischen Arten kommen innerhalb der Gattung Phellinus s.l. (Feuerschwämme) mehrfach vor und sind Thema intensiver systematisch-taxonomischer Arbeiten (z. B. Fischer & Binder, 2004; Tomsovský et al., 2010a; b). Fomitiporia mediterranea wurde als Bestandteil der Esca-Krankheit, einer komplexen Abbaukrankheit von Weinreben (Vitis vinifera), identifiziert. Diese Holzkrankheit wird von mehreren Pilzarten verursacht, F. mediterranea gilt als das letzte Glied der Erreger (Fischer, 2002). In den letzten 30 Jahren hat sich die Esca-Krankheit stark ausgebreitet und wurde in Deutschland erstmals Mitte der 1980er Jahre südlich von Freiburg beobachtet (Kassemeyer et al., 2002, zitiert nach Fischer, 2012). Leider bleibt die Frage offen, ob seinerzeit auch schon F. mediterranea mit eingewandert ist. Nach seiner Entdeckung und Beschreibung (Fischer, 2002) startete man ein deutschlandweites Monitoring in dem die Art bis 2012 in fast allen Weinbauregionen Deutschlands mit Schwerpunkt Südwestdeutschland festgestellt werden konnte (Fischer, 2012). In der Folgezeit zeigte sich, dass die Art mitnichten auf Wein als Wirtspflanze beschränkt ist. So konnte F. mediterranea mittlerweile in Europa auf Ahorn (Acer), Kiwi (Actinidia), Zitruspflanzen (Citrus), Hasel (Corylus), Kräuselmyrten (Lagerstroemia), Lorbeerbaum (Laurus), Liguster (Ligustrum), Ölbaum (Olea), Eiche (Quercus) und Robinie (Robinia) belegt werden (Fischer & González García, 2015). In Nordwestdeutschland (Krefeld) wurde der Pilz bereits 2010 anhand von rDNA-Sequenzdaten auch in Robinienholz nachgewiesen (Schmidt et al., 2012).

Die mit großem Abstand am häufigsten befallenen Bäume im Karlsruher Stadtgebiet sind Robinien der Sorte Kugelrobinien (Robinia pseudooacacia ʿUmbraculiferaʾ), die auf Hochstämme der „normalen“ Robinie aufgepfropft werden. Damit wird erreicht, dass der Stamm nicht mehr in die Höhe wächst, sondern nur noch an Breite zunimmt, während sich die kugelförmige Krone ausbildet. Zahlreiche Bäume in Karlsruhe sind krank oder bereits abgestorben, so vor allem in der Markgrafenstraße im östlichen Zentrum der Stadt, wo die Bäume Anfang der 1980er Jahre gepflanzt wurden und seit ca. 15 Jahren absterben und kontinuierlich durch junge Kugelrobinien ersetzt wurden, sowie auch westlich der Fritz-Erler-Str., wo inzwischen vermutlich keine der ursprünglich gepflanzten Bäume mehr stehen (J. Zitzmann, Gartenbauamt Karlsruhe, pers. Mitt.) Das Vorkommen auf einem untypischen Wirt, der Robinie, das epidemische Auftreten verbunden mit einer starken Schädigung des Wirts und das Vorkommen vorzugsweise im innerstädtischen trockenwarmen Bereich führte nun zu der Hypothese, dass es sich bei dem Pilz nicht oder nicht nur um F. punctata sondern um F. mediterranea handeln könne. Hierfür wurden Sequenzanalysen sowohl von Frischmaterial als auch von getrocknetem älterem Material (Herbarbelege), auch von außerhalb Karlsruhes, durchgeführt. Die Befallsmerkmale bei Robinie werden detailliert beschrieben und illustriert.

Material und Methoden

Untersuchte Belege

Für die Sequenzanalysen wurde einerseits getrocknetes Material (Exsikkate aus dem Herbarium des Pilzherbariums des Karlsruher Naturkundemuseums, KR), andererseits Reinkulturen auf Malzextrakt-Medium und gewonnen aus frischen Fruchtkörpern, verwendet (Fischer, 2002). Vorhandene Fruchtkörper wurden getrocknet, im Herbarium als Exsikkat hinterlegt und mit einer Eingangsnummer versehen (Tab. 1).

Molekulare Bestimmung der Erreger: DNA-Extraktion, Sequenzierung

Die Extraktion von DNA aus Herbarmaterial und isolierten Reinkulturen erfolgte in Abstimmung mit dem in Fischer (2019) angegebenen Protokoll. Die Primer ITS5 und ITS4 (White et al., 1990) wurden verwendet, um die ITS-Region (ITS1-5.8S-ITS2) der untersuchten Isolate zu amplifizieren und nachfolgend zu sequenzieren. Die dadurch gewonnenen Sequenzen wurden bei NCBI GenBank (www.ncbi.nlm.nih.gov/genbank/) hinterlegt.

Phylogenetische Analyse

Für die phylogenetische Analyse wurden die forward- und reverse-Sequenzen der jeweiligen Belege mit Geneious 5.6.7 Software (www.geneious.com) aneinandergefügt und editiert. Das Sequenzalignment inklusive 17 Referenzsequenzen (Tab. 1) und Phellinus igniarius (auf Salix caprea) als Außengruppe wurde mit der MAFFT-Onlineversion (https://mafft.cbrc.jp/alignment/software/) durchgeführt (Standardeinstellungen, Iterative refinement methods G-INS-i).

Die Stammbaumerstellung fand mittels MEGA7 (Kumar et al., 2015) statt, wobei die Maximum Likelihood-Methode mit Tamura-Nei Substitutionsmodell und einem Bootstrap-Wert von 100 Anwendung fand.

Verbreitung

Die Fomitiporia-Verbreitung in Karlsruhe wurde anhand von Beleg-Daten aus dem Pilzherbarium des Naturkundemuseums (https://fungi.naturkundemuseum-karlsruhe.de/start) sowie aktuell anhand von gezielten Begehungen von Wein- (Durlach, Turmberg) und Robinienpflanzungen (Kugelrobinien und „normale“ Robinien) (Daxlanden, Rheinstrandallee, am Hochgestade; Grünwinkel, Silcherstraße; Innenstadt-Ost, Nordseite Markgrafenstraße 8-26; Innenstadt-West, Moltkestraße 37-43; Mühlburg, Sophienstraße 206; Oststadt, Hennebergstraße 6; Rüppurr, Holderweg) ermittelt.

Befallsmerkmale

Da die Schädigung des Wirtes und die Verluste in Karlsruhe bei Kugelrobinien hoch sind, wurden bei diesem Wirt die äußeren (u. a. Bildung der Fruchtkörper, Absterben von Ästen, Standfestigkeit der Bäume) und die inneren Befallsmerkmale dokumentiert. Für letztere Untersuchungen wurde exemplarisch ein 120 cm langer Stammabschnitt in 15 Scheiben zersägt. Den abgestorbenen Baum in Karlsruhe-Innenstadt Ost, Markgrafenstr. 14, hatte das Gartenbauamt am 29.1.2022 fällen lassen (Abb. 7).

Abb. 7. Teil eines gefällten Kugelrobinienstamms als Folge von  Fomitiporia mediterranea-Befall in Karlsruhe, Innenstadt-Ost.

Abb. 7. Teil eines gefällten Kugelrobinienstamms als Folge von Fomitiporia mediterranea-Befall in Karlsruhe, Innenstadt-Ost.

Ergebnisse

Bestimmung

Die sequenzierten Belege auf Corylus, Platanus, Robinia und Wisteria konnten durchweg F. mediterranea zugeordnet werden. Lediglich ein Beleg auf Salix cinerea (KR-M-0005854), gesammelt in einer Karlsruher Rheinaue wurde als F. punctata identifiziert. Von dem Beleg konnte nur eine kurze Sequenz generiert werden, diese reicht jedoch aus um den Beleg F. punctata sicher zuordnen zu können. Diese sequenzierten Belege (mit Ausnahme von KR-M-0005854) sowie weitere ITS-Sequenzen aus GenBank wurden für die Phylogenie (Abb. 1) genutzt und sind in Tabelle 1 aufgelistet. Weitere von uns in Karlsruhe gesammelte nicht sequenzierte und auch einige wenige nicht sequenzierbare Belege wurden F. mediterranea aufgrund ihres Vorkommens (urbane trockene Habitate), ihres Wirtsspektrums (Robinia) und ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu sequenzierten F. mediterranea-Fruchtkörpern zugeordnet. Diese Belege werden zusammen mit den sequenzierten Belegen in Tabelle 1 gelistet und für die Verbreitungskarte (Abb. 2) verwendet.

Abb. 2. Verbreitung von Fomitiporia mediterranea und F. punctata in Karlsruhe. Kartengrundlage: © OpenStreetMap contributors. OpenStreetMap database. OpenStreetMap Foundation: Cambridge, UK; 2021.

Abb. 2. Verbreitung von Fomitiporia mediterranea und F. punctata in Karlsruhe. Kartengrundlage: © OpenStreetMap contributors. OpenStreetMap database. OpenStreetMap Foundation: Cambridge, UK; 2021.

Abb. 1. Phylogenie von Fomitiporia anhand von ITS-Sequenzdaten unter Verwendung der Maximum-Likelihood-Methode mit Tamura-Nei Substitutionsmodell. Bootstrapwerte von über 50 % (100 Wiederholungen) sind an den Verzweigungen angegeben. Die für die vorliegende Arbeit sequenzierten Belege sind in Fettdruck hervorgehoben.

Abb. 1. Phylogenie von Fomitiporia anhand von ITS-Sequenzdaten unter Verwendung der Maximum-Likelihood-Methode mit Tamura-Nei Substitutionsmodell. Bootstrapwerte von über 50 % (100 Wiederholungen) sind an den Verzweigungen angegeben. Die für die vorliegende Arbeit sequenzierten Belege sind in Fettdruck hervorgehoben.

Der phylogenetische Stammbaum (Abb. 1) beinhaltet 20 Sequenzen von F. mediterranea, sechs von F. punctata und jeweils zwei von F. hartigii und F. robusta sowie die Außengruppe Phellinus ignarius. Die neun für die vorliegende Arbeit erfolgreich sequenzierten Belege sind in Fettdruck hervorgehoben.

Die Sequenzen umfassen die komplette ITS1 und ITS2-Region und das vollständige 5.8S-Gen sowie Teile der angrenzenden 18S und 28S Gene. Ihre Länge ist innerhalb der Arten leicht variabel, unterscheidet sich aber deutlicher zwischen den verschiedenen Taxa: F. mediterranea weist hauptsächlich 740 Nukleotide auf (14 Belege), in fünf Fällen 742 (Coryllus, Platanus, Vitis) und in einem 744 (Vitis). Die Variabilität ist damit nicht wirtsabhängig. Bei F. punctata finden sich 719 (3) oder 720 (2) Nukleotide pro Sequenz, bei F. hartigii 741 bzw. 743 und bei F. robusta 725 und 726.

Abbildung 1 zeigt vier deutliche Kladen, die aus jeweils einer Fomitiporia-Art besteht. F. mediterranea ist nicht die nächstverwandte Art von F. punctata sondern näher verwandt zu F. hartigii. Die Außengruppe Phellinus ignarius ist deutlich entfernt.

Verbreitung in Karlsruhe

Fomitiporia punctata ist in Karlsruhe nur im westlichen Randgebiet in der Rheinaue und dort auf Salix cinerea (Grau-Weide) vertreten (Abb. 3). Die Funde von Wisteria, Platanus (Abb. 4) und Robinia (Kugelrobinien) (Abb. 5, 6, 7, 8) im urbanen Bereich verteilen sich auf fünf Stadtteile und gehören alle F. mediterranea an. Besonders häufig sind Robinien betroffen, wobei sowohl dicht stehende Alleebäume wie in der Markgrafenstraße als auch solitäre Bäume befallen wurden, so die in der Sophienstraße in der Weststadt und in der Hennebergstraße in der Oststadt (mittlerweile gefällt). Die Verbreitung der beiden Arten in Karlsruhe und ihrer Wirtspflanzen zeigt Abbildung 4. Der älteste Karlsruher Nachweis von F. mediterranea stammt von 2014 (KR-M-0036998) (Tab. 1).

Tab. 1. Beleg-Nummern (Herbarium KR), GenBank-Eingangsnummern, Pilzart, Wirtsart, Fundort- und Habitatangaben, Sammlungsdaten, Beobachtungen, Anmerkungen mit Abbildungsverweisen. Angaben zu „Zustand Material“ wurde nur bei Belegen gemacht, die im Rahmen dieser Untersuchung durchgeführt wurden.

KR-Nummer

GenBank accession no. (ITS)

wiss. Name Pilz

wiss. Name Wirt

Sammler

Fundort

Habitat und Befallsmerkmale

Datum

Zustand
Material

Anmerkungen

KR-M-0058850

OR2299236

Fomitiporia mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler,
J. Bänsch

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Hennebergstraße 6

Vorgarten, lebender Baum, einige Äste abgestorben, Fruchtkörper etwas oberhalb Pfropfungsstelle an Astbasis

11.05.2022

Lebendkulturen

Baum identisch mit
KR-M-0058860

KR-M-0058851

Fomitiporia cf. mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler,
J. Bänsch

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Markgrafenstraße 12

Lebender Baum, einige Äste abgestorben, Fruchtkörper im Bereich der Pfropfungsstelle

11.05.2022

Exsikkat

KR-M-0058852

OR229927

Fomitiporia mediterranea

Platanus acerifolia

M. Scholler,
J. Bänsch

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Erzbergerstraße 107

Lebender Baum, Stamm, Westseite, Fruchtkörper in 2,5 m

11.05.2022

Lebendkulturen

Baum identisch mit
KR-M-0058861

KR-M-0058853

OR229928

Fomitiporia mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler,
J. Bänsch

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Sophienstraße 206

Lebender Baum, einige Äste abgestorben, Fruchtkörper an Stamm im Bereich der Pfropfungsstelle

11.05.2022

Lebendkulturen

KR-M-0058854

OR229929

Fomitiporia mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler,
J. Bänsch

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe-
Rüppurr, Holderweg 15

Lebender Baum, einige Äste abgestorben,
Fruchtkörper an Stamm im Bereich der Pfropfungsstelle, einige benachbarte Robinien gefällt

11.05.2022

Lebendkulturen

KR-M-0042793

OR229925

Fomitiporia mediterranea

Acer sp.

M. Wieners

DE, Baden-Württemberg, Freiburg i. Breisgau

Straßenrand, Baumstumpf

31.03.2017

Exsikkat

KR-M-0019125

OR229923

Fomitiporia mediterranea

Corylus
avellana

H. Staub

DE, Rheinland-Pfalz, Annweiler,
am Trifels

Morscher Ast

31.01.1988

Exsikkat

KR-M-0036998

OR229924

Fomitiporia mediterranea

Wisteria
floribunda

M. Feke

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Steinhäuserstraße 21, Technisches
Gymnasium "Carl-Benz-Schule"

an Gebäude-Ostseite

27.08.2014

Exsikkat

KR-M-0005854

OR335358

Fomitiporia punctata

Salix cinerea

M. Scholler,
B. Oertel ,
M. Wieners

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Fritschlach

Grauweiden-Gebüsch, lebender Baum

13.04.2016

Abb. 3

KR-M-0058858

Fomitiporia cf. mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler,
J. Zitzmann

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Markgrafenstraße 12

Lebender Baum, Stamm bereits wackelig, die meisten Äste bereits abgestorben, Fruchtkörper etwas oberhalb der
Pfropfung in ca. 2 m, 3. Baum von Westen

18.06.2021

KR-M-0058859

Fomitiporia cf. mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler,
J. Zitzmann

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Markgrafenstraße 12

Lebender Baum, stark geschädigt, meiste Äste tot, Frucht­körper oberhalb Pfropfung in ca. 2,2 m, Holz mit Nistgängen von
Xylocopa violacea (Große Blaue Holzbiene)

18.06.2021

KR-M-0058860

OR229930

Fomitiporia mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler,
J. Zitzmann

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Hennebergstraße 6

Vorgarten, lebender Baum, einige Äste abgestorben, Fruchtkörper oberhalb
Pfropfungstelle an Astbasis.

18.06.2021

Frischmaterial

Abb. 5, Baum
identisch mit
KR-M-0058850

KR-M-0058861

OR229931

Fomitiporia mediterranea

Platanus acerifolia

M. Scholler,
J. Zitzmann

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Erzbergerstraße 107

Lebender Baum, Stamm, Westseite, in 2,5 m

18.06.2021

Frischmaterial

Abb. 4, Baum
identisch mit
KR-M-0058852

KR-M-0058896

Fomitiporia cf. mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Markgrafenstraße 12

Fruchtkörper direkt oberhalb Pfropfung am Stamm und auf Unterseite von Ästen im stammnahen Bereich, Baum gefällt

29.01.2023

Abb. 7, 8

KR-M-0052169

Fomitiporia cf. mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Innenstadt-Ost, Markgrafenstraße 24

Fruchtkörper in 3 m Höhe unter Ast, vermutllich abgestorben, da Befall durch Penicillium spec.

15.06.2023

KR-M-0052183

Fomitiporia cf. mediterranea

Robinia pseudo­acacia

M. Scholler

DE, Baden-Württemberg, Karlsruhe,
Innenstadt-West, Moltkestr. 2

Fruchtkörper in 2,5 m, an abgestorbenem abgesägten Ast,

21.06.2023

AF515572

Fomitiporia mediterranea

Vitis vinifera

P. Cortesi

IT, Toskana

Aug 1997

Fischer (2002)

AF515577

Fomitiporia mediterranea

Vitis vinifera

L. Mugnai

IT, Piemont

Okt 1998

Fischer (2002)

AF515578

Fomitiporia mediterranea

Vitis vinifera

L. Mugnai

IT, Piemont

Okt 1998

Fischer (2002)

AF515583

Fomitiporia mediterranea

Vitis vinifera

M. Fischer

DE, Baden-Württemberg

Aug 2001

Fischer (2002)

KR-M-0052296

AF515585

Fomitiporia mediterranea

Vitis vinifera

M. Fischer

DE, Baden-Württemberg

Aug 2001

Fischer (2002), Holotypus

AY340024

Fomitiporia mediterranea

Vitis vinifera

I. Morgenstern

DE

Feb 2000

Fischer & Binder (2004)

AF515586

Fomitiporia mediterranea

Corylus
avellana

M. Fischer

IT, Latium

5.10.1999

Fischer (2002)

AY620996

Fomitiporia mediterranea

Platanus acerifolia

k. A.

IT, Rom

2001

Pilotti et al. (2005)

AY620997

Fomitiporia mediterranea

Platanus acerifolia

k. A.

IT, Rom

1998

Pilotti et al. (2005)

AY780426

Fomitiporia mediterranea

Platanus acerifolia

k. A.

IT, Rom

1998

Pilotti et al. (2005)

FR686553

Fomitiporia mediterranea

Robinia pseudo­acacia

k. A.

DE, Nordrhein-Westfalen, Krefeld

10.05.2010

Schmidt et al. (2012)

AF515564

Fomitiporia punctata

Rhamnus cathartica

W. Paulus

DE, Bayern

11.5.1987

Fischer (2002)

AF515563

Fomitiporia punctata

Salix caprea

M. Fischer

DE, Bayern

4.7.1985

Fischer (2002)

AF515561

Fomitiporia punctata

Sorbus
aucuparia

Y.-D. Dai

FI

5.10.1997

Fischer (2002)

AF515562

Fomitiporia punctata

Sorbus
aucuparia

A. Bresinsky

EE

26.8.1989

Fischer (2002)

AF515584

Fomitiporia punctata

Syringa
vulgaris

M. Fischer

DE, Baden-Württemberg

Okt 2001

Fischer (2002)

KR867637

Fomitiporia punctata

Vitis vinifera

k. A.

ES, Valencia

-

Fischer & González García (2015)

AF515560

Fomitiporia robusta

Fraxinus excelsior

L. Krieglsteiner

DE, Bayern

15.5.1996

Fischer (2002)

AF515565

Fomitiporia robusta

Quercus sp.

A. Bresinsky

EE

28.8.1989

Fischer (2002)

AY340012

Fomitiporia hartigii

Picea abies

M. Fischer

DE

11.8.1984

Fischer & Binder (2004)

AY340028

Fomitiporia hartigii

Tsuga
canadensis

S. Audet

CA

17.11.2001

Fischer & Binder (2004)

AF515573

Phellinus igniarius

Salix caprea

M. Fischer

DE, Bayern

25.6.1985

Fischer (2002)

Abb. 3. Fomitiporia punctata auf Salix cinerea in einem Grauweidengebüsch in Karlsruhe-Daxlanden (dieses Foto und alle nachfolgenden Fotos von M. Scholler).

Abb. 3. Fomitiporia punctata auf Salix cinerea in einem Grauweidengebüsch in Karlsruhe-Daxlanden (dieses Foto und alle nachfolgenden Fotos von M. Scholler).

Abb. 4. Fruchtkörper von Fomitiporia mediterranea an einem großen Astloch von Platanus acerifolia in Karlsruhe-Nordweststadt.

Abb. 4. Fruchtkörper von Fomitiporia mediterranea an einem großen Astloch von Platanus acerifolia in Karlsruhe-Nordweststadt.

Abb. 5. Gefällte Kugelrobinien (Robinia pseudoacacia ʿUmbraculiferaʾ) als Folge des Befalls von Fomitiporia mediterranea in Karlsruhe-Rüppurr.

Abb. 5. Gefällte Kugelrobinien (Robinia pseudoacacia ʿUmbraculiferaʾ) als Folge des Befalls von Fomitiporia mediterranea in Karlsruhe-Rüppurr.

Wirtspflanzen

Fischer & González García (2015) liefern eine Liste der Wirtsgattungen von F. mediterranea. Sie führen Wisteria nicht auf, folglich ist der aus Japan stammende Blauregen (Wisteria floribunda) eine noch unbekannte Wirtspflanze für F. mediterranea. Wie die Robinie gehört sie zu den Schmetterlingsblütlern (Fabaceae). Neue Wirtspflanzen für Deutschland sind Acer saccharinum, Corylus avellana und Platanus acerifolia (Abb. 5). In Karlsruhe dominiert Robinia als Wirt. Nach Vitis vinifera, dem wichtigsten Wirt in Deutschland, wurde in Karls­ruhe ebenfalls gezielt gesucht (Weinberge am Turmberg in Durlach, Weinreben im Botanischen Garten, Fasanenstraße), es konnte jedoch kein sichtbarer Befall beobachtet werden.

Befalls- und Krankheitssymptome bei Kugelrobinien (Robinia pseudoacacia ‚Umbraculifera‘) auf Hochstämmen

Die äußeren Symptome bei älteren Bäumen sind einheitlich: Meist nahe der Pfropfungsstelle auf dem Stamm oder auf der Unterseite von Ästen bis zu 1 m vom Stamm entfernt werden mehrjährige resupinate (+/- polsterförmige) Fruchtkörper (Abb. 1, 7) ausgebildet. Auf Bäumen, die Fruchtkörper aufweisen sind meist mehrere Äste abgestorben, der Stamm ist oft instabil. Bei jüngeren Bäumen sind nur abgestorbene Äste, jedoch keine Fruchtkörper beobachtet worden. Ob hier bereits ein Befall im Holz vorliegt, wurde nicht überprüft.

Die inneren Symptome konnten anhand von 15 Stammquerschnitten eines ca. 120 cm langen Stammbereichs, der die untersten Astbereiche einschließt (Abb. 7, 8) dokumentiert werden. Äste und oberer Stammbereich sind im Zentrum hohl (Abb. 8, Querschnitt 1 – 9). Es handelt sich hierbei um Nistgänge von xylobionten Insekten, möglicherweise von Xylocopa violacea (Große Blaue Holzbiene), die auch Nistgänge in den Fruchtkörpern bildet (siehe hierzu Tab. 1, Beleg KR-M-0058859). Das Mycel des Pathogens hat den gesamten untersuchten Bereich durchwachsen und verursacht dabei eine intensive Weißfäule. Die Verbreitung der Weißfäule zeigt, dass der Pilz sowohl das Kernholz als auch die Rinde durchwachsen kann. Im Stammbereich unterhalb der Pfropfungsstelle (Abb. 8, Querschnitt 9 – 15) ist der weißfaule Anteil am höchsten. Im Bereich der Fruchtkörper (Abb. 8, Querschnitt 6 – 10) durchwächst der Pilz Bast und Borke.

Abb. 8. 15 Stammquerschnitte einer gefällten von Fomitiporia mediterranea durchwachsenen Kugelrobinie (vgl. Abb. 7). H = noch intaktes Holz, F = Fruchtkörper, N = N = Nistgänge, vermutlich von Xylocopa violacea, W = Weißfäule, verursacht durch F. mediterranea.

Abb. 8. 15 Stammquerschnitte einer gefällten von Fomitiporia mediterranea durchwachsenen Kugelrobinie (vgl. Abb. 7). H = noch intaktes Holz, F = Fruchtkörper, N = N = Nistgänge, vermutlich von Xylocopa violacea, W = Weißfäule, verursacht durch F. mediterranea.

Der Befall durch F. mediterranea führt häufig zum Absterben der Wirtsbäume. So mussten im Bereich der östlichen Markgrafenstraße (Abb. 4, 5), im Holderweg (Abb. 6) und zuletzt in der Hennebergstraße in jüngerer Zeit befallene oder mutmaßlich befallene Bäume gefällt werden. An „normalen“ ungepfropften Robinien, ob wildwachsend (östlicher Randbereich NSG Alter Flugplatz) oder angepflanzt (Abhang zum Tiefgestade in Daxlanden, Abhang Silcherstraße, Grünwinkel) konnte kein sichtbarer Befall nachgewiesen werden. Die Daxlander Robinien wurden ebenfalls vielfach gefällt, doch war hierfür der Hallimasch (Armillariella sp.) ursächlich.

Abb. 6. Fruchtkörper auf der Astunterseite einer Kugelrobinie in Karlsruhe-Oststadt.

Abb. 6. Fruchtkörper auf der Astunterseite einer Kugelrobinie in Karlsruhe-Oststadt.

Diskussion

Fomitiporia mediterranea konnte mit Hilfe von rDNA-Sequenzen (ITS) an und in lebenden Karlsruher Kugelrobinien nachgewiesen werden. Dies indiziert, dass der Pilz die Ursache für die Erkrankung und das Absterben der Bäume im Stadtgebiet von Karlsruhe ist. Kein weiterer Schädling konnte auf dem lebenden Holz nachgewiesen werden. Die Beobachtung, dass nur die Robiniensorte R. pseudoacacia ʿUmbraculiferaʾ mit Hochstamm befallen und Fruchtkörper nur im Bereich der Pfropfungszone gebildet werden, deutet an, dass die Pfropfung möglicherweise als Eintrittspforte für den Pilz dient und als Austrittspforte in der Folge Fruchtkörper gebildet werden. Hierfür spricht auch die Ausbreitung des Mycels im Stamm wie es in Abbildung 8 dargestellt wurde. Interessanterweise steht dies in Widerspruch zu den Beobachtungen an – ebenfalls gepfropften – Weinreben, wo in erster Linie die mit dem Winterschnitt assoziierten Schnittwunden als Eintrittspforte dienen (Fischer, 2002). Die Baumquerschnitte (Abb. 8) zeigen, dass sich Weißfäule sowohl im Rand als auch im zentralen Bereich des Stamms zeigt. Offensichtlich können alle Stammbereiche durchwachsen werden.

Wir vermuten, dass die Situation der Kugelrobinien und möglicherweise auch anderer Bäume in anderen Städten in Südwestdeutschland ähnlich bedrohlich ist wie in Karlsruhe. So berichtet die populäre Presse (Stadt Rastatt, 2023) von einem Pilzschädling auf Kugelrobinien in der Poststraße in der Rastatter Innenstadt, der eine Fällung der Bäume erforderte. Die Kugelrobinien wurden durch „Kugelsteppenkirschen“ (Prunus fruticosa 'Globosa') ersetzt. Der zuständige Baummanager der Stadt bestätigte uns den Befall durch einen ursächlichen „Feuerschwamm“ (D. Brünig, pers. Mitt.). Die Kosten hierfür sollen 70.000 € betragen haben (Anonymus, 2023). Erwähnenswert ist, dass am Nordostende der Poststraße eine ungepfropfte „normale“ Robinie steht, die sich völlig gesund zeigt (Beobachtung JB, MS, Juli 2023). Somit gelten die schlechten Prognosen für gepfropfte Kugelrobinien keineswegs auch für „normale“ ungepfropfte Individuen von Robinia pseudoacia.

In Deutschland wurde Fomitiporia mediterranea bisher mit Ausnahme eines einzelnen Fundes auf Robinia pseudoacacia nur auf Vitis vinifera nachgewiesen (Fischer, 2012; Schmidt et al., 2012). Generell weist der Pilz ein sehr breites Wirtsspektrum mit Gehölzen aus den verschiedensten Pflanzenfamilien und Ordnungen auf (Pilotti et al., 2005; 2009; Fischer & González García, 2015; Moretti et al., 2021). In unserer Studie konnten vier weitere Wirtsgattungen, verteilt auf vier verschiedene Familien und Ordnungen, für Deutschland nachgewiesen werden: Ahorn (Acer, Sapindaceae, Sapindales), Haselnuss (Corylus, Betulaceae, Fagales), Platane (Platanus, Platanaceae, Proteales) und Blauregen (Wisteria, Fabaceae, Fabales). Wisteria (mit der Art W. floribunda) ist eine weltweit erstmals nachgewiesene Wirtsgattung. Berücksichtigt man das taxonomisch weite und große Wirtsspektrum und das Schadpotential des Pilzes, so liegt nahe, dass weitere Gehölze, ähnlich der Robinie und der Weinrebe, erheblich geschädigt werden könnten und für die weitere Anpflanzung eher nicht empfohlen werden sollten. Tatsächlich gibt es Hinweise, die diese Vermutung nahelegen. So berichten Pilotti et al. (2005) in Italien und Tubby & Pérez-Sierra (2015) in Großbrittanien von erheblichen Schäden an Platane, die in Karlsruhe häufig angepflanzt wird. Auf Wisteria konnten wir die Art in Karlsruhe aktuell nicht anhand von Fruchtkörpern nachweisen, doch sind viele der Pflanzen krank und zeigen die Symptome die den Pilz an Vitis und Robinia auszeichnen.

Die nach heutigem Kenntnisstand mit F. mediterranea morphologisch identische, aber wohl nicht die nächst verwandte Art F. punctata wurde nicht auf Robinie beobachtet. Sie konnte aber am westlichen Stadtrand in den Rheinauen auf Grau-Weide (Salix cinerea) nachgewiesen werden. Dies deutet an, dass F. mediterranea eine synanthrope, an Wärme und Trockenheit angepasste Art ist, die vom Stadtklima profitiert, während F. punctata feuchtere, kühlere und naturnähere Standorte bevorzugt. Diese ökologische Charakterisierung wird auch durch weitere Belege auf anderen Wirten im Stadtgebiet (Platanus, Wisteria) gestützt. Leider ist uns die Sequenzierung eines Belegs auf Sorbus aucuparia aus der Kernzone des Nationalparks Schwarzwald und damit einem naturnäheren, feuchten und kühleren Habitat (Beleg KR-M-0037283; vgl. Scholler et al., 2021) nicht gelungen. Er hätte zur weiteren Klärung dieser Frage beitragen können. Wichtig wäre auch der molekulare Beweis für Corylus avellana als Wirt von F. punctata. Schließlich gilt Corylus avellana als der Hauptwirt von P. punctata (z. B. Ryvarden & Melo, 2014). Für die Unterscheidung der beiden Arten liegen keine gesicherten morphologischen Differentialmerkmale vor (Fischer 2002). Erschwerend kommt hinzu, dass auch das Wirtsspektrum in Teilen überlappt und keine Unterscheidung zulässt. So kommen nach heutigem Kenntnisstand beide Arten auf Acer, Corylus, Olea, Quercus und Vitis vor. Den Beweis, dass unter besonderen Standortbedingungen beide Arten auf Vitis vorkommen können, erbrachte Fischer (2002). Da F. punctata ein nördlicheres, kühleres und feuchteres Milieu bevorzugt, könnte man die Temperatur- und Habitatpräferenzen der beiden Arten zu einer wenn auch unsicheren Artbestimmung nutzen. Eine sichere Unterscheidung wird aber vorerst nur eine Sequenzanalyse garantieren. In der Vergangenheit publizierte Nachweise von F. punctata aus wärmebegünstigten, synanthropen Habitaten Mitteleuropas müssen folglich als sehr unsicher gelten und sollten nicht für Monitoringzwecke verwendet werden.

Die Beobachtungen in Europa und speziell die in Deutschland zeigen, dass F. mediterranea vor allem an alten Weinreben auftritt (Fischer, 2012). Diese mutmaßliche Präferenz könnte aber auch durch die ökonomische Bedeutung des Weins, der ständig „unter Beobachtung“ ist, erklärt werden. Moretti et al. (2021) halten den Mittelmeer-Feuerschwamm für eine Art, die in Ausbreitung begriffen ist, möglicherweise als Folge der Klimaverschiebung. Der Erstnachweis der Esca-Krankheit der Weinrebe in Deutschland stammt aus dem Markgräflerland südlich von Freiburg „Mitte der 1980er Jahre“ (Kassemeyer et al., 2002, zitiert nach Fischer, 2012). Ob bei diesem Ereignis F. mediterranea beteiligt war ist nicht bekannt. Fischer (2012) vermutet, dass die Einwanderung der Art in Baden-Württemberg in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts erfolgte. Nach unseren Untersuchungen stammt der erste bundesweite Nachweis des Pilzes aus dem Jahr 1988 aus Rheinland-Pfalz (Annweiler) auf Corylus avellana (Beleg KR-M-0019125, siehe Tab. 1). Da der Pilz etliche Jahre in vegetativer Form im Wirt verweilt bevor er fruktifiziert (Fischer, 2012), dürfte in diesem Fall der Pilz spätestens Ende der 1970er Jahre eingetroffen sein und bestätigt somit die Einschätzung von Fischer (2012). Eine genauere zeitliche Einordnung ließe sich durch die Sequenzierung älteren Herbarmaterials ermitteln. Leider ist dies methodisch (noch) problematisch; auch in unserer Studie misslang die Sequenzierung einiger älterer Exsikkate.

Danksagung

Horst Staub und Ursula Sauter hinterlegten ihre Pilzsammlungen im Karlsruher Pilzherbarium. Somit standen auch ältere Belege für Sequenzanalysen zur Verfügung. Lukas Hölker und Johannes Zitzmann halfen beim Monitoring von Fomitiporia mediterranea in Karlsruhe. J. Zitzmann lieferte uns Daten zur Pflanzung von Robinien aus dem Archiv des Gartenbauamts Karlsruhe und half beim Monitoring. Dr. Florian Raub bestimmte Xylocopa violacea. Detlev Brünig berichtete uns von „Feuerschwamm“ an Rastatter Kugelrobinien, Christoph Baumann fertigte Stammquerschnitte an. Dr. Jörg Grüner, Dr. Jan Hinrichs-Berger und Dr. Flavius Popa sichteten das Manuskript und lieferten wichtige Hinweise und Verbesserungsvorschläge. Allen sei ganz herzlich für ihre Unterstützung gedankt.

Erklärung zu Interessenskonflikten

Die Autorin und die Autoren erklären, dass keine Interessenskonflikte vorliegen.

Literatur

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Fußnoten:

1  

Ein englischer Volksname für Fomitiporia mediterranea wurde bisher noch nicht vergeben. Wir schlagen hier Mediterranean elbowpatch crust in Anlehnung an Elbowpatch crust (F. punctata) vor.

 

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