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Journal für Kulturpflanzen, 76 (01). S. 45–46, 2024 | Personalien

Personalien
Georg F. Backhaus1, Cordula Gattermann2

Nachruf für Professor Dr. agr. Fritz Führ

Affiliationen
1Wolfenbüttel.
2Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Braunschweig.
Kontaktanschrift
Dr. Georg F. Backhaus, Wolfenbüttel, E-Mail: g.f.backhaus@web.de

Am 03. Februar 2024 verstarb Professor Dr. agr. Fritz Führ. Professor Führ hat sich über viele Jahre wissenschaftlich und organisatorisch für die Belange des Pflanzenschutzes wie auch für die damalige Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft eingesetzt und deren Entwicklungen maßgeblich begleitet. Mit diesem Nachruf sei an sein umfassendes Wirken erinnert.

Am 23.07.1934 in Berga/Kyffhäuser geboren, verließ Herr Führ im Alter von 16 Jahren die DDR und lernte nach Schulabschluss die Landwirtschaft mit einer Landwirtschaftslehre in Niedersachsen und anschließender Praxis in Westfalen und Bayern von der Pike auf kennen. Nach dem anschließenden Studium der Landwirtschaftswissenschaften in Berlin und in Bonn wurde er im Jahr 1962 mit dem Thema „Untersuchungen zu Aufnahme von Kohlendioxid und Strohabbauproduktion durch die Pflanzenwurzel“ zum Doktor der Agrarwissenschaften im Fachgebiet Agrikulturchemie bei Professor Dr. Hermann Kick an der Universität Bonn promoviert.

Noch im gleichen Jahr nahm er eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Institut für Landwirtschaft“ der damaligen Kernforschungsanlage Jülich auf. Im Jahr 1972 wurde er zum Leiter der Arbeitsgruppe „Radioagronomie“ bestellt. Im Jahr 1975 folgte die Habilitation für das Lehrgebiet Agrikulturchemie an der Universität Bonn. Im Jahr 1978 wurde Herr Dr. Führ zum Direktor des Instituts für Pflanzenernährung und Bodenkunde der Forschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) berufen, bereits 1979 folgte er jedoch dem Ruf auf die Stelle eines Professors für Agrikulturchemie an die Georg-August-Universität zu Göttingen. Doch bald zog es ihn zurück nach Jülich, wo er von 1980 bis 1999 als Direktor am Institut für Radioagronomie der Kernforschungsanlage Jülich GmbH wirkte und zugleich eine Professur an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn bekleidete. In seiner knapp 40-jährigen Berufszeit hat Herr Professor Führ weit über 300 Vorträge gehalten und über 250 Veröffentlichungen, rund 160 davon in referierten wissenschaftlichen Zeitschriften, verfasst.

Professor Führ war auch ehrenamtlich und gutachterlich sehr aktiv. Die große Anerkennung, die seinen Arbeiten entgegengebracht wurde, spiegelte sich in seinen Mitgliedschaften in zahlreichen Ausschüssen, Kommissionen und Beiräten wider. So war er von 1975 bis 1986 vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie als Leiter der Projektträgerschaft zu Umweltchemikalien beauftragt. Im Jahr 1984 wurde Herr Professor Führ in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste aufgenommen und bekleidete zeitweise die Funktion des Sekretärs der Klasse Naturwissenschaften und Medizin. Gefragt war seine große Fachkompetenz auch in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Von 1991 bis 1997 war Professor Führ Mitglied im Senat und im Hauptausschuss. Von 1989 bis zu seinem Ruhestand war er in der DFG-Senatskommission zur Beurteilung von Stoffen in der Landwirtschaft tätig, hiervon sechs Jahre als deren Vorsitzender. Über viele Jahre wirkte er zudem in den DFG-Senatsausschüssen „Internationale Angelegenheiten“ und „Umwelt“ mit und fungierte als Fachgutachter im Bereich Agrikulturchemie und Pflanzenernährung. Auch in den Arbeitsgruppen des Wissenschaftsrates zur „Evaluierung der Agrarwissenschaften in den neuen Bundesländern“ (1991) und zur „Situation und Perspektiven der Umweltforschung in der Bundesrepublik“ (1992 bis 1994) stellte Professor Führ seine große Expertise für die Entwicklung der ­Agrar- und der Umweltwissenschaften zur Verfügung.

Im Jahr 2001 übernahm Herr Professor Führ den Vorsitz der Niedersächsischen Regierungskommission „Zukunft der Landwirtschaft“, die unter seiner Leitung ein neues agrarpolitisches Konzept mit nachhaltigen Änderungen der bis dato verfolgten Agrarpolitik erarbeitete.

Auf europäischer Ebene war Herr Professor Führ in den Jahren 1997 und 1998 u. a. im Scientific Committee on Plants der Europäischen Kommission in Brüssel engagiert.

Der früheren Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA; heute Bestandteil des Julius Kühn-Instituts) als damaliger deutscher Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel und Bundesforschungsanstalt war Herr Professor Führ eng verbunden. 17 Jahre lang wirkte er aktiv im Sachverständigenausschuss für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit. Ab dem Jahr 1987 war er Mitglied des Beirates der BBA, ab 1997 bis zur Organisationsänderung (2007) dessen Vorsitzender. Speziell in den schwierigen Zeiten des organisatorischen Umbruchs bei der BBA war er ein wertvoller und viel gefragter Ratgeber.

Der Pflanzenschutz und dessen Interaktionen mit der Umwelt war Herrn Professor Führ während seiner gesamten Karriere ein besonderes Anliegen. Im Jahr 2002 wurde ihm für das große Engagement, mit dem er sich in nationalen und auch internationalen Gremien sowie in der Forschung aktiv für Belange des Pflanzenschutzes eingesetzt hat, die Otto-Appel-Denkmünze verliehen. Seine wissenschaftlichen Untersuchungen zum Verbleib von Pflanzenschutzmitteln in ­Agrarökosystemen setzten damals Maßstäbe. Das Institut für Radioagronomie in Jülich erarbeitete unter seiner Leitung in Kooperation mit diversen Kooperationspartnern über einen Zeitraum von rund 30 Jahren für 50 der häufigsten in Deutschland eingesetzten Wirkstoffe detaillierte Ergebnisse zum Verhalten im Boden, in Wasser und in der Luft.

Die große Anerkennung, die seinem Wirken entgegengebracht wurde, zeigt sich auch in weiteren Auszeichnungen, die ihm verliehen wurden. 1990 erhielt er den „Award for Pesticide Research“ der Schweizerischen Gesellschaft für Chemische Industrie, 1997 den „International Award for Research in Agrochemicals“ der American Chemical Socie­ty, 1998 das Hertha-Firnberg-Fellowship des Forschungs­zentrums Seibersdorf, Österreich. Mit Herrn Professor Führ haben Pflanzenschutz- und Umweltforschung, aber auch die Ressortforschung nicht nur einen exzellenten Fachmann, einen engagierten Wissenschaftler, sondern auch eine zukunfts­gewandte, hilfsbereite, immer freundliche und integre Persönlichkeit verloren. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

 

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