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Originalarbeit

Status Quo der Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel in der deutschen Landwirtschaft und dem Gartenbau

Status Quo of use of copper pesticides in German agriculture and horticulture

Stefan Kühne1, Dietmar Roßberg1, Peter Röhrig2, Friedhelm von Mering2, Florian Weihrauch3, Sonja Kanthak4, Jutta Kienzle5 und Wolfgang Patzwahl6, Eckhard Reiners7
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Kleinmachnow1
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW), Berlin2
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ), Hopfenforschungs­zentrum, Wolnzach3
Bundesverband Ökologischer Weinbau, ECOVIN, Oppenheim4
Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V. (FÖKO), Weinsberg5
Naturland Fachberatung Wein- und Obstbau, Sulzfeld am Main6
Bioland Bundesverband, Mainz7

Journal für Kulturpflanzen, 68 (7). S. 189–196, 2016, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2016.07.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Prof. Dr. Stefan Kühne, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, Deutschland, E-Mail: stefan.kuehne@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
31. März 2016

Zusammenfassung

Kupferhaltige Pflanzenschutzmittel dürfen vorerst noch bis 31. Januar 2018 als Bakterizid und Fungizid in der Landwirtschaft Europas angewendet werden. Die EU hat die Zulassung an die Bemühungen zur Reduktion der Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß geknüpft. Seit dem Jahr 2011 dokumentiert das Julius Kühn-Institut (JKI) gemeinsam mit dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) kontinuierlich die Bemühungen zur Kupfer­minimierung und die Suche nach Ersatzlösungen. In Deutschland ist schon heute eine Halbierung der EU-weit zulässigen Kupfermenge gesetzlicher Standard. Die Fortschritte der letzten Jahre bei der Senkung der Kupferaufwandmengen werden deutlich aufgezeigt. Die angewandten Kupfermengen im konventionellen Pflanzenschutz pro Hektar liegen im Wein-, Hopfen- und Kartoffelanbau deutlich unter den Kupfermengen, die im Ökologischen Landbau notwendig sind während im Obstbau vergleichbare Mengen eingesetzt werden. Vergleicht man die angewandten Gesamtkupfermengen beider Bewirtschaftungssysteme, so zeigt sich dagegen, dass aufgrund der unterschiedlichen Flächenausdehnung nur 24% (26,5 t) der Kupfermengen im Öko-Landbau und 76% (84,8 t) im konventionellen Anbau ange­wendet wurden. Während im integrierten Pflanzenschutz Kupferpräparate im Hinblick auf einen notwen­digen Wirkstoffwechsel und ein erfolgreiches Resistenz­management von großer Bedeutung sind, ist die Ver­fügbarkeit solcher Präparate z.B. für den ökologischen Wein-, Hopfen- und Obstanbau existenziell. Sie entscheidet über die weitere Ausdehnung des Öko-Landbaus in diesen Kulturen. Ein vollständiger Verzicht auf Kupfer als Pflanzenschutzmittel ist auf mittlere Sicht weder möglich noch sinnvoll, da sonst nicht nur der ökologische Anbau vieler Kulturen unwirtschaftlich und Rück­umstellungen auf konventionelle Wirtschaftsweise die Folge wären, sondern auch dem inte­grierten Anbau ein wichtiger Wirkstoff im Rahmen des Resistenzmanagements fehlen würde. Auch höhere Aufwandmengen von mehr als 3 kg/ha und Jahr können bei Extremwettersituationen wie im Jahr 2016 notwendig werden, wobei dann die gesetzlichen Möglichkeiten der Notfallzulassung nach Art. 53 der VO (EG) 1107/2009 ausgeschöpft werden müssen.

Stichwörter: Kupfer, Aufwandmengen, Absatzmengen

Abstract

The authorization for using copper pesticides against bacteria and fungi in European agriculture was extended to expire on 31 January 2018, following the receipt of an application for renewal of approval. The EU issued the authorization under the condition to provide efforts to reduce the use of copper pesticides to the minimum required to achieve the desired effects. Since 2011, the Federal Research Centre for Cultivated Plants (Julius Kühn-Institut) and the Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) are documenting continuously the efforts of minimizing copper and the search for alternative solutions.

Important progress was made in recent years to con­tinually reduce copper application rates. The applied amounts of copper per hectare in conventional crop protection in grape, hop and potatoes are well below the amounts of copper used in organic farming whether they are nearly the same in apple growing. Due to the different farming area, only 24% (26.5 t) of the total amount of copper was applied in organic farming; 76% (84.8 t) was applied in conventional farming. While in integrated pest management, copper preparations are very important in terms of a necessary change of effective substances and a successful resistance management, the availability of such preparations is often essential e.g. for organic wine, hops and fruit production and for the expansion of organic farming of these crops. A complete renunciation of copper as a pesticide is not yet practicable in organic farming, because that would make the production of several crops unprofitable and would lead to reconversion to conventional production.

Key words: Copper, application rate, sales volumes

Einführung

Die EU-Kommission hat Kupferverbindungen noch bis 31. Januar 2018 für die Verwendung als Bakterizid und Fungizid in die Liste zugelassener Wirkstoffe im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2015/232 der Kommission vom 13. Februar 2015 zur Änderung der Berichtigung der Verordnung (EU) 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Kupferverbindungen (Abl. I. 39/7 vom 14.02.2015) zur Durchführung der Verordnung (EG) 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln aufgenommen. Die Aufnahme erfolgte jedoch unter der Auflage, dass die Mitgliedsländer Maßnahmen zur Reduzierung der Anwendung ergreifen. Deutschland und einige andere EU-Staaten haben bereits seit 2009, entsprechend den schon lange vorher formulierten Richtlinien der Anbauverbände, eine deutliche Senkung der maximal zulässigen Anwendungsmenge für Reinkupfer verankert. Statt der EU-rechtlich zulässigen Gesamtmenge von 6 kg pro Hektar und Jahr dürfen in Deutschland nur 3 kg/ha und Jahr bzw. bei Hopfen 4 kg/ha und Jahr ausgebracht werden. Von den Verbänden des ökologischen und integrierten Anbaus unter Federführung des BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V.), wurde darüber hinaus in Abstimmung mit den zuständigen Behörden eine gezielte Kupferminimierungsstrategie entwickelt, mit der die ausgebrachte jährliche Reinkupfermenge je Hektar im Pflanzenschutz noch weiter minimiert werden soll. Das Dokument mit dem Titel: „Strategiepapier zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel unter besonderer Berücksichtigung des Ökologischen Landbaus“ steht auf der Internetseite des JKI-Themenportals „Kupfer“ zum Download zur Verfügung (http://kupfer.jki.bund.de/). Die EU-Kom­mission forderte darüber hinaus von den Mitgliedsländern ein zulassungsbegleitendes Monitoring (Richtlinie 2009/37/EG vom 23. April 2009), damit auf der Grundlage aktueller Daten zu nicht erwünschten Auswirkungen eine abschließende Entscheidung zum Verbleib kupferhaltiger Verbindungen auf der Liste der genehmigten Wirkstoffe erfolgen kann. Mit der Verordnung (EU) 2015/232 vom 13. Februar 2015 wurde die Aufnahme von Kupfer in den Anhang der Verordnung (EU) 540/2011 mit weiteren Auflagen bestätigt. Dazu gehört ein Monitoringprogramm für gefährdete Gebiete, in denen Kontaminationen von Böden und Gewässern (einschließlich Sedimenten) durch Kupfer Anlass zur Sorge geben könnten. Bis zum 31. Dezember 2017 ist durch die European Union Copper Task Force dazu ein Bericht vorzulegen. Im Rahmen der bisherigen Auflagen ist die Dokumentation der Kupferaufwandmengen über die Zeit ein wichtiger Indikator dafür, dass die Bemühungen zur Kupferreduktion im Pflanzenschutz auch in die Praxis umgesetzt werden. Nur so kann die weitere Verfügbarkeit von Kupferpräparaten für den Pflanzenschutz über die nächsten Jahre hinaus gesichert werden, ohne die es zu gravierenden Verwerfungen und Produktionsein­brüchen käme.

Methode

Hersteller, Vertreiber und Importeure von Pflanzenschutz­mitteln müssen gemäß § 64 des Pflanzenschutzgesetzes dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) jährlich die Mengen der Pflanzenschutzmittel und der darin enthaltenen Wirkstoffe melden, die im Inland abgegeben wurden. Für den Zeitraum von 2010 bis 2014 wurden die Absatzzahlen kupferhaltiger Wirkstoffe in Deutschland zur Verfügung gestellt.

Seit dem Jahr 2000 führt das JKI regelmäßig Erhebungen zur Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel (PSM) in den wichtigsten landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen Deutschlands durch. Diese werden seit 2011 unter veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen als PAPA-Erhebungen fortgesetzt (Rossberg, 2013). PAPA steht für Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendungen. Das heißt, es wurden kulturspezifische Netze von Erhebungsbetrieben geschaffen, in denen jährlich die PSM-Anwendungsdaten detailliert erfasst werden. Bei der Auswahl der Kulturpflanzen (Winterweizen, Wintergerste, Winterroggen, Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben, Tafelapfel, Hopfen und Wein) wurden diejenigen berücksichtigt, die die größte Relevanz für den nationalen Aktions­plan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzen­schutz­mitteln (NAP) haben. Aus diesen Erhebungen können auch Daten zur Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel bereitgestellt werden. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass bei den PAPA-Erhebungen nur Daten aus konventionell bewirtschafteten Betrieben erfasst werden.

Die Daten aus dem Ökologischen Landbau werden durch die Anbauverbände unabhängig von der PAPA-Datenerfassung gesammelt und von diesen regelmäßig auf den „Kupfer-Fachgesprächen“ vorgestellt. Sie sind Bestandteil des Strategiepapiers zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel unter besonderer Berücksichtigung des Ökologischen Landbaus (von Mering et al., 2016). Seit dem Jahr 2011 organisiert das Julius Kühn-Institut gemeinsam mit dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) Fachgespräche zum Thema „Kupfer als Pflanzenschutzmittel“, die zum einen den aktuellen Stand der Forschung zum Thema aufzeigen und zum anderen die Bemühungen zur Kupferreduktion in der Praxis doku­mentieren. Die Ergebnisse dieser Fachgespräche werden regelmäßig in „Berichte aus dem Julius Kühn-Institut“ veröffentlicht. Die Ergebnisse des Monitorings sind in der Fortschreibung der Kupferminimierungsstrategie der Ver­bände veröffentlicht (http://kupfer.jki.bund.de/) und wurden in den Statusberichten der Verbände jährlich dokumentiert (Röhrig et al., von Mering et al.). Über das Projekt „Plattform Pflanzenschutzstrategien im Öko-Landbau“, das im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und anderer Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert wird, werden die Bemühungen um die Reduzierung des Kupfereinsatzes kontinuierlich begleitet und die Umsetzung neuer Erkenntnisse in die Praxis unterstützt.

Absatzmengen kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel in Deutschland

Nach den beim BVL vorliegenden Daten wurden in den Jahren 2010 bis 2014 in Deutschland immer weniger kupferhaltige Wirkstoffe abgesetzt. Von rund 461 Tonnen im Jahr 2010 hat sich die Menge im Jahr 2014 fast halbiert auf 234 Tonnen (Tab. 1). Das ist einerseits ein Beleg dafür, dass die Entwicklung neuer Kupferpräparate mit geringeren Wirkstoffmengen bei gleicher Wirksamkeit von der Praxis angenommen wurde. Andererseits sind sie auch Ausdruck der Bestrebungen der Praxis, Kupfer als Pflanzenschutz­mittel auf das notwendige Maß zu reduzieren.

Tab. 1. Absatz kupferhaltiger Wirkstoffe in Deutschland (in Tonnen)

Jahr

2010

2011

2012

2013

2014

Summe kupfer­­haltige Wirkstoffe

450,6

454,1

241,0

205,3

233,8

Summe Reinkupfer

266,5

272,3

151,2

133,1

151,4

Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel im integrierten Pflanzenschutz

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Hochrechnungen, die auf den PAPA-Daten basieren, vorgestellt. In der Tab. 2 werden nur die Kulturen aufgelistet, in denen kupferhaltige Pflanzenschutzmittel angewendet werden. In den Ackerbaukulturen, mit Ausnahme der Kartoffel, spielen sie keine Rolle. Tab. 2 zeigt auch sehr klar, wie in dem betrachteten Zeitraum der ursprünglich dominierende Wirkstoff Kupferoxychlorid (Pflanzenschutzmittel Funguran) durch den Wirkstoff Kupferhydroxid (Pflanzenschutzmittel Cuprozin Flüssig, Cuprozin progress, Funguran progress, KOCIDE OPTI) abgelöst wurde. Die Anwendung der beiden anderen kupferhaltigen Wirkstoffe Kupfersulfat und Kupferoktanoat ist als marginal anzusehen. Der Wirkstoff „Kupfersulfat, basisch“ (Pflanzenschutzmittel Cuproxat) ist nur im Weinbau zugelassen und spielt zumindest im Bereich der konventionellen Landwirtschaft keine Rolle. Deshalb ist er in der Tabelle nicht aufgeführt. Der Wirkstoff Kupferoktanoat (Pflanzen­schutzmittel Cueva) ist in den Kulturen Kartoffeln, Apfel, Wein und Zierpflanzen zugelassen, wird aber im konventionellen Landbau nur im Weinbau genutzt. Die getroffenen Aussagen werden auch durch die Daten in Tab. 3 und Tab. 4 gestützt. Hier sinken die Anwendungsmengen bei Kupferoxychlorid von 163,7 Tonnen im Jahr 2011 auf 1,8 Tonnen im Jahr 2014 (Tab. 3). Die umgekehrte Entwicklung ist für Kupferhydroxid zu beobachten. Hier steigt die Anwendungsmenge von 45,6 Tonnen (2011) auf 132,6 Tonnen um rund das Dreifache (2014).

Tab. 2. Behandlungsfläche mit kupferhaltigen Wirkstoffen (in % der Anbaufläche), KA – Kartoffel

Wirkstoff

 

Kupferoxychlorid

 

Kupferhydroxid

 

Kupfer­­oktanoat

Jahr

Apfel

Wein

Hopfen

KA

Apfel

Wein

Hopfen

Wein

2011

 

61,6

16,7

77,0

 

1,8

37,4

21,9

0,0

 

1,0

2012

 

51,0

21,3

42,3

 

0,0

44,4

28,9

28,9

 

1,1

2013

 

32,3

9,8

18,6

 

7,0

67,1

39,0

35,5

 

1,1

2014

 

2,9

0,0

0,0

 

2,6

90,8

48,1

68,2

 

0,2

Tab. 3. Anwendungsmengen der Wirkstoffe (in Tonnen) von 2011 bis 2014

Wirkstoff-Name

2011

2012

2013

2014

Kupferoxychlorid

163,7

129,6

54,6

1,8

Kupferhydroxid

45,6

65,8

89,9

132,6

Kupferoktanoat

1,6

1,1

1,1

0,1

Gesamt (in Tonnen)

210,9

196,5

145,6

134,5

Tab. 4. Abschätzung der kulturspezifischen Anwendungsmengen (in Tonnen) von kupferhaltigen Wirkstoffen von 2011 bis 2014, k.A. – keine Angaben

Wirkstoff

 

Kupferoxychlorid

 

Kupferhydroxid

 

Kupfer­­oktanoat

Jahr

Apfel

Wein

Hopfen

Kartoffel

Apfel

Wein

Hopfen

Wein

2011

 

57,0

35,0

71,7

 

0,4

35,9

9,3

  

1,6

2012

 

45,7

50,3

33,5

  

36,9

20,4

8,5

 

1,1

2013

 

25,1

15,8

13,6

 

1,2

42,1

36,0

10,6

 

1,1

2014

 

1,8

k.A.

k.A.

 

2,9

52,8

48,9

28,0

 

0,1

 

Die Tab. 5 schätzt die Kupferaufwandmengen ab, die im Jahr 2014 auf den behandelten, konventionell bewirtschafteten Flächen pro ha angewendet wurden. Sie liegen beim Kartoffel-, Hopfen- und Weinbau deutlich unter den Kupfermengen, die im Ökologischen Landbau notwendig sind, im Kartoffel- und Weinanbau bei unter 1 kg/ha und Jahr und im Hopfenanbau bei etwa 1,7 kg/ha und Jahr. Beim Apfelanbau liegen ökologischer (1,41 kg pro ha und Jahr im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2013) und konventioneller Anbau (1,4 kg pro Jahr im Jahr 2014) fast genau gleichauf. Vergleicht man jedoch die angewandten Gesamtkupfermengen beider Bewirtschaftungssysteme (Tab. 5 und Tab. 11), so zeigt sich, dass aufgrund der unterschiedlich großen Flächenbewirtschaftung nur 24% (26,5 t) der Kupfermengen im Öko-Landbau und 76% (84,8 t) im konventionellen Anbau angewendet wurden.

Tab. 5. Abschätzung der Kupferaufwandmengen (Reinkupfer kg/ha) im konventionellen Landbau bezogen auf die Anwendungsfläche im Jahr 2013

 

Kartoffel

Apfel

Wein

Hopfen

Gesamt

Anwendungfläche (ha)

2500

25500

36800

10400

75200

Kupferaufwandmenge (kg/ha)

0,8

1,4

0,8

1,7

Reinkupfer gesamt (in Tonnen)

2

35,7

29,4

17,7

84,8

Tab. 11. Abschätzung der Kupferaufwandmengen (Reinkupfer kg/ha) im Ökologischen Landbau bezogen auf die Anwendungsfläche im Jahr 2013, KA – Kartoffeln

 

Wein

Apfel

Hopfen

KA

Gemüse

Gesamt

Anwendungsfläche (ha)

7700

2100

84

3500

400

13784

Kupferaufwandmenge (kg/ha)

2,29

1,5

2,6

1,38

2

Reinkupfer gesamt (in Tonnen)

17,6

3,1

0,2

4,8

0,8

26,5

Zusätzliche Aussagen zur Bedeutung der kupferhaltigen Wirkstoffe im konventionellen Landbau findet man auf der Internetseite http://papa.jki.bund.de unter dem Reiter „Ergebnisse-Wirkstoffranking“.

Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel im Ökologischen Landbau

Es soll darauf hingewiesen werden, dass die jeweiligen Gesamtflächen der Kulturen, die in den folgenden Tabellen (Tab. 6 bis 11) aufgeführt sind, nicht immer zu 100%
mit Kupferpräparaten behandelt wurden. Eine Ausnahme stellt dabei der Hopfen dar, auf dessen gesamter Fläche immer kupferhaltige Pflanzenschutzmittel angewendet worden sind. Im Wein- und Obstbau sind es über 90% der Gesamtfläche. Tab. 1 illustriert die im ökologischen Weinbau in den letzten Jahren eingesetzten Kupfer-Mengen. In den verschiedenen Anbauregionen sind die notwendigen Kupferaufwandmengen z.T. sehr unterschiedlich. Die Ursache liegt in den verschiedenen Klimabedingungen und Witterungsverläufen in den jeweiligen Anbaugebieten begründet. Ein Teil der erhobenen Daten wurde anbaugebietsbezogen ausgewertet (Abb. 1).

Tab. 6. Durchschnittliche Kupferaufwandmengen (Reinkupfer kg/ha) im ökologischen Weinbau bezogen auf die behandelte Rebfläche von 2010 bis 2013; nur auf etwa 90% der gesamten Anbaufläche werden Kupfer­präparate angewendet

Wein

2010

2011

2012

2013

Fläche gesamt (ha)

5200

6900

7400

7800

Ausgewertete Flächen (ha)

1894

2260

2408

2868

Kupferaufwandmenge (kg/ha)

2,23

1,98

2,34

2,29

Abb. 1. Durchschnittliche Kup­feraufwandmengen (Reinkupfer kg/ha An­baufläche) im ökologi­schen Weinbau auf Anbauge­biete bezogen in den Jahren 2010 bis 2013.

Abb. 1. Durchschnittliche Kup­feraufwandmengen (Reinkupfer kg/ha An­baufläche) im ökologi­schen Weinbau auf Anbauge­biete bezogen in den Jahren 2010 bis 2013.

Im Kartoffelbau dürfen Betriebe, die dem Demeter-Verband angeschlossen sind, kein Kupfer im Kartoffel- und Gemüseanbau anwenden und nehmen dafür z.T. auch erhebliche Ertragseinbußen in Kauf bzw. weichen bei kritischen Kulturen auf befallsarme Regionen aus. In einigen Regionen und insbesondere in trockenen Jahren kann im ökologischen Kartoffelbau teilweise ganz auf die Anwendung von Kupfer-Präparaten verzichtet werden. Bei frühem Auftreten der Krautfäule und hohem Befallsdruck musste bisher jedoch die volle zulässige Aufwandmenge von 3 kg/ha und Jahr ausgeschöpft werden. Angaben des Bioland-Verbandes zu Folge werden hier nur etwa 40 bis 50% der Gesamtfläche mit Kupferpräparaten behandelt. Die Fortschritte bei der Umsetzung der Kupferminimierungsstrategie haben jetzt dazu geführt, dass in den Anbauverbänden diskutiert wird, in ihren Richtlinien eine maximale Reinkupfermenge von nur noch 2,25 kg pro Hektar im Durchschnitt eines Fünfjahreszeitraumes zu verankern.

Im Öko-Gemüsebau gibt es einen erheblichen Flächenanteil, der nur nach den Mindestkriterien der EU-Ökoverordnung bewirtschaftet wird und wo die Kupferanwendungen durch die Anbauverbände bisher nicht erfasst werden konnten. Die Daten der Anbauverbände Bioland und Naturland belegen, dass im Jahr 2011 und 2012 nur zwischen 2 und 4% der Öko-Gemüseanbaufläche mit Kupferpräparaten behandelt werden mussten.

Notwendigkeit kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel im integrierten Pflanzenschutz

Die Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel konzentriert sich im integrierten und konventionellen Wein- und Hopfenbau überwiegend auf die letzte Anwendung im Jahresverlauf (August) gegen Falsche Mehltaupilze. Diese Anwendung hat damit eine wichtige Schlüsselfunktion im Hinblick auf einen notwendigen Wirkstoffwechsel und ein erfolgreiches Resistenzmanagement. Dabei ist zu beachten, dass die Kupferaufwandmengen der Abschlussbehandlung im integrierten Weinbau wesentlich höher liegen als die im ökologischen Weinbau übliche Aufwandmenge. Seit den ersten Kupfer­anwendungen im Pflanzenschutz vor etwa 150 Jahren konnten sich gegen diese Pflanzenschutzmittel bisher keine Resistenzen entwickeln. Damit wird die besondere Bedeutung der Kupferpräparate für den Pflanzenschutz deutlich, denn bisher hat kein anderes Pflanzenschutzmittel eine solche Wirkungsdauer gezeigt. Im Obstbau erfolgt die Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel vor allem in den Wintermonaten (Dezember bis März) gegen Obstbaumkrebs (Nectria galligena) und im März gegen Rindenschorf. Die Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel im konventionellen Kartoffelbau ist aktuell zu vernachlässigen.

Notwendigkeit kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel im Ökologischen Landbau

Das intensive Bemühen der Mitgliedsbetriebe der ökologischen Anbauverbände und die intensive Zusammen­arbeit mit der Wissenschaft und den mittelständischen Pflanzenschutz-Unternehmen zur Kupferreduktion hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, die Kupferaufwandmengen in den verschiedenen Kulturen weiter zu reduzieren. Die Fortentwicklung von Prognosemodellen zur genauen Bestimmung der Anwendungsnotwendigkeit und des Anwendungszeitpunktes, die Einführung ackerbaulicher und technischer Maßnahmen sowie alternativer naturstofflicher Pflanzenschutz- und Stärkungsmittel und die Wahl weniger anfälliger Sorten sind dabei ein Schlüsselfaktor für die Kupferreduktion. Trotz dieser Fortschritte ist es bisher im Ökologischen Landbau weder möglich noch sinnvoll, auf Kupfer als Pflanzenschutz­mittel vollständig zu verzichten.

Insbesondere der ökologische Wein- und Hopfenbau sind auf die Verfügbarkeit kupferhaltiger Pflanzenschutz­mittel angewiesen, zumal nach der bisher gescheiterten Aufnahme von Kaliumphosphonat in den Anhang II der Verordnung 889/2008 für diese Kulturen auch auf lange Sicht keine wirksamen Alternativprodukte in Sicht sind und insbesondere der Weinbau in zunehmendem Maße mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert wird. Die Umstellungsbereitschaft konventioneller Betriebe hängt in diesen Kulturen maßgeblich von der Verfügbarkeit von Pflanzenschutz-Optionen zur effektiven Kon­trolle des Falschen Mehltaus (Plasmopara viticola) ab. Seit 2002 tritt auch die Schwarzfäule der Rebe (Guignardia bidwellii) in deutschen Weinbaugebieten verstärkt auf und kann hohe Ertragsverluste bis hin zum Totalausfall verursachen. Zwar können Prognosesysteme und optimierte Managementverfahren den Befallsdruck reduzieren oder verzögern, kupferhaltige Pflanzenschutzmittel bleiben jedoch bisher die einzig wirksame Regulierungsmaßnahme. Anzumerken ist, dass sowohl 2012 als auch 2013, auch dort, wo die maximal zulässige Kupferaufwandmenge von 3 kg auf 4 kg/ha angehoben werden musste, der Ertrag nur mithilfe von phosphonathaltigen Pflanzenschutzmitteln gesichert werden konnte. Diese haben derzeit keine Zulassung im ökologischen Weinbau. Damit fehlt ein wichtiger Pflanzenschutzbaustein und die Produktionssicherheit der Betriebe ist unter derzeitigen Bedingungen nicht sichergestellt.

Auch im Öko-Hopfenbau können kupferhaltige Pflanzenschutzmittel zur Reduzierung des Falschen Mehltaus (Pseudoperonospora humuli) bei geringem Befallsdruck sogar auf weniger als 3 kg/ha (Reinkupfer) und Jahr begrenzt werden. In Jahren mit hohem Befallsdruck können aber auch bis zu 4 kg/ha und Jahr notwendig sein. In dieser Kultur ist eine hohe Flexibilität der Kupfer­anwendungen notwendig.

Für die Regulierung des Apfelschorfes (Venturia inaequalis) im ökologischen Obstbau sind im Rahmen der Kupferminimierungsstrategie bereits Optimierungen im Bereich Anbauverfahren, Falllaubmanagement, Nutzung widerstandsfähiger Sorten und Einsatz möglicher Alter­nativ-Präparate entwickelt und getestet worden. Bei der Suche nach neuen Pflanzenstärkungs- und Pflanzenschutzmitteln für den Öko-Obstbau stehen Bausteinstrategien im Vordergrund, so dass die Reduzierung des Kupfereinsatzes mit gleichbleibender oder sogar verbesserter Pflanzen­gesundheit gewährleistet werden kann. Um auch bei ungüns­ti­gem Witterungsverlauf die hohen Qualitätsanforderungen der Handelspartner an Äpfel gewährleisten zu können, ist die langfristige Verfügbarkeit kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel aber unbedingte Voraussetzung.

Die Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel (Phytophthora infestans) kann im ökologischen Kartoffelanbau schwere wirtschaftliche Einbußen verursachen. Durch Vorkeimen erfolgt die Ertragsbildung im Jahresverlauf früher, so dass sich die Schadenswahrscheinlichkeit verringert. Bei hohem Befallsdruck und ungünstigen Witterungsbedingungen ist zusätzlich die Anwendung von kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln erforderlich. Durch die vierjährige Anbaupause innerhalb der Fruchtfolge und den Kupfer-Entzug durch die Kulturpflanzen sind Kupferbelastungen der Böden im Öko-Kartoffelanbau am geringsten. Im Gemüsebau sind kupferhaltige Pflanzenschutzmittel nur in wenigen Kulturen von Bedeutung und werden in der Regel mit weniger als 2 kg/ha und Jahr angewendet. Dennoch ist auch im Öko-Gemüsebau die Verfügbarkeit moderner Kupfer-Präparate Grundvoraussetzung für die politisch und gesellschaftlich erwünschte Ausweitung des Ökologischen Landbaus.

Weitere Fortschritte bei den Bemühungen zur Minimierung des Kupfereinsatzes im Öko-Landbau sind möglich. Dafür sollten die Forschung zu alternativen naturstofflichen Pflanzenschutzmitteln und die Züchtung neuer Nutzpflanzensorten für den Ökologischen Landbau mit Widerstandsfähigkeit gegen Schadorganismen auf breiter genetischer Basis weiter gefördert werden. Derzeit sind die wenigen Marktsorten so eng miteinander verwandt, dass sich pilzliche Schaderreger schnell anpassen können. Auch sollten die gesetzlichen Rahmenbedingungen so ausgestaltet werden, dass sich die Verfügbarkeit naturstofflicher Präparate, die zur weiteren Reduktion des Kupfereinsatzes beitragen können, für ökologisch und integriert wirtschaftende Betriebe verbessert.

Literatur

Mering, F., von, J. Kienzle, S. Kanthak, L. Pfeffer, W. Patzwahl, E. Reiners, F. Weihrauch, 2016: Strategiepapier zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel unter besonderer Berücksichtigung des Ökolo­gischen Landbaus, Stand Oktober 2015 (im Druck).

Mering, F. von, J. Kienzle, S. Kanthak, E. Reiners, W. Patzwahl, F. Weihrauch: Statusbericht zum Strategiepapier zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel 2014 (unveröffentlicht).

Mering, F. von, J. Kienzle, S. Kanthak, E. Reiners, W. Patzwahl, F. Weihrauch, K. Rückrich, J. Disselborg: Strategiepapier zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel (in Vorbereitung).

Röhrig, P., J. Kienzle, L. Pfeffer, E. Reiners, 2010: Strategiepapier zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel unter besonderer Berücksichtigung des Ökologischen Landbaus (Stand: Juli 2010, http://kupfer.jki.bund.de).

Röhrig, P., J. Kienzle, S. Kanthak, E. Reiners, W. Patzwahl, F. Weihrauch: Statusbericht zum Strategiepapier zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel 2012 (unveröffentlicht).

Röhrig, P., J. Kienzle, S. Kanthak, E. Reiners, W. Patzwahl, F. Weihrauch: Statusbericht zum Strategiepapier zu Kupfer als Pflanzenschutzmittel 2013 (unveröffentlicht).

Rossberg, D., 2013: Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Praxis im Jahr 2011. Journal für Kulturpflanzen 65 (4), 141-151.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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