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Mitteilungen und Nachrichten

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12. Treffen der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Ambrosia am Julius Kühn-Institut

Uwe Starfinger1 und Ulrike Sölter2
Affiliationen
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, Braunschweig1
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz im Ackerbau und Grünland, Braunschweig2

Journal für Kulturpflanzen, 71 (5). S. 134–135, 2019, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2019.05.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Uwe Starfinger, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, Messeweg 11–12, 38104 Brausnchweig, E-Mail: uwe.starfinger@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
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Seit Längerem ist Ambrosia artemisiifolia ein Arbeitsschwerpunkt in den Instituten für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit und für Pflanzenschutz im Ackerbau und Grünland des Julius Kühn-Instituts. Die aus Nordamerika stammende Pflanze wurde in viele Regionen der Welt eingeschleppt und hat sich ausgebreitet. In einigen europäischen Ländern, wie Ungarn, N-Italien oder Frankreich ist sie bereits weit verbreitet und häufig. In Deutschland gibt es seit einigen Jahren eine Zunahme an Beständen, sie ist hier aber noch nicht weit verbreitet. Die Ausbreitung wird aus mehreren Gründen mit Sorge betrachtet: die Art kann als Ackerunkraut Schäden verursachen und gilt als schwierig zu bekämpfen. Sie steht im Verdacht, auch naturschutzfachlich wertvolle Biotope zu besiedeln. Vor allem aber ist ihr allergieauslösender Pollen eine ernste Gesundheitsgefahr.

Unter dem Eindruck dieser Gefahren hat das Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzen­gesundheit bereits im Jahr 2005 Experten aus verschiedenen von der Ausbreitung betroffenen Bereichen zu einem Gedankenaustausch eingeladen. Aus diesem ersten Treffen entwickelte sich die regelmäßig tagende „Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Ambrosia“ (IAG), über die hier schon mehrmals berichtet wurde (Schrader et al., 2006, Starfinger und Schrader, 2007, Starfinger, 2008, 2011).

Nachdem bei einer größeren internationalen deutschsprachigen Tagung im Herbst 2013 (Starfinger et al., 2014) alle wesentlichen Entwicklungen der Ambrosia-bezogenen Arbeiten dargestellt und diskutiert waren, wurde der Turnus der Treffen auf zweijährig reduziert – es schien erstmal alles gesagt. Nun traf die IAG am 14.3.2019 wieder zusammen. Die Anzahl der Teilnehmer war wieder auf 25 gestiegen, es waren immer noch alle wesentlichen Disziplinen vertreten: Medizin, allergologische Grundlagenforschung, Aerobiologie, Botanik; Erfassung und maßnahmenbezogene Verwaltung aus zahlreichen Bundesländern. In den elf Vorträgen der Teilnehmer und in der Diskussion wurden frühere Aussagen über die Art bestätigt, es wurden neue Entwicklungen der Bestände, aber auch Neuerungen im Umgang mit der Art besprochen.

Ambrosia artemisiifolia ist weiterhin in Deutschland auf dem Vormarsch, eine Zunahme der Bestände wird vielfach beobachtet, sie ist jedoch nicht „explosionsartig“. In manchen Biotop­typen sind die bisher ergriffenen Maßnahmen offensichtlich erfolgreich. Vor allem die seit 2011 vorgeschriebene Reinigung von Vogelfutter führt zu weniger Beständen in Siedlungsgebieten und besonders in Privatgärten. Bei der routinemäßigen Untersuchung von Futtermittelproben werden noch Überschreitungen der Höchstwerte festgestellt, aber deutlich seltener und in geringerem Maß als früher. In Siedlungsgebieten funktionieren auch Bekämpfungsmaßnahmen jetzt schon teilweise sehr gut. Neu ist dagegen die Beobachtung, dass die Art sich in SW-Deutschland auch in Wäldern ansiedeln kann, ausgehend z.B. von Wildäckern und unter Ausnutzung von Waldwegen zur Ausbreitung. Dies gilt es weiter zu beobachten.

Ein schon länger bekanntes Problem sind die Vorkommen an Fernstraßen: die Pflege der Straßenränder ist häufig nicht ausreichend, um die bestehenden Populationen zu reduzieren, und die Straßen stellen wichtige Ein- und Verschleppungswege dar. Auch aktuell wird die Ausbreitung der Art an Autobahnen und anderen Straßen beobachtet, z.B. in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Besonders problematisch ist der Transport von Erdmaterial, das mit Ambrosiasamen verunreinigt ist, dies trifft nicht nur für Straßenbau, sondern auch für andere Baumaßnahmen wie Wohnungsbau zu.

Die in der Luft gemessenen Konzentrationen an Ambrosia­pollen sind überwiegend noch nicht besorgniserregend. Der Pollen wird regelmäßig in Routineerfassungen nachgewiesen, höhere – und damit gesundheitlich bedenkliche Konzentrationen – treten in den meisten Pollenfallen eher selten witterungsbedingt auf, wie 2006 und zuletzt 2014. Eine große Ausnahme betrifft die Niederlausitz im südlichen Brandenburg. Hier werden seit einigen Jahren regelmäßig sehr hohe Pollenkonzentrationen gemessen. Im Land Brandenburg kommen auch die größten Bestände an A. artemisiifolia vor – im Unterschied zu anderen Bundesländern wächst die Art hier auch großflächig in landwirtschaftlichen Flächen. Auf Betreiben einer interminis­teriellen Arbeitsgruppe des Landes wurde 2018 hier ein haupt­amtlicher Koordinator für die Ambrosiabekämpfung eingestellt, dessen Ziel es ist, betroffene Akteure besser zu vernetzen, über Bekämpfungsmöglichkeiten zu informieren oder diese anzu­regen und die Erfassung der Vorkommen zu intensivieren.

Auch Berlin hat seit 2018 eine hauptamtliche Ambrosia­beauftragte. Hier ist die Besonderheit, dass A. artemisiifolia durch verschiedene Maßnahmen des Berliner Aktionsprogramms Ambrosia bereits deutlich zurückgedrängt werden konnte. Viel häufiger als in anderen Gebieten kommt hier aber die mehrjährige Art A. psilostachya vor – aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen. Schwerpunkt der aktuellen Berliner Arbeit ist deshalb der Versuch, die Ausbreitungsdynamik dieser Art besser zu verstehen, zu begrenzen und wirkungsvolle Bekämpfungsmaßnahmen zu erproben, die im Einklang mit Zielen des Naturschutzes stehen. Dieselbe Art ist auch in einem naturschutzfachlich besonders wertvollen Gebiet in Sachsen-Anhalt Objekt von Untersuchungen und Bekämpfungsmaßnahmen, da sie hier stark gefährdete Arten von Blütenpflanzen bedroht.

Zur Auslösung von Allergien besteht weiter Forschungs­bedarf. Viele der allergieauslösenden Proteine werden von Pflanzen unter Stress verstärkt gebildet, zusätzlich kann Pollen auch allergene Stoffe aus anderen Quellen übertragen, z.B. durch Pilze, die auf dem Pollen siedeln.

Die Teilnehmer halten Treffen der IAG weiter für sinnvoll, um die Entwicklung der Kenntnisse über die Art und mögliche Maßnahmen zu besprechen. Das Ziel, die weitere Ausbreitung der Art in Deutschland zu begrenzen, besteht weiter und wird für rea­listisch gehalten. Die Umsetzung von Maßnahmen gelingt vielerorts, sie ist jedoch durch das Fehlen einer spezialgesetzlichen Regelung begrenzt. Dazu wird z.Zt. in mehreren Bundesländern geprüft, ob eine Verordnung bzw. ein Landes­gesetz hier Abhilfe schaffen kann. Auch international gibt es Bestrebungen, die Effektivität von Maßnahmen gegen die Art zu steigern. Die International Ragweed Society (2019) weist dazu alljährlich auf den International Ragweed Day am ersten Samstag im Sommer hin, der der Öffentlichkeitsarbeit zu Pro­blemen und Bekämpfungsmöglichkeiten dient. Die Vorträge des Treffens werden auf die Website beim JKI eingestellt (https://pflanzengesundheit.julius-kuehn.de/ambrosie-1–312.html).

Literatur

International Ragweed Society, 2019: Announcing the Inter­national Ragweed Day – June 22, 2019. http://internationalragweedsociety.org/.

Schrader, G., U. Starfinger, J. Unger, 2006: 'Die Ambrosie – eine invasive Art?' Ein Workshop zu Ambrosia artemisiifolia – Einführung. Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes 58 (11), 277-278.

Starfinger, U., G. Schrader, 2007: Tagungsbericht – Zweiter interdisziplinärer Workshop zu Ambrosia artemisiifolia. Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes 59 (3).

Starfinger, U., 2008: Zum Stand des Aktionsprogramms Ambrosia. Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes 60 (9), 201-204.

Starfinger, U., 2011: Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Ambrosia – Ergebnisse des 6. Treffens im Julius Kühn-Institut Braun­schweig. Journal für Kulturpflanzen 63 (6), 190-191.

Starfinger, U., U. Sölter, A. Verschwele (Hrsg.), 2014: Ambrosia in Deutschland – lässt sich die Invasion aufhalten? Tagung vom 10.–12.09.2013 in Berlin. (Julius-Kühn-Archiv 445). Quedlinburg, 164 S.


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