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Originalarbeit

Wirkstoffanlagerungen auf Blattober- und -unterseite sowie Auswirkungen auf die Wirksamkeit am Beispiel verschiedener Zierpflanzen in Abhängigkeit von Düsentyp und Netzmittelzugabe

Deposition of an active substance on upper and lower leaf surface and implications on the efficacy in different ornamental plants depending on nozzle type and addition of a wetting-agent

Elias Böckmann1, Thomas Thieme2, Thomas Brand3, Robert Schmidt4 und Detlef Schenke5
Affiliationen
1 Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Braunschweig
2 BTL Bio-Test Labor GmbH Sagerheide
3 Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Pflanzenschutzamt, Oldenburg
4 Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern Abt. Pflanzenschutzdienst, Rostock
5 Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Berlin

Journal für Kulturpflanzen, 73 (1-2). S. 9–20, 2021, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2021.01-02.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Elias Böckmann, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig
Zur Veröffentlichung angenommen
2. September 2020/17. November 2020
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Zusammenfassung

Die Verteilung eines Pflanzenschutzmittels im Pflanzenbestand ist ganz wesentlich von der Verfügbarkeit und Verwendung einer geeigneten Applikationstechnik abhängig. Nur eine gute Verteilung gewährleistet den sicheren Kontakt der Zielorganismen mit dem Wirkstoff. Das gilt insbesondere für Schädlinge die sich auf der Blattunterseite aufhalten. Die Auswirkung des Düsentyps sowie die Verwendung eines Netzmittels auf die Wirkstoffanlagerung an die Blattober- und -unterseite und die resultierende Wirksamkeit sind Gegenstand dieser Untersuchungen.

Für die Ermittlung der Wirkstoffanlagerung wurde ein künstliches Blatt eingesetzt, bei dem die daran befestigten Glasfaserfilter als Blattober- bzw. -unterseite getrennt analysiert werden konnten. Die Verwendung einer Hohlkegeldüse erhöhte im Vergleich zu einer Flachstrahldüse die Anlagerung auf der Oberseite der künstlichen Blätter in schmalblättrigen Brachyscome multifida. Die Doppelflachstrahldüse unterschied sich nicht von den anderen Düsentypen. In breitblättrigen Pelargonium-Zonale-Hybriden und Fuchsia-Hybriden wurden keine Unterschiede zwischen den Düsentypen festgestellt. Die Wirkstoffanlagerung auf der Blattunterseite der künstlichen Blätter an der Fuchsia-Hybride und die Wirksamkeit auf Trialeurodes vaporariorum war unabhängig vom Düsentyp gering.

Stichwörter: Applikationstechnik, Wirkstoffanlagerung, Wirksamkeit, Karate Zeon, Netzmittel, Break-Thru

Abstract

The distribution of a plant protection product in the plant stand depends to a large extent on the availability and use of a suitable application technique. Only a good distribution guarantees the safe contact of the target organisms with the active ingredient. This applies in particular to pests which are on the underside of the leaves. The effect of the nozzle type as well as the use of a wetting agent on the active ingredient attachment to the upper and lower leaf surface and the resulting effectiveness are the subject of these investigations.

For the determination of the active ingredient attachment an artificial leaf was used, in which the glass fiber filters attached to it could be analyzed separately as the upper and lower side of the leaf. The use of a hollow cone nozzle, as compared to the flat spray nozzle, increased the attachment on the upper side of the artificial leaves in narrow-leaved Brachyscome multifida. The double flat fan nozzle did not differ significantly to the other nozzle types. In broad-leaved Pelargonium-zonale-hybrids and Fuchsia hybrids no differences were found between nozzle types. The active ingredient attachment on the underside of the artificial leaves on the Fuchsia hybrid and the efficacy on Trialeurodes vapora­riorum was low regardless of the nozzle type.

Key words: Application Technology, active-substance deposition, efficacy, Karate Zeon, wetting agent, Break-Thru,

Einleitung

Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) ist in allen Sparten des Gartenbaus und der Landwirtschaft im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzes und auch im Ökolandbau in vielen Indikationen unabdingbar. Für den Erfolg dieser Maßnahmen sind verschiedene Faktoren, wie die korrekte Diagnose der Schadursache, die Wahl des PSM und der Zeitpunkt der Anwendung relevant. Der Applikationstechnik kommt hierbei eine besondere Rolle zu, da sie die Verteilung des PSMs im Bestand und damit die Wirkung entscheidend beeinflusst (Tanigawa et al., 1993). Vor allem in dichten Beständen ist selbst mit optimaler Technik eine gleichmäßige Benetzung aller Pflanzen und Pflanzenteile kaum zu erreichen, zumal PSM vorwiegend von oben appliziert werden. In bestimmten Kulturen des Gemüse- und Ackerbaus werden Systeme mit sogenannten Droplegs eingesetzt, um das Eindringen in den Bestand von der Seite sowie von unten zu erreichen. Beispielsweise konnte die benetzte Fläche auf den Blattunterseiten in den relevanten Blattebenen von Rosenkohl von unter 2 % bei Applikation mit horizontalem Spritzbalken auf bis zu 35 % bei Applikation mit Droplegs im Zwischenreihenbereich und auf etwa 8 % im Reihenbereich gesteigert werden (Hillenberg et al., 2016). Im Zierpflanzenbau sind solche Systeme derzeit nicht im Einsatz, da deren Anpassung aufgrund der Vielfältigkeit der Kulturen und Kultursysteme schwierig ist – es kommen in erster Linie großflächig einheitliche Kulturen als Einsatzmöglichkeit infrage – und die zu erwartenden Absatzzahlen für Hersteller vergleichsweise gering sind.

Die Applikation der PSM mit horizontalem Spritzbalken per Hand bzw. Gießwagen von oben ist in einigen Zierpflanzen-Flächenkulturen wie Calluna vulgaris oder Erica-Arten üblich. In den meisten Zierpflanzenkulturen jedoch kommen handgeführte Spritzpistolen oder -lanzen standardmäßig zum Einsatz, wodurch der Behandlungswinkel sehr variabel ist. An den Rändern von Tischkulturen kann die Behandlung eher seitlich erfolgen, innerhalb der Kulturfläche erfolgt die Applikation auch hier überwiegend von oben.

Diese Anwendungsmodalitäten stellen ein Problem dar, weil sich viele Schaderreger, wie etwa Spinnmilben, Blattläuse und Weiße Fliegen, meist auf den Blattunterseiten aufhalten und dadurch kaum von den Wirkstoffen direkt erreicht werden. Zwar sind systemisch oder teilsystemisch wirksame Wirkstoffe weniger betroffen, doch aufgrund der kritischen Bewertung bestimmter Wirkstoffgruppen (EU Kommission, 2018, Morissey et al., 2015) sinkt derzeit die Anzahl verfügbarer systemischer Wirkstoffe.

Im Zusammenhang mit der neuerdings möglichen und forcierten Zulassung von „Low-Risk“-Produkten (EU Council, 2016, EU Commission, 2016), zu denen Öle und entomopathogene Pilze gehören, deren Wirkung auf Kontakt mit dem Schaderreger beruht, wird die Bedeutung einer guten Verteilung der Mittel auf Blattober- und auch auf der Blattunterseite weiter zunehmen.

Auf diese Problematik waren bereits die Bearbeiter des BMEL-Verbundprojektes RESI-GAB (2013–2016) gestoßen (Thieme & Schenke, 2016, Schenke et al., 2016). Vermeintlich in der Praxis nicht bekämpfbare, resistente Schaderreger hatten sich im Biotest als sensitiv erwiesen. Nachforschungen hatten ergeben, dass Applikationsfehler vorgelegen hatten (Schmidt et al., 2016).

Vor dem Hintergrund einer relativ dünnen Datenlage wurde an fünf Standorten der Frage nachgegangen, wie viel Wirkstoff in praxisüblichen Applikationsverfahren mit unterschiedlichen Düsentypen bei Applikation von oben (vertikaler Spritzfächer) bei einem Standardabstand zur Zielfläche von 50 cm angelagert werden kann. Im Jahre 2017 wurde dabei der Einfluss des Pflanzenaufbaus durch die Verwendung von je einer breit- und schmalblättrigen Zierpflanze berücksichtigt. Im Jahre 2018 wurde der Einfluss eines Netzmittels auf die Anlagerung und damit die Wirkung von Kontaktinsektiziden betrachtet und zusätzlich zur Ermittlung der Verteilung des Wirkstoffes im Bestand, die biologische Wirksamkeit untersucht. Um mögliche Beeinflussung der Versuchs­ergebnisse durch das Auftreten von Tieren mit Insektizidresistenz abzuschätzen, wurde auch die Sensitivität der Schaderreger einzelner Standorte gegenüber dem applizierten Pflanzenschutzmittel untersucht.

Material und Methoden

Versuchsstandorte

Die Versuche wurden an 5 Standorten unter Beteiligung des Julius-Kühn-Instituts, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst (JKI-GF), des Landesamts für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LALLF), des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Baden-Württemberg (LTZ), des Pflanzenschutzamts der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) sowie des Pflanzenschutzamts Berlin (PSA-B) durchgeführt.

Versuchsaufbau

Versuchsjahr 2017. Brachyscome multifida wurden als Beispiel für schmalblättrige und Pelargonium-Zonale-Hybriden als Beispiel für breitblättrige Zierpflanzen verwendet. An jedem Versuchsstandort wurden pro Versuchsglied 25 Pflanzen in einer Parzelle (ca. 1 m2) als Bestand aufgestellt. Eine Randomisierung war aus technischen Gründen nicht durchführbar. Die Pflanzen wurden praxisüblich getopft und kultiviert. Angaben über die eingesetzten Sorten und den Zustand der Pflanzen zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung sind in Tab. 1 aufgeführt.

Tab. 1. Pflanzenparameter zum Zeitpunkt der dritten Applikation in den Jahren 2017 und 2018.

Jahr

2017

LTZ

LALLF

LWK

JKI-GF

PSA-B

2017

Pelargonium Zonale-Hybriden

Sorte

Atlantic

Atlantic

sel Sunrise Elara

sel Sunrise Elara

Bravo

BBCH

65

/

59–63

65

11–16

Höhea

22,9

27,8

15,5

38,4

10,5

Brachyscome multifida

Sorte

Surdaisy Blue

Brasco

Surdaisy Blue

Surdaisy Blue

Surdaisy Blue

BBCH

65

/

63

65

60–69

Höhea

10,9

7,8

9,6

16,5

8,7

2018

Fuchsia-Hybride

Sorte

Beacon

Beacon

Beacon

Beacon

Beacon

BBCH

59

55

60

65

65

Höhea

31,5

47,2

23,0

46,3

29,3

aMittelwert aus 5 gemessenen Pflanzen in cm

Versuchsjahr 2018. Im Jahr 2018 dienten aus Stecklingen vermehrte und praxisüblich kultivierte Fuchsia-Hybriden (Tab. 1) als Versuchspflanzen. An jedem Versuchsstandort wurde der Versuch in einfaktorieller Blockanlage aufgestellt und mit 10 Pflanzen pro Versuchsglied (ca. 1 m2) und 7 Wiederholungen (PSA-B 4 Wiederholungen) durchgeführt (Tab. 1).

Pflanzenschutzmittelapplikation

Versuchsjahr 2017. Das PSM Mainspring, Syngenta, mit dem Wirkstoff Cyantraniliprole (400 g/kg) wurde mit einer Aufwandmenge von 1,2 g/100 m2 und einem Wasseraufwand von 10 l/100 m2 angewandt. Die Varianten unterschieden sich durch die an den Standorten und in beiden Kulturen verwendeten Düsentypen:

HK – Hohlkegeldüse Lechler TR 80–02,

FS – Flachstrahldüse Hardi ISO F-02–110 (im LALLF Lechler ST 02–110, im PSA-B Lechler ST 80–02),

DF – Doppelflachstrahldüse Lechler IDKT 120–02 (im JKI-GF Lechler DF 120–02).

Die Spritzungen wurden mit einer etwa 50 cm über den Bestand handgeführten Einzeldüse und in der Regel mit einem Spritzdruck von 2 bar durchgeführt. Die HK wurde von LTZ und LWK sowie die DF von PSA-B mit 3 bar betrieben.

Versuchsjahr 2018. Das PSM Karate Zeon (Syngenta, Basel, Schweiz) mit dem Wirkstoff lambda-Cyhalothrin (100 g/l) kam in den Fuchsia-Hybriden mit einer Aufwandmenge von 0,75 ml/100 m2 und einem Wasser­aufwand von 10 l/100 m2 zum Einsatz. Die Varianten unterschieden sich durch die verwendeten Düsentypen:

HK K – Hohlkegeldüse Lechler TR 80–02, Ausbringung von Karate Zeon,

DF K – Doppelflachstrahldüse Lechler IDKT 120–02, Ausbringung von Karate Zeon.

In weiterenVarianten wurde Karate Zeon mit einem Zusatz von 0,02 % Break-Thru S 240 (BrTh) (AlzChem, Trostberg, Germany) und reduziertem Wasseraufwand von 7 l/100 m2, aber gleicher Aufwandmenge (Ausnahme LTZ mit 0,53 ml/100 m2 (70 %)) getestet:

+ BrTh – Zusatz von Break-Thru S 240.

Die Applikation erfolgte wie für 2017 beschrieben, jedoch mit 2 bar Spritzdruck an allen Versuchsstandorten.

Es erfolgten drei Anwendungen im Abstand von je einer Woche. Während der dritten Applikation erfolgte die Untersuchung der Wirkstoffanlagerung. Die im Versuchszeitraum 2017 und 2018 gemessenen Tempera­turen und relativen Luftfeuchten in den Gewächshäusern der fünf Versuchsstandorte zum Zeitpunkt der dritten Applikation sind in Tab. 2 dargestellt.

Tab. 2. Gewächshausbedingungen jeweils zum Zeitpunkt der dritten Applikation in den Versuchen der Jahre 2017 und 2018.

Jahr

Klimadaten

LTZ

LALLF

LWK

JKI-GF

PSA-B

2017

Temperatur (°C)

28/23,1

24

24

22,8

18

Luftfeuchte (% rF)

54/54

68

65

56

82

2018

Temperatur (°C)

25,3

22,7

19,5

21,5

21,5

Luftfeuchte (% rF)

70

71

80

55

70

Künstliche Blätter

Mit dem Ziel der Ermittlung der angelagerten Wirkstoffmengen wurden zur Standardisierung „künstliche Blätter“ (KB; Abb. 1) verwendet. Diese bestanden aus einem Tonkin-Stab mit daran befestigtem Kabelbinder und rund ausgestanzter Wellpappescheibe mit einem Durchmesser von 25 mm. An der Wellpappenscheibe wurde auf der Ober- und Unterseite mit einer Stahl-Insekten­nadel (Größe 00) je ein Glasfaserfilter (Macherey-Nagel GF-2, MN 4120025 Ø =25 mm/4,90874 cm2) befestigt.

Abb. 1. Links: Aufbau eines künstlichen Blattes (© D. Achilles, JKI) und rechts: Handling der Probennahme (© K. Burlak, JKI).

Abb. 1. Links: Aufbau eines künstlichen Blattes (© D. Achilles, JKI) und rechts: Handling der Probennahme (© K. Burlak, JKI).

Im Jahre 2017 wurden 5 KB pro Versuchsglied im Pflanzenbestand aufgestellt. Das Aufstellen der KB erfolgte jeweils in mittlerer Bestandshöhe, halb verdeckt durch die Blätter der Versuchspflanzen (Abb. 2). Nach der Behandlung wurden die Glasfaserfilterscheiben zur Trocknung etwa 30 min im Bestand belassen, dann vorsichtig mit den Insektennadeln von der Halterung gelöst und einzeln in Rollrandgläschen (Proben-Ampullen, VWR®, Klarglas mit Schnappdeckeln, Ø × H: 24 × 52 mm) überführt.

Abb. 2. Positionierung der künstlichen Blätter. Links: Pelargonium-Zonale-Hybride (© K. Burlak, JKI), mittig: Brachyscome multifida (© K. Burlak, JKI) und rechts: Fuchsia-Hybride (© D. Achilles, JKI).

Abb. 2. Positionierung der künstlichen Blätter. Links: Pelargonium-Zonale-Hybride (© K. Burlak, JKI), mittig: Brachyscome multifida (© K. Burlak, JKI) und rechts: Fuchsia-Hybride (© D. Achilles, JKI).

Eine Kontrolle auf eventuelle Rückstände aus früheren Anwendungen der Wirkstoffe im Pflanzenschutzgerät erfolgte an jedem Versuchsstandort. Dazu wurden vor der Behandlung der anderen Versuchsglieder 5 Glasfaser­filter separat auf Pappe ausgelegt, mit Wasser behandelt und wie die Glasfaserfilter der übrigen Versuchsglieder analysiert.

Alle Filter wurden per Express entweder sofort nach dem Versuch an das Analyselabor geschickt oder sofort vor Ort eingefroren (-20°C) und dann zu einem späteren Zeitpunkt eingefroren versandt.

Im Versuch 2018 kam ein KB pro Wiederholung (7 KB pro Versuchsglied) zum Einsatz. Ansonsten war die Durchführung derjenigen von 2017 analog.

Quantifizierung der Pflanzenschutzmittelwirkstoffe

Einzelheiten über die Durchführung des Analysenab­laufes, der hier kurz dargestellt wird, sind im Supp­lement S1–S2 zusammengestellt. Die bei –20°C in den Rollrandgläs­chen gelagerten Glasfaserfilter wurden auf Raumtemperatur gebracht. In jedes Gläschen wurde ein geeigneter Kontrollstoff zur Überprüfung des Ana­lysenablaufes und danach das Extraktionsmittel Aceton gegeben. Die wieder verschlossenen Rollrandgläser wurden über Nacht bei Raumtemperatur geschüttelt. Anschließend wurde ein Teil der Extraktionslösung entnommen und bis zur Trockene eingedampft. Dieser Rückstand wurde mit einem Methanol-Wasser-Gemisch aufgenommen, das einen inter­nen Standard enthielt. Die Quantifizierung der Wirkstoffkonzentrationen von Cyantraniliprole (2017) bzw. lambda-Cyhalothrin (2018) und die der Kontrollstoffe erfolgte mit einer Gerätekopplung bestehend aus Flüssigkeitschromatograph (Dionex Ultimate 3000 RS) und Massenspektrometer (AB SCIEX QTRAP 5500). Die Ergebnisse wurden in ng/cm2 Glasfaserfilterfläche (einseitig) berechnet.

Wirksamkeit

In den Versuchen 2018 wurde, zusätzlich zur Ermittlung der Verteilung des Wirkstoffes im Bestand, die Wirksamkeit der Behandlungsvarianten untersucht.

Es erfolgte eine künstliche Infektion mit der Weißen Fliege T. vaporariorum, wobei eine nicht genauer bestimmte Anzahl Adulte je Standort verteilt über die Bestände freigelassen wurde. Die Tiere stammten aus der Zucht des JKI, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Braunschweig.

Die Bonitur der Befallsstärke mit Weißen Fliegen erfolgte getrennt nach Adulten und Larven an einem Trieb je Pflanze, an 10 Pflanzen. Die Termine dafür lagen einen Tag vor der ersten Applikation sowie einen Tag nach jeder Applikation und dann weiter wöchentlich. Da am Standort des LALLF ganze Pflanzen (ca. 3 Triebe) bonitiert worden waren, wurden diese Werte für die graphische Darstellung gedrittelt, flossen aber unverändert in die statistische Auswertung ein.

Analyse der Sensitivität im Bioessay

2018 wurden an den Versuchsstandorten LALLF und LTZ T. vaporariorum entnommen, in das Labor überführt und ohne weitere Vermehrung auf Sensitivität gegen Karate Zeon (Wirkstoff: lambda-Cyhalothrin) getestet.

1. Am Standort des LALLF Rostock wurden die Tiere vor der letzten Applikation von unbehandelten Fuchsia-Hybriden entnommen.

2. Am Standort des LTZ Augustenberg wurden adulte Weiße Fliegen 31 Tage nach der letzten Applikation, entnommen. Eine Probe stammte aus einer unbehandelten Parzelle und eine Probe aus einer behandelten Parzelle.

Im Bioessay fanden 30 s in Karate-Zeon-Lösung getauchte und nach Trocknung in eine Petrischale auf Agar gelegte, 2,5 cm lange Bohnenblätter (‘Espresso‘) Verwendung. Adulte Tiere jedes Entnahmetermins wurden 3 Dosierungen (12,5 ppm ≙ 100 % Feldaufwandmenge (FAW), 2,5 ppm ≙ 20 % FAW und 0 ppm) aus­gesetzt. Hierfür erfolgte nach Trocknung der Blattoberfläche die Überführung je 5 betäubter Adulter (N = 5). Bis zur Bonitur wurden die Petrischalen bei 21 ± 2°C, in Dunkelheit gelagert. Die Bestimmung der Mortalität erfolgte nach 24, 48 und 72 h. Als tot wurden alle Tiere gewertet, die keinerlei Bewegung zeigten oder nicht zu koordinierter Bewegung befähigt waren.

Statistische Auswertung

Wirkstoffanlagerung. Unterschiede in der Wirkstoffanlagerung wurden mit Hilfe eines Linearen Gemischten Modells (Linear Mixed Model) untersucht. Im Modell wurden das Versuchsglied (2017: Mainspring ausgebracht mit HK, DF, FS; 2018 Karate Zeon ausgebracht mit HK oder DF) als Fixed Effect sowie der Faktor Versuchs­ansteller selbst als Random Effect berücksichtigt. 2018 wurden zusätzlich die Wiederholung im Faktor Versuchsansteller genestet sowie der Faktor Netzmittelzusatz und dessen Interaktion mit dem Versuchsglied betrachtet. Die Effekte wurden getrennt für die jeweilige Versuchspflanze (2017: Brachyscome multifida, Pelargonium-Zonale-Hybride; 2018: Fuchsia-Hybride) und getrennt für die KB-Oberseite bzw. KB-Unterseite ausgewertet.

Da sich die KB 2017 aus technischen Gründen jeweils in demselben Bestand befanden, wurden die Analysewerte für dieses Jahr pro Standort gemittelt.

Die Erklärung der Varianz im Modellergebnis wurde in Form der Pseudo-R2-Werte für die Erklärung durch Fixed Effects (R2m) und durch das Gesamtmodell inklusive Random Effects (R2c) dargestellt. Die Berechnung erfolgte mit der Delta-Methode der r.squaredGLMM-Prozedur des MuMIN-Packages mit R (R Core Team, 2019).

Wirksamkeit. Unterschiede in der Wirksamkeit gegen Weiße Fliegen wurden mit einem Generalisierten Linearen Gemischten Modell (Generalized Linear Mixed Model) mit negativ-binomialer Verteilung untersucht. Als Fixed Effects wurde das Versuchsglied (Kontrolle mit Wasser behandelt, Karate Zeon ausgebracht mit HK oder DF), der Netzmittelzusatz (ja oder nein) und der Boniturtermin, sowie jeweils die Interaktion von Netzmittelzusatz und Boniturtermin mit dem Versuchsglied, berücksichtigt. Die Anzahl der Tiere zu Versuchsbeginn am jeweiligen Standort je Pflanze und Wiederholung wurde als Fixed Effect ohne Interaktion berücksichtigt. Die Wiederholung genestet im Faktor Versuchsansteller, sowie der Faktor Versuchsansteller selbst wurden als Random Effect berücksichtigt.

Alle Signifikanztests erfolgten als Post-hoc-Test paarweise mit Tukey-Korrektur der P-Werte und zu einem Signifikanzniveau von P < 0,05. Im Falle der Wirksamkeitsdaten wurde der Post-hoc-Test separat je Bonitur­termin durchgeführt. Zu jedem Ergebnis wurde zusätzlich der Estimated Marginal Mean (EMM) und der zugehörige Standard Error (SE) angegeben.

Alle statistischen Untersuchungen wurden mit R (R Core Team, 2019) durchgeführt.

Ergebnisse

Versuchsjahr 2017

Wirkstoffanlagerung in Abhängigkeit vom Düsentyp in schmal- und breitblättrigen Pflanzen. In den Kontrollvarianten zur Testung auf Kontamination der verwendeten Pflanzenschutzgeräte aller Standorte wurde kein Cyantraniliprole nachgewiesen.

Werden für jede der verwendeten Düsen die angelagerten Wirkstoffgehalte je Pflanzensorte von allen Standorten zusammengefasst, zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den Düsentypen. Bei den schmalblättrigen Brachyscome multifida, wurde auf der Oberseite der KB bei der Verwendung der HK (EMM = 243 ng/cm2 ± 18 SE) im Mittel mehr Wirkstoff angelagert als bei der FS (EMM = 180 ng/cm2 ± 18 SE) (p = 0,048). Die Anlagerungen der DF (EMM = 197 ng/cm2 ± 18 SE) unterschied sich weder von der HK (p = 0,154) noch von der FS (p = 0,766) signifikant. In den Versuchen mit breitblättrigen Pelargonium-Zonale-Hybriden waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Anlagerungen der einzelnen Düsentypen auf der KB-Oberseite feststellbar. Für die Anlagerung an den Oberseiten der KB erklärte die verwendete Düse in Brachyscome multifida etwa 30 % (R2m = 0,30; R2c = 0,36) und in der Pelargonium-Zonale-Hybride etwa 3 % der Streuung (R2m = 0,03; R2c = 0,58).

Die Anlagerung auf der KB-Unterseite unterschied sich weder in Brachyscome multifida noch in der Pelargonium-Zonale-Hybriden signifikant zwischen den Düsentypen. Hier erklärte die verwendete Düse in Brachyscome multifida etwa 1 % (R2m = 0,01; R2c = 0,79) und in der Pelargonium-Zonale-Hybride etwa 11 % der Streuung (R2m = 0,11; R2c = 0,45).

Auf die Oberseite der KB gelangte in den feinblättrigen Brachyscome multifida im Mittel mehr Wirkstoff als in den breitblättrigen Pelargonium-Zonale-Hybriden (Abb. 3; statistisch nicht untersucht). Die an der Unterseite der künstlichen Blätter angelagerten Wirkstoffmengen lagen -pflanzenunabhängig – bei weniger als 10 % im Vergleich zu denjenigen auf den Oberseiten der KB (Abb. 3; statistisch nicht untersucht).

Abb. 3. Wirkstoffanlagerung an der Ober- und Untersei­te der künstlichen Blät­ter (KB) im Bestand von Brachyscome multifida und Pelargonium-Zona­le-Hybride im Ver­suchsjahr 2017. 
Dargestellt sind Box­plots und die Mittelwer­te der 5 verwendeten KB pro Versuchsstand­ort als Punktwolke. Juli­us-Kühn-Institut für Pflanzenschutz in Gar­tenbau und Forst (JKI-GF), Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittel­sicherheit und Fischerei Mecklen­burg-Vorpommern (LALLF), Landwirt­schaftliches Technolo­giezentrum Baden-Württemberg (LTZ), Pflanzenschutzamt der Landwirtschaftskam­mer Niedersachsen (LWK), Pflanzen­schutzamt Berlin (PSA-B); Hohlkegeldüse (HK), Flachstrahldüse (FS) Doppelflachstrahl­düse (DF).

Abb. 3. Wirkstoffanlagerung an der Ober- und Untersei­te der künstlichen Blät­ter (KB) im Bestand von Brachyscome multifida und Pelargonium-Zona­le-Hybride im Ver­suchsjahr 2017. Dargestellt sind Box­plots und die Mittelwer­te der 5 verwendeten KB pro Versuchsstand­ort als Punktwolke. Juli­us-Kühn-Institut für Pflanzenschutz in Gar­tenbau und Forst (JKI-GF), Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittel­sicherheit und Fischerei Mecklen­burg-Vorpommern (LALLF), Landwirt­schaftliches Technolo­giezentrum Baden-Württemberg (LTZ), Pflanzenschutzamt der Landwirtschaftskam­mer Niedersachsen (LWK), Pflanzen­schutzamt Berlin (PSA-B); Hohlkegeldüse (HK), Flachstrahldüse (FS) Doppelflachstrahl­düse (DF).

Versuchsjahr 2018

Wirkstoffanlagerung in Abhängigkeit von Düsentyp und Netzmittel in Fuchsia-Hybride. In den Kontrollvarianten zur Testung auf Kontamination der verwendeten Pflanzenschutzgeräte an den Standorten des JKI-GF und PSA-B wurde der Wirkstoff lambda-Cyhalothrin mit 0,66 ng/cm2 (0,9 % FAW) bzw. 1,64 ng/cm2 (2,1 % FAW) nachgewiesen. An allen anderen Standorten wurde in den Kontrollen kein Wirkstoff nachgewiesen.

Weder die verwendete Düse noch das Netzmittel hatten einen signifikanten Einfluss auf die angelagerten Wirkstoffmengen (Abb. 4). Letzteres gilt sowohl für die Anlagerung an den Ober- als auch an den Unterseiten der KB. Die verwendete Düse erklärte etwa 3 % der Streuung auf der Oberseite (R2m = 0,03; R2c = 0,46) und etwa 2 % der Streuung auf der Unterseite (R2m = 0,02; R2c = 0,36). Die Anlagerung an den künstlichen Blättern auf der Unterseite lag mit etwa 4 % der oberseits angelagerten Wirkstoffmenge sehr niedrig (Unterschied statistisch nicht untersucht).

Abb. 4. Wirkstoffanlagerung auf der Ober- und Unterseite der künstlichen Blätter (KB) im Bestand von Fuch­sia-Hybride im Versuchsjahr 2018. 
Dargestellt sind Boxplots und die Einzelwerte (= Wiederho­lungen) der 5 verwendeten KB pro Versuchsstand­ort als Punktwolke (Abkürzungen wie in Abb. 3).

Abb. 4. Wirkstoffanlagerung auf der Ober- und Unterseite der künstlichen Blätter (KB) im Bestand von Fuch­sia-Hybride im Versuchsjahr 2018. Dargestellt sind Boxplots und die Einzelwerte (= Wiederho­lungen) der 5 verwendeten KB pro Versuchsstand­ort als Punktwolke (Abkürzungen wie in Abb. 3).

Wirksamkeit. Eine signifikante Reduktion adulter T. vaporariorum wurde am Boniturtermin B2 für alle Versuchsglieder gegenüber der Kontrolle (EMM 10,01 Adulte/Trieb + 1,37 SE) gefunden (DF K + BrTh: p = 0,0001, EMM = 7,12 Adulte/Trieb + 0,94 SE; HK K + BrTh: p = 0,0001, EMM = 7,00 Adulte/Trieb + 0,92 SE; DF K: p = 0,0151, EMM = 7,80 Adulte/Trieb + 1,03; HK K: p = 0,0054, EMM = 7,61 Adulte/Trieb + 1,01 SE), während sich die Versuchsglieder untereinander nicht statistisch unterschieden. Am Boniturtermin B3 unterschied sich nur noch das Versuchsglied HK K + BrTh (EMM = 13,55 Adulte/Trieb + 1,79 SE) signifikant von der Kontrolle (EMM = 17,00 Adulte/Trieb + 2,33 SE) (p = 0,0351). Zu allen anderen Terminen gab es keine signifikanten Unterschiede. Düsentyp, K, BrTh und Startpopulation erklärten etwa 42 % der Streuung (R2m = 0,42; R2c = 0,48). Die Populationsverläufe sind in Abb. 5 dargestellt.

Abb. 5. Mittlere Anzahl (± SE) von adulten und larvalen Trialeurodes vaporariorum an einem Trieb pro Pflanze unter dem Einfluss von Karate Zeon (N = 10/Wiederholung). 
Die Applikationen (A1-A3) erfolgten je­weils einen Tag vor der wöchentlichen Bonitur. Versuchsglieder: Behandlung mit Wasser (Kontrolle) oder Karate Zeon (K) und teilweise Break-Thru 240 (BrTh), mit Hohlkegeldüse (HK) oder Doppelflach­strahldüse (DF).

Abb. 5. Mittlere Anzahl (± SE) von adulten und larvalen Trialeurodes vaporariorum an einem Trieb pro Pflanze unter dem Einfluss von Karate Zeon (N = 10/Wiederholung). Die Applikationen (A1-A3) erfolgten je­weils einen Tag vor der wöchentlichen Bonitur. Versuchsglieder: Behandlung mit Wasser (Kontrolle) oder Karate Zeon (K) und teilweise Break-Thru 240 (BrTh), mit Hohlkegeldüse (HK) oder Doppelflach­strahldüse (DF).

Eine signifikante Reduktion die Larven von T. vaporariorum ließ sich nur am Boniturtermin B2 für das Versuchsglied HK K + BrTh (EMM = 8,55 Larven/Trieb + 2,56 SE) im Vergleich zu DF K (EMM = 11,73 Larven/Trieb + 3,52 SE) (p = 0,0373), und am Boniturtermin B6 ebenfalls für das Versuchsglied HK K + BrTh (EMM = 47,91 Larven/Trieb + 14,87 SE) zu der Kontrolle (EMM = 83,95 Larven/Trieb + 27,30 SE) feststellen (p = 0,0221). Am Boniturtermin B3 lag die Kontrolle (EMM = 17,34 Larven/Trieb + 5,31 SE) signifikant niedriger als alle Versuchsglieder (DF K + BrTh: p= < 0,0001, EMM = 40,61 Larven/Trieb + 12,18 SE; HK K + BrTh: p= < 0,0001, EMM = 34,45 Larven/Trieb + 10,34 SE; DF K: p= < 0,0001, EMM = 42,07 Larven/Trieb + 12,62 SE; HK K: p= < 0,0001, EMM = 39,38 Larven/Trieb + 11,85 SE), während sich die Versuchsglieder untereinander nicht statistisch unterschieden. Zu allen anderen Terminen gab es keine signifikanten Unterschiede. Düsentyp, K, BrTh und Startpopulation erklärten zusammen etwa 46 % der Streuung (R2m = 0,46; R2c = 0,56). Die Populationsverläufe sind in Abb. 5 dargestellt.

Analyse der Sensitivität im Bioessay. Die von unbehandelten Pflanzen dem Versuch des LALLF entnommenen Tiere waren sensitiv gegenüber Karate Zeon (Abb. 6).

Abb. 6. Mittlere Mortalität (± SD) der vor der dritten Ap­plikation von unbehandelten Pflanzen entnomme­nen adulten Trialeurodes vaporariorum aus dem Versuchsstandort des LALLF nach Behandlung mit 0 % (nur Wasser), 20 % und 100 % der regi­strierten Feldaufwandmenge von Karate Zeon. 
Je Wiederholung (N = 5) wurden 5 Adulte getestet.

Abb. 6. Mittlere Mortalität (± SD) der vor der dritten Ap­plikation von unbehandelten Pflanzen entnomme­nen adulten Trialeurodes vaporariorum aus dem Versuchsstandort des LALLF nach Behandlung mit 0 % (nur Wasser), 20 % und 100 % der regi­strierten Feldaufwandmenge von Karate Zeon. Je Wiederholung (N = 5) wurden 5 Adulte getestet.

Die nach dem Versuch im LTZ entnommenen Weißen Fliegen aus Kontrolle und behandelter Variante zeigten in beiden Fällen eine reduzierte Sensitivität gegen Karate Zeon (Abb. 7).

Abb. 7. Mittlere Mortalität (± SD) adulter Trialeurodes vaporariorum aus der wasserbehandelten Kontrolle (links) und aus einem mit Karate Zeon behandelten Versuchsglied (rechts) nach Behandlung mit 0 % (nur Wasser), 20 % und 100 % der registrierten Feldaufwandmenge von Karate Zeon. 
Beide Proben wurden 31 Tage nach der letzten Applikation am Versuchsstandort des LTZ entnommen und mit 5 Adulten je Wiederholung (N = 5) getestet.

Abb. 7. Mittlere Mortalität (± SD) adulter Trialeurodes vaporariorum aus der wasserbehandelten Kontrolle (links) und aus einem mit Karate Zeon behandelten Versuchsglied (rechts) nach Behandlung mit 0 % (nur Wasser), 20 % und 100 % der registrierten Feldaufwandmenge von Karate Zeon. Beide Proben wurden 31 Tage nach der letzten Applikation am Versuchsstandort des LTZ entnommen und mit 5 Adulten je Wiederholung (N = 5) getestet.

Diskussion

Wirkstoffanlagerung

Die in den Versuchen eingesetzten künstlichen Blätter stellen einen eleganten Kollektor dar, mit dem die Anlagerung der ausgebrachten Pflanzenschutzmittel mit den ober- und unterseitig angebrachten Glasfaserfiltern getrennt voneinander verfolgt werden kann. Die benötigten Materialien sind leicht erhältlich und der Zusammenbau mit nur geringem Aufwand verbunden. Eine Anpassung der Größe der KB für spezifische Fragestellungen eröffnet weitere Möglichkeiten. In Versuchen zur Wirksamkeit von PSM ist eine Applikationskontrolle nahezu störungsfrei möglich. Die Glasfaserfilter nehmen die Spritzbrühe gut auf. Ein Ablaufen der Spritzbrühe konnte nicht beobachtet werden.

Die Analyse der Wirkstoffgehalte auf den Glasfaserfiltern kann in hohen Stückzahlen durchgeführt werden, da keine Reinigungsschritte erforderlich sind. Allerdings sollte beachtet werden, dass die auf den Glasfaserfiltern angelagerten Wirkstoffmengen nicht nur aufgrund ihrer Größe, sondern auch wegen der von den natürlichen Blättern abweichenden Oberflächenstruktur in ihrer absoluten Höhe vorsichtig zu interpretieren sind. So könnte die absolute Anlagerung an der KB-Unterseite je nach dem Verhältnis der (Fieder-)Blattfläche der jeweiligen Pflanze zur Fläche des KB bei sehr feingliedrigen Blättern (z. B. Brachyscome multifida) unterschätzt, und bei flächigen Blättern (z. B. Pelargonium-Zonale-Hybride) überschätzt werden. Für die KB-Oberseite wird dieser Unterschied nicht erwartet. Für einen relativen Vergleich der Wirkstoffanlagerung verschiedener Anwendungsverfahren bei einer Pflanzenart eignen sich die KB in jedem Fall sehr gut.

Der Vergleich zwischen den zwei sehr unterschied­lichen Zierpflanzenarten im Jahr 2017 zeigt durch die höhere Anlagerung des Wirkstoffes Cyantraniliprol auf den Oberseiten der KB in den Brachyscome multifida eine geringere Abschirmung der im Inneren der Pflanze befindlichen Blättern von schmalblättrigen gegenüber breitblättrigen Pflanzenarten. Bei der statistischen Auswertung wird deutlich, dass die verwendete Düse nur einen sehr geringen Anteil der Streuung der Ergebnisse von allen Standorten hat. So hatte der verwendete Düsentyp für die Wirkstoffanlagerung an den Unterseiten der KB keinen signifikanten Effekt. Bei der Benetzung der Oberseiten konnte ein signifikanter Einfluss des Düsentyps nur in Brachyscome multifida festgestellt werden, wo die HK-Düse Vorteile zeigte. Aufgrund der Blattstruktur war hier das KB nur geringfügig abgeschirmt. In breitblättrigen Pflanzen ist demnach eine gleichmäßige Bestandsdurchdringung schwerer zu erreichen, was sich auch in den unabhängig vom Düsentyp niedrigeren Anlagerungen an Ober- und Unterseite der KB zeigt (Abb. 3). Insgesamt ist pflanzentypunabhängig der größte Anteil der Streuung in den erreichten Wirkstoffanlagerungen für beide Seiten der KB auf nicht untersuchte standortspezifische Einflussfaktoren bei den 5 Versuchsstandorten zurückzuführen. Zu diesen Faktoren dürften unter anderem die genaue Lage der KB im Pflanzenbestand, die Durchführung der Behandlung, das Gewächshausklima zum Zeitpunkt der Anwendung und die von den Kulturbedingungen abhängige Pflanzenstruktur gehören.

In den Versuchen 2018 mit der Fuchsia-Hybride wurden keine Unterschiede in der Wirkstoffanlagerung zwischen den verwendeten Düsentypen oder durch Verwendung eines Netzmittels festgestellt. Insgesamt lagen die Anlagerungswerte nochmal deutlich unter denen an B. multifida und P. zonale, was sicherlich neben der Blattstruktur auch durch den höheren Wuchs der Pflanzen verursacht wurde (Abb. 4, Tab. 1).

Ein Ablaufen der Spritzbrühe von den Pflanzen-Blättern wurde in keiner der Versuchsvarianten beobachtet.

Für beide Versuchsjahre zeigen die dargestellten Ergebnisse eine hohe Variabilität der Pflanzenschutzmittel­anlagerung. Es zeigte sich aber deutlich, dass die Blatt­unterseiten mit einer vertikalen Spritzung von oben kaum erreicht werden. Somit können Schädlinge, die sich bevorzugt blattunterseits aufhalten, durch kontaktwirksame Pflanzenschutzmittel mit der getesteten Applika­tionstechnik nicht ausreichend bekämpft werden.

Wirksamkeit

Die im Jahre 2018 durchgeführte Analyse der Verteilung von lambda-Cyhalothrin in Fuchsia-Hybriden, insbesondere mit den geringen Wirkstoffanlagerungen auf den Unterseiten der KB, ist hilfreich für die Interpretation der Wirksamkeitsbonituren. Die gesteigerte Wirkung bei Verwendung von BrTh in Verbindung mit der HK auf larvale und adulte T. vaporariorum (Abb. 5) ist demnach eher nicht auf eine bessere Wirkstoffverteilung im Bestand zurückzuführen, da in der Anlagerung keine signifikanten Unterschiede durch den Düsentyp und Zugabe von BrTh festgestellt wurden (Abb. 4). Allerdings lassen sich durch Netzmittel hervorgerufene Unterschiede bei der Wirkstoffanlagerung eigentlich nur untersuchen, wenn man die Beläge direkt auf dem Blatt misst, da es auch Wechselwirkungen zwischen den Eigenschaften von Spritzflüssigkeit und Blatt gibt. Erklärungsansätze für die bessere Wirkung auf Adulte sind demnach, dass es entweder durch die Zugabe des Netzmittels zu einer Veränderung der Größenverteilung des Tropfenspektrums der Spritzbrühe kam und die mobilen Adulten dadurch mehr Kontakt zum Wirkstoff hatten oder dass es durch das Netzmittel an sich zu einer erhöhten Wirkung bei gleicher Kontakthäufigkeit kam. Für letzteres spricht auch, dass aus zahlreichen Versuchen bekannt ist, dass Superspreiter wie BrTh bereits als Soloanwendung eine insektizide Kontaktwirkung entfalten können. Allerdings sollten dann alle Düsentypen mit BrTh eine höhere Wirkung erzielen, was hier statistisch nicht belegt werden konnte. Im Mittel lagen allerdings die Anzahlen an adulten und larvalen T. vaporariorum in den Versuchsgliedern mit BrTh Zusatz fast durchgängig unter denen ohne BrTh-Zusatz (Abb. 5).

Insgesamt wurde weder gegen die sessilen Larven noch gegen die Adulten eine für den Zierpflanzenbau relevante Wirkung erzielt, was durch unabhängig von Düsentyp und Netzmittelzugabe deutlich geringere Wirkstoffanlagerungen unter den Blättern verursacht werden könnte. Unwahrscheinlicher, aber nicht ganz auszuschließen, ist auch eine fehlende biologische Aktivität des verwendeten Wirkstoffs auf die Larven, da die Sensitivität der Weißen Fliegen im Versuch auf den verwendeten Wirkstoff nur an Adulten getestet wurde. Da sich die Verläufe der Populationsentwicklungen und die geringe Wirkung aller Versuchsglieder dem Verlauf der Kontrolle sowohl bezüglich der Larven als auch der Adulten ähneln, ist dies jedoch sehr unwahrscheinlich (Abb. 5). Entsprechend ist eine ausreichende Bekämpfung von Schädlingen, die sich auf der Blattunterseite befinden, mit kontaktwirksamen Pflanzenschutzmitteln bei Applikation von oben nicht zu erwarten. Der starke Abfall der bonitierten Larven an Boniturtermin B3 kann nicht biologisch erklärt werden.

Schließlich stellt sich die Frage, wie viel Wirkstoffmenge für eine erfolgreiche Bekämpfung an die Blattunter­seite angelagert werden müsste. Die Sensitivitätsunter­suchungen der T. vaporariorum-Proben aus dem Versuchsstandort des LALLF zeigt, dass die Mortalität der adulten Tiere die vor der 3. Applikation für den Wirksamkeitstest entnommen wurden, nach 3 Tagen mehr als 80 % betrug. Da die Weißen Fliegen aus einer Pyrethroid-sensitiven Zucht des JKI-GF stammt, ist am Versuchsstandort des LTZ eine Vermischung der inokulierten Tiere mit einer lokalen Herkunft wahrscheinlich.

Die Wirkstoffanlagerungen der unterseitig an den KB angebrachten Glasfaserfilter lagen im Verhältnis zu der Anlagerung an den oberseitig angebrachten Glasfaserfiltern desselben KB im Mittel in Brachyscome multifida und Pelargonium-Zonale-Hybride bei 7 % bzw. 6 % und in Fuchsia-Hybride bei 5 %. Dies lässt eine entscheidende Problematik erkennen. Nicht nur die Einschränkung der Wirkstoffpalette erschwert eine erfolgreiche Bekämpfung von Schädlingen. Vielmehr können potentiell wirksame Pflanzenschutzmittel mit im Zierpflanzenbau zurzeit verfügbaren Applikationsmethoden nicht ausreichend an den Schädling gebracht werden. Die beschriebenen Ergebnisse stehen damit stellvertretend für die Anwendung von Kontaktinsektiziden im Zierpflanzenbau sowie für weitere Kulturen, sofern die Applikation von oben und ohne Luftunterstützung erfolgt. Hierzu gehören vor allem Öle, Pflanzenextrakte, Pilze und Bakterien – alles Wirkstoffgruppen mit besonderer Relevanz für den ökologischen Anbau. Dieser Umstand gewinnt besonders an Brisanz, da zu erwarten ist, dass PSM auf Basis dieser Wirkstoff­typen einen ganz wesentlichen Anteil an den sogenannten „Low-Risk“-Produkten haben werden. Deren Regis­trierung wird derzeit in Europa über ein beschleunigtes und vereinfachtes Zulassungsverfahren forciert (EU Commission, 2016). Die politische Agenda lässt somit erkennen, dass solche Produkte auch einen wesentlichen Teil der Bekämpfungslücken im integrierten Anbau schließen sollen, die durch die restriktive Betrachtung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel in Europa entstehen. Abgesehen von den ohnehin höheren Ansprüchen, die „Low-Risk“-Produkte häufig an die Anwendungsbedingungen und damit auch an das Know-how des Anwenders stellen, muss hier also auch die Entwicklung geeigneter Applikationsmethoden mehr in den Fokus rücken, um die möglichst sichere Bekämpfung von Problemschaderregern weiterhin zu gewährleisten. Diese Herausforderung gilt ganz wesentlich für den Zierpflanzen-, aber auch für den Gemüse- und Obstbau und wird sich langfristig auch im Ackerbau stellen. Entsprechende Forschung zu neuen Applikationsmethoden mit begleitenden Wirksamkeitsuntersuchungen und einem sichergestellten Praxisbezug sind entsprechend dringend erforderlich, um die Wirksamkeit vorhandener und kommender Kontaktmittel zu erhöhen und die standortabhängige Variabilität der Wirkung zu reduzieren.

Danksagung

Die Autoren danken Katrin Förster (PSA-B) und Matthias Inthachot (LTZ) für die Organisation und Durchführung der Versuche an dem jeweiligen Standort. Weiterhin Dank an Dr. Andreas Herbst für die kritische Durchsicht des Manuskripts; Kathrin Burlak, Dörte Achilles und Achim Schröter für die Durchführung der Versuche am JKI-GF; Ramazan Koç, Bärbel Große und Ina Stachewicz-Voigt (JKI-ÖPV), sowie Rosemarie Bull und Ines Rogotzki (BTL) für die Durchführung der Analysen bzw. der Bioessays im Labor. Die Pflanzen wurden jeweils zur Verfügung gestellt von der Selecta Klemm GmbH, Stuttgart.

Interessenskonflikte

Die Autoren erklären, dass keine Interessenskonflikte vorliegen.

Literatur

EU Commission, 2016: Working document SANTE/12376/2015 amending Regulation (EC) No 1107/2009 of the European Parlia­ment and the Council concerning the placing of plant protection products on the market as regards the criteria for the approval of low-risk active substances. Ares (2016)6239720.

EU Council, 2016: Acceleration of Sustainable Plant Production; AGRI 320 PHYTOSAN 12 – PESTICIDE 1; 10041/1/16 REV 1.

EU Kommission, 2018: Durchführungsverordnung (EU) 2018/783 der Kommission vom 29. Mai 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Imidacloprid. Amtsblatt der Europäischen Union L132: 31-34.

Hillenberg, A.-C., G. Hirthe, K.-U. Katroschan, 2016: Strategien zur Regulierung der Kohlmottenschildlaus und Integration in gemüsebauliche Anbauverfahren; Organic eprints, URL.: http://orgprints.org/32011/.

Morissey, C.A., P. Mineau, J.H. Devries, F. Sanchez-Bayo, M. Liess, M.C. Cavallaro, K. Liber, 2015: Neonicotinoid contamination of global surface waters and associated risk to aquatic invertebrates: a review. Environment International 74, 291-303, DOI: 10.1016/j.envint.2014.10.024.

RCore Team, 2019: R – A language and environment for statistical computing. R Foundation for Statistical Computing, Vienna, Austria. URL: http://www.R-project.org/.

Schenke, D., R. Koç, I. Stachewicz-Voigt, M. Hoffmann, H. Nowak, D. Felgentreu, S. Lorenz, 2016: Etablierung von Methoden zur Analyse der Resistenz von Schaderregern des Gartenbaus gegen Pflanzenschutzmittel zur Entwicklung eines Resistenzmanagements (RESI-GAB) – Teilprojekt 2, 31.08.2020, DOI: 10.2314/GBV:880384379.

Schmidt, R., E. Götte, P. Detzel, D. Schenke, T. Thieme, 2016: Etablierung von Methoden zur Analyse der Resistenz von Schad­erregern des Gartenbaus gegen Pflanzenschutzmittel. 60. Deutsche Pflanzenschutztagung, Halle, September 2016, Julius-Kühn-Archiv 454, S. 224, DOI: 10.5073/jka.2016.454.000.

Tanigawa, M., T. Nakano, T. Hagihara, K. Okayanma, S. Sezaki, 1993: Relationship between the control effect of fungicides on powdery mildew (Sphaerotheca humuli) and their deposits on strawberry leaves. Journal of Pesticide Science 18, 135-140.

Thieme, T., D. Schenke, 2016: Verbundprojekt: Etablierung von Methoden zur Analyse der Resistenz von Schaderregern des Gartenbaus gegen PSM zur Entwicklung eines Resistenzmanagements (RESI-GAB) – Teilprojekt 1, DOI: 10.2314/GBV:875844855.

Anhang

S1
S2

Abb. S1. Durchführung des Ana­lysenablaufes zur Quan­tifizierung der Pflanzenschutzmittel­wirkstoffe: Aufarbei­tung.

Abb. S1. Durchführung des Ana­lysenablaufes zur Quan­tifizierung der Pflanzenschutzmittel­wirkstoffe: Aufarbei­tung.

Abb. S2. Durchführung des Analysenablaufes zur Quantifizierung der Pflanzenschutzmittelwirkstoffe: Messung.

Abb. S2. Durchführung des Analysenablaufes zur Quantifizierung der Pflanzenschutzmittelwirkstoffe: Messung.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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