Managementstrategien des Pflanzenschutzes der Zukunft im Focus von Umweltverträglichkeit und Effizienz

Autor/innen

  • Volkmar Gutsche Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Kleinmachnow

DOI:

https://doi.org/10.5073/JfK.2012.09.01

Schlagworte:

Pflanzenschutzmanagement, Strategie, Effizienzkennziffern, Risikokennziffern, SYNOPS, Status Quo des chemischen Pflanzenschutzes, Vergleichsbetriebsnetz Landwirtschaft und Gartenbau

Abstract

Vor den globalen Herausforderungen an die Landwirtschaft bleibt der Pflanzenschutz essenziell für die Sicherung des Ertrages und der Qualität von Nahrungs- und Rohstoffpflanzen. Das Pflanzenschutzrecht der EU bildet dabei den Rahmen für zwei Grundstrategien des Pflanzenschutz-Managements der Zukunft: den „integrierten Pflanzenschutz“ und den Pflanzenschutz im Ökologischen Landbau. Sie haben viele gemeinsame Elemente und unterscheiden sich im wesentlichen dadurch, dass im ökologischen Anbau nur chemische Pflanzenschutzmittel auf Naturstoffbasis verwendet werden dürfen, während im integrierten Pflanzenschutz auf eine breitere Palette chemisch-synthetischer Mittel zurückgegriffen werden kann. In beiden Strategien haben aber vorbeugende und pflanzenhygienische Maßnahmen den Vorrang, um den Befallsdruck durch Schadorganismen niedrig zu halten und den Einsatz der Pflanzenschutzmittel auf ein möglichst geringes, notwendiges Maß zu reduzieren.

Aus den Erhebungen im Vergleichsbetriebsnetz des Julius Kühn-Instituts (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, und der Länder geht hervor, dass die chemische Pflanzenschutzintensität unter den heutigen Randbedingungen (Markt, Fruchtfolge, Sorten, Qualitäts­ansprüche usw.) bereits nahe diesem notwendigen Maß liegt und die Erschließung des restlichen Reduktionspotenzials einen hohen Beratungsaufwand erfordert.

Langzeitfeldversuche des JKI über mehrere Rotationsperioden zeigen, dass ein situationsbezogener chemischer Pflanzenschutz wesentlich zu einer hohen Stickstoffeffizienz der Pflanzenproduktion beiträgt. Der Nettoenergie-Output bei Ackerfrüchten war in den Varianten des integrierten Landbaus ca. 40% höher als im Ökolandbau, wobei allerdings z.B. bei Roggen unter bestimmten Standortverhältnissen der Unterschied wesentlich geringer ist. Die Energieintensität ist damit im Ökolandbau ungünstiger, das Output-Input-Verhältnis dagegen günstiger.

Zur umfassenden Charakterisierung des Risikopotenzials des chemischen Pflanzenschutzes für die Umwelt wurde am JKI das Bewertungsmodell SYNOPS entwickelt. Seine Anwendung ergibt, dass sich das Umwelt-Risiko­potenzial des chemischen Pflanzenschutzes in den letzten 20 Jahren stetig verringert hat. Dahingegen ist die Menge der eingesetzten Wirkstoffe pro landwirtschaftliche Nutzfläche in den letzten 10 Jahren in allen Wirkungsbereichen leicht angestiegen. Risikoreduzierung hat also nichts mit Mengenreduzierung zu tun.

Trotz erreichter Risikominderung können in der Praxis Restrisiken (Hot-Spots) verbleiben, die erkannt und analysiert werden müssen, um spezifische und teilweise regional angepasste Maßnahmen zu deren Minderung zu ergreifen. Hierauf sollten Wissenschaft, Behörden und Praxis in enger Zusammenarbeit einen Schwerpunkt legen, um ein hohes Produktionsniveau und Umweltverträglichkeit noch besser in Einklang zu bringen.

Die Erfahrungen aus den Arbeiten zur sogenannten „Lückenindikation“ zeigen, dass die Verfügbarkeit einer ausreichend breiten Palette von Wirkstoffen dringend notwendig ist, um den Anbau „kleiner Kulturen“ (Obst, Gemüse, Heil- und Gewürzpflanzen, Hopfen, Wein) in Zukunft sicher zu stellen. Vorsichtig optimistisch formuliert, kann das neue Pflanzenschutzpaket der EU dafür Möglichkeiten bieten und einer Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU entgegen wirken.

Trotz zahlreicher offener wissenschaftlicher Fragen wird der Klimawandel eher zu einer Zunahme des Schaderreger­druckes und zur Einwanderung neuer Schadorganismen führen. Auch aus diesem Grunde wird es kaum zu einer merklichen Verringerung der Intensität des chemischen Pflanzenschutzes kommen, es sei denn, es werden Durch­brüche in der Züchtung, eventuell auch durch die Akzeptanz der grünen Gentechnik, erreicht.

 

 

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Veröffentlicht

2012-09-01

Ausgabe

Rubrik

Übersichtsarbeit