Entwicklung der Einsatzflächen mit biologischen Pflanzenschutzverfahren, insbesondere dem Nützlingseinsatz, in Baden-Württemberg seit 1979: eine Umfrage mit neuen Daten aus den Jahren 2013 und 2014

Autor/innen

  • Mareile Zunker Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe
  • Olaf Zimmermann Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe
  • Anne Reißig Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe
  • Harald Schneller Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe
  • Reinhard Albert Südliche Friedrichstraße 20, 71679 Asperg

DOI:

https://doi.org/10.5073/JfK.2017.06.02

Schlagworte:

Biologischer Pflanzenschutz, kommerzielle Nützlinge, entomopathogene Nematoden, Pflanzenstärkungsmittel, Ökologischer Landbau

Abstract

Um die Fortschritte im biologischen Pflanzenschutz erfassen zu können, werden seit 35 Jahren insbesondere die Verfahren mit kommerziellem Nützlingseinsatz in verschiedenen Kulturbereichen in Baden-Württemberg ermittelt. Damit ist diese regionale Datenerhebung zum biologischen Pflanzenschutz die älteste und umfassendste in Deutschland. Die Umfrage erfolgt in der Regel alle zwei Jahre und wird an aktuelle Entwicklungen angepasst.

1979 wurden zunächst nur die Schlupfwespe Encarsia formosa und die Raubmilbe Phytoseiulus persimilis ein­gesetzt. Die Einsatzflächen haben sich bei E. formosa von 3,0 ha (1979) auf 153,4 ha (2014) um das Fünfzigfache und bei P. persimilis von 1,4 ha (1979) auf 122,5 ha (2014) um das fast Neunzigfache erhöht. Seit den frühen 1990ern wurden weitere Nützlinge, darunter Florfliegen (2014: 28,0 ha), Ambylseius-Raubmilben (2014: 237,3 ha), nützliche Gallmücken (2014: 91,8 ha) und verschiedene Blattlausschlupfwespen (2014: 173,7 ha) kommerziell angeboten und ermöglichten vor allem in Gemüsekulturen unter Glas oder Folientunneln einen biologischen Pflanzenschutz zu fast 100%. Im Jahr 2014 betrug die Gesamtfläche mit Nützlingseinsatz (28 Arten) im geschützten Anbau in Baden-Württemberg 423 ha. Damit hat sich die Fläche in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Der Nützlingseinsatz in Gemüsekulturen im Gewächshaus oder unter Folie (2014: 324,6 ha), inzwischen inkl. Erdbeeren und Kräutern, hat sich in den frühen 1990ern auf den Zierpflanzenanbau (2014: 64,4 ha) erweitert. In den letzten 15 Jahren spielt Freilandgemüse eine zunehmende Rolle (2014: 922,2 ha), sowie der Bereich Zier­gehölze und öffentliches Grün (2014: 83,2 ha). Hier kommen auch weitere nützliche Organismen wie Nematoden und Mikroorganismen zum Einsatz. Als neue Kategorie wurde in die aktuelle Umfrage der Bereich Beerenobst im geschützten Bereich (2014: 85,3 ha) mit überwiegendem Nützlingseinsatz aufgenommen.

Der Einsatz von Nutzarthropoden wurde mit den Jahren erweitert um entomopathogene Nematoden (nütz­liche Fadenwürmer, 2014: 99 ha, z.B. Heterorhabditis sp., Steinernema sp.), nützliche Mikroorganismen (2014: 880 ha), darunter zur Schädlingsbekämpfung (2014: 169 ha, z.B. Bacillus thuringiensis) sowie Bodenhilfsstoffe (2014: 593 ha, z.B. Bacillus amyloliquefaciens), sowie nützliche Pilze (2014: 104 ha, z.B. Conithyrium minitans). Im Obstbau sind insbesondere das Apfelwickler-Granu­losevirus (2014: 640 ha), sowie die biotechnische Pheromonverwirrung (2014: 536 ha), die auch im Weinbau eingesetzt wird, von Bedeutung. Weitere, nicht direkt durch die Umfrage erfasste Bereiche mit Nützlingsanwendung sind der Einsatz von Trichogramma-Schlupfwespen gegen den Maiszünsler seit über 30 Jahren auf inzwischen etwa 20.000 ha. Verschiedene Trichogramma-Arten werden auch im Obstbau (Apfel, Pflaume), aber vor allem im Hausgartenbereich gegen Wickler angeboten. Ein neuer Anwendungsbereich, der sich über die Jahre entwickelt hat, ist der Nützlingseinsatz im Vorratsschutz, sowohl im Getreidelager als Nachernteschutz gegen Motten und Käfer und in der Schädlingsbekämpfung im Haushalt, z.B. gegen Lebensmittelmotten.

Die Auswertung der Umfragen zeigt eine deutliche Entwicklung in der Steigerung der Flächenanteile, der Erschließung neuer Anwendungsbereiche mit Nützlings­einsatz und einer immer breiteren Vielfalt an Nutzarthropoden- und Mikroorganismen-Arten für biologische Verfahren. Inzwischen gibt es im Pflanzenbau keinen Kulturbereich mehr ohne biologische Bekämpfungsverfahren mit nützlichen Organismen.

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Veröffentlicht

2017-06-01