Zur Bedeutung der Mendel’schen Regeln für die Pflanzenzüchtung
DOI:
https://doi.org/10.5073/JfK.2022.11-12.02Schlagworte:
Genetik, Genotyp, Haploide, Mendel´sche Regeln, monogenische Merkmale, Phänotyp, Pflanzenzüchtung, polygenische Merkmale, Polyploidie, quantitative Merkmale, VererbungAbstract
Die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion wurde im Laufe des letzten Jahrhunderts erheblich gesteigert; so konnte die weltweite Weizenproduktion seit den 1970er Jahren durch Züchtung und effektivere Produktionstechnik fast verdoppelt werden. Auch die Getreidearten Reis, Mais, Gerste und Hirse haben heute eine große globale Bedeutung als Grundlage für Nahrungs- und Futtermittel.
Diese Erfolgsgeschichte wäre ohne die Erkenntnisse von Gregor Mendel so nicht möglich gewesen. Mendel hat Vererbungsmuster erkannt und beschrieben, die er als „vererbbare Eigenschaften" bezeichnete. Das Denken in Faktoren (d. h. „Genen") war die Grundlage für ein besseres Verständnis der Vererbung von Eigenschaften; Die Anwendung der Mendel‘schen Regeln in der systematischen Pflanzenzüchtung ermöglichte die kontinuierliche Entwicklung neuer Sorten mit verbesserter Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge sowie besserer Produktqualität. Dies war möglich, weil diese Merkmale häufig von wenigen oder auch einzelnen Genen – monogenisch – gesteuert werden. Ein Beispiel für solche „Mendel’schen Gene“ ist die Resistenz der Gerste gegen die bodenbürtige Gelbmosaikvirose. Eine Vielzahl weiterer Beispiele, z. B. Resistenzen gegen Mehltau und Rostkrankheiten, sind bekannt. Diese Gene können mittels molekularer Methoden markiert und lokalisiert und somit in markergestützten Selektionsverfahren genutzt werden. Auch gehörten sie zu den ersten, die physisch isoliert werden konnten. Isolierte Gene sind die Grundlage für die Nutzung neuer Züchtungstechnologien, z. B. CRISPR/Cas, und sie können mithilfe biotechnologischer Verfahren auch auf andere Sorten, Arten oder Taxa übertragen werden.
Aufgrund der offensichtlich zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels wird es in Zukunft notwendig sein, neue Sorten mit einer besseren Toleranz gegenüber abiotischem Stress – wie Hitze und Trockenheit – zu züchten. Solche Eigenschaften werden in der Regel nicht von einem oder wenigen Genen kontrolliert; sie sind vielmehr polygenisch vererbt und zeigen daher eine typische quantitative Merkmalsausprägung. Dies gilt auch für die Höhe des Ernteertrags und maßgebliche Qualitätsmerkmale. Für die Züchtung und Verbesserung solch komplexer Merkmale wurden in jüngerer Zeit neue Ansätze entwickelt, so z. B. die QTL Analyse, in der komplexe Merkmale in einzelne Loci zerlegt werden, die einen Teil der beobachteten Varianz erklären; in jüngster Zeit kommen sogenannte genomische Selektionsverfahren hinzu. Auf diese Weise findet in der heutigen wissensbasierten Pflanzenzüchtung auf der Grundlage der Mendel’schen Regeln über die empirische („klassische“) Methodik hinaus eine kontinuierliche Erweiterung und Optimierung des Methodenspektrums statt. Damit wird auch künftig eine Verbesserung des Ertragspotentials, der Ertragsstabilität und der Qualität von pflanzlichen Produkten möglich sein.
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