200 Jahre Mendel: die Perspektive der Rebenzüchtung

Autor/innen

  • Reinhard Töpfer Julius Kühn Institute (JKI) – Federal Research Centre for Cultivated Plants, Institute for Grapevine Breeding Geilweilerhof, Siebeldingen, Germany.
  • Oliver Trapp Julius Kühn Institute (JKI) – Federal Research Centre for Cultivated Plants, Institute for Grapevine Breeding Geilweilerhof, Siebeldingen, Germany.

DOI:

https://doi.org/10.5073/JfK.2022.11-12.05

Schlagworte:

Vitis, Rebenzüchtung, Qualität, Resistenz, Phänotypisierung

Abstract

Die Mendelschen Regeln blieben in der Rebenzüchtung lange in der Komplexität der Merkmale und Schwierigkeiten im Umgang mit dieser Kulturpflanze verborgen. Für einige wenige Merkmale, die für Züchter größtenteils nicht wirklich relevant sind, wurde die Genetik geklärt, wie die Beerenfarbe oder die Herbstfarbe der Blätter. Für die Züchtung waren und sind Mehltauresistenz und Weinqualität die wichtigsten Merkmale. Resistente Sorten, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden, konnten den Qualitätsansprüchen des Marktes nicht genügen. Seit der Jahrtausendwende existiert eine neue Generation pilzwiderstandsfähiger Neuzüchtungen in Deutschland, die dem Weinbau in Zeiten des Klimawandels und einer aufkommenden Nachhaltigkeitsdebatte Hoffnung gibt. Es bedurfte der züchterischen Anstrengung und Kontinuität von Generationen von Züchtern, schließlich weit mehr als 120 Jahre, um den Markt mit Sorten zu versorgen, die hinsichtlich ihrer Weinqualität, dem komplexesten und umstrittensten Merkmal im Weinbau, überzeugen. Aufgrund fehlender genetischer Kenntnisse erfolgte die Selektion meist ohne die systematische Anwendung der Mendelschen Regeln. Die logistischen Beschränkungen (Feld- und Gewächshausfläche, Arbeit und Zeit) in der Rebenzüchtung erfordern jedoch effiziente Selektionsschemata auf der Grundlage der Mendelschen Erkenntnisse. In der jüngeren Vergangenheit schlägt die markergestützte Selektion (MAS) ein neues Kapitel für die Rebenzüchtung auf. Für viele Resistenzloci gegen Echten und Falschen Mehltau ist heute MAS möglich. Mit diesen Werkzeugen ist eine Kombination von Resistenzgenorten gemäß den Mendelschen Regeln möglich. Das Konzept, Locus-spezifische homozygote Linien (LSH-Linien) für Resistenzen zu entwickeln und zu verwenden, erlaubt einen neuen Versuch, große Nachkommenschaften zu schaffen und diese Nachkommen auf alle anderen relevante Merkmale zu selektieren. Daher werden neue Marker und Selektionskonzepte für komplexere Merkmale (z. B. moderater Ertrag, Phänologie, Botrytis-Widerstandsfähigkeit, Qualitätsparameter) dringend benötigt. Nur solche Werkzeuge erlauben die akut notwendige Beschleunigung der Selektion im Stadium junger Sämlinge (MAS) und der daraus resultierenden Pflanzen. Zu diesem Zweck sind neu zu entwickelnde Phänotypisierungsverfahren erforderlich.

Veröffentlicht

2022-12-01