Erste Nachweise von <em>Neonectria neomacrospora</em> (C. Booth & Samuels) Mantiri & Samuels als Krankheits­erreger an <em>Abies concolor</em> (Gordon) Lindl. ex Hildebr. im Nordostdeutschen Tiefland

Autor/innen

  • Paul Heydeck ehem. Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
  • Robert Merkel ehem. Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
  • Uwe Lange Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR)
  • Kati Hielscher Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
  • Christine Dahms Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
  • Gerald Moritz Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU)
  • Toralf Pfannenstill Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF)

DOI:

https://doi.org/10.5073/JfK.2020.06.03

Schlagworte:

Abies concolor, Neonectria neomacrospora, Ascomycota, Nectriaceae, Cryphalus asperatus, Coleoptera, Acanthothrips nodicornis, Thysanoptera

Abstract

Ende August 2013 wurden im Bundesland Brandenburg außergewöhnliche, bis dahin unbekannte Krankheits­erscheinungen an Kolorado-Tanne (Abies concolor) festgestellt. Betroffen waren zwei Waldflächen im Raum Potsdam. Das Alter der ca. 0,5 und 1 ha umfassenden Pflanzungen betrug zu diesem Zeitpunkt 27 bzw. 28 Jahre. Im Herbst 2016 trat das gleiche Schadbild 115 km südöstlich des Erstfundes – in der Niederlausitz – an Kolo­rado-Tannen derselben Altersstufe erneut auf. Bei der dortigen Befallsfläche handelte es sich um einen 0,15 ha großen Reinbestand. Das Krankheitsgeschehen war in allen Fällen durch intensives Abwerfen noch grüner Nadeln, massiven Harzfluss an Ästen und Stämmen, rasches Zurücksterben der Kronen und letztendlich vollständiges Absterben der Bäume gekennzeichnet (Heydeck et al., 2015). Da im Nordostdeutschen Tiefland bis zum Jahr 2013 keine vergleichbaren Schadereignisse registriert wurden und auch aus anderen Bundesländern keine Mitteilungen über ähnliche Symptome an Abies concolor vorlagen, war die Ursache der Absterbeprozesse zunächst unklar. Zwecks eingehender Analyse der festgestellten Krankheitserscheinungen wurden von geschädigten Bäumen mehrfach Nadel-, Zweig-, Ast-, Rinden- und Holzproben entnommen. Bei mikromorphologischen Untersuchungen ließen sich an erkrankten Ästen sowie auf der Rinde absterbender Kolorado-Tannen mit hoher Stetigkeit Konidienlager (Sporodochien) eines Kleinpilzes aus der Formgattung Cylindrocarpon nachweisen. Später konnte an frisch abgestorbenen Bäumen in unmittelbarer Nähe des anamorphen Stadiums auch die dazugehörige Teleomorphe (Perithecien einer Neo­nectria-Art) diagnostiziert werden. Der gleiche Pilz wurde mit Labormethoden mehrfach aus dem Bastgewebe noch lebender Kolorado-Tannen isoliert (Merkel, 2018). Die Mikromerkmale stimmten mit der Spezies Neonectria neomacrospora (Ascomycota, Nectriaceae) überein. Mole­kulargenetische Analysen bestätigten, dass es sich bei dem Erreger eindeutig um die Art Neonectria neomacrospora (C. Booth & Samuels) Mantiri & Samuels handelt. Eine nennenswerte Beteiligung von Insekten bei der Entstehung der Schäden konnte ausgeschlossen werden. Berichte aus Skandinavien lassen erkennen, dass der genannte Krankheitserreger in Norwegen bereits seit 2008 schwerwiegende Schäden an mehreren Abies-Arten verursacht hat, vor allem in Weihnachtsbaumkulturen (Talgø et al., 2012). Auch in Dänemark und Schweden kam es durch den Pilz zu Pflanzenausfällen. Offenbar entwickelt Neonectria neomacrospora unter bestimmten Voraussetzungen eine hohe Aggressivität gegenüber verschiedenen Tannen-Arten, darunter Abies concolor. Inzwi­schen wurde der Krankheitserreger in weiteren euro­päischen Ländern nachgewiesen und 2017 in die Frühwarnliste der EPPO aufgenommen (EPPO, 2020a). Die betroffenen Bestände im brandenburgischen Landeswald sind mittlerweile vollständig geräumt, wobei das infizierte Pflanzenmaterial sachgerecht entsorgt wurde. Zurzeit lässt sich noch nicht abschätzen, ob Neonectria neomacrospora im Nordosten Deutschlands künftig an Bedeutung gewinnen wird und dann möglicherweise auch andere Nadelbaumarten infiziert.

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Veröffentlicht

2020-06-01